Die Polyneuropathie ist ein weit verbreitetes neurologisches Krankheitsbild, das durch Schädigungen der peripheren Nerven gekennzeichnet ist. Diese Nerven, die sich wie die Äste eines Baumes vom Rückenmark aus verzweigen, sind für die Übertragung von Informationen zwischen Gehirn und den Muskeln, der Haut und den inneren Organen verantwortlich. Eine Schädigung dieser Nerven kann zu einer Vielzahl von Symptomen führen, darunter Sensibilitätsstörungen, Schmerzen, Muskelschwäche, Muskelkrämpfe und Lähmungen.
Die Polyneuropathie kann verschiedene Ursachen haben, wobei Diabetes mellitus die häufigste ist. Andere mögliche Ursachen sind Stoffwechselstörungen, Vitaminmangel, schwere Organerkrankungen, Krebserkrankungen, Durchblutungsstörungen, Entzündungen, Alkoholkonsum, Medikamente und Umweltgifte. In einigen Fällen bleibt die Ursache jedoch unklar (idiopathische Polyneuropathie).
Die Symptome der Polyneuropathie können die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Daher ist eine umfassende Behandlung erforderlich, die sowohl die Ursachen als auch die Symptome berücksichtigt. Neben der medikamentösen Therapie spielt die physikalische Therapie eine wichtige Rolle bei der Linderung der Beschwerden und der Verbesserung der Lebensqualität.
Diagnostik der Polyneuropathie
Die Diagnose der Polyneuropathie umfasst in der Regel eine Anamnese, eine neurologische Untersuchung und verschiedene technische Untersuchungen.
Anamnese: Der Arzt erfragt die Krankengeschichte des Patienten, einschließlich der Art und des Verlaufs der Symptome, möglicher Vorerkrankungen und Medikamenteneinnahme. Gerade nach den autonomen Symptomen sollte bei der Anamnese durch den Arzt aktiv gefragt werden.
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Neurologische Untersuchung: Der Arzt untersucht die Reflexe, die Sensibilität (Berührung, Temperatur, Vibration) und die Muskelkraft des Patienten. Zur Interpretation des Schweregrads und der Auswirkungen der sensiblen Störungen im Alltag sind die Störung des Lageempfindens, der Romberg-Test und der Strichgang sowie das Gehen bei Augenschluss eine entscheidende Hilfe. Bezüglich der Reflexveränderungen ist festzuhalten, dass in seltenen Fällen bei akutem GBS der Ausfall der Reflexe in der Frühphase (noch) nicht vorhanden sein muss und dies die Diagnose nicht ausschließt. Neben der Testung der Pupillenreaktion und der Überprüfung des Hautzustandes ist die Blutdruckmessung im Liegen und Stehen eine wichtige Hilfe zur Erfassung einer Beteiligung des autonomen Nervensystems.
Elektrophysiologische Untersuchungen: Die Nervenleitgeschwindigkeit wird gemessen, um die Funktion der Nerven zu beurteilen. Zusätzlich kann mittels einer Blutuntersuchung (humangenetische Analyse; Erbgutanalyse) in unklaren Fällen die Ursache der Polyneuropathie weiter eingegrenzt werden. Die neurophysiologische Diagnostik gehört zum obligaten Diagnoseverfahren zur Erfassung der PNP. Unter der Annahme einer korrekten neurophysiologischen Einteilung kann dann die weitere Klassifizierung erfolgen. Weiter kann die neurophysiologische Untersuchung durch Aufzeichnung eines Leitungsblocks spezielle Formen, wie ein akutes GBS, eine multifokale Neuropathie mit Leitungsblock und auch isolierte periphere Nervenschädigungen, gut erfassen. Die ergänzende nadelelektromyografische Untersuchung ist bei akuten Fällen zur Erfassung des Verteilungsmusters mit Sicherheit sinnvoll. Neurophysiologische Untersuchungen sind in bestimmten Fällen durch Testungen des autonomen Nervensystems zu ergänzen. Hier ist die technisch einfach durchzuführende Methode der „sympathetic skin response“ als auch der Herzfrequenzvariabilitätsuntersuchung anzuführen.
