Psychosomatische Erkrankungen sind in der heutigen Gesellschaft weit verbreitet und stellen Betroffene vor große Herausforderungen. Sie beeinträchtigen oft die soziale Teilhabe und reduzieren die Lebensqualität erheblich. Die Reha Orthopädie Neurologie Psychosomatik (Rehabilitation in den Bereichen Orthopädie, Neurologie und Psychosomatik) bietet einen umfassenden Ansatz zur Behandlung dieser komplexen Krankheitsbilder.
Zunehmende Bedeutung psychosomatischer Erkrankungen
Psychosomatische Erkrankungen entwickeln sich immer mehr zu einer Volkskrankheit. Dauerstress, Überlastung, Unterforderung und fehlende Bewältigungsstrategien sind häufige Ursachen für psychische Erkrankungen, die sich nach längerer Zeit auch in körperlichen Symptomen äußern können. Aktuelle Zahlen aus dem Jahr 2023 zeigen eine Verschlechterung der psychischen Gesundheit in den letzten Jahren, wobei selbstberichtete depressive Symptome im Vergleich zu 2019 zugenommen haben und sich der Anteil der Personen mit auffälligen Symptomen fast verdoppelt hat.
Ursachen und Auswirkungen
Die Ursachen für psychosomatische Erkrankungen sind vielfältig. Stress, Überlastung, Unterforderung, fehlende Bewältigungsstrategien und fehlgesteuerte psychische Prozesse können zu körperlichen Leiden führen. Die Diagnose ist oft schwierig, da es sich um komplexe Zusammenhänge handelt. Die enge Verbindung zwischen Psyche und Körper spielt eine zentrale Rolle bei vielen Erkrankungen. Psychische Belastungen wie Angst oder Stress können direkte körperliche Reaktionen hervorrufen, etwa einen beschleunigten Puls, erhöhten Blutdruck oder vermehrtes Schwitzen. Belastende Erfahrungen, sei es aus der Kindheit oder im Erwachsenenalter, etwa durch Probleme in der Familie oder am Arbeitsplatz, können nicht nur psychische Beschwerden hervorrufen, sondern auch körperliche Symptome auslösen. Häufige Beispiele sind Bauchschmerzen, Rückenschmerzen oder Kopfschmerzen, die durch anhaltenden Stress oder emotionale Überforderung verursacht werden. Auch körperliche Erkrankungen können durch psychische Faktoren beeinflusst werden. Angst und depressive Verstimmungen können den Verlauf schwerer körperlicher Erkrankungen verschlechtern und ihre Heilung erschweren.
Definition und Konzept der Reha Orthopädie Neurologie Psychosomatik
Die Reha Orthopädie Neurologie Psychosomatik ist ein interdisziplinärer Ansatz zur Behandlung von Patienten, bei denen körperliche und psychische Beschwerden eng miteinander verbunden sind. Sie berücksichtigt seelische, soziale und körperliche Aspekte der Erkrankung. Die Therapiekonzepte sind multimodal und integrativ und beinhalten psychodynamische und verhaltenstherapeutische Aspekte.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit
Eine psychosomatische Rehabilitation ist vielschichtig. Daher setzen Kliniken auf ein Team aus Experten unterschiedlicher Berufsgruppen, die eine individuell angepasste Therapie erstellen und die Patienten während ihres Aufenthalts behandeln und betreuen. Spezialisten arbeiten auf Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse und mit modernsten Behandlungsmethoden, um die Therapie intensiv auf die individuelle Situation abzustimmen. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit aller Berufsgruppen im sogenannten „Reha-Team“ ist eine unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Rehabilitation.
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Recht auf Wahl der Rehaklinik
Patienten haben das Recht, sich eine für sie passende Rehaklinik selbst auszusuchen. Es gilt das sogenannte „Wunsch- und Wahlrecht“ (SGB IX). Grundsätzlich werden Versicherte aller Krankenkassen, Privatversicherungen sowie Beihilfeberechtigte und Selbstzahler aufgenommen. Die Reha-Kosten werden in der Regel von der Kranken- oder Rentenversicherung als sogenannte Kostenträger übernommen. Für die Genehmigung einer psychosomatischen Rehabilitation benötigen Patienten einen medizinischen Befund mit Diagnose und nachgewiesener Rehabilitationsnotwendigkeit.
