Ein Schlaganfall, auch Hirnschlag oder Apoplex genannt, ist eine plötzliche Erkrankung, die durch eine Durchblutungsstörung des Gehirns verursacht wird und zu einem anhaltenden Ausfall von Funktionen des zentralen Nervensystems führt. Grundsätzlich kann jedes Tier betroffen sein, wobei übergewichtige und fehlernährte Nager besonders gefährdet sind. Schlaganfälle sind bei Nagetieren jedoch sehr selten. Wenn Halter bei ihren Tieren einen Schlaganfall vermuten, handelt es sich meist um eine andere Erkrankung mit ähnlicher Symptomatik.
Ursachen eines Schlaganfalls bei Mäusen
Ein Schlaganfall ist die Folge von Durchblutungsstörungen, die auf verschiedene Weisen entstehen können. Als Ursache kommt unter anderem eine Gefäßverengung infrage, die sich durch einen Thrombus zu einem Blutgerinnsel entwickeln kann. Auch der Abriss eines Gefäßes, etwa durch zu hohen Blutdruck, und die daraus resultierende Hirnblutung können zum Schlaganfall führen. Bei Gerinnungsstörungen können solche Blutungen auch spontan entstehen.
All diese Ursachen führen dazu, dass die nachfolgende Region nicht mehr mit Blut versorgt wird. Das betroffene Areal ist von der Sauerstoff- und Nährstoffzufuhr abgeschnitten. In der Folge kommt es zur Schädigung und zum Absterben von Nervenzellen, was die Symptome verursacht.
Ursachen im Überblick:
- Gefäßverengung
- Blutgerinnsel
- Gefäßriss
- Gerinnungsstörungen
Symptome eines Schlaganfalls bei Mäusen
Die Symptome können eine enorme Bandbreite haben und richten sich nach der betroffenen Hirnregion und Größe des betroffenen Areals. Auch die Schwere des Symptombildes kann sehr unterschiedlich ausfallen. Daher fallen auch die genaue Diagnose und die Abgrenzung zu anderen Ursachen mit gleichen oder ähnlichen Erscheinungen schwer.
Allen Symptomen gemein ist, dass es sich um neurologische Störungen handelt. Diese können sich beispielsweise in sehr plötzlichen Verhaltensänderungen äußern. Sind Sinnesbereiche im Gehirn betroffen, können die Nager nicht mehr (richtig) sehen, hören und/oder tasten. Diese Veränderungen sind oft so subtil, dass der Halter sie nicht richtig einordnen kann oder sogar gar nicht wahrnimmt.
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Offensichtlicher sind koordinative Störungen, etwa wenn Mäuse nicht mehr fressen oder sich putzen können oder orientierungslos wirken. Auch unsichere Bewegungen, Gleichgewichts- und Koordinationsstörungen fallen schnell auf, besonders dann, wenn der Patient plötzlich im Kreis läuft. Auch der Schiefkopf kann die Folge eines Hirnschlags sein.
Typisch für einen Schlaganfall sind auch plötzlich auftretende Lähmungen. Die können Gliedmaßen oder ganze Körperpartien betreffen, aber auch recht subtil sein. Wie beim Menschen kann u. a. das Gesicht betroffen sein. Dann „hängt“ typischerweise eine Seite - oft samt Ohr.
Symptome im Überblick:
- Verhaltensänderungen
- Störungen der Sinneswahrnehmung
- Orientierungslosigkeit
- Unsichere Bewegungen
- Koordinationsstörungen
- Gleichgewichtsstörungen
- Schiefkopf
- Lähmungen
Diagnose eines Schlaganfalls
Durch die Vielfalt seiner Symptome lässt sich der Schlaganfall nur schwer von anderen Erkrankungen abgrenzen, die mit neurologischen Symptomen einhergehen. In der Regel bleibt es daher bei einer Verdachtsdiagnose.
Der Tierarzt kann sich der Diagnose "Schlaganfall" mangels sicherer diagnostischer Verfahren zur Bestätigung nur durch das Ausschlussverfahren nähern. Neben der Anamnese kann er also Tastuntersuchungen, Bewegungstests oder Suchbehandlungen anwenden, um andere Ursachen für die Symptomatik auszuschließen.
