Psychotherapie im Verlauf der Parkinson-Krankheit

Die Parkinson-Krankheit ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die nicht nur motorische Symptome wie Zittern, Steifheit und verlangsamte Bewegungen verursacht, sondern auch erhebliche Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Betroffenen haben kann. Weltweit sind 6,1 Millionen Menschen von der Parkinson-Erkrankung betroffen, in Deutschland allein gibt es etwa 400.000 Parkinson-Patienten. Es ist wichtig, sowohl die körperlichen als auch die psychischen Aspekte der Erkrankung zu berücksichtigen, um die Lebensqualität der Patienten bestmöglich zu erhalten und zu verbessern.

Psychische Belastungen bei Parkinson

Neben den zunehmenden körperlichen Einschränkungen ist auch die psychische Gesundheit des Patienten häufig stark belastet. Als psychisches Krankheitszeichen wird oft eine depressive Grundstimmung mit Antriebslosigkeit (Apathie) und verringerter Entschlusskraft beobachtet (was von der Akinese schwer abzugrenzen ist). Eine depressive Verstimmung liegt bei etwa 40 bis 50 Prozent der Parkinson-Patienten vor. Es kann auch zu Wesensänderungen des Patienten kommen.

Depressionen und Angststörungen

Depressionen sind die häufigsten psychiatrischen Störungen bei der Parkinson-Krankheit. Sie treten bei circa 40 bis 50 Prozent der Patienten auf und beeinträchtigen, abgesehen von den motorischen Defiziten, die Lebensqualität. Trotz Häufigkeit und Bedeutung sind offenbar Depressionen bei Parkinson-Patienten unterversorgt.

Patienten, die an der Parkinson-Erkrankung leiden, entwickeln im Verlauf ihrer Erkrankung häufig Ängste und Depressionen, die einzeln oder auch gemeinsam auftreten können. Diese psychischen Begleiterkrankungen manifestieren sich häufig im Verlauf der Parkinson-Krankheit, können aber auch im Frühstadium oder bereits im Vorfeld der Erkrankung auftreten. Sie werden als eigenständiges Merkmal von Parkinson angesehen. Als Ursache werden unter anderem Störungen des Haushalts von Botenstoffen im Gehirn angenommen.

Durch die bei Parkinson auftretenden Bewegungs- und Gleichgewichtsstörungen ist das Sturzrisiko der Betroffenen deutlich erhöht. „Wenn die Patienten aufgrund ihrer Erkrankung häufig stürzen, entwickeln sie eine erhöhte Ängstlichkeit“, erklärt Dr. med. Curt Beil vom Berufsverband Deutscher Neurologen. „Hinzu kommt häufig ein Gefühl der Scham aufgrund der Krankheit. Die Betroffenen ziehen sich dann zunehmend aus der Öffentlichkeit zurück und meiden soziale Kontakte.“ Im Extremfall kann sich sogar eine soziale Phobie entwickeln, bei der schon allein die Anwesenheit von Menschen beim Patienten Ängste auslöst. In jedem Fall beeinträchtigen die Angstzustände das Wohlbefinden und die Lebensqualität der Erkrankten erheblich.

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Psychosen und kognitive Einschränkungen

Grundsätzlich alle Parkinson-Medikamente und auch viele andere Medikamente können bei Parkinson-Patienten eine Psychose verursachen, die behandelt werden muss. Man schätzt, dass 10 bis 30 % aller Patienten eine solche Krise im Verlauf der Erkrankung entwickeln. Ein Frühsymptom sind ein unruhiger Schlaf und lebhafte Träume. Dann kommt es zu Verkennungen der Umwelt (Fachwort: Illusionen) und zu Trugbildern (Fachwort Halluzinationen). Später können Wahnvorstellungen und Verwirrtheitszustände auftreten.

Bereits am Anfang der Parkinson-Krankheit können zudem leichte kognitive Einschränkungen bestehen, also beispielsweise Probleme, sich an Dinge zu erinnern. Im Verlauf können sich diese dann deutlich verschlechtern. Leider begünstigt das wiederum schwere Begleiterkrankungen, die häufig zusammen mit einer Parkinson-Krankheit auftreten: Depressionen, Angststörungen und Demenz. Sie beeinträchtigen die Lebensqualität stark.

Differenzialdiagnostik depressiver Störungen bei Parkinson

Zur Abgrenzung einer depressiven Episode von Befindlichkeitsstörungen im Rahmen der Krankheitsverarbeitung oder anderen psychischen Störungen sollten die Kriterien der ICD-10 angewandt werden. Symptome der Depression wie beispielsweise psychomotorische Verlangsamung, mimische Starre können auch durch die neurologischen Defizite der Parkinson-Krankheit bedingt sein. Diese Symptome bewirken auch, dass der Umgebung Gefühle nicht adäquat vermittelt werden können. Ein erhöhtes Suizidrisiko besteht bei Vorliegen wahnhafter Depressionen (zum Beispiel Schuldwahn) und quälender Unruhe (Agitiertheit). Bei akuter Eigengefährdung muss ein Facharzt zur Einleitung von Schutz- und anderen therapeutischen Maßnahmen hinzugezogen werden.

