Raus aus der Demenz: Methoden zur Verbesserung der Lebensqualität

Demenz ist ein Sammelbegriff für verschiedene Erkrankungen, die mit einem fortschreitenden Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit einhergehen. Obwohl es derzeit keine Heilung für Demenz gibt, existieren vielfältige nicht-medikamentöse Therapien und Ansätze, die darauf abzielen, die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern, ihre Selbstständigkeit so lange wie möglich zu erhalten und Angehörige zu entlasten. Es ist wichtig zu beachten, dass jede Demenzerkrankung individuell verläuft und daher ein maßgeschneiderter Behandlungsplan erforderlich ist.

Medikamentöse Therapie bei Demenz

Obwohl der Fokus dieses Artikels auf nicht-medikamentösen Methoden liegt, ist es wichtig, die Rolle der medikamentösen Therapie kurz zu erwähnen.

Antidementiva

Bei der Alzheimer-Demenz, der häufigsten Form der Demenz, können Antidementiva eingesetzt werden. In Deutschland sind aktuell vier Antidementiva zugelassen: drei Acetylcholinesterase-Hemmer und ein Glutamat-Antagonist.

  • Acetylcholinesterase-Hemmer: Diese Medikamente blockieren das Enzym Cholinesterase, wodurch der Abbau des Botenstoffs Acetylcholin im Gehirn verlangsamt wird. Acetylcholin spielt eine wichtige Rolle für Gedächtnis und Lernfähigkeit.
  • Glutamat-Antagonisten: Diese Medikamente regulieren die Ausschüttung des Botenstoffs Glutamat, der ebenfalls an Lernprozessen beteiligt ist.

Es ist wichtig zu beachten, dass Antidementiva die Demenz nicht heilen, sondern lediglich die Symptome lindern und den Krankheitsverlauf verlangsamen können. Positive Effekte sind vor allem bei der Alzheimer-Demenz zu beobachten. Bei der vaskulären Demenz, die durch Durchblutungsstörungen im Gehirn verursacht wird, sind Antidementiva in der Regel nicht sinnvoll.

Weitere Medikamente

Neben Antidementiva können bei Demenzerkrankten auch andere Medikamente zum Einsatz kommen, um Begleiterscheinungen der Demenz zu behandeln:

Lesen Sie auch: Was tun bei Rückenschmerzen?

  • Antidepressiva: Depressionen sind eine häufige Begleiterscheinung von Demenz. Antidepressiva können die Stimmung aufhellen und Antriebslosigkeit reduzieren. Selbstverständlich gibt es auch nicht-medikamentöse Möglichkeiten, eine Depression zu lindern.
  • Neuroleptika (Antipsychotika): Diese Medikamente werden bei Psychosen eingesetzt und können Halluzinationen, Wahnvorstellungen und starke innere Unruhe reduzieren. Allerdings ist ihre Wirksamkeit bei Demenzerkrankten oft begrenzt und sie können erhebliche Nebenwirkungen haben. Starke Beruhigungsmittel wie Neuroleptika (Antipsychotika) haben gravierende Nebenwirkungen und sollten nur das letzte Mittel der Wahl sein. Vorher sollten milde Beruhigungsmittel oder auch Schmerzmittel zum Einsatz kommen. Erst wenn diese keine Wirkung mehr zeigen und der Leidensdruck hoch ist, können starke Beruhigungsmittel eingesetzt werden.
  • Schmerzmittel: Demenz ist zwar keine schmerzhafte Krankheit, aber Betroffene können ihre Schmerzen oft nicht mehr richtig identifizieren und äußern. Schmerzempfinden kann sich bei Demenzerkrankten auch durch auffälliges Verhalten äußern. Die Entscheidung über den Einsatz von Schmerzmitteln sollte immer vom behandelnden Arzt getroffen werden.

Ginkgo-Präparate

In den Blättern des Ginkgo-Baumes sind Wirkstoffe enthalten, die die Durchblutung in bestimmten Teilen des Gehirns fördern. Damit bekämpfen Ginkgo-Präparate aber nicht die Ursache für Demenz, deshalb haben sie keine direkten Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf. Sie können aber Begleiterscheinungen einer Demenz im Frühstadium spürbar lindern.