Therapieansätze in der psychosomatischen Rehabilitation
Die psychosomatische Rehabilitation bietet ein breites Spektrum an Therapieformen, die individuell auf die Bedürfnisse der Patienten abgestimmt werden. Im Mittelpunkt steht die Psychotherapie, die sowohl in Einzel- als auch in Gruppensitzungen stattfindet. In den Einzeltherapien arbeiten die Patienten vertrauensvoll mit ihren Therapeuten zusammen, um tiefere Einblicke in ihre emotionalen und psychischen Belastungen zu gewinnen und neue Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Gruppentherapien hingegen fördern den Austausch mit anderen Betroffenen, was oft als sehr entlastend empfunden wird. Ergänzend zur Psychotherapie kommen Achtsamkeitstrainings und kreative Therapien wie Kunst- und Musiktherapie zum Einsatz, die es den Patienten ermöglichen, emotionale Blockaden auf nonverbaler Ebene zu lösen. Auch Bewegungstherapien wie Physiotherapie und Sport spielen eine zentrale Rolle. Sie tragen nicht nur zur Linderung körperlicher Beschwerden bei, sondern helfen auch, innere Spannungen abzubauen. Wesentlich sind auch Gesundheitsbildung, Psychoedukation, kreative Therapien und arbeitsweltbezogene Therapien, um die Patienten ganzheitlich zu unterstützen.
Aktive Mitarbeit der Patienten
Eine zentrale Voraussetzung für den Erfolg der psychosomatischen Rehabilitation ist die aktive Mitarbeit der Patienten. Die therapeutischen Gespräche, ob in der Einzeltherapie oder in der Gruppe, können nur dann einen heilsamen Einfluss haben, wenn die Betroffenen offen für die Behandlung sind und bereitwillig an sich arbeiten. Die aktive Beteiligung der Patienten geht jedoch über die therapeutischen Sitzungen hinaus. Eine erfolgreiche Rehabilitation umfasst auch Maßnahmen zur körperlichen Fitness, zur sozialen Wiedereingliederung und oft eine stufenweise Rückkehr in den Beruf. Zusätzlich gehört der Erwerb von Wissen über gesunde Ernährung oder das Sozialleistungssystem zu den wichtigen Bausteinen der Reha.
Mögliche Inhalte und Ziele
Im Zentrum der Therapie stehen psychotherapeutische Gespräche und die Begleitung durch Fachärzte für Psychiatrie und Psychosomatik. Der Aufenthalt beginnt mit einer eingehenden Untersuchung, auf deren Grundlage die genauen Ziele für die Zeit der Rehabilitation festgelegt werden. Die psychosomatische Rehabilitation bietet Hilfe zur Veränderung und Bewältigung von:
- Krisen und Erkrankungen
- Belastenden Lebenssituationen
- Eigenen affektiven und körperlichen Reaktions- und Verhaltensmustern
Ablauf einer psychosomatischen Therapie
Bevor man sich und seine Lebenssituation verändern kann, muss man verstehen, wie man durch seine Lebensgeschichte mit Verhaltensmustern und gefühlshaften Reaktionsmustern geprägt wurde, wie man als Mensch reagiert. Jeder Mensch wird durch die eigene Lebensgeschichte geprägt und hat somit spezielle affektive und körperliche Reaktions- und Verhaltensmuster entwickelt und damit individuelle Fähigkeiten und Einschränkungen zur Bewältigung von Lebensereignissen erlernt. In der psychosomatischen Rehabilitation lernen Patienten, den Zusammenhang zwischen ihrer Erkrankung, ihren psychosomatischen Symptomen, den körperlichen Reaktionen und Gefühlen in ihrer Lebenssituation zu verstehen. Dieses Zusammenspiel erlaubt es ihnen anschließend, Veränderungen in ihrem Leben vorzunehmen, sodass weniger Symptome auftreten und sie wieder leichter und genussvoller am Leben teilnehmen können.
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Schritte der Therapie
- Verstehen: Im ersten Schritt gilt es herauszufinden, welche Lebenssituationen und Belastungen die Erkrankung, die seelischen und/oder körperlichen Symptome ausgelöst haben. Dann wird gemeinsam mit dem Patienten untersucht, mit welchen typischen Reaktions- und Verhaltensmustern er reagiert hat. Diese Erkenntnis schafft Motivation und zeigt Möglichkeiten auf, welche Fähigkeiten und Reaktionsmuster er mit Hilfe der Therapie dazuzulernen kann, um seine Lebenssituation zu verändern und leichter zu bewältigen.
- Entwickeln: Im zweiten Schritt werden mit dem Patienten spezielle neue Reaktions- und Verhaltensmuster entwickelt, mit denen er seine Lebenssituation gezielt beeinflussen lernen kann, sodass seine psychosomatische Erkrankung und seine Einschränkungen rückläufig werden. Auch lernt er in dieser Phase positive Selbstregulationsübungen und Entspannungstechniken.
