Kopfschmerzen und neurologische Erkrankungen können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Eine spezialisierte neurologische Praxis bietet ambulante Diagnostik, individuelle Beratung und Therapiemöglichkeiten für ein breites Spektrum an Kopfschmerzerkrankungen, insbesondere Migräne und Spannungskopfschmerzen. Dieser Artikel soll Ihnen einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Aspekte von Kopfschmerzen, deren Behandlung und die Leistungen einer spezialisierten Praxis geben.
Kopfschmerzen: Ein weit verbreitetes Problem
Kopfschmerzen gehören zusammen mit Rückenschmerzen zu den häufigsten Schmerzsyndromen. Sie können die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Die Neurologie kennt eine Vielzahl von Kopfschmerzerkrankungen. Die beiden häufigsten sind Migräne und Spannungskopfschmerzen.
Die Bedeutung der Anamnese und Diagnostik
In der neurologischen Facharztpraxis liegt ein Schwerpunkt auf der individuellen medizinischen Behandlung von Kopfschmerzerkrankungen, insbesondere der Migräne. Eine ausführliche Anamnese und differenzierte Diagnostik sowie eine patientenorientierte Beratung sind hierbei von besonderer Bedeutung. Eine ausführliche Anamnese hilft in den meisten Fällen, Migräne und Spannungskopfschmerzen voneinander abzugrenzen und die passende Therapie einzuleiten. Ergänzt wird die Diagnostik bei Bedarf durch zusätzliche technisch-apparative Untersuchungen.
Der Kopfschmerzkalender: Ein wichtiges Hilfsmittel
Das Führen eines Kopfschmerzkalenders bei länger bestehenden Kopfschmerzen ist empfehlenswert und ermöglicht die Erkennung von Häufigkeit, möglichen Triggern, Medikamentenwirkung und Risikofaktoren. Patienten sollten diesen zu ihrem Termin mitbringen, falls sie bereits einen derartigen Kalender führen. Kopfschmerztagebücher oder Apps können hierfür eine wichtige Rolle spielen.
Migräne: Ursachen, Symptome und moderne Therapien
Migräne ist weit mehr als „nur Kopfschmerzen“ - Millionen Menschen leiden darunter, oft ohne eine klare Diagnose oder passende Behandlung. Migräne betrifft etwa 19 % aller Frauen und 10 % aller Männer. Sie kann sehr behindernd wirken.
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Symptome der Migräne
Die Migräne ohne Aura zeigt Attacken von 4 bis 72 Stunden Dauer, meist einseitig, pulsierend. Bei mäßig bis starker Ausprägung, Verstärkung durch körperliche Aktivitäten, mit Übelkeit, Licht- und Lärmüberempfindlichkeit. Die Migräne mit Aura ist zusätzlich durch vorübergehende fokale neurologische Symptome gekennzeichnet, die den Kopfschmerzen vorangehen oder sie begleiten. In beiden Fällen gibt es oft Vorboten, die Stunden oder Tage vorausgehen können, und/oder „Nachwehen“ in der Erholungsphase mit Veränderungen des Antriebs, Stimmungsschwankungen, Heißhunger auf bestimmte Nahrungsmittel, Müdigkeit und Nackenverspannungen. Nicht selten treten auch begleitend Schwindelepisoden, Bauchschmerzen und Nackenschmerzen auf.
Behandlung von Migräne
In der Migränebehandlung erfolgt neben einer individuellen Beratung die Verordnung von Akuttherapien sowie von Prophylaktika.
Spannungskopfschmerzen
Spannungskopfschmerz betrifft etwa 31 % der Frauen und 21 % der Männer. Typischerweise beidseitiges Einengungs- oder Druckgefühl, leicht bis mittelstark, Dauer zwischen Minuten und Tagen, zuweilen auch dauerhaft. Der Kopfschmerz nimmt bei körperlicher Aktivität nicht zu und ist nicht begleitet von Übelkeit. Licht- oder Geräuschempfindlichkeit können vorhanden sein. Es werden seltene, häufige und chronische Formen unterschieden.
Cluster-Kopfschmerz
Cluster-Kopfschmerz ist eine seltene Kopfschmerzerkrankung, die häufiger Männer betrifft. Attackenartig, sehr schwer, streng einseitig bei 15 bis 180 Minuten Dauer. Betroffene leiden mindestens unter einer Attacke jeden zweiten Tag. In extremen Fällen können es bis zu 8 Attacken pro Tag werden. Oftmals „immer zur selben Uhrzeit“. Teils mit Augenrötung, Tränen, Naselaufen, vermehrtem Schwitzen im Kopfbereich, Pupillenverengung, Lidschwellung, Herabhängen des Lids, Bewegungsunruhe.