Weitere Untersuchungen: In einigen Fällen können weitere Untersuchungen erforderlich sein, wie z.B. Blutuntersuchungen, Liquoruntersuchung, Muskelbiopsie oder Hautbiopsie. Die Standarddiagnostik soll auf häufige und behandelbare Ursachen der PNP abzielen. Die Standarduntersuchungen umfassen z.B. Differenzialblutbild, Elektrolyte, Leber- und Nierenwerte, Immunfixation, Bence-Jones-Protein, Schilddrüsenparameter, CRP, Nüchternblutzucker sowie bei Verdacht auf diabetische PNP HbA1c und oralen Glukosetoleranztest, Vitamin-B12-Spiegel wie auch die Bestimmung des CDT („carbohydrate-deficient transferrin“) bei Verdacht auf Alkoholmissbrauch. Speziellere Labortests umfassen die Bestimmung von Borrelienantikörpern in Serum und Liquor, Vaskulitisparametern wie ANA, ANCA, C3, C4, zirkulierenden Immunkomplexen, Kryoglobulinen, Anti-MAK-AK, Paraproteinen, Angiotensin-Converting-Enzym bei Verdacht auf Sarkoidose, Anti-GM1-AK bei Verdacht auf multifokale Neuropathien, Campylobacter-jejuni-AK, Zytomegalie-AK, Gangliosid-AK bei GBS, die Bestimmung der Delta-Aminolävulinsäure bei Verdacht auf Porphyrie sowie Untersuchungen hinsichtlich Blei, Thallium und Quecksilber bei Verdacht auf Intoxikationen. Genetische Untersuchungen sind bei positiver Familienanamnese hilfreich und sollten nach der neurophysiologischen Untersuchung spezifisch erfolgen.
Behandlung der Polyneuropathie
Die Behandlung der Polyneuropathie zielt darauf ab, die Ursache zu behandeln, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.
Behandlung der Ursache: Wenn die Ursache der Polyneuropathie bekannt ist, sollte diese behandelt werden. Beispielsweise kann bei einer diabetischen Polyneuropathie eine gute Blutzuckereinstellung helfen, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen oder zu verhindern. So kann das weitere Voranschreiten gestoppt oder sogar geheilt werden. Wird die Ursache der Polyneuropathien frühzeitig erkannt, kann das Fortschreiten der Erkrankung oft verlangsamt oder, im besten Fall, sogar verhindert werden. Wenn möglich, sollte daher die auslösende Ursache behandelt oder beseitigt werden, um eine nachhaltige Verbesserung zu erzielen. Eine effektive Einstellung des Blutzuckers wird durch die Kombination diätetischer Maßnahmen, körperlicher Aktivität und optimierter Medikamenten- bzw. Insulingabe erreicht. So lassen sich bakterielle Polyneuropathien durch eine entsprechende Antibiotika-Gabe gut therapieren.
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Medikamentöse Therapie: Verschiedene Medikamente können zur Linderung der Symptome eingesetzt werden, insbesondere zur Schmerzbekämpfung. Dazu gehören Antidepressiva, Antikonvulsiva und Schmerzmittel. Zur Polyneuropathie-Therapie gehört auch die effektive Behandlung der Symptome. Hier nutzen wir Medikamente, die eigentlich zur Behandlung von Depression und Epilepsie entwickelt wurden, aber auch bei neuropathischen Schmerzen sehr gut wirken. Antidepressiva und Antikonvulsiva sind ebenso wirksam wie die ganze Bandbreite der physikalischen Therapie.
Physikalische Therapie: Physikalische Maßnahmen stellen eine wesentliche Therapiesäule in der Behandlung der Polyneuropathie dar. Bei der Schmerzbekämpfung kommt die physikalische Therapie zur Anwendung, zum Beispiel Krankengymnastik, Wechsel- und Bewegungsbäder, Elektrobehandlung oder warme und kalte Wickel. Die physikalische Therapie hilft bei der Schmerzbekämpfung, vor allem gegen die sensiblen und motorischen Störungen einer Polyneuropathie. Mit Hilfe verschiedener Anwendungen soll die Durchblutung verbessert, die geschwächten Muskeln gestärkt und die Mobilität längstmöglich aufrechterhalten werden.
