Psychische Veränderungen bei der Parkinson-Krankheit

Parkinson wird oft primär mit den offensichtlichen körperlichen Symptomen wie Zittern, Steifheit und Haltungsfehlern in Verbindung gebracht. Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass die Auswirkungen von Parkinson oft weit über diese körperlichen Beeinträchtigungen hinausgehen. Diese neurodegenerative Erkrankung kann auch eine Reihe von nicht-motorischen Symptomen wie Depressionen, Angstzustände und Beeinträchtigungen der kognitiven Funktionen verursachen oder das Risiko dafür erhöhen. Persönlichkeitsveränderungen und Stimmungsextreme sind sowohl für Parkinson-Betroffene als auch für Angehörige häufig bedrohlich. Sind die Veränderungen stark ausgeprägt, können sie sogar als emotional belastender wahrgenommen werden als rein körperliche Symptome.

Während psychische Probleme in erster Linie mit Medikamenten und Psychotherapie behandelt werden, gibt es immer mehr Forschungsergebnisse, die darauf hindeuten, dass regelmäßige körperliche Betätigung auch eine Rolle bei der Förderung des psychischen Wohlbefindens von Menschen mit Parkinson spielen kann.

Auswirkungen der Parkinson-Krankheit auf die Psyche

Fachleute gehen davon aus, dass bei Menschen mit Parkinson aus drei verschiedenen Gründen psychische Veränderungen auftreten können:

  1. Die Parkinson-Erkrankung: Das Absterben der Nervenzellen im Gehirn führt zu einem Mangel an chemischen Botenstoffen, insbesondere von Dopamin. Dopamin steuert nicht nur die Bewegung, sondern beeinflusst auch die Motivation und die Gefühle. Auch andere Botenstoffe sind betroffen, zum Beispiel Serotonin, Noradrenalin und Acetylcholin. Sie beeinflussen beispielsweise die Aufmerksamkeit, das Gedächtnis, die Konzentration, die Motivation, den Antrieb und die Stimmung eines Menschen. Das kann sich zum Beispiel durch Depressionen, Schlafstörungen, Gereiztheit, Müdigkeit und Vergesslichkeit bemerkbar machen.
  2. Medikamente: Bei der Behandlung von Parkinson setzen Ärzt:innen häufig Medikamente ein, die das fehlende Dopamin ersetzen. Die Medikamente haben aber Nebenwirkungen, die sich auf die Persönlichkeit und das Verhalten der Betroffenen auswirken können.
  3. Psychische Belastung: Parkinson ist nicht heilbar und verursacht körperliche Beschwerden, die Betroffene mental sehr belasten können.

Häufige psychische Veränderungen bei Parkinson

Bei einer Parkinson-Erkrankung erleben viele Betroffene neben körperlichen Beschwerden und Beeinträchtigungen auch psychische Veränderungen. Entweder die Krankheit selbst oder Medikamente können zu Persönlichkeitsveränderungen führen.

Depressionen

Depressionen sind eines der häufigsten nicht-motorischen Symptome von Parkinson. Etwa 30-40 % aller Menschen mit Parkinson sind davon betroffen, doch nur 20 % der Betroffenen lassen sich deswegen behandeln. Depressionen treten bei circa 40 bis 50 Prozent der Parkinson-Patienten auf, beeinträchtigen deutlich die Lebensqualität und werden nicht immer adäquat versorgt. Daher werden spezielle Aspekte der Differenzialdiagnostik und -therapie dargestellt. Zwischen der Depression und dem Stadium oder der Schwere der Parkinson-Krankheit besteht kein linearer Zusammenhang. Da Angst und Depression bei Parkinson-Patienten vor den motorischen Krankheitszeichen auftreten können, sollte bei depressiven Störungen auf subklinische Manifestation motorischer Zeichen geachtet werden.

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Kognitive Beeinträchtigungen und Demenz

Die gleichen Veränderungen im Gehirn, die die motorischen Funktionen beeinträchtigen, können auch zu einer Verlangsamung des Denkens und zu Gedächtnisproblemen führen. Etwa 30% der Parkinson-Patienten leiden an Demenz, wobei kognitive Beeinträchtigungen geringeren Ausmaßes ebenfalls häufig sind.

