Das menschliche Gehirn ist ein komplexes und faszinierendes Organ, das ständig lernt und sich anpasst. Die Fähigkeit des Gehirns, sich zu verändern, wird als Neuroplastizität bezeichnet. Diese Plastizität ermöglicht es uns, neue Fähigkeiten zu erlernen, uns von Verletzungen zu erholen und unerwünschte Verhaltensweisen zu ändern. Es gibt verschiedene Techniken, um das Gehirn neu zu programmieren und positive Veränderungen im Leben zu bewirken. Dieser Artikel beleuchtet einige dieser Techniken und ihre Anwendungsmöglichkeiten.
Neuroplastizität: Die Grundlage für Veränderung
Die Neuroplastizität ist die Fähigkeit des Gehirns, sich in Abhängigkeit seiner Nutzung zu verändern. Es wird zwischen funktioneller und struktureller Plastizität unterschieden. Bei der funktionellen Plastizität verändert sich lediglich die Intensität der Signale zwischen den einzelnen Synapsen. Von struktureller Plastizität spricht man, wenn es um die Veränderung oder gar Neubildung von Nervenzellen geht. Intensives körperliches Training kann Auswirkungen auf die Plastizität des Gehirns haben.
Brain-Computer-Interfaces (BCI)
Brain-Computer-Interfaces (BCI) nutzen die messbaren Veränderungen der elektrischen Hirnaktivität, die durch die bloße Vorstellung einer Handlung ausgelöst werden. Diese Signale können ausgelesen und über maschinelle Lernsysteme in Steuersignale umgesetzt werden, die beispielsweise einen Computer bedienen oder eine Prothese bewegen können.
Eine interdisziplinäre Studie untersuchte den Einfluss von zwei verschiedenen Arten von BCIs auf das Gehirn von Probanden ohne vorherige Erfahrung mit dieser Technik. Eine Gruppe sollte sich vorstellen, Arme oder Füße zu bewegen, was das motorische System beansprucht. Die andere Gruppe sollte Buchstaben auf einem Bildschirm erkennen und zählen, was das visuelle Zentrum anspricht.
Es wurden messbare Veränderungen in den spezifischen Hirnregionen für die jeweilige Aufgabe festgestellt: Veränderungen in den visuellen Bereichen bei der visuellen Aufgabe und im motorischen Bereich bei den Bewegungstrainierenden. Diese Veränderungen traten bereits innerhalb einer Stunde mit dem BCI auf, nicht erst nach Monaten des körperlichen Trainings. Offen bleibt, ob diese Veränderungen auch ohne visuelle oder kognitive Rückkopplung über das BCI-System auftreten würden. Die räumliche Spezifität der BCI-Effekte könnte gezielt die Hirnregionen von Schlaganfallpatienten ansprechen, die Schaden genommen haben. Maschinelle Lernverfahren dienen dabei als Decoder oder Übersetzer der BCI-Aktivität in umsetzbare Steuersignale, um die individuelle BCI-Aktivität ohne lange Einarbeitungszeit in Steuersignale umzusetzen.
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Schmerz verlernen: Das Schmerzgedächtnis neu programmieren
In der Behandlung von chronischen Schmerzpatienten ist die psychologische Herangehensweise an die Schmerzursachen ein wichtiger Ansatz. Neben Medikamenten, Ergotherapie, Krankengymnastik oder Operationen kann auch die psychologische Herangehensweise an die Schmerzursachen zielführend sein. Der Diplom-Psychologe Lennart Koch arbeitet im Klinikum Dortmund mit Patienten daran, das „Schmerzgedächtnis" gewissermaßen „neu zu programmieren".
Schmerz hat eine evolutionäre Bedeutung als Warnsignal vor Gefahren. Problematisch wird es, wenn Schmerz chronisch wird und sich verselbstständigt, obwohl keine alleinige körperliche Ursache mehr vorliegt, sondern psychische und soziale Faktoren sowie körperliche Inaktivität das Schmerzerleben aufrechterhalten. Schmerz ist nicht nur eine Sinneserfahrung, sondern auch ein Gefühlerlebnis.
Es gibt drei Stellen im Körper, die für den Schmerzprozess wichtig sind:
- Die Schmerzrezeptoren an der Stelle der Schädigung.
- Die „Umschaltstelle" im Rückenmark, die das Signal an das Gehirn weiterleitet.
- Das Gehirn, das den Schmerz wahrnimmt.
