Posturale Instabilität bei Parkinson: Ursachen und Behandlung

Die Parkinson-Krankheit ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die durch eine Vielzahl von motorischen und nicht-motorischen Symptomen gekennzeichnet ist. Eines der Hauptsymptome ist die posturale Instabilität, die die Mobilität der Patienten beeinträchtigt und ihr Sturzrisiko erhöht. Dieser Artikel befasst sich mit den Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten der posturalen Instabilität bei Parkinson.

Allgemeine Informationen zur Parkinson-Krankheit

Die Parkinson-Krankheit ist die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung nach der Alzheimer-Krankheit. Schätzungen zufolge gibt es in Deutschland mindestens 200.000 Betroffene, mit deutlich wachsender Tendenz. Die Erkrankung beginnt meist zwischen dem 50. und 65. Lebensjahr und betrifft ca. 100-200 Personen pro 100.000 Einwohner. Bis zu 10 % der Patienten erkranken schon vor dem 40. Lebensjahr. Frauen und Männer sind etwa gleich häufig betroffen.

Ursachen der Parkinson-Krankheit

Grund für die motorische Störung ist ein Verlust von Nervenzellen in einem kleinen, eng begrenzten Gebiet tief im Inneren des Gehirns, der schwarzen Substanz "substantia nigra". Dort werden Bewegungsimpulse durch einen bestimmten chemischen Überträgerstoff, dem Dopamin, kontrolliert. Bei der Parkinson-Krankheit gehen die Nervenzellen der "substantia nigra" langsam zugrunde und es kommt zu einem Dopaminmangel. Die Ursache für den Verlust dieser Nervenzellen ist bisher nicht endgültig geklärt. In den Nervenzellen finden sich Eiweißablagerungen, die mit dem Schädigungsmechanismus in Verbindung gebracht werden. Es gibt jedoch derzeit noch keine Therapie, die diesen Nervenzellverlust stoppen bzw. rückgängig machen kann.

Genetische und idiopathische Formen

Der Großteil der Betroffenen erkrankt um das sechzigste Lebensjahr - dann tritt die Krankheit ohne erkennbaren Auslöser auf, was man als idiopathisch oder sporadisch bezeichnet. Neben der idiopathischen Form der Parkinson-Erkrankung, für die sich bislang keine konkreten Ursachen ausmachen lassen, existieren auch genetische Formen: Zehn Prozent der Parkinson-Erkrankungen sind genetisch, d.h. durch Vererbung bedingt. Hier sind Mutationen, also Veränderungen der Erbinformation, Ursache der Erkrankung. Patienten mit genetischer - man sagt auch familiärer- Parkinson sind im Schnitt etwas jünger, wenn sich Symptome zeigen: oft treten erbliche Formen schon vor dem 50. Lebensjahr auf.

Sekundäres Parkinson-Syndrom

Beim sogenannten sekundären Parkinson-Syndrom ähneln die Symptome denen der „echten“ Parkinson-Erkrankung, ohne dass es sich um Morbus Parkinson handelt: Hier werden die Symptome nicht durch Parkinson und damit durch Zellsterben in der Substantia Nigra verursacht.

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Klinisches Erscheinungsbild der Parkinson-Krankheit

Die Parkinson-Krankheit ist durch vier motorische Hauptsymptome gekennzeichnet:

  • Verlangsamung aller Bewegungsabläufe (Bradykinese/Akinese)
  • Erhöhte Muskelspannung (Rigor)
  • Zittern (Ruhetremor)
  • Haltungsinstabilität (Posturale Instabilität)

Zusätzlich können auch vegetative und kognitiv/neuropsychologische Symptome auftreten. Die Bradykinese äußert sich zu Beginn der Krankheit durch zunehmende Verlangsamung mit Ungeschicklichkeit, die Schrift wird kleiner, später verändert sich das Gangbild und es fällt den Patienten schwer Bewegungsabläufe zu beginnen. Der Rigor führt häufig zu Steifigkeit am ganzen Körper mit Schulter-, Wirbelsäulen- oder Hüftschmerzen. Das Zittern tritt überwiegend in Ruhe auf und die Haltungsinstabilität kann im fortgeschrittenen Krankheitsverlauf zu häufigen Stürzen führen. Als Frühsymptomen können Riechstörungen, Obstipation, Depression und Schlafstörungen auftreten, die sogar mehrere Jahre vor den motorischen Hauptsymptomen auftreten können.

