Die Post-Zoster-Neuralgie (PZN) ist eine gefürchtete Komplikation nach einer Gürtelrose (Herpes Zoster), die durch das Varicella-Zoster-Virus (VZV) verursacht wird. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlung der PZN, insbesondere im Gesichtsbereich, und gibt Hinweise zur Vorbeugung.
Einführung
Die Gürtelrose ist eine Sekundärmanifestation einer Infektion mit dem Varizella-Zoster-Virus (VZV). Nach einer Windpocken-Infektion (Varizellen), die meist im Kindesalter stattfindet, verbleibt das Virus in inaktiver Form in bestimmten Nervenknoten (Ganglien) im Gehirn und Rückenmark. Bei Schwächung des Immunsystems, beispielsweise durch Erkrankungen, Medikamente oder im höheren Lebensalter, kann das Virus reaktiviert werden und entlang der Nervenbahnen wandern, was zu einer Gürtelrose führt. Diese äußert sich durch einen schmerzhaften Hautausschlag im Versorgungsgebiet des betroffenen Nervs (Dermatom).
Bei den meisten Menschen heilt der Hautausschlag nach zwei bis vier Wochen ab, und die Schmerzen verschwinden. Jedoch entwickelt etwa jeder zehnte Betroffene eine Post-Zoster-Neuralgie, bei der die Nervenschmerzen auch nach Abheilung des Ausschlags bestehen bleiben oder wiederkehren. Von einer PZN spricht man, wenn die Schmerzen drei Monate nach Abheilung des Hautausschlags noch vorhanden sind.
Ursachen und Risikofaktoren
Die Entstehung einer PZN ist komplex. Während der akuten Gürtelrose verursachen entzündliche Verletzungen der Nervenstrukturen die Schmerzen. Diese Nervenstrukturen können geschädigt werden und vernarben, was zu einem gestörten Schmerzempfinden führt.
Risikofaktoren für die Entwicklung einer PZN sind:
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- Alter: Das Risiko steigt mit zunehmendem Alter. Bei über 70-Jährigen entwickelt etwa die Hälfte der Betroffenen eine PZN. Das mögliche Auftreten einer Post-Zoster-Neuralgie hängt vom Lebensalter der Gürtelrose-Betroffenen ab: Während das Risiko bei den 55- bis 59-Jährigen bei 30 Prozent der Herpes-Zoster-Fälle liegt, bleiben die Schmerzen bei der Hälfte der Betroffenen über 60 Jahren länger bestehen und sogar bei zwei Dritteln der über 70-Jährigen.
- Geschlecht: Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
- Lokalisation der Gürtelrose: Eine Gürtelrose im Gesicht, an den Augen oder am Steißbein erhöht das PZN-Risiko. So ist das Risiko für eine PZN nach einer Gürtelrose im Gesicht und an den Augen sowie am Steißbein erhöht.
- Starke Schmerzen zu Beginn der Gürtelrose: Bereits zu Beginn der Gürtelrose auftretende starke Schmerzen, teilweise noch vor dem Ausschlag, erhöhen das Risiko. Außerdem steigt das Risiko, wenn die Betroffenen bereits zu Beginn der Gürtelrose - teilweise noch vor dem Ausschlag - starke Schmerzen haben.
- Schwere der Gürtelrose: Ein schwerer Verlauf mit mehr als 50 Hautläsionen oder hämorrhagischen Effloreszenzen (blutgefüllten Bläschen) erhöht das Risiko.
- Geschwächtes Immunsystem: Immundefizienz, Tumorerkrankungen, AIDS, Organtransplantationen und immunsuppressive Therapien erhöhen das Risiko für einen schweren Verlauf und Komplikationen wie PZN.
Symptome
Die Symptome einer PZN können je nach betroffener Nervenregion variieren. Typische Symptome sind:
- Anhaltende brennende oder bohrende Schmerzen
- Plötzlich einschießende Schmerzen
- Heftige Schmerzen bei Berührung (Allodynie)
- Missempfindungen wie Juckreiz oder Taubheitsgefühle
Die Schmerzen und Missempfindungen treten im Bereich der vorangegangenen Gürtelrose auf, also am Rumpf, an einem Arm oder im Gesicht. Der Schmerz kann sich über die Stellen des ursprünglichen Ausschlags ausbreiten und intensiver werden. Die Haut ist an diesen Stellen überempfindlich, sodass jede Berührung schmerzhaft sein kann. Betroffene haben oft Probleme, diese Hautregionen zu waschen, sich im Bett zu drehen oder sich zu umarmen.