Therapieansätze

Für die Parkinson-Erkrankung gibt es bisher keine Heilung. Die Krankheit ist aber in allen fünf Stadien sehr gut behandelbar. Die Medikamente, die es gibt, können bei den allermeisten Patienten die jeweiligen Symptome gut lindern. Unterstützend werden sogenannte nicht medikamentöse Therapien eingesetzt, wie Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie. Einige Dinge können Patientinnen und Patienten auch selbst tun, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen.

Medikamentöse Therapie

Die Parkinson-Diagnose wird meistens durch einen Facharzt gestellt, also einem Neurologen. Der Arzt untersucht den Patienten dafür körperlich und achtet dabei besonders auf Parkinson-Symptome. Der Mediziner prüft beispielsweise, ob die Hände zittern, wenn sie ruhen, also nicht belastet werden. Außerdem schaut er, ob die Bewegungsabläufe verlangsamt sind und/oder die Arm-, Bein- und Rumpfmuskulatur versteift ist. Außerdem kann es sein, dass der Arzt einen Riechtest macht, eine Ultraschalluntersuchung einer bestimmten Hirnregion (Substantia nigra) oder ein MRT.

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Das älteste medikamentöse Therapieprinzip ist es, Dopamin zuzuführen - also den Botenstoff, der bei Parkinson-Betroffenen nicht mehr in ausreichender Menge vom Körper produziert wird. Das Mittel Levodopa ist bereits seit den frühen 70er Jahren zur Behandlung der Parkinson-Erkrankung zugelassen. Es verbessert die typischen Parkinson-Symptome wie das Zittern, die verlangsamten Bewegungen und die Steifheit der Muskeln.

Zur Behandlung von Angststörungen werden die kognitive Verhaltenstherapie, eine medikamentöse Therapie oder eine Kombination von beidem angewendet. Mit der geeigneten Therapie lässt sich eine deutliche Besserung der Angstzustände erzielen. Je früher eine Angststörung erkannt und mit der Behandlung begonnen wird, umso besser ist die Aussicht auf einen Therapieerfolg. Im Mittelpunkt der Behandlung einer Depression bei Parkinson-Patienten steht die medikamentöse Therapie.

Antidepressiva

Bei der Auswahl des Antidepressivums bei Parkinson-Patienten sind drei Aspekte zu berücksichtigen:

  • Wirkung des Antidepressivums auf die Depression,
  • Wirkung des Antidepressivums auf Motorik und Anti-Parkinson-Medikation,
  • Spezifische und unspezifische unerwünschte Arzneimittelwirkungen zum Beispiel auf kognitive Funktionen.

Kontrollierte, doppelblind durchgeführte Studien mit Imipramin, Nortriptylin und Desipramin zeigen eine gute antidepressive Wirkung bei Parkinson-Patienten. Einige Studien berichten sogar über eine Reduktion motorischer Zeichen der Erkrankung. Probleme beim Einsatz dieser klassischen Antidepressiva sind insbesondere ihre anticholinergen Wirkungen, die unter anderem motorische Funktionen positiv, kognitive Funktionen aber negativ beeinflussen können. Auch die Entstehung deliranter Zustände und orthostatischer Probleme sind wichtige Einschränkungen der Indikation dieser Substanzen bei Parkinson-Patienten. Serotonerg wirksame Trizyklika wie zum Beispiel Clomipramin sollten wegen der Gefahr eines serotonergen Syndroms nicht mit Selegilin kombiniert werden.

Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) sind bei der Behandlung depressiver Störungen und verschiedener Formen der Angststörungen sehr gut evaluiert. Sie zeigen die gleiche Wirksamkeit wie trizyklische Antidepressiva, jedoch ein anderes Profil unerwünschter Wirkungen, was sich insbesondere für ältere Patienten als günstig erwiesen hat. SSRI sollten wegen des Risikos eines serotonergen Syndroms nicht mit dem MAO-B-Hemmer Selegilin kombiniert werden. Über eine Reduktion des Tremors bei der Gabe von Mirtazapin, einem noradrenerg und serotonerg wirksamen Antidepressivum, wurde in Kasuistiken berichtet.

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Der selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Reboxetin ist bei depressiven Störungen gut untersucht und beeinflusst kognitive und psychomotorische Funktionen in klinisch nicht relevanter Weise. Da es außerdem Hinweise auf die Beteiligung noradrenerger Mechanismen bei der Entstehung depressiver Parkinson-Syndrome gibt, wurde Reboxetin bei depressiven Parkinson-Patienten untersucht. Erste Fallbeschreibungen und eine offene, prospektive Studie deuten auf eine antidepressive Wirkung ohne klinisch relevante Beeinträchtigung motorischer Funktionen bei Parkinson-Patienten hin.