Posturale Instabilität im Detail

Posturale Instabilität, auch bekannt als Haltungsinstabilität, ist ein Hauptmerkmal der Parkinson-Krankheit und trägt wesentlich zum erhöhten Sturzrisiko bei Patienten bei. Sie resultiert aus der Beeinträchtigung der posturalen Reflexe, die normalerweise den Körper automatisch ausbalancieren, insbesondere bei unerwarteten Bewegungen oder Störungen.

Ursachen der posturalen Instabilität

Die posturale Instabilität bei Parkinson wird hauptsächlich durch die Degeneration von Nervenzellen in der Substantia nigra verursacht, was zu einem Dopaminmangel führt. Dopamin spielt eine entscheidende Rolle bei der Steuerung der Bewegung und der Aufrechterhaltung des Gleichgewichts. Der Dopaminmangel beeinträchtigt die Fähigkeit des Gehirns, die Muskeln zu koordinieren, die für die Aufrechterhaltung der Körperhaltung und das Gleichgewicht erforderlich sind.

Symptome der posturalen Instabilität

  • Gleichgewichtsstörungen: Patienten haben Schwierigkeiten, das Gleichgewicht zu halten, insbesondere beim Stehen oder Gehen.
  • Erhöhtes Sturzrisiko: Die instabile Körperhaltung führt zu einem erhöhten Risiko von Stürzen, was zu Verletzungen und einer verminderten Lebensqualität führen kann.
  • Veränderte Körperhaltung: Patienten neigen dazu, eine vornübergebeugte Haltung einzunehmen, was die Stabilität zusätzlich beeinträchtigt.
  • Schwierigkeiten bei Richtungswechseln: Das Ändern der Richtung beim Gehen kann schwierig sein und zu Gleichgewichtsverlust führen.
  • Festfrieren (Freezing): Plötzliches, vorübergehendes Unvermögen, die Füße vom Boden zu heben, was zu Stürzen führen kann.

Diagnose der posturalen Instabilität

Die Diagnose der posturalen Instabilität erfolgt in der Regel durch eine klinische Untersuchung durch einen Neurologen. Dabei werden Gleichgewichtstests, Gangbeobachtungen und die Beurteilung der posturalen Reflexe durchgeführt. Es ist wichtig, andere mögliche Ursachen für Gleichgewichtsstörungen auszuschließen, wie z. B. vestibuläre Störungen oder neurologische Erkrankungen.

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Behandlung der posturalen Instabilität

Die Behandlung der posturalen Instabilität bei Parkinson zielt darauf ab, die Symptome zu lindern, das Sturzrisiko zu verringern und die Lebensqualität zu verbessern. Die Behandlungsstrategien umfassen in der Regel eine Kombination aus medikamentösen und nicht-medikamentösen Ansätzen.

Medikamentöse Therapie

  • Levodopa: Dies ist das am häufigsten verwendete Medikament zur Behandlung der Parkinson-Krankheit. Es hilft, den Dopaminmangel im Gehirn auszugleichen und kann die posturale Stabilität verbessern.
  • Dopaminagonisten: Diese Medikamente wirken ähnlich wie Dopamin und können ebenfalls zur Verbesserung der posturalen Stabilität beitragen.
  • Andere Medikamente: In einigen Fällen können andere Medikamente wie MAO-B-Hemmer oder COMT-Hemmer eingesetzt werden, um die Wirkung von Levodopa zu verstärken oder die Symptome der posturalen Instabilität zu lindern.