Schlafstörungen

Schlafstörungen sind bei Menschen mit Parkinson sehr häufig. Studien zeigen, dass etwa 50% der Menschen mit Parkinson an Schlaflosigkeit leiden, 14,7% haben eine REM-Schlaf-Verhaltensstörung und 8% leiden an übermäßiger Tagesmüdigkeit. Die Häufigkeit von Schlafstörungen nimmt mit dem Fortschreiten von Parkinson tendenziell zu.

Angststörungen

Bei Parkinson-Patienten können generalisierte Angsterkrankungen, aber auch Panik im Rahmen der Angst sowie Phobien - diese ggf. vergesellschaftet mit ON-OFF-Fluktuationen - vorliegen. Die Symptome betreffen oft schwerer erkrankte Patienten, kommen jedoch auch bereits im Initialstadium vor. Zudem treten Angsterkrankungen familiär gehäuft auf und erhöhen das Risiko für Parkinson. Sie haben einen wesentlichen Einfluss auf die Lebensqualität.

Apathie

Im Zusammenhang mit der Parkinson-Krankheit kommt es bei vielen Betroffenen zu trauriger und niedergeschlagener Stimmung. Dieser Zustand kann mit einem Verlust von Interesse an der Umgebung, Antriebsmangel und Freudlosigkeit verbunden sein (sogenannte Apathie).

Impulskontrollstörungen

Viele Persönlichkeitsveränderungen im Zusammenhang mit Parkinson sind durch eine verminderte Fähigkeit zur Kontrolle innerer Impulse gekennzeichnet (sog. Impulskontrollstörungen).

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Therapieansätze bei psychischen Veränderungen

Bei Persönlichkeitsveränderungen sollten Betroffene ihren Arzt oder ihre Ärztin aufsuchen. Psychotherapie, die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe, Bewegungs-, Musik- und Kunsttherapie sind weitere Behandlungsmöglichkeiten.

Medikamentöse Behandlung

Bei der Auswahl des Antidepressivums bei Parkinson-Patienten sind drei Aspekte zu berücksichtigen:

  • Wirkung des Antidepressivums auf die Depression
  • Wirkung des Antidepressivums auf Motorik und Anti-Parkinson-Medikation
  • Spezifische und unspezifische unerwünschte Arzneimittelwirkungen zum Beispiel auf kognitive Funktionen

Trizyklische Antidepressiva zeigen eine gute antidepressive Wirkung bei Parkinson-Patienten. Einige Studien berichten sogar über eine Reduktion motorischer Zeichen der Erkrankung. Probleme beim Einsatz dieser klassischen Antidepressiva sind insbesondere ihre anticholinergen Wirkungen, die unter anderem motorische Funktionen positiv, kognitive Funktionen aber negativ beeinflussen können. Auch die Entstehung deliranter Zustände und orthostatischer Probleme sind wichtige Einschränkungen der Indikation dieser Substanzen bei Parkinson-Patienten. Serotonerg wirksame Trizyklika wie zum Beispiel Clomipramin sollten wegen der Gefahr eines serotonergen Syndroms nicht mit Selegilin kombiniert werden. Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) sind bei der Behandlung depressiver Störungen und verschiedener Formen der Angststörungen sehr gut evaluiert. Sie zeigen die gleiche Wirksamkeit wie trizyklische Antidepressiva, jedoch ein anderes Profil unerwünschter Wirkungen, was sich insbesondere für ältere Patienten als günstig erwiesen hat.

Auch Dopaminagonisten können bei depressiven Parkinson-Patienten wegen des gleichzeitigen Effekts auf motorische Symptome empfohlen werden.

Psychotherapie

Wenn Parkinson-Patienten depressive Symptome entwickeln, sollte zunächst versucht werden, die dopaminerge Therapie zu optimieren. Persistieren die Symptome trotz optimaler dopaminerger Therapie im OFF, kann u. U. eine Eskalationstherapie hilfreich sein. Bleiben die Beschwerden ohne Zusammenhang mit dem OFF bestehen, sollte ein Antidepressivum eingesetzt werden. Da für die Behandlung der Depression beim Parkinson-Syndrom wenig spezifische Studien zur Verfügung stehen, muss hierbei auf die Daten zur allgemeinen Therapie der Depression zurückgegriffen werden. Die Therapie mit Trizyklika basiert auf einer guten Datenlage, doch sie ist mit Nebenwirkungen und Interaktionen assoziiert. Eine weitere Option stellen kombinierte Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) dar, etwa Venlafaxin, Duloxetin oder Milnacipran.