Physikalische Therapie bei Polyneuropathie im Detail
Die physikalische Therapie umfasst eine Vielzahl von Behandlungen, die darauf abzielen, die Symptome der Polyneuropathie zu lindern und dieFunktionsfähigkeit zu verbessern. Zu den wichtigsten physikalischen Therapieformen gehören:
Krankengymnastik (Bewegungstherapie)
Bei verschiedenen Formen von Polyneuropathie können die Beschwerden mit Krankengymnastik gelindert werden. Die Betroffenen werden weniger schmerzempfindlich. Die Behandlung erfolgt symptomatisch, abhängig vom Beschwerdebild. Um die Nerven durch Reize gezielt zu aktivieren, können Sie verschiedene Übungen auch zu Hause anwenden.
Positive Auswirkungen von Bewegung:
- Verringerung von Taubheit in Händen und Füßen
- Reduzierung von Gangunsicherheit und Sturzrisiko
- Verbesserung von Fitness und Wohlbefinden
- Verbesserung der Herzfunktion
Die medizinische Trainingstherapie (MTT) umfasst ein strukturiertes Programm spezifischer Übungen. Sie kann geschädigte Nerven stimulieren, die Balance verbessern und die Muskulatur kräftigen. Regelmäßige Bewegung kurbelt den Stoffwechsel an. Da das Schmerzempfinden von Patienten mit Polyneuropathie häufig gestört ist, sollte der Physiotherapeut darauf achten, dass sich der Patient bei der Krankengymnastik nicht verletzt. Ein Ziel einer Bewegungstherapie ist die Besserung der Ausdauer und einer möglichen Muskelschwäche. Das kann durch Trainingstherapie, selbstständiges Walking, Geräte- oder Ergometertraining und Bewegungsbäder erreicht werden. Bewegungstherapie verbessert auch eine diabetische Stoffwechsellage sowie die Durchblutung. Ein physiotherapeutisch angeleitetes gezieltes Training geschwächter Muskelgruppen ist je nach Befund angezeigt. Die sog. „Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitationstherapie“ (PNF) dient ebenfalls zur Stärkung einer geschwächten Muskulatur [7]. Es handelt sich dabei um eine spezifische Stimulation der Propriozeptoren zur komplexen Aktivierung von Muskelketten. Ziele einer Krankengymnastik auf neurophysiologischer Grundlage (z. B. nach dem Bobath-Konzept) sind eine günstige Beeinflussung der Oberflächen- und Tiefensensibilität und eine „Bahnung“ im Zentralnervensystem. Derartig spezielle krankengymnastische Techniken setzen einen entsprechend ausgebildeten Therapeuten voraus.Bestehen fortgeschrittene Gangstörungen oder gravierendere (insbesondere motorische) Ausfälle, kann eine physio- oder ergotherapeutische Gangschulung indiziert sein. Ebenfalls kann eine Hilfsmittelversorgung wie Fußheberorthesen, orthopädischen Schuhen, einem Gehstock oder Rollator erforderlich sein.Funktionelle Störungen an der Wirbelsäule können durch Krankengymnastik, manualtherapeutische Techniken oder mit einer befundorientierten Physiotherapie behandelt werden. Übungen auf dem Kreisel oder eine Gangschulung auf weicher Unterlage zur Gleichgewichtsschulung sind bei Unsicherheit oder Schwindel angezeigt.Seit einigen Jahren kommen auch Geräte zum Vibrationstraining zum Einsatz. Bekannt sind sie vor allem unter dem Namen „Galileo“ (USA: „Vibraflex“). Ganz neu ist die Idee nicht, denn schon Ende des 19. Jahrhunderts hat man mit einem vibrierenden Stuhl zur Behandlung des M. Parkinson experimentiert. In den 1960er Jahren versuchte man in Deutschland „zyklische Oszillationen“ [3], in den 1970er