Die periradikuläre Therapie (PRT), oft vereinfacht als "PRT-Spritze" bezeichnet, ist eine gängige Methode zur Behandlung von Rückenschmerzen. Dabei werden Medikamente direkt an eine definierte Nervenwurzel injiziert, die aus dem Rückenmark kommt und den Wirbelkanal verlässt. Diese Injektionen enthalten vor allem Lokalanästhetika und Glucocorticoide (Cortison), um Schwellungen und Entzündungen zu reduzieren. Obwohl viele Betroffene auf eine Linderung ihrer Beschwerden hoffen, ist es wichtig, sich der potenziellen Nebenwirkungen und Risiken bewusst zu sein.
Allgemeine Risiken und Komplikationsmöglichkeiten
Wie jede medizinische Maßnahme ist auch die PRT-Spritze nicht frei von Risiken. Das Auftreten von Nebenwirkungen kann von verschiedenen Faktoren beeinflusst werden, darunter Art und Schwere der Erkrankung, Begleiterkrankungen und individuelle Einflüsse. Trotz größter Sorgfalt können unerwünschte Nebenwirkungen oder Komplikationen auftreten, die in seltenen Fällen sogar lebensbedrohlich sein können.
Allgemeine Nebenwirkungen
- Verzögerter Wirkungseintritt: Es kann 3-4 Tage dauern, bis die optimale Wirkung der Spritze eintritt.
- Rötung: Am Tag nach der Spritze kann es zu einer Rötung der Wangen im Gesicht oder des Dekolletés kommen, bedingt durch eine Anregung der Durchblutung. Diese Erscheinungen sind harmlos und verschwinden in der Regel am nächsten Tag wieder.
- Blutdruck- und Blutzuckeranstieg: Vorübergehende Anstiege des Blutdruckes oder des Blutzuckerwertes sind für 2-3 Tage möglich.
- Blutergüsse und Missempfindungen: Im Bereich der Einstichstelle kann es zu Blutergüssen oder Missempfindungen durch Verletzung von Hautnerven kommen. Diese sind meist harmlos und verschwinden nach einiger Zeit von selbst.
- Entzündungen und Infektionen: Durch natürlich in der Haut vorkommende Keime können Entzündungen bzw. Infektionen im Bereich der Einstichstellen entstehen, die meist medikamentös gut beherrschbar sind. In extrem seltenen Fällen können Keime in die Blutbahn gelangen und zu einer allgemeinen Infektion des Körpers (Sepsis) oder auch entzündlichen Veränderungen der Organe führen.
- Haut- und Weichteilschäden: Es kann zu Nerven- und Blutgefäßreizungen, Spritzenabszessen oder Absterben von Gewebe kommen. Diese sind in der Regel gut behandelbar, können aber in seltenen Fällen dauerhafte Beschwerden (Narben, schmerzhafte Gefühlsstörungen oder Taubheitsgefühl) verursachen.
- Allergische Reaktionen: Sehr selten können Übelkeit, Erbrechen oder allergische Reaktionen durch die verwendeten Medikamente ausgelöst werden. Leichte allergische Reaktionen wie Brechreiz, Juckreiz oder Hautausschlag klingen in der Regel unbehandelt wieder ab oder können medikamentös behandelt werden. In extrem seltenen Fällen kann es zu schweren allergischen Reaktionen kommen, wie Schleimhautschwellung im Kehlkopf, Atemstörung mit Krämpfen oder Schockreaktion mit Herz- und Kreislaufversagen.
- Thrombose oder Embolie: Sehr selten kann es zu einer Thrombose oder Embolie (Blutgerinnsel bzw. Gefäßverschluss) kommen, die eine Lungenembolie oder einen Schlaganfall nach sich ziehen kann.
- Verbleibende oder wiederauftretende Schmerzen: Trotz der Behandlung können Schmerzen verbleiben oder nach einiger Zeit wieder auftreten, sodass eine weiterführende Maßnahme wie eine Operation notwendig werden kann.
Spezifische Risiken und Komplikationen
- Blutdruckabfall und Kreislaufschwäche: Selten kann es zu einem vorübergehenden Blutdruckabfall und Kreislaufschwäche kommen, die normalerweise problemlos medikamentös behandelt werden können.
- Kopfschmerzen, Schwindel, Hör- und Sehstörungen, Brechreiz: Gelegentlich können Kopfschmerzen, Schwindel, Hör- und Sehstörungen oder Brechreiz auftreten, insbesondere nach einer periduralen Infiltration (PDI). In der Regel klingen diese Beschwerden nach wenigen Tagen auch ohne Behandlung ab.