Möglichkeiten der Diagnose:
- Typische Ergebnisse der Anamnese:
- Lähmungen
- Gleichgewichts-, Bewegungs- und Koordinationsstörungen
- Sehr plötzliches Einsetzen der Symptome
- Schiefkopf
- Weitere Untersuchungen:
- Tastuntersuchung
- Bewegungstest
- Suchmedikation
- Differentialdiagnosen:
- Otitis media (Mittelohrentzündung)
- Vestibularsyndrom
- Hepatopathien (Lebererkrankungen)
- Nephropathien (Nierenerkrankungen)
- Meningitis (Hirnhautentzündung)
- Enzephalitis (Gehirnentzündung)
- Paresen und Paralysen anderer Genese
- Vergiftungen
- Traumata und Dislokationen
Behandlung eines Schlaganfalls bei Mäusen
Wenn Sie die Vermutung haben, dass Ihr Tier einen Schlaganfall hatte, suchen Sie in jedem Fall so schnell wie möglich einen Tierarzt auf und vermeiden Sie experimentelle Eigenmedikation.
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Da die Diagnose auch für den Tierarzt aufgrund der Abgrenzungsprobleme schwierig zu stellen ist, wird dieser wahrscheinlich neben dem möglichen Schlaganfall auch andere Ursachen in Betracht ziehen und diese mit Medikamenten abdecken. Dazu gehört die Gabe eines Antibiotikums - in schweren Fällen in Kombination mit Kortison - sowie der Vitamin-B-Komplex, der die Regeneration der Nerven unterstützen soll.
Hat eine Maus Einschränkungen wie etwa Gleichgewichtsstörungen, müssen Sie auch das Gehege daran anpassen. Achten Sie unbedingt darauf, dass das betroffene Tier trotz seiner Behinderung Futter und Wasser problemlos erreichen kann.
Sind Gliedmaßen betroffen, die zwar noch sensibel aber von Lähmungserscheinungen betroffen sind, kann auch eine Bewegungstherapie die Heilung unterstützen.
Da die Nervenzellen durch die mangelnde Versorgung absterben, ist das betroffene Areal tot. Neue Nerven wachsen nicht nach. Da aber benachbarte, noch intakte Zellen die Aufgabe der verloren Zellen teilweise oder ganz übernehmen können, ist eine deutliche Besserung oder gar ein Verschwinden der Symptome möglich. Dieser Prozess kann Tage oder Wochen dauern, bei manchen Mäusen tritt er nie ein. Ein Grund zum Einschläfern ist das aber nur in seltenen Fällen. In der Regel finden sich die Patienten in die neue Situation gut ein, wenn Sie ihnen helfen und Zeit geben.
Behandlungsmöglichkeiten:
- Vitamingabe
- Symptomatische Behandlung
Bewährte Mittel und Medikamente:
- Vitamin-B-Komplex
- Bewegungstherapie
Prävention eines Schlaganfalls bei Mäusen
Die Prävention ist beim Schlaganfall schwierig. Sie können allenfalls das Risiko senken, dass eines Ihrer Tiere einen Hirnschlag bekommt. Das tun Sie am besten mit einer artentsprechenden, möglichst vielseitigen Fütterung. Achten Sie außerdem darauf, dass Ihre Tiere nicht dick werden und specken Sie kleine “Dickerchen” ab, wenn Sie welche übernehmen.
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Vorbeugende Maßnahmen im Überblick:
- Artgerechte, vielseitige Ernährung
- Vermeiden von Übergewicht
Differenzialdiagnosen: Otitis als häufige Ursache für Schiefkopf
Es ist wichtig zu beachten, dass ein Schiefkopf, der oft als Symptom eines Schlaganfalls wahrgenommen wird, in vielen Fällen durch eine Mittelohrentzündung (Otitis media) oder Innenohrentzündung (Otitis interna) verursacht wird. Diese Erkrankungen sind vor allem bei Farbmäusen häufiger anzutreffen und können ein sehr heftiges Symptombild zeigen.
Ursachen von Ohrentzündungen
Ohrentzündungen sind häufig bakterielle Infektionen des Mittel- und/oder Innenohrs. Dabei wandern Erreger entweder über ein Loch im Trommelfell (z. B. durch Otitis externa) oder über die Eustach’sche Röhre ein. Typische Erreger einer Otitis sind Pasteurellen, Streptokokken, Staphylokokken, Mycoplasma pulmonis und Bordatella bronchiseptica.
Ursachen im Überblick:
- Bakterien
- Mycoplasmen
Übertragung von Ohrentzündungen
Die Ohrentzündung selbst ist nicht ansteckend. Die sie verursachenden Keime können aber - beispielsweise über Aerosole, direkten Kontakt oder über eine Schmierinfektion - weitergegeben werden. Dringen sie bei einem weiteren Tier ins Ohr vor, können sie dann auch hier eine Otitis hervorrufen.