Jahren propagierte Wladimir Nasarow in der damaligen Sowjetunion die „biomechanische Stimulation“ (BMS) als Teil der Trainingstherapie. Beim Vibrationstraining vibriert eine Platte sowohl vertikal als auch horizontal, die Frequenz und die Intensität lassen sich variieren und sollen unterschiedliche Wirkungen haben. Es wird beschrieben, dass sich die Leistungsfähigkeit der Muskulatur und die Koordination verbessern [2], [5]. Hinzu kommen eine Verbesserung des Blutzuckers bei Diabetes mellitus und eine Prophylaxe einer Osteoporose nach Immobilisation. Bei einer Polyneuropathie wird man als Therapieziel eine erhöhte Sicherheit und Sturzprophylaxe im Blick haben. Die Verträglichkeit des Geräts kann man nur durch eine Probebehandlung erkennen.Ein Posturomed-Training ist ebenso wie Übungen auf dem Kreisel oder eine Gangschulung auf weicher Unterlage insbesondere bei Schwindel oder Gleichgewichtsstörungen zur Gleichgewichtsschulung angezeigt. Dadurch wird auch das Sturzrisiko gesenkt. Diese Therapie wurde Mitte der 1990er Jahre entwickelt. Vorläufer war ein ähnliches Gerät, das aus einer schwingungsfähige…
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Bewegungstherapie bei Polyneuropathie:
Bei der Bewegungstherapie ist es wichtig, den geeigneten Schwierigkeitsgrad für den Patienten herauszufinden. Der Patient kann dafür dem Arzt oder Physiotherapeuten seine Krankengeschichte erzählen. Nach einem Gleichgewichtstest können Haltungen und Bewegungen ausprobiert werden, die zu Beginn einfach sind. Der Schwierigkeitsgrad wird langsam gesteigert. Der Patient sollte den Schwierigkeitsgrad gerade noch schaffen. Zu einfache Übungen sind selten von Nutzen, während zu schwere Übungen den Patienten überlasten. Auch schwache Patienten können im Beisein des Therapeuten verschiedene Übungen absolvieren.
Wichtig: Bei den selbstständigen Übungen zu Hause sollten Sie sich festhalten können, um Stürze zu vermeiden.
Übungen zur Verbesserung der Balance und Gangsicherheit:
Mit einem Balance-Pad und einem Bewegungsball können Sie bei Polyneuropathie die Balance und die Gangsicherheit verbessern. Es reicht aus, wenn Sie jede Übung etwa zwei Minuten lang absolvieren. Verschiedene dieser Übungen lassen sich gut in den Alltag einbauen. Um nicht zu stürzen, sollten Sie zwischen einem Tisch und einem Stuhl trainieren. Gleichgewicht, Körperwahrnehmung und Symptome verbessern sich, je häufiger Sie die Übungen ausführen. Beim Gleichgewichtstraining werden nicht die Muskeln, sondern die Nerven trainiert. Auch wenn das Gleichgewichtstraining täglich nur wenige Minuten erfordert, sind die ersten kleinen Erfolge bereits während des Trainings sichtbar.
- Auf dem Balance-Pad können Sie beispielsweise 20 Sekunden lang stehen. Um den Schwierigkeitsgrad zu steigern, führen Sie die Übung auf einem Bein und mit geschlossenen Augen aus.
Für die Füße:
- Ihre Füße trainieren Sie, indem Sie barfuß auf verschiedenen Oberflächen gehen.
- Mit Ihren Füßen können Sie eine am Boden liegende Zeitung greifen und zerreißen.
- Beim Stehen in aufrechter Haltung sollten Sie Ihre Zehenspitzen 10 Sekunden lang in den Boden drücken, ohne sie einzukrallen.
Für die Beine:
- Beim Stehen auf einem Bein halten Sie 20 Sekunden lang die Balance.
Für die Hände:
- Einen kleinen Gymnastikball rollen Sie über Hand und Unterarm.