Besondere Aspekte bei PZN im Gesicht
Eine Gürtelrose im Gesicht (Gesichtsrose) kann besonders schwerwiegende Folgen haben, da sie die sensiblen Strukturen von Auge und Ohr bedrohen kann.
- Zoster ophthalmicus: Betrifft das Auge und kann zu Bindehautentzündung (Konjunktivitis), Entzündung der Lederhaut (Skleritis) oder Hornhaut (Keratitis), Entzündung der mittleren Augenhaut (Uveitis), Sekundärglaukom, Schädigung von Netzhaut und/oder Sehnerv bis hin zur Erblindung führen.
- Zoster oticus: Betrifft das Ohr und kann Hörstörungen (bei Beteiligung des Nervus acusticus), Gleichgewichtsstörungen (bei Beteiligung des Nervus vestibularis) oder Gesichtslähmungen (Fazialis-Parese bei Entzündung des Nervus fazialis) verursachen.
Bei einer PZN im Gesicht ist häufig der Nervus trigeminus betroffen, was zu einer Trigeminusneuralgie mit anhaltenden Schmerzen im Gesichtsbereich führen kann. Auch unschöne Narben können im Gesicht zurückbleiben.
Diagnose
Die Diagnose einer PZN basiert auf der Anamnese und der klinischen Untersuchung. Wichtige Fragen sind:
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- Wie lange dauern die Schmerzen bereits an?
- Hatten Sie vor einigen Wochen oder Monaten an der entsprechenden Stelle einen schmerzhaften Hautausschlag (Gürtelrose)?
- Wie ist Ihr Impfstatus?
- Wie intensiv sind die Schmerzen?
Der Arzt untersucht das betroffene Hautareal auf Rötungen, Pusteln oder Narben und prüft die Berührungsempfindlichkeit der Haut. Eventuell wird ein standardisierter Fragebogen zur Schmerzeinschätzung eingesetzt.
In unklaren Fällen können eine Blutuntersuchung zur Bestimmung der Entzündungswerte und spezieller Antikörper gegen das Varicella-Zoster-Virus sowie eine Überweisung zum Neurologen erforderlich sein, um andere Ursachen für die Nervenschmerzen auszuschließen.
Behandlung
Die Behandlung der PZN zielt darauf ab, die Schmerzen zu lindern, Missempfindungen zu unterdrücken und die Lebensqualität zu verbessern. Oft werden die Symptome mit der Zeit schwächer, es kann aber auch zu einem chronischen Verlauf mit immer wiederkehrenden Beschwerden kommen. Es kann sein, dass Sie nach ärztlicher Rücksprache mehrere Wirkstoffe und Dosierungen ausprobieren müssen, bis Sie die passende Post-Zoster-Neuralgie-Therapie finden.
Verschiedene Wirkstoffe und Therapieverfahren stehen zur Verfügung:
- Schmerzpflaster: Wirken gezielt an den betroffenen Stellen. Pflaster mit schmerzbetäubenden Wirkstoffen wie Lidocain oder Capsaicin können helfen, wenn die Schmerzen auf eine Körperstelle begrenzt sind. Studien deuten darauf hin, dass Pflaster mit hochdosiertem Capsaicin (8-prozentig) die Nervenschmerzen verringern können.
- Antikonvulsiva: Medikamente gegen Krampfanfälle (z.B. Gabapentin oder Pregabalin), die die Nervenzellen weniger erregbar machen und sich in der Schmerztherapie bewährt haben. Bei anhaltenden Nervenschmerzen werden oft Antiepileptika wie Pregabalin oder Gabapentin eingesetzt. Sie werden anfangs mit Schmerzmitteln kombiniert, da es etwas dauert, bis sie wirken. Dann können die Schmerzmittel wieder abgesetzt werden.
- Antidepressiva: Verhindern unter anderem, dass Schmerzsignale im Rückenmark weitergeleitet werden. Reichen Antiepileptika nicht aus, ist es möglich, zusätzlich Antidepressiva einzunehmen. Beide hemmen die Schmerzweiterleitung zum Gehirn und dämpfen die Erregbarkeit der betroffenen Nerven.