Übertragung im Überblick:
- Direkter Kontakt
- Aerosole
- Schmierinfektion
Symptome einer Otitis
Das markanteste Symptom einer Otitis ist der Schiefkopf. Die Schiefhaltung des Kopfes kann dabei sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Sie reicht von einer kaum sichtbaren Schräglage bis zur 90°-Drehung des Kopfes, sodass der Patient quasi mit dem Ohr am Boden „klebt“. Oft ist dann auch die Orientierung im Raum massiv gestört. Die betroffenen Mäuse können oben nicht mehr von unten unterscheiden, können nicht mehr sitzen und drehen sich bei Berührung um die Längsachse, statt wegzulaufen. Eine Folge: Eine Maus mit extremem Schiefkopf kann anfangs mangels ausreichender Koordination nicht mehr selbständig fressen.
Darüber hinaus leiden Otitis-Patienten mitunter unter Juckreiz und kratzen am Ohr. Dadurch treten Rötungen und kleine Wunden am Ohr auf. Neben Gleichgewichtsstörungen lassen sich bei einer Otitis auch weitere Bewegungs- und Koordinationsstörungen beobachten.
Selten kann auch Eiter oder Sekret aus dem betroffenen Ohr laufen.
Das Allgemeinbefinden kann reduziert sein. Das betrifft jedoch nicht jeden Patienten.
Symptome im Überblick:
- Schiefkopf
- Ataxie (Koordinationsstörungen)
- Juckreiz und Kratzwunden
- Rötungen
- Aus dem Ohr austretendes eitriges Sekret
Diagnose von Otitiden
Der erste Hinweis auf eine Otitis ist in der Regel der Schiefkopf, der mit einem ansonsten meist eher guten Allgemeinbefinden einhergeht. Unter dem Otoskop erscheinen die Schleimhäute des Ohres geschwollen und gerötet. Zusätzlich kann sich sichtbar Flüssigkeit im Ohr sammeln. Bei einer Entzündung des Mittelohrs kann das Trommelfell durch Flüssigkeitsansammlungen dahinter vorgewölbt sein.
Auf dem Röntgenbild erscheint die Otitis als Schatten auf der Knochenblase.
Der Nachweis der Erreger ist am lebenden Tier oft nicht möglich. Denkbar zur Bestimmung von Erregern ist eher ein Abstrich, wenn Sekret aus dem Ohr abfließt.
Möglichkeiten der Diagnose:
- Typische Ergebnisse der Anamnese:
- Schiefkopf
- Bewegungs- und Koordinationsstörungen
- Tier manipuliert am Ohr
- Weitere Untersuchungen:
- Optische Untersuchung mit Otoskop
- Tupferprobe bei austretendem Sekret
- Röntgenbild
- Differentialdiagnosen:
- Schlaganfall
- Cholesteatom (Zyste im Ohr, vor allem bei Mongolischen Rennmäusen)
- Neoplasien (Tumore) am/im Ohr
- E. cuniculi (kommt bei Mäusen nur sehr selten vor)
Behandlung einer Otitis
Eine Otitis kann zwar langwierig sein, ist aber in der Regel gut behandelbar. Wichtig ist die begleitende Hilfe für vorübergehend stark eingeschränkte Tiere.
Bei einer Otitis kommen Sie bei mausartigen Nagern um eine Antibiose in der Regel nicht herum. Therapiert wird dann mit einem ZNS-gängigen Antibiotikum, also beispielsweise mit Enrofloxacin (Baytril) oder Marbofloxacin (Marbocyl). Bei schweren Fällen bietet Doxycyclin als Depot den Vorteil, dass Sie das Tier nur einmal alle 5 Tage spritzen (lassen) und es nicht mit täglicher Gabe stressen müssen.
Bei einer Otitis externa erreichen sie die betroffenen Stellen außerdem auch lokal. Am besten eignen sich hier ergänzend zur systemischen Therapie antibiotische Augentropfen, deren Wirkstoff zum systemischen Antibiotikum passt. Die Tropfen verkleben das Fell nicht und reizen weniger zum Kratzen als Lotionen, Salben oder Gele.
Vor allem bei starker Schiefhaltung des Kopfes kann eine Fehlhaltung auch bei erfolgreicher Behandlung der Otitis zurückbleiben. Das Gehirn gewöhnt sich jedoch an diese schiefe Sicht der Welt, sodass die Tiere wieder normal im Raum orientiert sind. Der Schiefkopf ist für sie dann keine Einschränkung mehr.