Nicht-medikamentöse Therapie

  • Physiotherapie: Physiotherapie spielt eine entscheidende Rolle bei der Behandlung der posturalen Instabilität. Sie hilft, die Muskelkraft, die Balance und die Koordination zu verbessern. Spezielle Übungen sind darauf ausgerichtet, die Gangsicherheit zu erhöhen und das Risiko von Stürzen zu minimieren. Die sogenannte „BIG-Methode“ ist eine spezifische Bewegungstherapie bei Parkinson. Der Patient macht einen großen Ausfallschritt, reißt die Arme hoch und schreit „HALLO“. Durch den großen Ausfallschritt und das laute Schreien, können die Patienten größere Schritte wieder erlernen und auch lauter sprechen.
  • Ergotherapie: Ergotherapie unterstützt Parkinson-Patienten dabei, ihre Selbstständigkeit im Alltag zu bewahren. Durch gezielte Maßnahmen werden feinmotorische Fähigkeiten trainiert und Strategien entwickelt, um alltägliche Herausforderungen wie Anziehen, Essen und Schreiben zu bewältigen.
  • Logopädie: Da die Parkinson-Krankheit auch die Sprach- und Schluckfähigkeit beeinträchtigen kann, ist die Logopädie (Sprachheilkunde) ein wichtiger Bestandteil der Therapie. Logopäden arbeiten mit ihren Patienten an Übungen zur Stärkung der Stimme und Verbesserung der Artikulation. Wenn die Stimme immer leiser wird und die Patienten undeutlich sprechen, könnte eine Übung sein, sich in einen Raum zu setzen und dreimal am Tag für fünf Minuten A-E-I-O-U zu schreien - richtig laut. Durch bewusstes Schreien wird die Stimme wieder lauter und besser verständlich.
  • Tiefe Hirnstimulation (THS): Bei Patienten, bei denen die medikamentöse Therapie nicht ausreichend wirksam ist, kann die tiefe Hirnstimulation eine Option sein. Bei diesem Verfahren werden Elektroden in bestimmte Hirnregionen implantiert, um die neuronalen Schaltkreise zu modulieren und die Symptome der Parkinson-Krankheit, einschließlich der posturalen Instabilität, zu verbessern.
  • MR-gesteuerte fokussierte Ultraschalltherapie: Ein weiteres Verfahren ist der MR-gesteuerte fokussierte Ultraschall, bei dem mithilfe eines MRT-Bildes gezielt Ultraschallwellen Nervenzellen veröden, die einen Tremor auslösen.
  • Weitere Maßnahmen:
    • Sicherheit im häuslichen Umfeld: Maßnahmen zur Sturzprävention im häuslichen Umfeld, wie z. B. das Entfernen von Stolperfallen, die Installation von Haltegriffen und die Verbesserung der Beleuchtung, können das Sturzrisiko verringern.
    • Regelmäßige Bewegung: Regelmäßige körperliche Aktivität, wie z. B. Gehen, Tanzen oder Schwimmen, kann die Muskelkraft und die Balance verbessern.
    • Hilfsmittel: Die Verwendung von Gehhilfen wie Stöcken oder Rollatoren kann die Stabilität verbessern und das Sturzrisiko verringern.

Die Rolle der interdisziplinären Behandlung

Die Behandlung der Parkinson-Krankheit erfordert einen interdisziplinären Ansatz, bei dem verschiedene Fachkräfte zusammenarbeiten, um die bestmögliche Versorgung zu gewährleisten. Dazu gehören Neurologen, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden, Psychologen und andere Spezialisten. Die enge Zusammenarbeit aller Beteiligten in der Betreuung der Parkinson-Erkrankten wird durch eine wöchentlich stattfindende interdisziplinäre Teamsitzung garantiert, in der die aktuelle klinische Situation der Patienten, deren Bedürfnisse hinsichtlich Teilhabe und Aktivitäten (ICF-International Classification of Functioning, Disability and Health basiert), die angestrebte Entlassung mit einem gleitenden Übergang in den weiterversorgenden Kontext im Mittelpunkt steht.

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