Bei chronischen Schmerzen reagieren Schmerzrezeptoren oft empfindlicher auf kleinste Berührungen, oder die „Umschaltstelle" im Rückenmark meldet einen Schmerz an das Gehirn, der keinen Auslöser hatte. Das Gehirn kann einen Schmerz „spüren" bzw. sich daran erinnern, obwohl es gar keinen Impuls gibt. Dies wird als Schmerzgedächtnis bezeichnet.
Schmerzerleben als Routine
Das Gehirn „denkt" in Informationspaketen, auch Schemata genannt, um Energie zu sparen. Nach einer langen Zeit mit chronischen Schmerzen gibt es auch solche Informationspakete für Schmerz, das Gehirn sagt sich quasi „das kenne ich alles, das ist Schmerz", Schmerzerleben wird zur Routine.
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Psychologische Schmerztherapie: Das Ziel der Neuprogrammierung
Die psychologische Schmerztherapie setzt hier an: Es geht darum, mit dem Patienten zusammen aus diesen Routinen des Schmerzempfindens auszubrechen. Dem Gehirn soll beigebracht werden, dass dieser Schmerz keine Warnfunktion mehr hat. Letztlich geht es also darum, das Gehirn in Bezug auf das Schmerzempfinden neu zu programmieren.
Ein erster wichtiger Schritt ist, dass der Patient die Existenz des Schmerzes akzeptiert und nicht krampfhaft dagegen ankämpft. Akzeptieren bedeutet nicht Resignieren, sondern achtsam mit sich und dem Schmerz umzugehen, seine Lebensziele dem Schmerz gegebenenfalls anzupassen und diese engagiert zu verfolgen. Strategien zur Unterbrechung der „Schmerzroutinen" sind die Lenkung der Aufmerksamkeit auf andere Sinnesempfindungen als Schmerz, die (Wieder)Aufnahme insbesondere sozialer, genussfördernder und sportlicher Aktivitäten, eine Veränderung schmerzverstärkender Gedanken sowie gezielte Entspannungstherapien.
Multimodale Schmerztherapie
Da chronischer Schmerz eine integrierte Behandlung durch verschiedene Fachdisziplinen erfordert, arbeiten in der Klinik für Schmerztherapie Fachärzte für Anästhesie und Schmerzmedizin, Krankengymnastinnen, Ergotherapeutinnen, Krankenpfleger und -schwestern sowie Psychologen in einem Team mit dem Patienten zusammen an individuellen Lösungen zur Schmerzreduktion.
Neurolinguistisches Programmieren (NLP): Die Psychologie des Erfolgs
Neurolinguistisches Programmieren (NLP) ist eine Sammlung von Methoden und Kommunikationstechniken, die darauf abzielt, psychische Abläufe beim Menschen zu beeinflussen. NLP soll es uns ermöglichen, unser Leben erfolgreicher und positiver zu gestalten. Es handelt sich um Tipps und Tricks, die jeder anwenden kann, der sein Erleben verändern und darauf basierend seine Kommunikation optimieren möchte. Es leitet sich vom Determinismus ab und nimmt daher an, dass alles, was in unserem Leben passiert, von uns beeinflussbar ist.
Die Grundlagen des NLP
Der Begriff NLP setzt sich aus drei Elementen zusammen:
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- Neuro: Bezieht sich auf das Nervensystem und neurologische Prozesse, also Vorgänge im menschlichen Gehirn, im Rückenmark auf Grund von Sinneswahrnehmungen. Das Verhalten des Menschen wird von jenen Vorgängen beeinflusst. Der Mensch nimmt die Welt über Reize der Sinnesorgane wahr und reagiert auf diese, wodurch das Denken, die Wahrnehmung und das Fühlen vom Nervensystem abhängig sind. Durch NLP sollen Muster und Gefühle mit dem Menschen in Einklang gebracht werden.
- Linguistisch: Bezieht sich auf die Sprache. Menschen arbeiten im Zuge von NLP mit Sprachmustern. Eine Person kommuniziert nach außen mit ihrer Umwelt, aber auch nach innen mit sich selbst.
- Programmieren: Bezieht sich auf die Veränderung von Verhaltensmustern. Das Neurolinguistische Programmieren sieht das Gehirn als einen intelligenten (Bio-)Computer, welcher nach bestimmten Programmen funktioniert. NLP hilft dabei, jene Programme zu verändern und diese positive Veränderung beizubehalten. Es geht beim NLP somit um Veränderungsarbeit mit Hilfe von Kommunikation.