- Starke Rückenschmerzen: Selten können starke Rückenschmerzen nach einer PDI auftreten, die auch über mehrere Tage anhalten können (DNS-Syndrom). In der Regel sind diese medikamentös gut behandelbar.
- Infektion der Nervenwurzeln: Es kann zu einer Infektion der Nervenwurzeln mit der Folge vorübergehender oder selten auch dauerhafter Störungen der betroffenen Nerven kommen (schmerzhafte Missempfindung, Bewegungsstörungen).
- Bakterielle Hirnhautentzündung: In seltenen Fällen kann es zu einer Infektion mit Ausbreitung im Nervenwasser (bakterielle Hirnhautentzündung = Meningitis) kommen, die bei ungünstigem Verlauf in sehr seltenen Fällen mit dauerhaften Hirnschäden einhergehen kann.
- Verletzung des Rippenfells: Bei Behandlung im unteren HWS-Bereich und bei Behandlung der Brustwirbelsäule kann es durch die Einspritzung des Schmerzmittels zu einer Verletzung des Rippenfells kommen. Dadurch kann in extrem seltenen Fällen Luft in die Brusthöhle eindringen (Pneumothorax) und die Lungenfunktion vorübergehend oder in extrem seltenen Fällen dauerhaft schädigen.
- Verletzung des Rückenmarks: Äußerst selten ist eine versehentliche Verletzung des Rückenmarks möglich, die zu dauerhaften Funktionsstörungen der betroffenen Nerven führen kann. Dies kann im Extremfall zu einer in der Regel vorübergehenden Querschnittslähmung führen.
Worauf ist zu achten?
Vor der Behandlung
Blutgerinnungshemmende Medikamente wie Marcumar oder Plavix müssen unter Umständen rechtzeitig vor der Behandlung abgesetzt werden, insbesondere bei geplanter PDI. Patienten sollten den behandelnden Arzt unbedingt über die Einnahme entsprechender Medikamente informieren.
Nach der Behandlung
In der Regel müssen keine besonderen Vorsichtsmaßnahmen eingehalten werden. Lediglich nach einer periduralen Infiltrationsbehandlung (PDI) empfiehlt sich die Schonung für ca. 3 Tage. Hierbei sollte auf größere körperliche Anstrengung verzichtet werden. Baden (insbesondere in öffentlichen Bädern) und Sauna sollten am Behandlungstag nicht mehr erfolgen.
Insbesondere nach der PDI sollten Patienten für die nächsten 10 Stunden nicht aktiv am Straßenverkehr teilnehmen oder ein Kraftfahrzeug führen. Auch Arbeiten mit gefährlichen Maschinen oder das Besteigen von Leitern und Gerüsten sollte vermieden werden. Durch die schmerzstillenden Medikamente (Lokalanästhetica) kann es zu einer teils nicht merkbaren vorübergehenden Funktionsbeeinträchtigung der Gliedmaßen kommen.
Lesen Sie auch: Wichtige Informationen zur Injektion bei epileptischen Anfällen
Sollten nach der Behandlung Erscheinungen auftreten wie starke Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Fieber, Schüttelfrost, Harnverhalten, Stuhlinkontinenz, Atembeschwerden, Herz-Kreislaufstörungen oder ungewohnte Bewusstseinseintrübungen, Krämpfe oder ausgeprägte Taubheit, sollte unverzüglich ein Arzt informiert werden.
Belastbarkeit und Arbeitsfähigkeit
Prinzipiell sind Patienten nach einer erfolgten Injektion an der Wirbelsäule vollständig belastbar. In den ersten vier bis sechs Stunden nach der PRT Spritze bzw. Wirbelsäulen-nahen Injektion sollten sie sich allerdings aufgrund eines möglichen Taubheitsgefühls schonen. Für die Dauer der Injektionstherapie sind Patienten voll belastbar und müssen nicht zu Hause bleiben. Allerdings sollte eine körperliche Schonung im gesamten Therapiezeitraum berücksichtigt werden.
Kortison und seine potenziellen Nebenwirkungen
Bei der PRT wird häufig Cortison eingesetzt, um Entzündungen zu bekämpfen. Obwohl Cortisonbehandlungen in der Orthopädie vielfältig eingesetzt werden, gibt es, wie bei jeder Behandlung, Nebenwirkungen, die sich auf den gesamten Körper auswirken können.
Mögliche Nebenwirkungen von Cortison
- Entzündungen im Bereich des Einstichgebietes: Wie bei anderen Injektionen kann es auch bei Kortisonspritzen zu Entzündungen im Bereich des Einstichgebietes kommen.
- Verletzung von Strukturen im Bereich der Injektion: Durch die Spritze können Strukturen, die im Bereich der Injektion vorbeiführen, verletzt werden.