Weitere geeignete Übungen bei Polyneuropathie:
Bei einer Polyneuropathie können Sie mit verschiedenen Übungen die Koordination verbessern. Das gelingt mit zwei Tennisbällen, die Sie mit beiden Händen in die Luft werfen und dann wieder auffangen.
Zur Kräftigung der Beine halten Sie sich im aufrechten Stand an einem Stuhl fest, heben die Fersen, halten kurz die Position und senken die Fersen wieder ab.
Übungen für den sicheren Gang:
Einen sicheren Gang können Sie trainieren, indem Sie bewusst im Zeitlupentempo 30 Sekunden lang gehen. Bei den einzelnen Schritten halten Sie das Gleichgewicht. Zur Sicherheit sollte sich immer ein Tisch oder ein Stuhl in Ihrer Nähe befinden. Den Schwierigkeitsgrad steigern Sie, indem Sie beim Gehen im Zeitlupentempo die Knie hochziehen oder auf Zehenspitzen gehen. Auch hier halten Sie bei den Schritten das Gleichgewicht. Sie sollten immer nach 30 Sekunden eine Pause einlegen. Trainieren Sie länger als 30 Sekunden am Stück, ist das Nervensystem überfordert.
Ein besseres Gangbild können Sie mit Übungen an einer Treppe erzielen. Dazu halten Sie sich am Geländer fest und versuchen, mit einem Bein so viele Stufen wie möglich zu nehmen. Die Übung wiederholen Sie mit dem anderen Bein.
Elektrotherapie
Bei der Elektrotherapie werden die Nerven durch Impulse aus einem speziellen Gerät so stimuliert, dass Erkrankte statt Schmerzen ein leichtes Kribbeln spüren. Von außen lässt sich dieses durch ein TENS-Gerät erreichen. Die Therapien müssen dauerhaft durchgeführt werden. Eine Pause beeinträchtigt schnell den Behandlungserfolg.
Hydro- und Thermotherapie
Die mildeste Form, um die Durchblutung anzuregen und einen Reiz auf die Nervenrezeptoren auszuüben, ist das Trockenbürsten. Ein Igelball, Sandbäder oder Klopfungen wirken ähnlich. Intensiver sind tägliches Wassertreten nach Kneipp oder kalte Unterschenkelgüsse, die ebenfalls die Durchblutung verbessern. Ansteigende Teilbäder mit allmählich steigenden Temperaturen dienen genauso der Gefäßerweiterung. Entweder können sie lokal an den am häufigsten betroffenen Unterschenkeln angewandt werden oder auch als Armbäder, um die konsensuelle Fernwirkung auszunutzen. Je nach Befund können auch Vollbäder mit Zusatz von Fichtennadeln oder Heublumen zum Einsatz kommen. Lehmpackungen (Heilerde) wird auch bei Neuralgien ein schmerzlindernder und antiphlogistischer Effekt zugesprochen. Man sollte sie täglich anwenden [7]. Allgemein ist bei einer Polyneuropathie die Hydro- und Thermotherapie dann indiziert, wenn noch eine ausreichende Durchblutung gewährleistet ist. Zu intensive Warm- bzw. Heißanwendungen sollten wegen möglicher Gewebeschäden aufgrund des nicht verspürten Hitzereizes bei einer sensiblen Polyneuropathie und bei höhergradigen Durchblutungsstörungen vermieden werden. Analog können zu intensive, nicht wahrgenommene Kaltreize zu Erfrierungen führen.Die Sauna stellt einen intensiven thermischen Wechselreiz für die Haut dar. Sie wirkt auch schmerzlindernd und umstimmend am vegetativen Nervensystem, setzt aber eine Belastbarkeit von mindestens 75 Watt und eine ausreichende Durchblutung voraus.Ein besonders starker Reiz ist ein für nur wenige Sekunden durchgeführtes Eisbad der Füße. Eine ausreichende Durchblutung und Sensibilität sind Voraussetzung. Diese Anwendung sollte nur unter Aufsicht durchgeführt werden. Zur Kontrolle ist es üblich, dass der Behandler immer die eigene Hand mit in das Wasser eintaucht, um Kälteschäden zu vermeiden.Eine andere Variante eines intensiven Kaltreizes ist die lokale Kaltlufttherapie, die aber an bestimmte Physiotherapie-Einrichtungen gebunden ist. Sie kann - wiederum eine gute Durchblutung vorausgesetzt - zur Behandlung brennender Schmerzen an den Unterschenkeln versucht werden.
