Die Vorstellung, dass das Gehirn lediglich ein passiver Speicher für Informationen ist, hat sich dank neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse gewandelt. Stattdessen rückt die aktive Vernetzung und Zusammenarbeit beider Gehirnhälften in den Fokus. Um exzellente und kreative Denkleistungen zu erbringen, ist es wichtig, die linke und rechte Gehirnhälfte des Großhirns gut zusammenarbeiten und sich ergänzen zu lassen.
Die Aufgaben der Gehirnhälften
Das menschliche Gehirn besteht aus zwei Hälften, die jeweils spezifische Funktionen und Fähigkeiten steuern.
Linke Gehirnhälfte: Logik und Analyse
Die linke Gehirnhälfte ist hauptsächlich für Sprache, Lesen, Rechnen, Logik und analytisches Denken zuständig. Sie verarbeitet Informationen sequenziell, konzentriert sich auf Details und arbeitet nach Regeln und Gesetzen. Die linke Hemisphäre dient der Analyse von Details, dem Erkennen von Ursache und Wirkung. Sie verarbeitet verbale und mathematische Informationen und steuert die mündliche Darstellung sowie Grammatik und Wortstellung.
Rechte Gehirnhälfte: Kreativität und Emotionen
Die rechte Gehirnhälfte hingegen ist primär für Körpersprache, Bildersprache, Intuition, Kreativität und ganzheitliches Denken verantwortlich. Sie verarbeitet Informationen ganzheitlich, kontrolliert die Körpersprache, Mimik und Gestik und steuert Bewegungen und physische Aktivität sowie künstlerische Leistungen und Erlebnisse wie Musik, Zeichnen und Malen. Außerdem ist die rechte Gehirnhälfte der Sitz unserer Emotionen, des Unterbewussten sowie dessen, was man gemeinhin als „Intuition“ bezeichnet. Hier verarbeitet unser Gehirn Bilder und Sinneseindrücke wie Musik, Geruch und Geschmack, Farben. Gesichter wiedererkennen und bildliche Eindrücke verarbeiten können wir nur mit ihrer Hilfe.
Mythos "Linkshirn" vs. "Rechtshirn"
Es existiert der Mythos, dass es Menschen mit einer dominanten linken oder rechten Gehirnhälfte gibt. Die Vorstellung einer „left-brained“ versus „right-brained“ Persönlichkeit ist jedoch nicht wissenschaftlich fundiert. Neurowissenschaftler untersuchen funktionelle Asymmetrien der Gehirnhälften, sogenannte Lateralisierungen, und messen die Dominanz einer Seite für eine bestimmte Funktion. Beide Gehirnhälften sind immer aktiv, und Gehirntraining von nur einer Hirnhälfte ist ein Mythos.
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Die Bedeutung der Vernetzung beider Gehirnhälften
Einige Wissenschaftler vermuten, dass erfolgreiche und kreative Menschen besonders gut zwischen der linken und der rechten Gehirnhälfte kommunizieren können. Um das Gedächtnis zu verbessern, müssen Synapsen verstärkt werden. Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, ist die Verbindung zwischen systematischem Denken und Intuition.
Übungen zur Förderung der Zusammenarbeit beider Gehirnhälften
Um die Zusammenarbeit und Synchronisation beider Gehirnhälften zu stärken, gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- Multisensorische Aktivitäten: Durchführen von Tätigkeiten, die mehrere Sinne ansprechen und somit beide Gehirnhälften gleichzeitig aktivieren.
- Kinesiologische Übungen: Übungen, die die Koordination zwischen beiden Gehirnhälften verbessern sollen.
- Überkreuzbewegungen: Bei dieser Übung bewegen wir den rechten Arm und das linke Bein, den linken Arm mit dem rechten Bein gleichzeitig, d.h. die rechte Hand berührt das linke Knie, dann berührt die linke Hand das rechte Knie. Dabei geht der jeweils freie Arm so weit wie möglich nach hinten. Es kommt darauf an, immer wieder die Mittellinie zu überqueren. Du kannst bei der Übung stehen, gehen oder hüpfen.
- Liegende Acht: Beide Arme vor die Brust nach vorne bringen und die Hände falten. Dabei zeigen die Daumen nach oben. Kopf gerade halten. Von der Mitte aus bewegen wir unsere Arme nach links oben und formen eine liegende Acht. Die Augen folgen den Daumen, der Kopf bleibt ruhig. Jetzt einen Richtungswechsel vornehmen und rechts unten beginnen.
- "Der Hase und der Jäger": Du nimmst bei einer Hand den Daumen und bei der anderen den Zeigefinger. Jetzt wechselst du Daumen und Zeigefinger an jeder Hand abwechselnd aus.
- Handflächenwechsel: Du nimmst an einer Hand die Finger zur Faust und zeigst mit der Handfläche nach unten. Bei der anderen Hand öffnest du die Hand und bewegst die Handfläche nach oben. Dann wechselst du auch hier die Positionen mehrmals.