Dopaminagonisten

Für die antidepressive Wirkung von Dopaminagonisten ist wahrscheinlich die spezielle Affinität zu D3-Rezeptoren im mesolimbischen System bedeutsam. Wichtig sind hier die Nicht-Ergot-Derivate Ropinirol und Pramipexol. Tierexperimentell wurde eine anxiolytische Wirkung von Ropinirol gezeigt. Für Pramipexol konnten in Tiermodellen synergistische Effekte mit SSRI, antidepressive und speziell anti-anhedone Wirkungen nachgewiesen werden. Es gibt viele experimentelle und klinische Hinweise auf antidepressive Wirkungen von Dopaminagonisten. Auch wenn derzeit noch keine Ergebnisse aus kontrollierten Studien zu dieser Fragestellung vorliegen, wird aus klinischer Sicht zunehmend der Einsatz neuerer Dopaminagonisten bei depressiven Parkinson-Patienten wegen des gleichzeitigen Effekts auf motorische Symptome empfohlen.

Nicht-medikamentöse Therapien

Neben der medikamentösen Behandlung spielen nicht-medikamentöse Therapien eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Parkinson-Patienten.

Psychotherapie

Eine Psychotherapie bietet außerdem die Möglichkeit, mit einer außenstehenden und professionellen Person über die persönlichen Herausforderungen und Sorgen sprechen. Eine starke Ausprägung der Parkinson-Symptome kann zu sozialem Rückzug führen. Dieser reduzierte soziale Kontakt kann sich auf die Stimmung der Betroffenen auswirken, schließlich sind depressive Verstimmungen oder Depressionen häufige Begleiterscheinungen von Parkinson. Diese seelischen Erkrankungen sind in der Regel behandelbar. Durch eine Psychotherapie (z. B. eine Gesprächstherapie) können mögliche Traumata aufgearbeitet werden.

Physiotherapie

Die Krankengymnastik bzw. Physiotherapie bei Parkinson trägt wesentlich zur Verbesserung oder Erhaltung der aktiven und passiven Mobilität in allen Gelenken bei. Zusätzlich kann eine Abnahme der Muskelsteifheit und einer Verbesserung der Beweglichkeit und Gehleistung erreicht werden. Dafür werden die betroffenen Muskelgruppen durch Übungen und Massagetechniken gezielt behandelt. Auch Schwimmen, leichte Ballspiele, Wandern und Radfahren fördern die Beweglichkeit.

Ergotherapie

Die Ergotherapie bei Parkinson verbessert die Koordination der Bewegungsabläufe im täglichen Leben und fördert zudem Wahrnehmung, Orientierung sowie Gedächtnisleistungen. Das Training umfasst besonders die feinmotorischen Übungen der Finger und Hände, da bei Betroffenen oftmals Schwierigkeiten beim An- und Auskleiden, Schuhe binden sowie Auf- und Zuknöpfen von Kleidung auftreten. Auch das Schreiben und der Umgang mit Messer und Gabel ist oftmals mühsam und zeitraubend.

Sprachtherapie

Bei Parkinson sind die Gesichtsmuskeln häufig steif und angespannt, Stimme und Sprache leiden unter dieser Unbeweglichkeit. Die Stimme wird heiser und leiser, das Sprechen wird langsamer, die Aussprache undeutlicher. Atemübungen können dabei helfen, die Sprache zu trainieren. Richtiges Atmen verbessert darüber hinaus die Sauerstoffzufuhr der Lunge und schützt vor Bronchitis und Lungenentzündung. Neben dem Atemtraining sind mimische Übungen, bei denen die Gesichtsmuskulatur gelockert wird, eine wichtige Vorbereitung für die eigentlichen Sprechübungen. Die Sprechübungen selbst dienen dazu, die Wörter richtig zu artikulieren und den Rhythmus sowie die Lautstärke der Sprache zu erhalten. Alle diese Übungen (Mimik, Atem- und Sprechtraining) sollten mit einem ausgebildeten Logopäden erlernt und dann konsequent zu Hause weitergeführt werden. Lautes Lesen kann das Sprachtraining zusätzlich unterstützen.

Selbsthilfemaßnahmen

Einige Dinge können Patientinnen und Patienten auch selbst tun, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen. Sportliche Betätigung, Reisen, Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und der Arbeit werden, je nach individueller Symptomatik, sogar ausdrücklich empfohlen. Ein Sozialleben mit vielen Kontakten, Gespräche und gemeinsame Aktivitäten wie z.B. Tanzen, können der Entwicklung einer Demenz entgegenwirken.

Verlauf und Prognose

Wie schnell ein Parkinson-Syndrom voranschreitet, ist von vielen individuellen Faktoren abhängig. Die Parkinson-Krankheit verläuft nicht unmittelbar tödlich. Doch wie die Prognose im Einzelfall aussieht, kann Ihr Arzt am besten einschätzen. Menschen mit Parkinson sterben meist nicht direkt an der Erkrankung selbst, sondern an den Komplikationen, die im Krankheitsverlauf auftreten können. Wie alt Parkinson-Patienten werden, hängt immer vom individuellen Gesamtbild des Patienten und der Parkinson-Form ab. Letzten Endes verläuft jedes Parkinson-Syndrom unterschiedlich. Die Lebenserwartung von Menschen mit Parkinson verkürzt sich durchschnittlich um vier bis elf Jahre.

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