Zusammengefasst kann zur Begriffsbeschreibung von NLP gesagt werden, dass das Neuro-linguistische Programmieren Vorgänge im Gehirn, basierend auf Handlungsanweisungen, mittels Sprache (z.B. durch Suggestionen) veränderbar sind.
Die Entstehung des NLP
NLP wurde von den Therapeuten Richard Bandler (Student) und John Grinder (Professor) in den 70er Jahren an der University of California entwickelt und kam erst im Jahr 1980 nach Deutschland. Im Zuge des Human Potenzial Movements wurde erkannt, dass der Mensch seine Lebensqualität durch die Entfaltung seines Entwicklungspotenzials optimieren kann. Bandler und Grinder beobachteten die Sprache, verbale Prozesse im Zuge ihrer Modelle und ihr nonverbales Verhalten gegenüber dem Patienten von erfolgreichen Therapeuten wie Fritz Perls, Virginia Satir und Milton Erickson. Alle drei Therapeuten wiesen trotz der Unterschiede in ihren therapeutischen Methoden Gemeinsamkeiten in der Therapie von Menschen auf. Auch Gruppenexperimente wurden zur Erforschung von NLP durchgeführt. Erst 30 Jahre nach der Veröffentlichung des Wissens über NLP, zeigte sich Frank Pucelik als dritter Gründer des Neurolinguistischen Programmierens.
Grundannahmen des NLP
NLP basiert auf der Annahme, dass hinter jedem Verhalten, bewusst oder unbewusst, eine gute Absicht steckt. Mit diesem Wissen im Hinterkopf, sollen Führungskräfte Mitarbeiter mittels Feedback statt destruktiver Kritik zu außergewöhnlichen Leistungen anspornen. Es geht darum, Anerkennung und Wertschätzung in die Führung von Mitarbeitern einfließen zu lassen. Das gelingt durch erlernte, wirkungsvolle Kommunikations- und Verhandlungstechniken. Des Weiteren fällt es Führungskräften dank NLP leichter, vertrauensvolle Beziehungen zu Mitarbeitern zu bilden, diese zu motivieren und kulturelle Barrieren zu überwinden. Zudem führen eine verbesserte Kommunikationstechnik und die Veränderung von festgefahrenen Haltungen und Einstellungen zur Vermeidung von Teamkonflikten und effektivem Team-Building.
Jeder Mensch unterscheidet sich von anderen in der Weise, wie er die Umwelt wahrnimmt, Informationen verarbeitet, handelt, kommuniziert, lernt und sich verändert. Das erklärt auch, warum sich eine Person in einer gewissen Situation unwohl fühlt (bei einer Präsentation vor vielen Zuhörern), während eine andere sich in dieser Situation entspannen kann. Das Erleben ist also subjektiv. Dennoch kann allgemein gesagt werden, dass wir mehr Potenzial und Handlungsmöglichkeiten haben, als wir in schwierigen Situationen wahrnehmen. Diese Handlungsmöglichkeiten und Potenziale bilden Ressourcen, auf die wir mit Hilfe von regelmäßigem NLP-Training zugreifen können, um die beste Lösung für die Situation zu finden.
NLP basiert auf dem Verständnis, dass hinter jeder Lösung eine Strategie steckt. Bereits im Zuge der Entwicklung des Neuro-linguistischen Programmierens wurden somit standardisierte Strategien im Kontext der Psychotherapie entwickelt, um therapeutische Interventionen zu strukturieren.
NLP-Techniken und ihre Anwendung
NLP stellt nicht nur Führungskräften unterschiedliche Werkzeuge zur persönlichen Entfaltung und zur Verbesserung kommunikativer Kompetenzen zur Verfügung, sondern bietet auch Verkäufern und Personalmanagern ein breites Spektrum an Weiterentwicklungsmöglichkeiten. Als Personalmanager ist es essentiell, eine gute Menschenkenntnis zu besitzen und Reaktionen sowie Verhaltensweisen lesen zu können. Einen Mitarbeiter danach auszusuchen, dass er optimal ins Team passt, ist diesbezüglich die Königsdisziplin. Sich als Personaler in emotionaler Intelligenz zu schulen, ist deshalb unerlässlich. Auch soziale Kompetenzen tragen dazu bei, ein angenehmes Betriebsklima zu unterstützen. Denn die optimale Teamentwicklung durch die Wahrnehmung der Stärken sowie Lernfehler von Mitarbeitern steigert die Unternehmens-Performance. Verkäufer müssen auf die Zielgruppe zugehen und diese von einem Produkt überzeugen. Ist der Verkäufer dem potenziellen Käufer nicht sympathisch, wird dieser das Produkt nicht kaufen. Unternehmen profitieren von geschulten Mitarbeitern und Führungskräften.