Begleitende Versorgung:
Bei neurologischen Ausfällen sollten Sie die Umgebung an die (vorübergehenden) Einschränkungen Ihres Patienten anpassen. Bei ataktischen und schlecht oder gar nicht mehr im Raum orientierten Mäusen reduzieren Sie die Unfallgefahr, indem Sie Ebenen sichern oder ganz rausnehmen. Auch Kletterinventar und hängende Höhlen, Kokosnüsse oder Nester sollten Sie aus dem Gehege entfernen.
Stark desorientierte Patienten müssen Sie eventuell einige Tage mit Brei aus der Spritze füttern, bis sie wieder selbständig fressen können. Als Mahlzeit eignen sich Schmelzflocken, Körnerbreie, Obst- und Gemüsebreie für Babys. Bieten Sie außerdem aus einer Spritze Wasser an.
Wenn die Maus wieder besser orientiert ist, stellen Sie Brei und Wasser auch ins Gehege, um zu sehen, wann Ihr Patient wieder mit einer eigenständigen Nahrungsaufnahme beginnt. Nutzen Sie dafür aber sehr flache Schalen, damit Ihr Patient nicht ertrinken kann. Komplett desorientieren Mäusen sollten Sie keine Schalen reinstellen. Sie fallen nur in Wasser und Brei und verkleben sich das Fell.
Behandlungsmöglichkeiten:
- Antibiose, systemisch und lokal
- Schmerzmittel
Bewährte Mittel und Medikamente:
- Enrofloxacin (Baytril)
- Meloxicam (Metacam)
- Ofloxacin (Floxal)
Wichtig: Wägen Sie eine Euthanasie sorgfältig ab. Auch bei heftigen neurologischen Symptomen fangen sich die meisten Patienten mit adäquater Behandlung wieder.
Weitere Symptome und Krankheiten bei Rennmäusen
Neben Schlaganfällen und Otitis gibt es weitere Symptome und Krankheiten, die bei Rennmäusen auftreten können:
- Apathie: Teilnahmslosigkeit, die auf eine ernsthafte Erkrankung hindeuten kann.
- Kleine/geschlossene Augen: Können auf eine Erkältung, Augenerkrankung oder einen kritischen Zustand hindeuten.
- Gesträubtes Fell: Kann ein Anzeichen für Stress oder eine ernsthafte Erkrankung sein.
- Mangelnder Muskeltonus: Zeigt (chronischen) Stress oder ein krankhaftes Geschehen an.
- Blässe: Kann in Verbindung mit vielen Erkrankungen auftreten.
- Zyanose: Bläuliche Haut, die auf eine zu geringe Sauerstoffsättigung im Blut hindeutet.
- Flankenatmung / "Pumpen": Angestrengte, ruckartige Atmung, die ein Zeichen für Luftnot ist.
- Atemgeräusche: Können auf eine Erkrankung des Atmungstraktes oder des Herzens schließen lassen.
- Untertemperatur: Kann auf eine schwere bakterielle oder virale Infektion hindeuten.
- Krämpfe: Können durch Stress ausgelöst werden und sind meist harmlos.
- Entzündete Nase: Kann durch Allergien oder bakterielle Infektionen verursacht werden.
- Tränende Augen: Können durch Sägestaub, Milben oder exzessive Reinigung auftreten.
- Tumore an den Ohren: Können gutartig sein und sollten von einem Tierarzt untersucht werden.
- Schwanzverlust: Kann durch grobe Behandlung verursacht werden und sollte von einem Tierarzt untersucht werden.
- Atembeschwerden: Können auf eine bakterielle Infektion hindeuten und erfordern sofortige tierärztliche Behandlung.
- Durchfall: Kann ein Anzeichen für die Tyzzer’s Disease oder andere bakterielle Infektionen sein und erfordert sofortige tierärztliche Behandlung.
- Milbenbefall: Kann mit Anti-Milben-Produkten behandelt werden.
- Cholesteatom (Zyste im Ohr): Kann Gleichgewichtsstörungen und Kreisdrehen verursachen und wird mit Antibiotika und entzündungshemmenden Mitteln behandelt.
- Schlaganfall: Kann Lähmungen oder einseitige Schwäche verursachen und erfordert sofortige tierärztliche Behandlung.
- Tumore an den Duftdrüsen: Sollten von einem Tierarzt entfernt werden.
- Ovarialzysten: Sind meist harmlos, können aber Probleme verursachen, wenn sie gegen einen Nerv oder ein Organ drücken.
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