Demenzielle Erkrankungen, wie die Alzheimer-Krankheit, stellen Betroffene und ihre Angehörigen vor große Herausforderungen. Angst, Verzweiflung und Resignation sind häufige Reaktionen auf die Diagnose. Das "Qualitätshandbuch Leben mit Demenz" des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA) bietet einen umfassenden Ansatz, um die Lebensqualität von Menschen mit Demenz und ihren Betreuern zu verbessern.
Einführung
Das Qualitätshandbuch Leben mit Demenz ist ein umfassender Leitfaden, der sich mit der Förderung, Pflege und Begleitung von Menschen mit Demenz und psychischen Veränderungen befasst. Es bietet Fachkräften in der Altenhilfe schnelle und überschaubare Informationen sowie praktische Tipps und Arbeitshilfen in Form von Kopiervorlagen. Das Handbuch fasst das Wissen über Aspekte in der Begleitung von Menschen mit Demenz und psychischen Erkrankungen zusammen und bringt es in eine Struktur.
Hintergrund und Entstehung
Das KDA präsentierte im Rahmen der Fachtagung "Zugänge zur Welt demenziell und psychisch erkrankter älterer Menschen" in Bonn Wege und Möglichkeiten einer "türöffnenden" Pflege und Begleitung von Menschen mit Demenz. Die KDA-Pflegeexpertin Christine Sowinski betonte, dass es darum gehe, die richtigen "Schlüssel" zu finden, um in Kontakt mit der scheinbar verschlossenen Welt von Menschen mit Demenz zu gelangen.
Im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend recherchierte das KDA bundesweit nach "kleinen" und "großen" Ideen, die den Alltag von Menschen mit Demenz erleichtern. Die Ergebnisse dieser zweijährigen Recherche flossen in das "Qualitätshandbuch Leben mit Demenz" ein.
Inhaltliche Schwerpunkte und Handlungsempfehlungen
Das Handbuch strukturiert alle Konzepte und Praxisbeispiele zum Umgang mit demenziell erkrankten Menschen und psychischen Veränderungen zu zentralen Handlungsempfehlungen, die den Kapiteln des Buches entsprechen:
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Die Persönlichkeit des Klienten kennenlernen
Ein zentraler Aspekt des Handbuchs ist die Bedeutung der individuellen Betreuung. Statt demenzkranke Menschen als "menschliche Hüllen" anzusehen, sollte man ihre Persönlichkeit und ihr Recht auf Lebensqualität in den Mittelpunkt des pflegerischen Handelns stellen.
Bezugspersonenpflege
Die Experten des KDA betonen die Bedeutung der "Bezugspersonenpflege". Für Menschen mit Demenz ist es von elementarer Bedeutung, dass sie feste und vertraute Bezugspersonen haben. Eine Begleitung mit ständig wechselnden Mitarbeitern aus Pflege und Hauswirtschaft kann gerade desorientierten alten Menschen viel Stress und Angst bereiten. Ohne feste Bezugspersonen ist es nicht möglich, einen stabilen Kontakt herzustellen und die Biografie, Vorlieben sowie Abneigungen des Betroffenen kennenzulernen.
Biografieorientierte Ansätze
Das Handbuch stellt eine Vielzahl biografieorientierter Techniken vor, die einen Zugang zum Menschen mit Demenz ermöglichen. Eine vertraute Bezugsperson ist mit diesem Wissen in der Lage, sich auf die Stimmungsschwankungen, Unruhe und Angst des Betroffenen verstehend einzulassen und zu beurteilen, welche biografischen Ansätze sinnvoll sind.
Wohnliche Organisationseinheiten
Das KDA empfiehlt kleine und wohnliche Organisationseinheiten, in denen die Klienten feste Bezugspersonen unter den Mitarbeitern haben. Gerade Menschen mit Demenz sind sehr auf vertraute Tagesabläufe, Geräusche und Gerüche sowie ein überschaubares Umfeld angewiesen. Das KDA wendet sich gegen Sonderwohn- und Lebensformen von Menschen mit Demenz sowie gegen jegliche Form des Wegsperrens und Ausgrenzens.
Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen
Das Handbuch betont die Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit. Es fordert dazu auf, das Wissen mit dem Wissen anderer Berufsgruppen zu verbinden und mit ihnen zusammenzuarbeiten.
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Wissen über Krankheitsbilder und Verhaltensweisen
Das Handbuch rät dazu, sich über psychiatrische Krankheitsbilder und Verhaltensweisen zu informieren, um Menschen mit Demenz besser verstehen und begleiten zu können.
Fortbildung
Das Handbuch empfiehlt, sich gezielt und sinnvoll fortzubilden, um die Kompetenzen im Umgang mit Menschen mit Demenz kontinuierlich zu erweitern.
Praxisbeispiele und "Türöffner"
Das "Qualitätshandbuch Leben mit Demenz" enthält zahlreiche Praxisbeispiele, die zeigen, wie vielfältig die Möglichkeiten sind, auf die spezifischen Bedürfnisse von Menschen mit Demenz einzugehen. Einige Beispiele sind:
- Motorrad im Zimmer: Mitarbeiter einer Pflegeeinrichtung stellten einem Bewohner, der früher Motorradfahrer war, ein Motorrad ins Zimmer.
- Apfelmosten: In einem Caritas-Altenheim schälen und schnibbeln die alten Menschen alljährlich im Herbst Äpfel, die in einer alten Mostpresse verarbeitet werden.
- Besuchshund Senta: In "Haus Bickenalb" fällt Besuchshündin Senta der Zugang zu den demenziell erkrankten Bewohnern besonders leicht.
Kritik und Ergänzungen
Obwohl das Handbuch eine Vielzahl von Vorgehensweisen aufzeigt, wird die Wirkung dieser einzelnen Vorgehensweisen nicht immer ausreichend referiert. Es bedarf weiterer Forschung, um die Effizienz der verschiedenen Ansätze besser einordnen und beurteilen zu können. Zudem sollte das Handbuch durch fundierte Praxisempfehlungen ergänzt werden, die die Implementierung der Vorgehensweisen in den Heimalltag erleichtern.
Bedeutung für die Altenhilfe
Das "Qualitätshandbuch Leben mit Demenz" ist ein unverzichtbares Arbeitsinstrument für alle, die in der Altenhilfe tätig sind. Es bietet eine fundierte Grundlage für eine würdevolle und wertschätzende Begleitung von Menschen mit Demenz. Das Handbuch trägt dazu bei, eine "neue Kultur der Pflege" zu etablieren, in der die Bedürfnisse und Wünsche der Betroffenen im Mittelpunkt stehen.
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Weitere Hilfen und Angebote
Neben dem "Qualitätshandbuch Leben mit Demenz" gibt es eine Vielzahl weiterer Hilfen und Angebote für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen. Dazu gehören unter anderem:
- Betreuungsgruppen: Diese Gruppen bieten Menschen mit Demenz die Möglichkeit, soziale Kontakte zu pflegen und aktiv zu sein.
- Musiktherapie: Musik gilt als "Königsweg" zu den Demenzkranken und kann positive Auswirkungen auf ihr Wohlbefinden haben.
- Gedächtnistraining: Gedächtnistraining kann helfen, die kognitiven Fähigkeiten zu erhalten und die Lebensqualität zu verbessern.
- Beratungsstellen: Beratungsstellen bieten Informationen und Unterstützung für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen.
Prävention und Früherkennung
Neben der Verbesserung der Versorgung von Menschen mit Demenz ist auch die Prävention und Früherkennung von großer Bedeutung. Eine zuverlässige Diagnose ist eine Grundvoraussetzung für therapeutische Maßnahmen. Präventive Maßnahmen, die früh im Leben beginnen und sich zeitlebens fortsetzen, können dazu beitragen, den Ausbruch einer Demenzerkrankung zu verzögern oder zu verhindern.
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