Essentiell für die zwischenmenschliche Kommunikation auf Basis von NLP ist es, das eigene Verhalten an das Verhalten des Gegenübers anzupassen. Dazu muss uns jedoch das eigene Verhalten bekannt sein. Beim Pacing will eine Person mit der anderen möglichst schnell in Kontakt kommen. Wie das Sprichwort „Gleich und gleich gesellt sich gern“ verrät, kommen wir schneller mit Menschen in Kontakt, die uns ähnlich sind. Im Unterbewusstsein entsteht eine Harmonie zwischen uns und einer Person, die uns gleicht - man ist unbewusst verbunden, was in der Fachsprache als „Rapport“ bezeichnet wird. Um diese Methode zu nutzen, achten Sie beim ersten Gespräch nun bewusst auf Gemeinsamkeiten zwischen Ihnen und Ihrem Gegenüber. Bei einer zweiten Unterhaltung greifen Sie nun genau diese Punkte, die Sie verbinden auf und vertreten somit dessen Meinung. Die Meinung des Gesprächspartners wird in Folge dessen gepaced. Des Weiteren können Sie versuchen Ihren Gegenüber nachzuahmen, indem Sie zeitversetzt und unauffällig ebenso die Füße überschlagen oder den Kopf auf Ihre Hände stützen.
NLP-Techniken machen es möglich, dass der Therapeut nicht unbedingt wissen muss, welche Beschwerden der Klient aufweist. In diesem Zusammenhang kommt das Modelling ins Spiel. Das Modelling überträgt Muster menschlicher Fähigkeiten, die bereits zum Erfolg geführt haben, in eine Strategie. Man lernt also von einem Vorbild. Das Modelling stellt eine Grundidee des NLPs dar. NLP-Techniken unterschiedlicher Art wurden nach Modelling entwickelt, damit der Mensch auf die gleiche Weise, wie es auch schon Vorgänger von ihm getan haben, seine versteckten Ressourcen nutzen und die Kommunikation optimieren kann.
Anwendungsgebiete des NLP
Die Anwendungsgebiete von NLP sind sehr breit gefächert. Beruflich und privat profitieren NLPler von den Techniken des Neurolinguistischen Programmierens, denn unabhängig vom Kontext zeigt NLP uns Wege auf, um unsere Ziele zu erreichen oder uns weiterzuentwickeln. Egal in welchem Bereich NLP angewendet werden soll: Es ermöglicht uns, unsere Motivation zu steigern, unsere Kommunikation zu verbessern, unsere Gesundheit zu fördern uvm.
- Gesundheitswesen: Das Ziel der Gesundheitsförderung ist es vorwiegend, dem Einzelnen ein glückliches und gesundes Leben zu ermöglichen. NLP schafft dies, indem es Anwendern mehr Selbstvertrauen schenkt und ihnen in schwierigen Situationen ermöglicht, auf innere Kraftressourcen zuzugreifen.
- Wirtschaft: In der Wirtschaft lässt sich NLP vor allem im Vertrieb, im Management und im Personalwesen einsetzen.
- Gerichtswesen: Eine gute Menschenkenntnis ist wichtig, wenn man täglich mit Menschen arbeitet - so auch im Gerichtswesen oder bei der Polizei.
- Förderung der Kreativität: Vor allem für die Förderung von Kreativität lässt sich NLP bestens einsetzen.
- Psychotherapie: Als Therapeut wirkungsvoll kommunizieren zu können, ist essentiell für eine erfolgreiche Therapie.
NLP-Techniken im Überblick
Einige der bekanntesten NLP-Techniken sind:
- Analoges Markieren: Der gezielte Einsatz der verbalen und nonverbalen Sprache, um Schlüsselwörter hervorzuheben oder Spannungsmomente aufzubauen.
- Ankern: Verknüpfung eines starken positiven Moments mit einem spezifischen Reiz, um emotionale Zustände bewusst abrufbar zu machen.
- Pacing: Spiegeln des Verhaltens des Gesprächspartners, um Vertrauen aufzubauen und eine positive Gesprächsatmosphäre zu schaffen.
