Der Anstieg der Demenzerkrankungen stellt eine wachsende Herausforderung für unsere alternde Gesellschaft dar. In Deutschland muss jede zweite Frau und jeder dritte Mann damit rechnen, im Laufe ihres Lebens an Altersverwirrtheit zu erkranken. Bereits heute sind 1,2 Millionen Menschen betroffen, die meisten davon an Alzheimer, und die Zahlen steigen dramatisch. Die Diagnose "Demenz" verändert das Leben der Betroffenen und ihrer Familien grundlegend und oft völlig unvorbereitet.
Demenz: Eine tickende Zeitbombe für die Gesellschaft
Demenzen zählen zu den teuersten Krankheiten mit einem besonders hohen Pflegebedarf. Trotz ihrer Verbreitung ist Demenz jedoch immer noch mit einem Tabu behaftet. Erkrankte und ihre pflegenden Angehörigen klagen über die Tabus, gegen die sie immer noch kämpfen müssen, und geraten an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit. Zwar haben sich die Hilfsangebote in den vergangenen Jahren verbessert, doch immer noch bemängeln Träger von Pflegeeinrichtungen das Fehlen von Pflegekräften. Für die Zukunft sieht es nicht besser aus: Hochgerechnet werden in den kommenden Jahren über 150 000 Pflegekräfte gebraucht. Eine alarmierende Zahl!
Was ist Demenz?
Der Begriff "Demenz" stammt aus dem Lateinischen und bedeutet "ohne Verstand". Demenz ist ein Oberbegriff für mehr als 50 Krankheitsformen. Sie verlaufen unterschiedlich, führen aber alle langfristig zum Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit. Die Ursachen sind vielfältig. Die häufigste Demenzform ist die Alzheimerkrankheit, bei der bestimmte Eiweißablagerungen im Gehirn den Stoffwechsel der Nervenzellen stören. Das Risiko, an Demenz zu erkranken, steigt ab dem Alter von 65 Jahren an. Für 2050 wird prognostiziert, dass jeder Dritte in Deutschland über 65 Jahre alt sein wird und jeder Siebte über 80 Jahre. In dieser Altersgruppe ist das Risiko, an Demenz zu erkranken, besonders hoch. Demenz wird daher in Zukunft mehr und mehr zum Alltag gehören. Während heute rund 1,7 Millionen Menschen in Deutschland an Demenz erkrankt sind, könnten es im Jahr 2050 bereits rund drei Millionen Menschen sein. Mehr als zwei Drittel der Menschen mit Demenz sind Frauen.
Zu Beginn der Krankheit leidet das Kurzzeitgedächtnis. Betroffene sind vergesslich, verlegen beispielsweise häufig Gegenstände und es fällt ihnen schwer, sich zu konzentrieren. Bei fortgeschrittener Alzheimer-Demenz werden Informationen nicht mehr im Langzeitgedächtnis abgespeichert. Im späten Stadium sind die Demenzsymptome ausgeprägter: Demenzkranke bauen auch körperlich ab und sind bei allen Tätigkeiten auf Hilfe angewiesen.
"Reise ins Vergessen - Leben mit Alzheimer": Eine ZDF-Dokumentation
Die zweiteilige ZDF-Dokumentation "Reise ins Vergessen - Leben mit Alzheimer" beschäftigt sich mit einer der heute schon größten menschlichen und finanziellen Herausforderungen für unsere Gesellschaft. Länger als ein Jahr haben die beiden Autoren Menschen in den unterschiedlichen Stadien der Demenz und deren Angehörige begleitet. Es sind Geschichten, in denen es um die Belastung, aber auch um Liebe, Freundschaft und Verantwortung geht. Sie erzählen von Trauer und Verzweiflung, aber auch davon, wie sich aus Lebensangst Lebensmut und neu gewonnene Nähe entwickeln.
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Der Film erzählt die Geschichte einiger Demenzkranker und ihrer Angehörigen. Die Dokumentation zeigt, wie die Betroffenen und ihre Angehörigen oft nahezu Übermenschliches leisten müssen, um mit der Krankheit fertig zu werden und den Alltag zu bewältigen. Dazu zählt beispielsweise auch, dass sie sich mit Pflegestufen und Krankenkassenabrechnungen oder mit der Suche nach Heimplätzen auseinandersetzen müssen. Die Geschichten erzählen jedoch nicht nur von Trauer und Verzweiflung, sondern auch davon, wie sich aus Lebensangst Lebensmut und neu gewonnene Nähe entwickeln können.