- Hase und Pistole: Nimm auf der einen Seite zwei Finger hoch wie ein Häschen, auf der anderen nimmst du die Finger hoch wie eine Pistole. Du versuchst jetzt den Hasen quasi zu erschießen, da er aber so schnell ist, springt er von einer Seite auf die andere.
- Brain-Gym® Übungen: Edu-kinestetische- Übungen und die sog. Brain Gym®Übungen sorgen dafür, dass bestimmte Areale im Gehirn aktiviert werden - sie also in Bewegung bringen. Dabei werden Rechts/Links-, Oben/Unten- und Vorne/Hinten-Bereiche des Gehirns unterschieden. Durch die EK und Brain Gym Übungen werden neue Bewegungsmuster erfahren, die individuellen Fähigkeiten, die Aufmerksamkeit und das Körperbewusstsein gestärkt. Das Benutzen und die Integration beider Gehirnhälften macht Lernen einfacher und leichter.
Weitere Tipps für ein ausgewogenes Gehirntraining:
- Werden Sie kreativ: Die rechte Gehirnhälfte ist die non-verbale. Sie ist für die Steuerung auf emotionaler Ebene verantwortlich und kontrolliert die linke Körperhälfte. Aktiv wird sie, wenn Sie sich kreativ verausgaben oder entspannen. Ihre Aufgabe ist es zudem, die Körpersprache und Emotionen anderer Lebewesen zu lesen. Werden Sie kreativ, um die Aufmerksamkeitsspanne der rechten Gehirnhälfte zu steigern. Lernen Sie ein Instrument, malen Sie ein Bild, hören Sie Musik, singen Sie selbst oder denken Sie sich eine Geschichte aus.
- Gestalten Sie Aufgaben abwechslungsreich: Um Ihre rechte Gehirnhälfte in Zukunft bei Lernprozessen oder schwierigen Aufgaben mit einzubinden, sollten Sie die Ausführung der Arbeit abwechslungsreich gestalten. Nutzen Sie zu Recherche Zwecke verschiedene Medien. Greifen Sie auf einen Podcast oder ein Video zurück. Gestalten Sie Ihre Notizen oder Präsentationen kreativ und leben Sie sich gestalterisch aus. Designen Sie ein hübsches Layout oder gestalten Sie Ihre Überschriften farbig.
- Achten Sie auf Pausen: Richtige Pausen sind ab jetzt ein unverhandelbares MUSS. Denn auch, wenn es sich vor allem dann, wenn Du superviel zu tun hast, oft so anfühlt: Pausen klauen Dir keine Zeit. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall! All das hilft Dir nicht, Dich mit gesteigerter Konzentration wieder an die Arbeit zu machen! Richtige Pausen gehen nur so: Laptop zuklappen, aufstehen, erstmal strecken. Und dann: Übungen zur bilateralen Hemisphärenstimulation machen.
- Achtsamkeitstraining und Meditation: Die Sportkinesiologie teilt die geistigen Kompetenzen in die analytische linke Gehirnhälfte und in die emotional/ soziale rechte Gehirnhälfte. Unser gesellschaftliches Wertesystem ist stark linkslastig (ca.70 %). Hier setzt die Meditation ein. Alle diese Schaltkreise befinden sich kinesiologisch gesehen in der rechten Gehirnhälfte. Diese zu trainieren und damit den Selbstwert zu erkennen und darauf aufzubauen, zeigt die Sportkinesiologie und das Achtsamkeitstraining (Jon Kabat Zinn). Wesentlich ist dabei eine innere Haltung, die von Wohlwollen und Akzeptanz geprägt ist. Es geht darum, zunächst einmal alles, was man erlebt, genauso anzuerkennen, wie es ist und dabei auch eigene Widerstände und innere Kämpfe zu bemerken. Die Folge ist mehr Klarheit und Gelassenheit, was in der Regel konstruktive und kreative Lösungen ermöglicht.
- Sportkinesiologie: Wir präferieren deshalb ein Training, welches die Verbindung beider Gehirnhälften anspricht. Zusätzlich kommen Aufgaben hinzu, welche die rechte Gehirnhälfte zusätzlich fordert.
Was tun, wenn die rechte Gehirnhälfte ausfällt?
Eine Schädigung in der rechten Hirnhälfte, meist am Scheitellappen, kann zu einem sogenannten Neglect führen. Bei diesem Krankheitsbild wird die linke Hälfte der Welt normal wahrgenommen, aber kaum verarbeitet und deshalb ignoriert. Die rechte Gehirnhälfte ist hauptverantwortlich für einen Großteil der Wahrnehmung von linksseitigen Sinneseindrücken und Bewegung unserer linken Körperhälfte. Daher führt eine Schädigung in der rechten Hirnhälfte zu Beeinträchtigungen in der Aufmerksamkeit für die linke Hälfte der Umwelt, genannt linksseitiger Neglect.
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