- Leading: Gezieltes Führen des Gesprächspartners, nachdem durch Pacing Vertrauen aufgebaut wurde.
- Disney-Strategie: Betrachtung einer Situation aus drei verschiedenen Blickwinkeln (Träumer, Realist, Kritiker), um die Kreativität im Gespräch zu steigern und neue Erkenntnisse zu gewinnen.
Kritik am NLP
NLP ist nicht unumstritten. Skeptiker kritisieren, dass NLP als Psychomethode rein darauf abzielt, Menschen zu manipulieren und damit schnell an Geld zu kommen. Zudem wird kritisiert, dass NLP keine wissenschaftlich fundierte Methode ist. Leider wird NLP immer wieder für manipulative Zwecke missbraucht. Statt einfühlsam Rapport aufzubauen, wird NLP manchmal eingesetzt, um gezielt Vertrauen zu „erschleichen“. Manche Anbieter nutzen NLP, um Kunden zu manipulieren oder ihnen unnötige Produkte zu verkaufen.
Grübeln stoppen und das Gehirn umprogrammieren
Viele Menschen kennen das Problem des Grübelns. Gelegentliches Nachdenken ist normal, aber exzessives Grübeln kann zu negativen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit führen. Wer zu viel sinniert, kann krank werden.
Was passiert beim Grübeln?
Beim Grübeln läuft unser Gehirn auf Hochtouren. Grübler sind extrem auf sich selbst konzentriert und wälzen ununterbrochen unproduktive Gedanken hin und her. Diese rauben viel Zeit und Energie. Die Gedanken kreisen bei der ganzen Grübelei immer um das gleiche Thema. Bei vielen ist es ein ungelöstes Problem aus der Vergangenheit: Hätte ich nur damals … Was wäre gewesen, wenn…? Warum habe ich denn nicht …?
Wer grübelt, brütet über einem unangenehmen Thema in einer Endlosschleife. Er beginnt mit seinen Fragen immer wieder von vorne und kommt zu keinem Ergebnis. Die ganze Grübelei hilft uns jedoch nicht dabei, unser Leben tatsächlich besser zu meistern. Die Gedanken kreisen eher um die Frage, wie es nur so weit kommen konnte?
Die ganze Grübelei erfolgt ohne Ziel, mit einem verengten Blick, ohne positive Lösung. Sie ist eine Art Trancezustand und nicht zukunftsgerichtet. Im Unterschied zum klaren, konzentrierten, lösungsorientierten Nachdenken. So führen die Fragen immer wieder ins Nichts und bringen uns der Lösung eines Problems keinen Schritt näher. Das Risiko für Reizbarkeit, innere Unruhe, depressive Verstimmungen oder sogar Depression steigt, weil beim Vor-sich-hin-Grübeln immer mehr negative Gedanken und Erinnerungen hochkommen. Dadurch verstärken sich schlechte Gefühle. Viele schaukeln sich mit ihren unerfreulichen, niederdrückenden Gedanken immer weiter hoch.
Oft reicht schon ein kleiner Auslöser, um das Karussell der Gedanken in Gang zu setzen. Hat es erst einmal Fahrt aufgenommen, ist es schwer wieder zu stoppen. Denn es entwickelt sich ein Sog, der uns immer wieder von neuem in die gedanklichen Schleifen hineinzieht. Und wenn wir mit dem Grübeln im Bett kurz vor dem Einschlafen beginnen, stört das auch noch unseren Schlaf. Wer sich zu viel "den Kopf zerbricht" erzeugt in seinem Kopf Traurigkeit, Wut, Ohnmacht, Anspannung, Ängste, innere Unruhe und Stress. Manche Menschen bekämpfen ihre negativen Gedanken und Gefühle mit Alkohol oder Beruhigungsmitteln.
Strategien zur Unterbrechung des Grübelns
Es gibt Strategien, die du wieder handlungsfähig machst. Sie stärken dein Selbstwertgefühl und geben dir die Kontrolle über deine Gedanken wieder zurück. Die Grübelei ist eine Denkgewohnheit, die du in deinem Leben erlernt hast. Du kannst sie aber auch wieder ablegen. Allerdings funktioniert dies nicht von heute auf morgen, weil das Kopfzerbrechen ein sehr mächtiger Sparringspartner ist. Fatal an der Grübelei ist, dass es für kurze Zeit Linderung verschafft. Deshalb machen es auch so viele Menschen, vor allem aber Frauen.