- Schmerzmittel: Können einzeln oder in Kombination mit anderen Therapieverfahren die Schmerzen dämpfen. Entsprechend der Schmerzintensität können nicht-steroidale Antiphlogistika oder Opioide eingesetzt werden.
- Nervenblockaden: Eine neuere Therapieoption für schwer zu behandelnde Schmerzen, bei denen bestimmte Nerven mit lokal angewendeten Betäubungsmitteln oder Steroiden „abgeschaltet“ werden. Diese Therapie wird ausschließlich von spezialisierten Schmerzärzten durchgeführt.
- Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS): Hierbei werden mithilfe von Elektroden auf der Haut die Nerven mit Stromimpulsen angesprochen. Die wissenschaftliche Evidenz für die Wirksamkeit dieses Verfahrens ist jedoch begrenzt.
- Weitere Maßnahmen: Akupunktur und andere alternative Behandlungen sind nicht ausreichend in Studien untersucht. Basismaßnahmen umfassen eine sorgfältige Hautpflege der betroffenen Stellen und das Abdecken des Ausschlags, um das Risiko einer Virusübertragung zu reduzieren.
Die medikamentöse Therapie der Wahl bei der Behandlung der PZN sind Antikonvulsiva wie Gabapentin oder Pregabalin oder trizyklische Antidepressiva. Schwache Opioide und topische Therapieoptionen wie Lidocain- oder Capsaicin-Pflaster stehen als Mittel der zweiten Wahl ebenfalls zur Verfügung.
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Es ist wichtig, dem Arzt oder der Ärztin möglichst genau zu beschreiben, wie stark die Schmerzen sind, wie die Medikamente wirken und ob es Nebenwirkungen gibt, um die geeignete Therapie zu finden.
Behandlung der Gürtelrose zur Vorbeugung einer PZN
Eine frühzeitige Behandlung der akuten Gürtelrose kann das Risiko einer PZN verringern. Die antivirale Therapie sollte möglichst innerhalb von 72 Stunden nach Auftreten der Hautsymptome oder innerhalb von 48 Stunden nach Manifestation der charakteristischen Hautbläschen eingeleitet werden. Zur Verfügung stehen die Wirkstoffe Aciclovir (oral oder parenteral), Valaciclovir, Famciclovir und Brivudin. Studien deuten auf eine Überlegenheit von Valaciclovir gegenüber Aciclovir im Hinblick auf die Linderung der mit Zoster assoziierten Schmerzen hin. Brivudin hemmt die Virusreplikation schneller als orales Aciclovir und führt zu einer signifikant geringeren PZN-Inzidenz.
Bei Zoster ophthalmicus wird eine augenärztliche Mitbetreuung empfohlen, bei Zoster oticus eine Mitbehandlung durch einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt und Neurologen.
Vorbeugung
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, einer Gürtelrose und damit auch einer PZN vorzubeugen:
- Impfung gegen Windpocken: Eine Impfung gegen Windpocken reduziert auch das Risiko, später an Gürtelrose zu erkranken und eine Post-Zoster-Neuralgie zu entwickeln. Impfungen gegen die Windpocken gehören seit dem Jahr 2004 zu den empfohlenen Impfungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) für Säuglinge und Kleinkinder. Vor einer geplanten Schwangerschaft sollten Frauen, die in ihrem Leben noch keine Windpocken hatten, ebenfalls gegen Windpocken geimpft werden.
- Impfung gegen Gürtelrose: Auch wer schon einmal an Windpocken erkrankt war, kann sich später gegen Gürtelrose impfen lassen, um sein Risiko zu reduzieren. Die STIKO empfiehlt eine Herpes-zoster-Impfung für Menschen ab 60 Jahren, die nicht gegen Windpocken geimpft sind, sowie für besonders gefährdete Menschen (wie etwa chronisch Kranke) ab 50 Jahren. Die Kosten für diese Impfung übernimmt die Krankenkasse. Die Wahrscheinlichkeit einer Infektion, Reaktivierung oder einer Post-Zoster-Neuralgie kann mithilfe der Impfung deutlich gesenkt werden.
- Stärkung des Immunsystems: Ein gesunder Lebensstil mit ausgewogener Ernährung, ausreichend Schlaf und Bewegung sowie Stressreduktion kann das Immunsystem stärken und das Risiko einer Reaktivierung des Virus verringern.
- Vermeidung von Ansteckung: Kontakt zu infizierten Personen sollte bei möglichem Ansteckungsrisiko vermieden werden.
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