Nicht-medikamentöse Therapien: Ein vielfältiger Ansatz

Die nicht-medikamentöse Behandlung von Demenz umfasst eine Vielzahl von Therapien, die das Wohlbefinden der Erkrankten stärken und ihre Selbstständigkeit so lange wie möglich erhalten sollen. Im Mittelpunkt steht, den Erkrankten die Teilhabe am Alltag und am sozialen Leben zu ermöglichen. Gleichzeitig können diese Ansätze dazu beitragen, herausfordernde Verhaltensweisen zu mildern und für mehr Ausgeglichenheit zu sorgen. Die Therapien lassen sich einzeln oder kombiniert anwenden.

Kognitive Stimulation und Gedächtnistraining

Unser Denkvermögen kann trainiert werden. Das gilt für gesunde Menschen ebenso, wie für Demenzerkrankte. Sie sollten also unbedingt berücksichtigen, dass Demenzerkrankte ein Bedürfnis danach haben, ihre verbliebenen Fähigkeiten einzusetzen.

  • Kognitive Stimulation: Bei Erkrankten im frühen bis mittleren Stadium können durch kognitive Stimulation die Wahrnehmung, das Lernen und das Gedächtnis verbessert werden. Dies können zum Beispiel einfache Wort-, Zahlen- oder Ratespiele sein. Aber auch die gezielte Aktivierung des Langzeitgedächtnisses durch Gespräche über Themen von früher oder über persönliche Gegenstände fördert die Kognition.
  • Gedächtnistraining: Aktivitäten zur Förderung von Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Kommunikation, z.B. Rechenaufgaben, Wortspiele, Puzzles, Bilder erkennen, Zahlenreihen vervollständigen, auch als Gruppenaktivität. Erhaltung von kognitiven Fähigkeiten, Kommunikation und Lebensqualität. Gedächtnistrainings, bei denen Gelerntes nur wiederholt wird, sind nicht hilfreich.

Ergotherapie und Physiotherapie

Bei der ergotherapeutischen Demenz-Therapie geht es in erster Linie darum, motorische Fähigkeiten zu erhalten und zu trainieren. Denn im Laufe der Erkrankung gehen selbst einfachste Fähigkeiten wie das Ankleiden und Kochen verloren. Ergotherapie fördert also sehr stark die Eigenständigkeit des Demenzerkrankten. Mit fortschreitender Erkrankung liegt der Fokus mehr auf der Körperwahrnehmung und einfachen Bewegungsabläufen. Einen sehr ähnlichen Ansatz verfolgt die physiotherapeutische Demenz-Therapie. Auch hier geht es darum, Mobilität zu erhalten und Bewegung zu fördern.

  • Ergotherapie: Durch funktionelle, spielerische, handwerkliche und gestalterische Aktivitäten werden die Alltagskompetenzen gestärkt und möglichst lange erhalten. Dadurch wird die Stimmung der Betroffenen verbessert.
  • Physiotherapie: Bewegungsangebote zuhause oder in der Physiotherapie: Spaziergänge, Gehübungen, Gymnastik, Kräftigungs- und Konditionstraining. Erhaltung Lebensqualität und Selbstständigkeit, Vermeidung von Apathie und Depression.

Kosten können von Krankenkassen erstattet werden. Die Kosten für Ergotherapie und Physiotherapie als Demenz-Behandlung können von der Krankenkasse erstattet werden, wenn ein Arzt diese Maßnahmen anordnet.

Lesen Sie auch: Fortgeschrittene Demenz: Ein umfassender Überblick

Milieutherapie: Eine demenzgerechte Umgebung schaffen

Je stärker eine dementielle Erkrankung fortschreitet, desto weniger sind Betroffene in der Lage, sich selbst der Umwelt anzupassen. Die Milieutherapie ist also keine Behandlung am Menschen, sondern betrifft die demenzgerechte Gestaltung der Umwelt der Erkrankten. Ein demenzgerecht gestaltetes Umfeld entfaltet dauerhaft seine therapeutische Wirkung. Insbesondere das Wohlbefinden können Sie durch die Milieutherapie steigen und in vielen Fällen sogar herausforderndes Verhalten verringern. Was demenzgerecht ist, erfahren Sie im pflege.de-Ratgeber zum Thema Demenzgerechte Raumgestaltung.