- Verändern: Im dritten Schritt wird mit dem Patienten überlegt, was er in seinem Alltagsleben zu Hause verändern muss, damit die körperlichen und emotionalen Überreaktionen wieder weniger und vielleicht irgendwann nicht mehr auftreten werden. Es sollen Fähigkeiten und Strukturen entwickelt werden, um die an ihn gestellten Anforderungen mit reduzierter oder sogar ohne Symptomatik bewältigen zu können.
Das Reaktionsmodell des Menschen
Der Körper eines Menschen reagiert immer, wenn Gefühle intensiv sind oder sich ändern. Jeder Mensch reagiert auf ein Gefühl auch körperlich. Aber auch Gefühle wie Enttäuschung, Trauer, Ärger, Ekel oder Scham gehen mit Körperreaktionen einher, die von ihrer Intensität sehr intensiv, störend, leidvoll oder beängstigend erlebt werden können. Werden Gefühle plötzlich sehr stark empfunden und bewusst wahrgenommen, sind die dazugehörigen Körperreaktionen nachvollziehbar und verständlich. Es ist aber ebenso möglich, dass Gefühle nicht bewusst erlebt werden, weil sie weniger intensiv sind oder weil die Aufmerksamkeit durch Aktivitäten anderweitig in Beschlag genommen ist. Die dazugehörigen körperlichen Reaktionen laufen auch in diesen Fällen ab. Körperliche Reaktionen mit starken bis hin zu leidvollen Körpersymptomen und intensive oder kaum aushaltbare Gefühle treten immer dann auf, wenn die individuellen Verhaltens- und Reaktionsmuster zur Bewältigung einer Situation nicht ausreichen. Treten solche intensiven Zustände gehäuft auf oder halten zu lange an, erkranken Menschen seelisch und/oder körperlich.
Nachsorgeangebote nach der Rehabilitation
Um den Erfolg der Rehabilitationsbehandlung zu stärken und fortzuführen, wurden verschiedene Angebote zur Nachsorge entwickelt.
- Psy-RENA: Die DRV bietet das Programm Psy-RENA an. Dieses beinhaltet 25 wöchentliche Gesprächstermine, die in einer Gruppe von acht bis zehn Personen stattfinden.
- DE-RENA: DE-RENA ist ein digitales Reha-Nachsorgeprogramm für Patient:innen mit depressiven Störungen.
- LiVi-RENA: LiVi-RENA ist eine digitale Gruppennachsorge, die sich konzeptionell an Psy-Rena anlehnt.
Selbsthilfegruppen bieten eine weitere wertvolle Möglichkeit der Nachsorge. In diesen Gruppen treffen sich Menschen mit ähnlichen Erfahrungen und Krankheitsbildern, um sich gegenseitig zu unterstützen. Sie können dabei helfen, nach der Reha in schwierigen Lebenssituationen Stabilität zu finden und das Erlernte langfristig zu festigen.
Finanzierung und Antragstellung
Die Kosten für eine psychosomatische Reha werden in der Regel von den Kostenträgern, also vorrangig den Krankenversicherungen und Rentenversicherungen, getragen. Bei privat versicherten Patienten ist der ausgewählte Tarif entscheidend. Alle Versicherten müssen beim Heilverfahren 10 Euro am Tag zuzahlen, wenn das 18. Lebensjahr vollendet haben und nicht von der Zuzahlung befreit sind.
Antragstellung
Um eine Reha zu beantragen, gibt es zwei Wege:
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- Im Krankenhaus: Wenn Patienten im Krankenhaus behandelt werden, können sie sich an den Sozialdienst wenden, um eine Rehabilitation, eine sogenannte Anschlussheilbehandlung, zu beantragen.
- Zuhause: Wenn Patienten zu Hause sind und eine Reha, auch Heilverfahren genannt, beantragen möchten, können sie sich an ihren Hausarzt oder an einen entsprechenden Facharzt wenden. Die Ärzte unterstützen sie beim Reha-Antrag.
Für die Genehmigung einer psychosomatischen Rehabilitation benötigen Patienten einen medizinischen Befund mit Diagnose und nachgewiesener Rehabilitationsnotwendigkeit. Diesen belegen sie am besten mit einem ärztlichen Befund, der beschreibt, weshalb eine Reha für sie notwendig ist. In diesem Antrag haben sie die Möglichkeit, direkt eine Wunschklinik anzugeben. Hatten sie kürzlich eine Reha, so besteht in der Regel eine Wartefrist von vier Jahren für einen erneuten Antrag. Wenn die medizinische Notwendigkeit besonders groß ist, wird die Reha manchmal auch vor Ablauf der vier Jahre bewilligt. Wird der Reha-Antrag aus einem nicht erkennbaren Grund abgelehnt, können Patienten Widerspruch einlegen.
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