- Nebenwirkungen durch das injizierte Kortison: Hier ist zu beachten, dass die meisten Nebenwirkungen durch eine regelmäßige und hoch dosierte Injektion des Kortison auftreten.
- Langzeitfolgen: Langzeitfolgen wären vor allem eine Nebennierenrindeninsuffizienz, Osteoporose, dünnere Haut, vermehrtes Schwitzen und Herzrasen.
Wie häufig sind die Nebenwirkungen?
Werden hohe Dosen Kortison in die Vene appliziert, können sehr häufig Nebenwirkungen auftreten. Zu nennen wären Unruhe, Schwitzen und die Gesichtsröte, die dabei am häufigsten auftreten. Die Nebenwirkungen sind umso höher, je höher auch die Dosis des Kortisons ist.
Weitere mögliche Nebenwirkungen
- Flush: Der Flush ist definiert als das plötzliche Einschießen von Blut in die Haut des Gesichtes. Die meisten Patienten klagen bei einem Flush auch über ein Hitzegefühl im Bereich der geröteten Haut.
- Blutzuckererhöhung: Das Hormon Kortison regt die Blutzuckerfreisetzung aus den Zellen an, was zur Folge hat, dass es zu einer Blutzuckererhöhung kommt.
- Juckreiz und Hautrötung: Vor allem bei Diabetikern muss man sehr aufpassen, weil diese ja schon ohnehin erhöhte Blutzuckerwerte aufweisen. Hier klagen die Patienten meistens über Juckreiz und Hautrötung.
- Osteoporose: Die Osteoporose ist eine Nebenwirkung, die oft nach Langzeitbehandlung mit Kortison auftritt.
- Gewichtszunahme: Gewichtszunahme unter Kortison ist häufig, allerdings ausschließlich bei der Langzeiteinnahme des Kortisons, zu merken.
- Herzrasen: Herzrasen nach einer Cortisonspritze kann als Nebenwirkung auftreten, ist aber in den meisten Fällen vorübergehend und harmlos.
- Allergische Reaktion: In seltenen Fällen kann eine allergische Reaktion auf das Cortison oder das Begleitmittel der Spritze auftreten.
Was sollten Sie tun? Wann zum Arzt?
Der Eintritt der optimalen Wirkung kann durchaus 3-4 Tage dauern, da Kortison sehr langsam wirkt. Auch sind vorübergehender Anstieg des Blutdruckes oder des Blutzuckerwertes (für 2-3 Tage) möglich.
Lesen Sie auch: Behandlung von Taubheitsgefühl
PRT-Spritze bei Bandscheibenvorfall
Die Periradikuläre Therapie (PRT) ist eine optimale Behandlung, um bei einem akuten Bandscheibenvorfall der Lendenwirbelsäule oder einer Neuroforamenstenose schnelle eine Entlastung vom Druck auf den Nerven zu erreichen, um so eine OP zu verhindern. Wichtig ist, dass diese Therapie von einem Spezialisten durchgeführt wird.
Erstverschlimmerung nach Cortisonspritze
Da Cortison erst einen Wirkeintritt nach 1 - 3 Tagen (24-72 h) hat, kann es sein, dass die Schmerzen nach einer Cortisonspritze erstmal schlimmer werden, bevor Besserung einsetzt. Der Zeitraum bis zum Wirkeintritt sollte durch ein starkes Schmerzmittel überbrückt werden. Alternativ sollte auch die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass die Cortisondosis nicht ausreichend hoch gewählt wurde.
Mögliche Ursachen für eine Erstverschlimmerung
- Cortison-Flare-Reaktion: Nach der Injektion kann es zu einer kurzfristigen Reizung des Gewebes kommen, die eine Entzündungsreaktion verstärkt.
- Verdrängungseffekt durch das Spritzenvolumen: Das injizierte Cortison sowie das Begleitmittel können zu einem Verdrängungseffekt führen, der die Schmerzen verstärkt.
- Anfangsreaktion durch Gewebeveränderungen: Cortison entfaltet seine entzündungshemmende Wirkung erst nach einigen Stunden bis Tagen.
Facettengelenksinfiltration oder periradikuläre Therapie (PRT)?
Während die Facettengelenksinfiltration (FGI) überwiegend bei Patienten mit Schmerzen im Bereich des Rückens Anwendung findet, ist die periradikuläre Therapie (PRT) bei den Patienten sinnvoll, deren Schmerzen bis in das Bein ausstrahlen.
Lesen Sie auch: Spritze ins Rückenmark: Was Sie wissen müssen
tags: #prt #spritze #nebenwirkungen #krampfe