Weitere physikalische Therapieformen
- Massagen: Massagen können die Durchblutung verbessern und die Muskeln entspannen.
- Wärmeanwendungen: Wärmeanwendungen können Schmerzen lindern und die Muskeln entspannen.
- Kälteanwendungen: Kälteanwendungen können Entzündungen reduzieren und Schmerzen lindern.
Weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität
Neben der medizinischen und physikalischen Therapie gibt es weitere Maßnahmen, die Patienten mit Polyneuropathie ergreifen können, um ihre Lebensqualität zu verbessern:
- Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten kann helfen, den Körper mit wichtigen Nährstoffen zu versorgen. Die Motivation zur Ernährungsumstellung kann oft durch ein ärztlich oder zumindest durch einen Fastenleiter überwachtes einleitendes Heilfasten gesteigert werden. Heilfasten kann auch der Einstieg in eine Stoffwechselnormalisierung bei bestehendem Diabetes sein. Auch das erfordert eine ärztliche Begleitung, da ggf. die Insulin- und übrige Medikamentendosierung angepasst werden muss. Eine gute Eisenversorgung kann durch den gemeinsamen Verzehr von Eisen- und Vitamin-C-reichen Lebensmitteln wie Obst und Gemüse erreicht werden. Schwarzer Tee hemmt die Eisenresorption und sollte daher nicht zu den Mahlzeiten genossen werden [7].Häufig besteht bei einer diabetischen Polyneuropathie ein Mangel an Vitamin B1 (Thiamin), weshalb Patienten mit gesicherter Diagnose oft mit Benfotiamin behandelt werden [10]. Nicht nur ein Vitamin-B1-, auch ein Vitamin-B12- oder Folsäuremangel sollten ausgeglichen werden. Ebenso ist die Gabe von Alpha-Liponsäure (ein Koenzym, u. a. mit antioxidativen Effekten) üblich.
- Bewegung: Regelmäßige Bewegung kann helfen, die Muskeln zu stärken, die Ausdauer zu verbessern und die Koordination zu fördern.
- Fußpflege: Eine sorgfältige Fußpflege ist besonders wichtig, um Verletzungen und Infektionen vorzubeugen. Die richtige Fußhygiene soll v.a. verhindern, dass sich kleine, unbemerkte Verletzungen entzünden. Deshalb müssen die Patienten darauf achten, täglich ihre Füße nach Blasen, Rötungen, Schwielen etc. zu untersuchen. Bei nicht einsehbaren Bereichen, z.B. an der Fußsohle oder zwischen den Zehen, kann ein Spiegel zur Hilfe genommen werden. Die Füße sollten täglich mit warmem, aber nicht heißem Wasser und einer milden Seife gereinigt werden. Die Haut sollte dabei nicht einweichen. Das regelmäßige Schneiden der Fußnägel versteht sich von selbst, damit sie nicht „einwachsen“ oder von innen gegen die Schuhe drücken. Vielfach ist eine regelmäßige professionelle medizinische Fußpflege, z.B. bei einer Kosmetikerin, sinnvoll. Zusätzlich sollten natürlich immer gut passende Schuhe getragen werden, in denen die Zehen genügend Bewegungsfreiheit haben und keine Druckstellen entstehen können. Neue Schuhe sollten langsam eingelaufen werden, zuerst nur wenige Stunden am Tag.
- Stressmanagement: Stress kann die Symptome der Polyneuropathie verschlimmern. Entspannungstechniken wie Yoga, Meditation oder Atemübungen können helfen, Stress abzubauen. Da chronischer Stress auch die Schmerzverarbeitung beeinflusst, können im Einzelfall Entspannungsverfahren, Yoga oder vergleichbare Maßnahmen indiziert sein. Akupunktur ist in ähnlicher Weise wirksam.
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