Ein leichter Schlaganfall kann erhebliche Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit haben. Viele Betroffene fragen sich, ob und unter welchen Voraussetzungen sie Anspruch auf eine Rente haben. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Rentenarten, die nach einem leichten Schlaganfall in Frage kommen können, und erklärt die jeweiligen Voraussetzungen.
Überblick über Rentenansprüche
Die gesetzliche Rentenversicherung bietet verschiedene Möglichkeiten, um Menschen abzusichern, die aufgrund von gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht mehr oder nur noch eingeschränkt arbeiten können. Dazu gehören insbesondere die Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) und die Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Welche Rente in Frage kommt, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie dem Grad der Erwerbsminderung, dem Alter und den erfüllten Versicherungsjahren.
Erwerbsminderungsrente (EM-Rente)
Die Erwerbsminderungsrente ist eine Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung für Menschen, die aufgrund von Krankheit oder Behinderung nicht mehr in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit zu sichern.
Voraussetzungen für die EM-Rente:
- Erwerbsminderung: Es muss eine dauerhafte Einschränkung der Erwerbsfähigkeit vorliegen. Dies bedeutet, dass die betroffene Person aufgrund von Krankheit oder Behinderung nicht mehr in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu arbeiten (teilweise Erwerbsminderung) oder weniger als drei Stunden täglich zu arbeiten (volle Erwerbsminderung).
- Versicherungsrechtliche Voraussetzungen: Es müssen bestimmte versicherungsrechtliche Voraussetzungen erfüllt sein, wie z. B. eine Mindestversicherungszeit und das Vorliegen von Pflichtbeiträgen in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung.
EM-Rente ab 63 ohne Abschläge:
Unter bestimmten Voraussetzungen ist es möglich, eine EM-Rente bereits ab dem 63. Lebensjahr ohne Abschläge zu erhalten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rente auf mindestens 40 Versicherungsjahren beruht. In diesem Fall treten an die Stelle des 65. Lebensjahres das 63. und an die Stelle des 62. Lebensjahres das 60. Abschläge beginnen erst, wenn die Rente vor Vollendung des 63. Lebensjahres beginnt.
Zurechnungszeiten:
Seit der Reform der Zurechnungszeiten ab 2019 werden bei der EM-Rente auch Zeiten fiktiv bis zur Regelaltersgrenze angerechnet. Diese Verlängerung ist ein echter Rentenbooster, weil sie die fehlenden Erwerbsjahre teilweise ausgleicht.
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Besitzschutz:
Wechselt ein Versicherter später aus der EM-Rente in die Altersrente, greift der Besitzschutz nach § 88 SGB VI (2 Jahresfrist beachten). Wer also eine abschlagsfreie EM-Rente mit günstiger Berechnung und langen Zurechnungszeiten erhält, behält diesen Vorteil auch im Altersrentenbezug.
Altersrente für schwerbehinderte Menschen
Schwerbehinderte Menschen haben unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, früher in Rente zu gehen als nicht schwerbehinderte Menschen. Allerdings gibt es hier Einschränkungen und Änderungen, die ab 2026 greifen.
Voraussetzungen für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen:
- Schwerbehinderung: Es muss ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 vorliegen.
- Versicherungsrechtliche Voraussetzungen: Es müssen mindestens 35 Versicherungsjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt sein.
- Altersgrenze: Die Altersgrenze für die abschlagsfreie Altersrente für schwerbehinderte Menschen steigt stufenweise an.
Ende des Vertrauensschutzes ab 2026:
Ab dem 1. Januar 2026 greift eine bedeutende Änderung im Rentenrecht: Der Vertrauensschutz für die Schwerbehindertenrente läuft aus. Damit verlieren alle Versicherten, die 1964 oder später geboren sind, die bisherige Möglichkeit, abschlagsfrei vor dem 65. Lebensjahr in Rente zu gehen. Wer künftig früher in Rente gehen möchte, kann dies zwar weiterhin ab 62 Jahren tun - allerdings nur mit dauerhaften Abschlägen von bis zu 10,8 %.
Auswirkungen eines leichten Schlaganfalls auf die Erwerbsfähigkeit
Ein leichter Schlaganfall kann verschiedene Beeinträchtigungen verursachen, die die Erwerbsfähigkeit einschränken können. Dazu gehören beispielsweise:
- Sprachstörungen (Aphasie): Schwierigkeiten, sich sprachlich auszudrücken oder Gesprochenes zu verstehen.
- Halbseitige Lähmung (Hemiparese): Schwäche oder Lähmung einer Körperseite.
- Koordinationsstörungen (Ataxie): Schwierigkeiten, Bewegungen zu koordinieren.
- Kognitive Beeinträchtigungen: Gedächtnisprobleme, Konzentrationsschwierigkeiten oder Einschränkungen der Aufmerksamkeit.
- Psychische Beeinträchtigungen: Depressionen, Angstzustände oder erhöhte Reizbarkeit.