Trigeminoautonome Kopfschmerzen
Trigeminoautonome Kopfschmerzen sind eine Gruppe sehr seltener, streng einseitiger Kopfschmerzerkrankungen, die von einem Naselaufen und Augentränen auf der selben Seite begleitet werden (SUNCT, SUNA, Paroxysmale Hemikranie und Hemicrania continua).
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Sekundäre Kopfschmerzen: Wenn Kopfschmerzen ein Symptom sind
Sekundäre Kopfschmerzen sind Kopfschmerzen, die das Symptom einer anderen Erkrankung sind. Diese sind oft heilbar, selbst wenn sie unbehandelt zum Teil lebensbedrohlich werden können. Daher ist es sehr wichtig, sie von den primären Kopfschmerzerkrankungen abzugrenzen.
Mögliche Ursachen für sekundäre Kopfschmerzen sind:
- Kopfschmerzen nach Kopf- und Wirbelsäulenverletzungen
- Kopfschmerzen bei Gefäßstörungen des Kopfes und/oder Halses (z.B. Blutungen, Infarkten, Thrombosen und Dissektionen)
- Kopfschmerzen bei nicht gefäßbedingten intrakraniellen Störungen (z.B. Tumoren, Hirn-Überdruck und -Unterdruck)
- Kopfschmerzen, die durch chemische Substanzen wie Medikamente, Alkohol und Drogen bzw. deren Entzug verursacht werden. Besonders relevant ist hier der Kopfschmerz durch Schmerzmittelübergebrauch.
- Kopfschmerzen bei Infektionen, sei es bei einer „Erkältung“ oder einer lebensbedrohlichen Hirnhautentzündung, einem Hirnabszess o.ä.
- Kopfschmerzen bei Stoffwechselveränderungen wie Atemstörungen, Schlafapnoe, Dialyse, Bluthochdruck, Schilddrüsenerkrankungen, Hungerzustände, Herzerkrankungen.
- Kopfschmerzen bei Erkrankungen der Kopforgane: Augen, Ohren, Nase, Nebenhöhlen, Zähne, Kiefergelenke etc.
- Kopfschmerzen bei psychiatrischen Grunderkrankungen.
Schmerzhafte Störungen der Hirnnerven: Neuralgien und Neuropathien
Neuralgien sind einschießende, kurze Schmerzattacken, oft mehrfach am Tag, im Versorgungsgebiet eines sensiblen Hirnnerven. Schmerzhafte Neuropathien sind eher dauerhafte, teils konstante, teils schwankende Schmerzen im Versorgungsgebiet eines sensiblen Hirnnerven.
Hauptsächlich betroffen sind:
- Nervus trigeminus: Stirn-, Oberkiefer- oder Unterkieferschmerzen.
- Nervus glossopharyngeus: Rachenschmerzen.
- Nervus intermedius: Gehörgangschmerzen.
- Nervus Okzipitalis: Hinterhauptschmerzen.
- Nacken-Zungen-Syndrom: Nacken- und Kopfschmerzen, gepaart mit Gefühlsstörungen einer Zungenseite. Meist aufgrund einer Verdrehung des Atlasknochens gegen den Dens axis im Rahmen plötzlicher Drehbewegungen des Kopfes.
- Nervus opticus: Schmerzhafte Optikusneuritis, Augenbewegumgsschmerz.
Diagnostik und Therapie in der neurologischen Praxis
Um bei der Vielzahl der möglichen Kopfschmerzursachen den persönlichen Kopfschmerz möglichst gut einzugrenzen, findet anfangs ein eingehendes ärztliches Gespräch statt. Im Anschluss können körperliche und apparative Untersuchungen folgen (Ultraschall oder EEG). Diese dienen im Wesentlichen dem Ausschluss symptomatischer Ursachen. Auch können bildgebende Untersuchungen beim Radiologen und Vorstellungen bei anderen Kolleginnen und Kollegen aus dem Bereich der Augen-, HNO- oder Zahnheilkunde sinnvoll sein. Im Falle lang andauernder Kopfschmerzen ist es sehr sinnvoll, ein Tagebuch über diese zu führen und es zum Gespräch mitzubringen.
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Therapieprinzipien
Die Therapie von Kopfschmerzen folgt drei Prinzipien:
- ) Symptomatische Ursachen erkennen und die Grunderkrankung behandeln.