Psychotherapie und Verhaltenstherapie

Psychotherapie nimmt keinen direkten Einfluss auf den Verlauf der Krankheit. Dasselbe gilt für die Verhaltenstherapie als spezielle Form der Psychotherapie. Psychotherapie kann in erster Linie die Gedanken, Einstellungen und Bewertungen einer Person gegenüber der Diagnose Demenz verändern. Zu erfahren, dass man selbst an Demenz leidet, ist niederschmetternd und kann gerade Menschen, die sich noch für fit gehalten haben, in eine schwere Krise stürzen. Bei der Verhaltenstherapie geht es gezielt darum, einen guten Umgang mit der Demenz im Alltag zu finden. Dafür ausschlaggebend sind vor allem die grundlegenden Wertvorstellungen einer Person gegenüber bestimmten Erfahrungen und Verhaltensweisen. Die Verhaltenstherapie ist ein psychotherapeutisches Verfahren für Menschen mit leichter kognitiver Störung (MCI) und Demenz im Frühstadium. Sie wird eingesetzt zur Bewältigung von Depressionen.

Kunst- und Musiktherapie

Zeichnen, Malen und Gestalten sind nicht nur eine Beschäftigung, sondern auch eine Ausdrucksform. Sie erfordern motorisches Geschick, Konzentration und eine Auseinandersetzung mit eigenen Erinnerungen und Emotionen. Zögern Sie nicht, die Kunsttherapie selbst auszuprobieren. Verwenden Sie anfangs einfache Materialien und simple Motive. Oft macht das Malen in der Gruppe noch mehr Freude. Die aktive Musiktherapie setzt voraus, dass die Erkrankung ein aktives Musizieren, Tanzen oder Singen in Gruppen erlaubt. Außerdem sollte der Betroffene Freude an Musik haben. Die rezeptive Musiktherapie ist einfach umzusetzen und kann in allen Phasen der Erkrankung das Wohlbefinden steigern und Erinnerungen wecken. Idealerweise hört der Demenzerkrankte bewusst und ohne Ablenkung Musik, zu der er einen starken biografischen Bezug hat.

  • Musiktherapie: Musiktherapie kann in allen Krankheitsstadien eine förderliche Wirkung haben. Musik zu machen oder zu hören weckt positive Erinnerungen und Gefühle. Das gilt besonders für das Musizieren oder Musik hören in der Gruppe. Auch die Tanztherapie kann in allen Krankheitsstadien eine förderliche Wirkung haben. Tanzen ist Bewegung und wirkt befreiend. Dadurch werden positive Gefühle geweckt.
  • Mal- und Kunsttherapie: Die Mal- und Kunsttherapie kann auch Verbesserungen des Wohlbefindens liefern.

Selbsterhaltungstherapie (SET)

Hinter dem Kürzel SET verbirgt sich ein neuropsychologisch fundiertes Konzept zur Behandlung und Betreuung von Menschen mit Demenz. Kern dieser Therapie ist die Idee, dass Menschen mit Demenz besonders gefährdet sind, ihr Selbstbild und ihre Wahrnehmung von sich selbst als Person zu verlieren. Was heißt das konkret? Sie sollten einen respektvollen Umgang pflegen und nicht jedes Missgeschick oder Fehlverhalten kritisch zur Sprache zu bringen. Es dürfen sogar falsche Angaben bestätigt werden, wenn dies dem Ziel dient, Stabilität und Zuverlässigkeit zu vermitteln. Außerdem sollten Sie die betroffene Person aktiv ermutigen, Erledigungen selbst zu machen, Wünsche zu äußern und an Aktivitäten teilzunehmen. Die Selbsterhaltungstherapie vollständig umzusetzen ist gar nicht so einfach, denn es setzt voraus, dass alle Kontaktpersonen daran teilhaben.

Logopädie

Für viele Demenzerkrankte wird es mit der Zeit immer schwieriger, mit anderen Menschen zu kommunizieren. Wortfindungsprobleme, schlechte Aussprache und mangelndes Sprachverständnis können aber gezielt mit sprach-therapeutischen Maßnahmen bekämpft werden. Außerdem können Logopäden bei auftretenden Schluckstörungen helfen, indem sie mit entsprechenden Übungen den Kau- und Schluckapparat trainieren. Auch das kann entscheidend zur Lebensqualität beitragen.