Die Art und der Schweregrad der Beeinträchtigungen hängen von der Lokalisation und dem Ausmaß der Schädigung im Gehirn ab. In vielen Fällen können die Folgen eines leichten Schlaganfalls durch Rehabilitation und Therapie verbessert werden. Dennoch kann es vorkommen, dass die Erwerbsfähigkeit dauerhaft eingeschränkt bleibt.
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Rentenantrag nach einem leichten Schlaganfall
Wenn Sie nach einem leichten Schlaganfall eine Rente beantragen möchten, sollten Sie folgende Schritte beachten:
- Ärztliche Beratung: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über Ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen und deren Auswirkungen auf Ihre Erwerbsfähigkeit. Lassen Sie sich von Ihrem Arzt beraten, welche Rentenart für Sie in Frage kommt.
- Antragstellung: Stellen Sie einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente oder Altersrente für schwerbehinderte Menschen bei der Deutschen Rentenversicherung. Die Antragsformulare sind online verfügbar oder bei den Auskunfts- und Beratungsstellen der Rentenversicherung erhältlich.
- Medizinische Unterlagen: Fügen Sie Ihrem Antrag alle relevanten medizinischen Unterlagen bei, wie z. B. Arztberichte, Gutachten, Reha-Berichte und Entlassungsberichte aus dem Krankenhaus.
- Begutachtung: Die Rentenversicherung wird Ihren Fall prüfen und gegebenenfalls ein Gutachten in Auftrag geben, um Ihre Erwerbsfähigkeit zu beurteilen.
- Widerspruch: Wenn Ihr Rentenantrag abgelehnt wird, haben Sie die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen.
Zusätzliche Informationen und Unterstützung
- rentenbescheid24.de: Das Portal rentenbescheid24.de bietet kostenlose Fachbeiträge, einen YouTube-Kanal mit praxisnahen Videos und individuelle Beratungsangebote zu Rentenfragen.
- Sozialverband VdK: Der Sozialverband VdK berät und unterstützt seine Mitglieder in allen sozialrechtlichen Fragen, einschließlich Rentenangelegenheiten.
- Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD): Die UPD bietet kostenlose und unabhängige Beratung zu allen Fragen rund um das Thema Gesundheit und Soziales.
Fazit
Ein leichter Schlaganfall kann die Erwerbsfähigkeit erheblich beeinträchtigen und den Anspruch auf eine Rente begründen. Die Erwerbsminderungsrente und die Altersrente für schwerbehinderte Menschen sind die wichtigsten Rentenarten, die in diesem Fall in Frage kommen. Die Voraussetzungen für den Bezug einer Rente sind jedoch komplex und hängen von verschiedenen Faktoren ab. Es ist daher ratsam, sich frühzeitig von einem Arzt, einem Rentenberater oder einer anderen Beratungsstelle beraten zu lassen.
Rehabilitation nach Schlaganfall
Rehabilitation spielt eine entscheidende Rolle bei der Wiederherstellung der Fähigkeiten nach einem Schlaganfall. Sie zielt darauf ab, die Motorik, Wahrnehmung, Kommunikationsfähigkeit und Schluckfähigkeit zu verbessern. Es gibt verschiedene Formen der Rehabilitation:
- Ambulante Reha: Patienten besuchen täglich eine Reha-Einrichtung in der Nähe ihres Wohnortes.
- Stationäre Reha: Patienten werden in einer Reha-Klinik aufgenommen und erhalten dort eine umfassende Behandlung.
- Geriatrische Reha: Berücksichtigt die besonderen Bedürfnisse älterer Menschen nach einer Operation oder schweren Krankheit.
- Neurologische Reha: Wird nach einer Behandlung aufgrund einer Störung des Nervensystems empfohlen, um neurologische Folgeschäden zu vermeiden oder zu verringern.
- Orthopädische Reha: Befasst sich mit Einschränkungen des Stütz- und Bewegungsapparats.
- Psychosomatische Reha: Zielt auf die Wiederherstellung der psychischen und physischen Gesundheit bei psychosomatischen Erkrankungen ab.
- Kardiologische Reha: Wird bei akuten oder chronischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen erforderlich.
Die Antragstellung für eine Rehabilitation beginnt mit einem Arztbesuch. Der Vordruck für den eigentlichen Reha-Antrag sowie die Auflistung der erforderlichen Unterlagen sind auf der Internetseite der Reha-Träger online verfügbar oder beim Hausarzt erhältlich. Sie haben das Recht, einen Wunsch hinsichtlich der Reha-Einrichtung für die Behandlung zu nennen. Der Wunsch sollte bereits bei der Antragstellung hinzugefügt werden. Das Wunsch- und Wahlrecht ist im neunten Sozialgesetzbuch verankert.
