Demenz ist ein Oberbegriff für eine Vielzahl von Erkrankungen und Veränderungen, die mit Gedächtnis- und Denkstörungen einhergehen, aber auch zu einer Veränderung der Persönlichkeit führen können. Angesichts der fast 2 Millionen Betroffenen allein in Deutschland ist es wichtig, dass Kirche und Gemeinden, Ehrenamtliche und Kommunen sich mit dem Thema Demenz auseinandersetzen, um Betroffenen und ihren Angehörigen einen Platz in der Gesellschaft zu ermöglichen. Reminder-Programme bieten hier eine wertvolle Unterstützung.
Fachtage und Initiativen zum Thema Demenz
Um neue Perspektiven auf das Leben mit Demenz zu entdecken und das Bewusstsein für die Herausforderungen der Krankheit zu schaffen, finden regelmäßig Fachtage und Veranstaltungen statt.
Fachtag zum Welt-Alzheimertag 2025 in Frankfurt
Am 18. September 2025 fand in der Sportschule des Landessportbundes Hessen e.V. in Frankfurt der diesjährige Fachtag zum Welt-Alzheimertag statt. Gemeinsam mit der Diakonie Hessen e.V. und unterstützt vom Stiftungsfonds DiaDem lud die Bildungsakademie ein, einen Tag lang neue Perspektiven auf das Leben mit Demenz zu entdecken. Das Motto „Demenz - Mensch sein und bleiben“ zog sich wie ein roter Faden durch alle Vorträge, Diskussionen und künstlerischen Beiträge.
Fachtag Demenz in Florstadt
Einige Antworten auf die Frage, wie Kirche und Gemeinden mit dem Thema Demenz umgehen können, bekamen die Teilnehmenden eines „Fachtags Demenz“, zu dem die Altenseelsorge des Evangelischen Dekanats Wetterau kürzlich nach Florstadt eingeladen hatte. Gefördert wurde dieser Tag mit Mitteln der Stiftung „DiaDem - Würde bewahren trotz Demenz“ der Diakonie Hessen, die sich für mehr Lebensqualität für von Demenz betroffene Menschen einsetzt (was auch die An- und Zugehörigen betrifft).
Fachtag zum Welt-Alzheimertag 2024 in Frankfurt
Am 18. September 2024 veranstalteten die Bildungsakademie des Landessportbundes Hessen e.V. und die Diakonie Hessen e.V. wieder mit der Unterstützung des Stiftungsfond DiaDem ihren traditionellen Fachtag zum Welt-Alzheimertag in Frankfurt. Unter dem Motto 'Demenz - Gemeinsam. Mutig. Leben.' bot die Veranstaltung neue Perspektiven zur Unterstützung und Teilhabe von Menschen mit Demenz und deren Angehörigen. Das Motto spiegelte den antreibenden Charakter der Veranstaltung wider und ermutigte die Teilnehmenden, sich aktiv zu engagieren, um ein Bewusstsein für die Herausforderungen der Krankheit zu schaffen und gemeinsam Lösungen zu finden. Im Mittelpunkt stand die Idee, neue Zugänge zu Menschen mit Demenz zu schaffen und ihre gesellschaftliche Teilhabe zu fördern.
Lesen Sie auch: Fakten und Strategien zur Gehirnentfaltung
Reminder-Programme: Innovative Ansätze für Menschen mit Demenz
Reminder-Programme sind ein wichtiger Baustein in der Unterstützung von Menschen mit Demenz. Sie bieten vielfältige Möglichkeiten, die Lebensqualität zu verbessern, die kognitiven Fähigkeiten zu fördern und die soziale Teilhabe zu ermöglichen.
Das REMINDer-Programm des DZNE
Nach einer herzlichen Begrüßung stellte Selina Stamer vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) das REMINDer-Programm vor: Eine sechswöchige Online-Intervention für ältere Menschen, die gezielte Musik-, Bewegungs- und Achtsamkeitsübungen miteinander verbindet - ohne dass Vorerfahrung notwendig ist. Die Teilnehmenden erhalten abwechslungsreiche Impulse für Körper und Geist und berichten besonders von mehr Lebensfreude, innerer Balance und gesteigerter Konzentration. Die Akzeptanz ist hoch, das Programm wurde sicher und problemlos umgesetzt.