Lesen Sie auch: Wechselwirkungen zwischen Schmerzmitteln und Demenz

Sensorische Therapie (Snoezelen)

Ist die Demenzerkrankung weiter fortgeschritten, wird die Auswahl relevanter Behandlungen und Aktivitäten immer kleiner. Dann wird vielleicht gerade jetzt die sensorische Therapie interessant. Bekannt wurde dieser Ansatz vor allem als „Snoezelen“. Beim Snoezelen geht es in erster Linie darum, einer Person möglichst vielfältige sinnliche Wahrnehmungen zu ermöglichen. Insbesondere der Sehsinn, Hörsinn, Geruchssinn und Tastsinn werden mit positiven Reizen angesprochen. Dafür gibt es in vielen Pflege-Einrichtungen extra Snoezelen-Räume in denen mit Lichtprojektionen, beruhigender Musik, Duftstoffen und Gegenständen zum Befühlen die ideale Atmosphäre geschaffen wird, um sich ganz in der sinnlichen Wahrnehmung zu verlieren. Um Snoezelen auch bei der Pflege zuhause einzusetzen, braucht es gar nicht so viel. Die medizinische Wirkung von Snoezelen ist nach wie vor umstritten. Und nicht jeder Demenzerkrankte findet Gefallen an der oft sehr spielerisch anmutenden Umgebung. Bekannte Klänge, Düfte und Geschmäcke wirken anregend, wodurch auch das Wohlbefinden verbessert werden kann.

Tiergestützte Therapie

Hinter dem Begriff „tiergestützte Therapie“ verbirgt sich ganz einfach der Umgang mit Tieren. Also das Streicheln und die Interaktion mit Tieren unterschiedlichster Art. Dabei werden die sinnliche Wahrnehmung und die Sozialfähigkeit der demenzerkrankten Person angesprochen. Studien zeigen, dass die Anwesenheit von Tieren eine beruhigende Wirkung auf Menschen mit Demenz haben kann. Die non-verbale Kommunikation kann hilfreich sein, vorallem dann, wenn eine verbale Kommunikation nicht mehr möglich ist. Leider ist der Umgang mit Tieren bei der Pflege zuhause oft schwer zu realisieren. Es lohnt sich aber, in der Umgebung einmal nach entsprechenden Angeboten zu suchen.

Realitäts-Orientierungs-Training (ROT)

Bei dieser Therapieform werden den Erkrankten aktiv Informationen zu Zeit und Ort angeboten, beispielsweise durch große Uhren und Kalender oder eine einfache Raumbeschilderung. Zum Realitäts-Orientierungs-Training (ROT) gehört das Aufstellen von großen Kalendern und Uhren sowie Fotos und anderen identitätsstiftenden Gegenständen. Aber auch die Verwendung von orientierenden Sätzen in der Kommunikation.

Biographiearbeit

Durch die Biographiearbeit werden bei den Betroffenen gezielt Erinnerungen und Erfahrungen geweckt, beispielsweise durch Fotos, Geschichten, Musik oder Gerüche. Wissen aus der Biographie der erkrankten Person hilft auch Angehörigen im Alltag auf das Verhalten der Person besser zu reagieren. Ziel ist die geistige Anregung und die Verbesserung der Stimmung der oder des Erkrankten.

Bewegungstherapie

Die Bewegungstherapie wirkt körperlichen Beschwerden entgegen, zudem werden Verhalten und Körperwahrnehmung positiv beeinflusst. Sport hat nachgewiesene positive Effekte auf die Leistungsfähigkeit, Fitness und Stimmung von Erkrankten. Bewegung baut Ängste ab, mildert Aggressionen und fördert das Ein- und Durchschlafen. Am besten eignet sich tägliche moderate Bewegung (Walking, Tanzen, Gymnastik etc.), bei der Atmung und Herzfrequenz erhöht sind, aber noch ein Gespräch möglich ist. Gerade bei weniger fitten Menschen lässt sich Bewegung auch gut in den Alltag integrieren, zum Beispiel bei Spaziergängen mit dem Hund oder bei der Gartenarbeit.

Lichttherapie

Es gibt erste Hinweise darauf, dass die Lichttherapie die Schlafqualität der Betroffenen verbessern kann.

Berührungen und Massagen

Berührungen oder leichte Massagen wirken beruhigend.

tags: #raus #aus #der #demenz #methoden