- ) Kopfschmerzattacken lindern. Hierzu gehören sowohl medikamentöse Verfahren (z.B. der Einsatz von Ibuprofen, Paracetamol, Metamizol, Aspirin oder Triptanen) als auch nicht medikamentöse Verfahren (z.B. das Einmassieren ätherischer Öle oder Atemübungen). Schmerzmittel sollten nicht zu oft angewendet werden! Ansonsten kann es zu einem zusätzlichen Kopfschmerz durch Arzneimittelübergebrauch kommen. Bei Ibuprofen, Novaminsulfon, Paracetamol, Naproxen und Aspirin beträgt die Grenze 15 Tage pro Monat. Bei Kombinationspräparaten wie Tomapyrin, bei Triptanen und besonders bei Opiaten wie Tramadol ist die Grenze bereits nach 8-10 Einnahmetagen pro Monat erreicht.
- ) Kopfschmerzattacken verhindern: Gerade dem Verhalten kommt hier eine Schlüsselrolle zu. Bereits mit regelmäßigem Sport und Entspannungsphasen kann eine Menge erreicht werden. Werden Sie an mehreren Tagen des Monats von Kopfschmerzen geplagt, kann eine medikamentöse Prophylaxe sehr hilfreich sein. Zum Einsatz kommen vor allem Blutdruckmittel, Antidepressiva und Antiepileptika. In besonders hartnäckigen Fällen kommen auch spezielle Verfahren zum Einsatz wie die Injektion von Antikörpern, lokal wirksamen Betäubungsmitteln und Botulinumtoxin.
Spezialisierte Kopfschmerzzentren und Ambulanzen
Kopfschmerzambulanz des UKE
Die Kopfschmerzambulanz des UKE besteht seit 2005 und wird von Herrn Prof. Dr. Arne May geleitet. Sie behandeln Patienten mit jeglicher Art von primären oder sekundären Kopf- und/oder Gesichtsschmerzen und sind dabei therapeutisch und wissenschaftlich spezialisiert auf Migräne, Spannungskopfschmerzen, Trigemino-autonome Kopfschmerzen (z. B. Clusterkopfschmerz), Trigeminusneuralgie, Persistierenden Idiopathischen Gesichtsschmerz (früher: Atypischer Gesichtsschmerz) sowie weitere seltene Kopf- und Gesichtsschmerzerkrankungen. Der Anspruch ist es, Patienten zu beraten und Therapiekonzepte zu erstellen, welche in Zusammenarbeit mit dem Hauptbehandler (z. B. Neurologe oder Hausarzt) umgesetzt werden.
Neurologisch-verhaltensmedizinische Schmerzklinik Kiel
Die Klinik für neurologisch-verhaltensmedizinische Schmerztherapie unter der Leitung von Prof. Dr. med. Dipl.Psych. Hartmut Göbel bietet spezielle Therapie von Migräne mit und ohne Aura, Migräne-Komplikationen, alle Kopfschmerzen, wie z.B. chronische Spannungskopfschmerzen, Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch, Clusterkopfschmerz, Nervenschmerz (neuropathischer Schmerz), Rückenschmerz und andere Formen chronischer Schmerzerkrankungen.
Leistungen spezialisierter Ambulanzen
Das Leistungsspektrum spezialisierter Ambulanzen umfasst:
- Allgemeine Beratung und Information bei therapieresistenten, unklaren oder komplexen Kopf- und Gesichtsschmerzerkrankungen
- Erarbeitung von individuellen Therapiekonzepten
- Weiterführende Diagnostik
- Botulinumtoxin-Therapie der chronischen Migräne
- Möglichkeit des Einschlusses in klinische Studien mit neuartigen Therapiekonzepten
- Enge Kooperation mit anderen Fachbereichen
Wichtige Verhaltensweisen zur Vorbeugung von Kopfschmerzen
Um das Auftreten von Kopfschmerzen zu verhindern, ist ein harmonischer Lebensrhythmus mit regelmäßigem Sport, Entspannungsübungen und ohne Zigaretten sinnvoll!
Weitere wichtige Verhaltensweisen sind:
- Ausreichender, erholsamer Schlaf
- Ein stetiger, regelmäßiger Tag/Nacht-Rhythmus
- Ausreichende Trinkmenge beachten
- Regelmäßige Mahlzeiten
- Regelmäßige Sport
- Regelmäßige, entspannende Aktivitäten wie Meditation
Warnhinweise: Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?
Abzugrenzen sind Kopfschmerzen als Symptom anderer Krankheiten.
Warnhinweise sind:
- Plötzlicher Beginn (Donnerschlag)
- Fieber
- Nachtschweiß
- Sehstörungen
- Schwäche
- Verwirrtheit
- Beginn mit über 50 J.
- Rund um eine Geburt
- Beim Husten, Pressen, Sport
- Auch ungewöhnliche Veränderungen lang bestehender Kopfschmerzen
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