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Körperliche Aktivität

In der Allgemeinbevölkerung ist gut dokumentiert, dass körperliche Betätigung depressive Symptome lindern und sogar verhindern kann, da bei körperlicher Betätigung wohltuende Endorphine freigesetzt werden und das Training Stress abbaut, das Selbstvertrauen stärkt und soziale Kontakte fördert. Regelmäßige körperliche Betätigung kann daher indirekt Depressionen bekämpfen, indem sie Parkinson-Patienten besser in die Lage versetzt, an den Aktivitäten des täglichen Lebens teilzunehmen. Es sind zwar noch weitere Studien erforderlich, um die volle Wirkung von Bewegung auf die kognitiven Funktionen zu verstehen, aber es gibt eine Reihe von Studien, die darauf hinweisen, dass körperliche Aktivität die geistige Leistungsfähigkeit bei Parkinson-Patienten verbessern kann. In einer Studie analysierten Forscher elf Studien mit 508 Patienten, um mehr darüber zu erfahren, wie sich körperliche Aktivität auf Aufmerksamkeit, ausführende Funktionen, Verarbeitungsgeschwindigkeit und Gedächtnis auswirkt. Sie fanden heraus, dass sich jede Form von körperlicher Betätigung positiv auf die ausführenden Funktionen, die Aufmerksamkeit und das Gedächtnis auswirkt, während sich bei der Verarbeitungsgeschwindigkeit keine Vorteile zeigten.

Weitere Therapieansätze

  • Selbsthilfegruppen: Besuchen Sie eine Selbsthilfegruppe. Dort können Sie Unterstützung finden und sich mit Menschen in derselben Situation austauschen.
  • Hobbys und soziale Kontakte: Gehen Sie weiterhin Ihren Hobbys nach und halten Sie Kontakt zu Familie und Freundeskreis.
  • Gespräche: Reden Sie als Betroffene und Angehörige miteinander.

Umgang mit Persönlichkeitsveränderungen im Alltag

Fallen Ihnen als Betroffene:r oder Angehörige:r eine Wesensveränderung bei Parkinson auf, so ist wichtig, dass Sie den behandelnden Arzt bzw. die Ärztin darüber informieren. Im besten Fall hat er bzw. sie Ihnen bereits zu einem frühen Zeitpunkt der Behandlung mitgeteilt, dass Persönlichkeitsveränderungen im Laufe der Zeit vorkommen können. Besonders bei psychotischen Veränderungen müssen möglicherweise die Medikamente gewechselt werden. Auch bei anderen Persönlichkeitsveränderungen kann eine Anpassung der Parkinson-Therapie die Stimmungslage verbessern. Gefährdet sich der oder die Betroffene selbst oder andere, so kann eine stationäre Behandlung zwingend notwendig sein. Dies kann bei psychotischen Symptomen im Rahmen einer Parkinson-Erkrankung, aber auch bei starker Verwirrtheit durch Parkinson der Fall sein.

Betroffene und Angehörige können bereits zu einem frühen Zeitpunkt offen miteinander besprechen, welche Persönlichkeitsveränderung auf sie zukommen kann. Dies kann auch in Anwesenheit des Hausarztes oder der Hausärztin erfolgen. Möglicherweise hat der oder die Parkinson-Betroffene spezielle Wünsche, was beim Auftreten von geistiger Verwirrtheit, depressiven oder demenziellen Veränderungen zu tun ist. Gemeinsam kann eine Art Notfallplan erarbeitet werden, was zu tun ist, wenn eine manifeste Depression oder eine Psychose auftreten. Auch eine Patientenverfügung für den Fall einer späteren Demenz ist meist sinnvoll.

Es kann helfen, wenn Betroffene und Angehörige offen miteinander über belastende Persönlichkeitsveränderungen sprechen. Ist dies nicht möglich, so kann getrennt mit Freunden oder Verwandten darüber gesprochen werden. Häufig bietet dies bereits Entlastung.

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