Hier sind einige Tipps, wie du gegen die Grübelei am besten positiv vorgehen kannst. Mit ihnen kannst du deine Grübelmechanismen aufdecken. Stelle dir zunächst folgende Fragen:
- Wann und wo grüble ich am meisten?
- Wie oft zerbreche ich mir den Kopf?
- Was sind meine häufigsten Gedanken dabei?
- Was sind die Auslöser?
Notiere dir die Antworten auf diese Fragen, bewerte diese aber nicht. Wenn du ihre Grübelmuster erkennst, bemerkst du mit der Zeit immer früher, wann und in welchen Situationen die Grübelei einsetzt. Du kannst dich stattdessen konkret fragen: Wie gehe ich jetzt lösungsorientiert vor?
Wenn du wieder einmal über einem Problem brüten, unterbreche die Gedankenschleife, indem du einfach laut „Stopp“ rufst und in die Hände klatschst. Alternativ stelle dir vor deinem inneren Auge ein Stoppschild vor. Damit die Grübelei nicht gleich wieder von vorne beginnt, wende dich bewusst und gezielt etwas anderem zu. Lenke deine Gedanken auf entspannende, schöne, positive Dinge. Unternehme zum Beispiel einen gedanklichen Spaziergang am Meer oder im Wald. Je häufiger du diese Technik aus der kognitiven Verhaltenstherapie anwendest, desto besser gelingt dir schließlich der Ausstieg aus dem Gedankenkarussell. Ziel dieser Technik ist es, den Zustand des Grübelns immer früher wahrzunehmen und den Automatismus zu unterbrechen.
Werde deiner Grübelei bewusst, frag dich, ob sie dir tatsächlich bei der Lösung des Problems hilft. Wenn nicht, widme dich an Aktivitäten, die dich auf andere Gedanken bringen, dir gute Laune machen und Trübsal und Ängste vertreiben:
- Mache einen Spaziergang.
- Treibe Sport.
- Höre Musik.
- Räume zu Hause mal wieder auf.
Durch diese Gegensteuerung schaffst du Distanz zu deinen eigenen Gedanken und gewinnst wieder die Kontrolle über diese zurück.
Was tun bei nächtlicher Grübelei?
Vor dem Einschlafen grübeln sehr viele Menschen über negative Erinnerungen. Meist erscheinen die ungelösten Probleme dann noch schlimmer und größer, als sie in Wirklichkeit sind. Klettere besser aus dem Bett, trinke ein Glas Wasser, schmökere in einem Buch oder mache Entspannungsübungen (zum Beispiel Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Meditation, Yoga).
Manchmal hilft es, die trüben Gedanken durch Aufschreiben zu verbannen. Bringe alles zu Papier, was dir beim Grübeln durch den Kopf geht - und entsorge das Dokument anschließend bewusst im Papierkorb. Du setzt damit ein Signal, dass für diese Art der Gedanken kein Platz in deinem Kopf ist. So kannst du dein Gehirn neu programmieren.
Überlege dir einen angenehmen Platz, an dem du dich zeitlich begrenzt und genau nach deinen Regeln etwas Grübelei erlaubst. So gibst du den Gedanken weniger Zeit und Raum. Dieser Trick eignet sich, wenn du hartnäckige Grübelgedanken loswerden möchtest.
Nach außen blicken
Ganz klar, Phasen der Grübelei sind wichtig. Aber die exzessive Selbstbespiegelung kann dazu führen, dass wir etwas spüren, das eigentlich keinerlei Gewicht hat. Es erhält womöglich dadurch erst eine Bedeutung. Zudem macht uns die stete Nabelschau auf Dauer einsam und unglücklich. Besser ist es, wenn wir unseren Blick nach außen zu richten: auf unsere Mitmenschen, andere Kulturen, die Natur.
Medikamente gegen Grübeln?
Langfristig gelingt es vielen, mit den aufgeführten Übungen die trübsinnigen Gedanken besser zu zähmen. Denn sie ermöglichen es, Gedankenstrukturen langfristig umzubauen. Wenn du mehrere Monate lang grübelst, ohne dass sich dein Zustand bessert: Vertraue dich unbedingt einer Ärztin, einem Arzt oder Psychotherapeuten an. Diese Experten finden heraus, ob dahinter womöglich eine ernste Erkrankung steckt, etwa eine Angststörung oder echte Depression. Sie können dir womöglich ein Medikament gegen die Grübelei verschreiben.
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