Das DZNE Dresden erforscht die Durchführbarkeit und Wirksamkeit eines sechswöchigen multimodalen Online-Programms mit Musik-, Bewegungs- und Achtsamkeitsübungen für Personen im Alter von 60 - 80 Jahren. Die Arbeitsgruppe „Gehirn und Resilienz" am DZNE Dresden erforscht körperliche, geistige und seelische Risikofaktoren von Demenzerkrankungen. Aus diesem Grund haben wir das multimodale Online-Übungsprogramm „REMINDer“ speziell für ältere Menschen entwickelt. Dieses Programm beinhaltet gezielte Musik-, Bewegungs- und Achtsamkeitsübungen zur ganzheitlichen Förderung von Körper, Gehirn und Geist im Alter. Die Ergebnisse der Studie werden zur Erforschung und Weiterentwicklung wirksamer und leicht zugänglicher Programme zur Gesundheitsförderung im Alter und zur Demenzprävention genutzt. Im Rahmen der REMINDer-Studie offerieren wir Ihnen die Teilnahme an dem Online-Übungsprogramm in einer Gruppe mit anderen Teilnehmenden. Das REMINDer-Programm verbindet motorische, geistige, sensorische, emotionale und soziale Anregungen (sog. Stimulationen), um die natürliche Plastizität (sog. Formbarkeit) des Gehirns zu fördern. Das Online-Übungsprogramm umfasst insgesamt 12 Sitzungen, die innerhalb von 6 Wochen stattfinden (2 × 60 min pro Woche). Die meisten Übungen werden im Sitzen oder Stehen durchgeführt und beinhalten leichte bis moderate körperliche Aktivität. Sie nehmen per Videokonferenz bequem von Ihrem Zuhause aus teil; ein Besuch in einem Studienzentrum ist nicht nötig. Die REMINDer-Studie findet ausschließlich online statt. Das Studienteam steht für Ihre Fragen vor und während der Studie telefonisch zur Verfügung. Folgender Ablauf ist geplant: Nach umfänglicher Studieninformation und schriftlicher Einwilligung zur Studienteilnahme erfolgt ein Telefoninterview. Dieses dient zur Überprüfung der Studieneignung, Klärung von Fragen und Auskunft zum Studienablauf. Anschließend füllen Sie eine erste Online-Befragung mit verschiedenen Fragebögen aus. Je nach zufällig zugeteilter Studiengruppe nehmen Sie dann zuerst über 6 Wochen am Onlineprogramm teil oder haben 6 Wochen Pause. Danach folgt eine zweite Online-Befragung, nach der Sie bei entsprechender Gruppe entweder 6 Wochen Pause haben oder über 6 Wochen das Online-Übungsprogramm absolvieren. Abschließend füllen alle Teilnehmenden eine dritte Onlinebefragung aus.
Die aktuelle REMINDer-Studie (www.dzne.de/reminder) untersucht die Durchführbarkeit und Wirksamkeit des REMINDer-Übungsprogramms. Das Programm wird online von zwei geschulten Trainerinnen über einen Zeitraum von 6 Wochen durchgeführt. Die Studienteilnahme und das Online-Training sind für die Teilnehmenden kostenlos. Das Online-Übungsprogramm umfasst insgesamt 12 Sitzungen, die innerhalb von 6 Wochen stattfinden (2 × 60 min pro Woche).
REMINDER für Kinder
REMINDER ist ein speziell für Kinder im Alter von 7 bis 12 Jahren entwickeltes Trainingsprogramm für die ambulante Behandlung von Gedächtnisstörungen. Es vermittelt in kindgerechter Form Merk- und Lernstrategien, die es ermöglichen, Anforderungen in der Schule und im Alltag besser zu bewältigen. Die 2., überarbeitete Auflage berücksichtigt aktuelle Forschungserkenntnisse und bereitet das bewährte Behandlungskonzept noch anwenderfreundlicher auf. Das Manual bietet zunächst eine Einführung in die entwicklungsbezogenen Grundlagen des Gedächtnisses und in die Diagnostik von Merk- und Lernstörungen. Anschließend wird das Vorgehen in den 10 Einheiten des Trainingsprogrammes sowie im Übungsprogramm für zu Hause praxisnah erläutert. Die Kinder werden dazu angeleitet, sich aktiv und über multimodale Verarbeitungswege mit gedächtnisbezogenen Inhalten auseinanderzusetzen. Altersangepasste Mnemotechniken werden in diverse Übungen eingebettet und wiederholt geübt, um so die Merkfähigkeitsleistungen zu trainieren.
Lesen Sie auch: Diagnose von Polyneuropathie (PNP)
Kulturelle Teilhabe durch das Projekt Artemis Digital
Mit dem Projekt Artemis Digital präsentierte Dr. Chantal Eschenfelder vom Städel Museum kreative Möglichkeiten, wie kulturelle Teilhabe auch für Menschen mit Demenz eröffnet werden kann - barrierefrei, digital wie analog. Es ist speziell darauf ausgelegt, durch niedrigschwellige, interaktive digitale Module Kunstwerke aus der Städel Sammlung unabhängig von Ort und Zeit erfahrbar zu machen. Die Teilnehmenden erlebten, wie Kunst Türen öffnet, wenn Sprache an Grenzen stößt.