Schicksale und Herausforderungen
Die Dokumentation begleitet unter anderem Sepp und Barbara Friedrich. "Jeden Tag etwas Schönes", das ist das Motto des Ehepaares. Sie leben in der Nähe von München mit einem phantastischen Blick auf die Alpen. Alles könnte herrlich sein, wenn da nicht die Diagnose Alzheimer wäre und sich Sepp an immer weniger erinnern würde. Immer wieder muss er seine Frau fragen, was er gerade getan hat. Trotzdem ist ihr Verhältnis harmonischer geworden, sagen die beiden lachend.
Ein anderes Beispiel ist die 90-jährige Gertrud Brethauer, die sich beim Schlafengehen zunächst auf die Bettkante setzt und dann zur Seite kippen lässt. Der Kopf liegt dann auf dem Kissen, aber die Füße ins Bett zu heben, vergisst sie einfach. Der Einsatz aufopferungsvoller Angehöriger und Freunde ist immer wieder zu sehen - und dies ist geradezu ein Abbild der Realität, denn 60 Prozent der Demenzerkrankten werden zuhause gepflegt. Klar wird, dass eigentlich alle viel mehr Unterstützung bräuchten.
Die Rolle der Angehörigen
Oftmals geraten pflegende Angehörige an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit. Auch wird ihr Einsatz in der Regel nicht ausreichend gewürdigt, obwohl ohne sie das Pflegesystem bereits heute überfordert wäre. Viele Familien tragen eine Hauptlast bei der Pflege. Die Rollen haben sich verändert: Die Mutter wurde zum Kind und man selbst wurde ihre Beschützerin. Es ist essentiell, sich von überall Hilfe zu holen und ein Unterstützungsnetzwerk auszubauen. Je mehr Unterstützung man erhält, desto mehr Entlastung erfährt man selbst.
Forschung und Behandlung
Teil zwei der "Reise ins Vergessen" zeigt unter anderem das Leben und die Arbeit von Prof. Konrad Beyreuther. Viele bezeichnen ihn respektvoll als "Alzheimer-Papst". Er hat die Krankheit des Vergessens nicht nur erforscht, er trägt auch selbst ein geringfügig erhöhtes Risiko zu erkranken, weil seine Mutter Alzheimer hatte.
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In der Demenzforschung gab es einen entscheidenden Fortschritt, "weil wir endlich ein Medikament haben, was konkret gegen diese Plaques wirken soll". Plaques, so werden die schädlichen Ablagerungen im Gehirn genannt. Das Medikament könne Demenz zwar nicht heilen, aber den Krankheitsverlauf verlangsamen. „Das geht aber nur in einem sehr frühen Stadium und unter genauer und fortlaufender Untersuchung“.
Welt-Alzheimer-Tag und Hilfsangebote
Am Welt-Alzheimer-Tag engagieren sich zahlreiche lokale Allianzen für Menschen mit Demenz. Ihr Ziel ist es, die gesellschaftliche Teilhabe von demenziell erkrankten Menschen zu verbessern. Mit der Informationskampagne "Kopf und Herz an!
Es gibt verschiedene Hilfsangebote für Betroffene und Angehörige. Dazu gehören Selbsthilfegruppen, Beratungsstellen und Tagesstätten für Menschen mit Demenz.
Leben mit Demenz: Einblicke und Erfahrungen
Die Diagnose Demenz verändert das Leben der Betroffenen und ihrer Familien oft grundlegend. Es ist wichtig, offen über die Krankheit zu sprechen und sich Unterstützung zu suchen.
Einige Betroffene berichten, dass sie sich dafür entschieden haben, in die Offensive zu gehen. Sie leben im Hier und Jetzt und engagieren sich dafür, dass über den Umgang mit der Krankheit mehr gesprochen wird.
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Angehörige berichten von ihren Erfahrungen in der Begleitung, Betreuung und Pflege. Sie probieren vieles aus, sie machen schöne und schmerzhafte Erfahrungen. Ihre Beiträge können anderen Angehörigen weiter helfen und ihnen Mut machen.
Prävention und Risikofaktoren
Alles, was gut fürs Herz ist, sei auch gut fürs Gehirn. Nicht rauchen, keinen Alkohol trinken, dafür viel bewegen und viel Gemüse essen, wenig Fleisch. Zusätzlich seien auch Depressionen, Angststörungen und Einsamkeit Risikofaktoren für Demenz. Der genetische Einfluss sei hingegen gar nicht so entscheidend. Viele Faktoren sind wichtig im Alter zwischen 40 und 60 Jahren.