Rechtliche Aspekte der Rehabilitation
Die Krankenkasse bestimmt nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts der Leistungsberechtigten Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen; die Krankenkasse berücksichtigt bei ihrer Entscheidung die besonderen Belange pflegender Angehöriger. Bei einer stationären Rehabilitation haben pflegende Angehörige auch Anspruch auf die Versorgung der Pflegebedürftigen, wenn diese in derselben Einrichtung aufgenommen werden.
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Die Träger der Rentenversicherung erbringen medizinische Leistungen zur Sicherung der Erwerbsfähigkeit an Versicherte, die erste gesundheitliche Beeinträchtigungen aufweisen, die die ausgeübte Beschäftigung gefährden. Die Träger der Rentenversicherung erbringen im Rahmen von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Leistungen nach den §§ 42 bis 47 des Neunten Buches, ausgenommen Leistungen nach § 42 Abs. 2 Nr. 2 und § 46 des Neunten Buches.
Bedeutung von Gutachten im Rentenverfahren
Im Rentenverfahren spielen medizinische Gutachten eine entscheidende Rolle. Die Deutsche Rentenversicherung untersucht dann mit eigenen medizinischen Gutachtern, ob und in welchem Umfang ein Antragsteller noch arbeiten kann. Versicherte müssen für einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente gesundheitlich stark eingeschränkt sein.
Tipps für den Termin beim Gutachter:
- Die Untersuchung spielt sich nicht nur im Behandlungszimmer ab.
- Nicht jeder nette Gutachter befürwortet Ihre Rente.
- Haben Sie aktuelle Berichte? Bringen Sie die unbedingt zum Termin mit.
- Drücken Sie nicht zu sehr auf die Tränendrüse!
- Sehen Sie davon ab, einen Schlachtplan oder eine Strategie für den Termin beim Gutachter zu entwickeln!
Es ist wichtig, dass Sie alle relevanten medizinischen Unterlagen und Informationen zur Verfügung stellen, um eine genaue Beurteilung zu ermöglichen.
Aktuelle Entwicklungen im Rentenrecht
Es gibt wichtige Neuerungen und Urteile im Rentenrecht, die sich auf die Rentenansprüche auswirken können.
Bundesarbeitsgericht kippt Anspruch auf höhere Rente!
Mit seinem Urteil vom 28. Oktober 2025 (Az. 3 AZR 24/25) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) ein wegweisendes Grundsatzurteil gefällt - mit weitreichenden Folgen für Millionen Betriebsrentner in Deutschland. Arbeitgeber müssen Betriebsrenten künftig nicht mehr automatisch an steigende Preise oder die Inflation anpassen, wenn ihre wirtschaftliche Lage dies nicht zulässt.
Historische Reform der Erwerbsminderungsrente 2019 - Höhere EM-Renten für viele!
Mit dem „Gesetz über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung“ vom 4. Dezember 2018 wurde eines der bedeutendsten Reformkapitel in der Geschichte der gesetzlichen Rentenversicherung geschrieben. Nach dem bereits 2017 beschlossenen EM-Leistungsverbesserungsgesetz brachte die Reform ab 1.
Irreführende Meldungen über Kürzungen bei Witwen- und Witwerrenten ab Dezember 2025
In sozialen Netzwerken und sogar in manchen Zeitungsartikeln wird derzeit behauptet, ab Dezember 2025 komme es zu massiven Kürzungen bei Witwen- und Witwerrenten, weil der neue Erwerbsminderungs-Rentenzuschlag dann angerechnet werde. Das ist falsch. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV Braunschweig-Hannover, 29.10.2025) hat diese Meldungen als irreführend bezeichnet und die Fakten klargestellt: Die Einkommensanrechnung des Zuschlags erfolgt nicht sofort, sondern erst zum 1. Juli 2026.
Fallbeispiel: Anspruch auf Erwerbsminderungsrente bei COPD und Krebserkrankung
Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat die Berufung der Beklagten gegen ein vorheriges Urteil abgewiesen und entschieden, dass eine Klägerin mit schwerer COPD und einer Krebserkrankung Anrecht auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung sowie auf eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung hat.
Die Klägerin war langjährig bis ca. 2006 in der Handyfertigung tätig. Ab 2008 war sie in lungenfachärztlicher Behandlung wegen einer COPD. Sie pflegte ihre Eltern bis zu deren Versterben 2013 bzw. 2014. Ende Dezember 2016 wurde bei der Klägerin ein Lungenkarzinom festgestellt und operativ entfernt. Am 8.10.2016 beantragte die Klägerin eine Rente wegen Erwerbsminderung wegen eines Leistungsfalls am 3.3.2008.
Das Sozialgericht hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin ab dem 1.11.2015 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Dauer und für den Zeitraum November 2015 bis Oktober 2021 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung aufgrund der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes zu gewähren. Das Landessozialgericht bestätigte dieses Urteil.
Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung einer individuellen und ganzheitlichen Betrachtung des Gesundheitszustandes von Antragstellern auf Erwerbsminderungsrente.
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