Musik als Schlüssel zur Lebensqualität
Prof. Kai Koch zeigte anhand verschiedener Projekte (Länger fit durch Musik, Bundesinitiative Musik& Demenz, Chorformate, virtuelle Veranstaltungen, Konzerte für Menschen mit Demenz (Auf Flügeln der Musik), Musik auf Rädern, Instrumentalunterricht…) auf, wie Musik als kraftvolles und vielseitiges Werkzeug eingesetzt werden kann, um das Leben von Menschen mit Demenz in emotionaler, kognitiver und sozialer Hinsicht zu bereichern und das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz zu steigern. Es gibt viele innovative Möglichkeiten zur Unterstützung älterer Menschen, wobei die persönliche Musikgeschichte, also die individuelle Ansprache durch musikalische Biografien, einer besonderen Bedeutung zukommt. Die Praxisbeispiele verdeutlichten, wie Musik zur Verbesserung der Lebensqualität von Menschen mit Demenz beitragen und in unseren gesellschaftlichen Strukturen verstetigt werden kann, um ein wertvolles Gemeinschaftserleben zu ermöglichen.
AGIL: Zuhause im Alter beweglich bleiben
Zuhause im Alter beweglich bleiben ist das Ziel von „AGIL“, einem Projekt der Bildungsakademie des Landessportbundes Hessen, das in Kooperation mit der Diakonie Hessen nach finnischem Vorbild entwickelt wurde. Karen Zacharides vom Landessportbund stellte das Projekt vor: Es besteht aus einem 52-seitigen Kartenset, auf dem jeweils eine Alltagssituation als Übung für ein Bewegungsangebot im Stehen oder Sitzen dargestellt ist. Ehrenamtliche im Besuchsdienst können mit Hilfe von AGIL Menschen mit und ohne Demenz im häuslichen Umfeld anregen, sich mehr und mit Freude zu bewegen. Für den Einsatz von AGIL bietet der Landessportbund Ehrenamtlichen entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen an. Auch Online-Kurse sind möglich.
Café Care in Friedberg
Als drittes Projekt präsentierten Friederun Hollender und Doris Grünbein das ehrenamtlich geführte „Café Care“ in Friedberg, das 2017 gegründet wurde. Zielgruppe sind Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen, die sich vierzehntätig zum Kaffeetrinken im Seniorenbegegnungszentrum treffen. Danach gibt es für die Gäste mit einer Demenzerkrankung verschiedene Beschäftigungs- und Bewegungsangebote, während sich die Angehörigen zu Gesprächen zurückziehen können, um sich so eine Auszeit vom Pflegealltag zu gönnen.
Initiative Demenzfreundliche Kommune Stadt und Landkreis Gießen e.V. (IDfK)
Ein besonderes Kulturprogramm für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen hat die „Initiative Demenzfreundliche Kommune Stadt und Landkreis Gießen e.V.“ (IDfK) entwickelt, die bereits 2009 gegründet wurde. Die jahrelangen Erfahrungen in Gießen zeigen: Eine demenzfreundliche Kommune fördert das Verständnis für Menschen mit Demenz sowie ihre Angehörigen, holt sie mit ihren Angeboten aus der häuslichen Isolation heraus und lässt sie teilhaben am gesellschaftlichen Leben. Elisabeth Bender und Anette Heep stellten die vielfältigen Projekte von IDfK anhand von Bildtafeln vor. Die Angebote reichen von gemeinsam Tanzen, Singen im Chor, Wandern, Besuche von Museen, Theaterproben und Ausstellungen bis zu Malen und kreativem Gestalten. Kooperationspartner sind u.a. örtliche Theater, Museen, eine Tanzschulen sowie eine Klinik.
Lesen Sie auch: Dein Razer Synapse Leitfaden
Weitere Initiativen und Unterstützungsmöglichkeiten
Neben den genannten Programmen gibt es eine Vielzahl weiterer Initiativen und Unterstützungsmöglichkeiten für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen.
Toolbox Demenz der EKHN
Am Ende des Fachtags wies Christian Wiener noch einmal auf die von ihm mitentwickelte „Toolbox Demenz“ der EKHN hin, eine Kartensammlung mit praktischen Anregungen für Kirchengemeinden, die sich auf den Weg zur demenzsensiblen Gemeinde machen wollen.
Tool-Box „Leben in einer demenzsensiblen Gemeinde gestalten“
Gerne weisen wir auf die Tool-Box „Leben in einer demenzsensiblen Gemeinde gestalten“ hin, die der AG Demenz entwickelt. Neben dem Bistum Limburg gehören das Bistum Mainz sowie die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) zu der ökumenischen Arbeitsgemeinschaft. Die Tool-Box richtet sich an Pfarreien, Kirchengemeinden, pastorale und nachbarschaftliche Räume sowie Einrichtungen, Organisationen und Verbände, die gemeinsam an einer demenzfreundlichen Gesellschaft arbeiten wollen.
DEMENZ ist ANDERS (Online Symposium zum Thema Demenz)
DEMENZ ist ANDERS (Online Symposium zum Thema Demenz) vom 13 - 23. Das Beste! Dieses vierte DEMENZ IST ANDERS Onlinesymposium ist ein besonderes, denn es ist das bisher größte mit 44 Beiträgen an 11 Tagen und es vereint die beliebtesten und eindrucksvollsten Interviews der ersten drei Veranstaltungen mit einigen außergewöhnlichen neuen Aufzeichnungen. Dieses DEMENZ IST ANDERS Onlinesymposium Spezial ist also so etwas wie ein Best Of, wie die feierliche Abrundung eines Zyklus aus bisher rund 100 professionellen Interviews mit Menschen mit Demenz, pflegenden Angehörigen sowie einem weiten Spektrum an Expertinnen und Experten. Es beschäftigt sich mit der wichtigen Frage, wie ein gutes Leben mit Demenz gestaltet werden und gelingen kann. Diese Interviews sind Juwele voller berührender Geschichten, praktischer Anleitungen und lebendiger Visionen einer schöneren und l(i)ebenswerteren Welt in achtsamer Gemeinschaft. Komm´mit auf eine Reise zu einem neuen Verständnis von Demenz!
Fortbildungen für den Umgang mit Menschen mit Demenz
Informationen und Hilfestellungen für alle, die Zeit mit älteren und hochaltrigen Menschen verbringen, An- und Zugehörige, Übungsleiter:innen, sowie Pflegende und Betreuende im Ehren- oder Hauptamt. In drei interaktiven Fortbildungen geben wir ihnen mehr Sicherheit im Umgang mit Menschen mit Demenz. Sie erhalten grundlegende Informationen zum Krankheitsbild und Anregungen wie Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen möglichst lange in ihren vertrauten Sportvereinen und Bewegungsgruppen verbleiben können. Soziale Kontakte und Bewegung sind ein wichtiges Element, für die Lebensqualität. Sportvereine mit ihren vielfältigen Bewegungsangeboten und Betreuungsangebote spielen eine wichtige Rolle beim Erhalt der Lebensqualität. Jede Fortbildung kann einzeln gebucht werden. Die Einheiten sind interaktiv gestaltet. Inputs durch die Referentin wechseln mit Kleingruppenaufgaben und dem Austausch in der Gesamtgruppe.
Bedeutung einer demenzfreundlichen Gesellschaft
Antje Koehler, Diplom-Heilpädagogin sowie Diplom-Religions- und Gemeindepädagogin, setzt sich intensiv für demenzsensible Strukturen in Gemeinden ein. Eine demenzsensible Gesellschaft braucht solidarische Nachbarschaften, „wärmende Gemeinschaften“, Förderung von Vielfalt und Lebensorte, an denen unterschiedliche Menschen gut vernetzt zusammenleben können. Sie betonte die Bedeutung einer demenzfreundlichen Gesellschaft, die auf die Bedürfnisse von Betroffenen und deren Angehörigen eingeht. Durch Schulungen und Aufklärung soll ein besseres Verständnis für die Erkrankung geschaffen und Berührungsängste abgebaut werden. Lokale Netzwerke und Gemeinschaften spielen dabei eine zentrale Rolle, um Inklusion und Teilhabe zu ermöglichen. Besonders wichtig ist ihr, Menschen mit Demenz individuell zu fördern und ihnen weiterhin sinnstiftende Erlebnisse und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Den einen Weg zu einer demenzsensiblen Gesellschaft gibt es nicht, aber Bedingungen, die inklusive Kulturen wachsen lassen und begünstigen. Es geht besonders darum, Ängste und Vorurteile, Unwissenheit und Unsicherheit abzubauen. Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen sollten nicht nur ihren Platz „zugewiesen“ bekommen, sondern als lebendiger Teil der Gemeinschaft wahrgenommen werden und stets willkommen sein. Betonung von Respekt, Verständnis und Mitgefühl