Rückenmarkfunktion und die Rolle der roten Blutkörperchen

Das Rückenmark spielt eine entscheidende Rolle bei der Blutbildung, insbesondere bei der Produktion roter Blutkörperchen (Erythrozyten). Dieser Artikel beleuchtet die komplexen Funktionen des Rückenmarks und die Bedeutung der roten Blutkörperchen für die Gesundheit.

Die Blutbildung im Knochenmark

Das Knochenmark ist ein schwammartiges Gewebe, das sich in den Hohlräumen vieler Knochen befindet, darunter Wirbelkörper, Becken-, Oberschenkelknochen, Rippen, Brustbein, Schulterblatt und Schlüsselbein. Es ist der Ort, an dem Blutzellen, einschließlich roter und weißer Blutkörperchen sowie Blutplättchen, aus gemeinsamen Vorläuferzellen, den sogenannten Blutstammzellen, entstehen.

Jede Blutstammzelle hat das Potenzial, Millionen von Nachkommen zu bilden. Im Knochenmark reifen die verschiedenen Blutzellen heran und werden, sobald sie funktionsfähig sind, in die Blutbahn freigesetzt. Eine Ausnahme bilden die Lymphozyten, die in den lymphatischen Geweben reifen.

Die reifen Blutzellen haben eine relativ kurze Lebensdauer. Bei Blutplättchen und weißen Blutkörperchen beträgt sie nur etwa acht bis zwölf Tage, während rote Blutkörperchen etwa 120 Tage leben. Aufgrund dieser kurzen Lebensdauer ist der Bedarf an neuen Blutzellen enorm: Jede Sekunde gehen über zwei Millionen Blutzellen zugrunde. Das Knochenmark muss daher ständig Nachschub produzieren, um die lebenswichtigen Funktionen des Blutes zu gewährleisten. Bei gesunden Menschen funktioniert dieses System so effizient, dass genauso viele neue Zellen gebildet werden, wie absterben.

Stammzellen und Differenzierung

Die Blutbildung beginnt mit undifferenzierten Zellen, den sogenannten Stammzellen. Diese Stammzellen haben die Fähigkeit, sich zu jeder Art von Blutzelle zu entwickeln. Zunächst entstehen zwei Hauptarten von Vorläuferzellen: myeloische und lymphatische Stammzellen. Aus den myeloischen Stammzellen entwickeln sich Granulozyten, Thrombozyten, Monozyten und Erythrozyten, während sich aus den lymphatischen Stammzellen die Lymphozyten entwickeln.

Lesen Sie auch: Der Conus Medullaris: Eine detaillierte Analyse

Je weiter die Zellen reifen, desto spezialisierter werden sie. Ausgereifte Zellen werden in die Blutbahn ausgeschwemmt, um ihre spezifischen Funktionen zu erfüllen. Die Stammzellen sind äußerst leistungsfähig: Beim erwachsenen Menschen werden täglich etwa 300 Milliarden Funktionszellen allein in der myeloischen Reihe neu gebildet. Das Zusammenspiel von Blutbildung, Erhalt und Abbau ist ein sehr wirkungsvoll geregelter Prozess.

Die Rolle der Blutgefäße im Knochenmark

Ein Forscherteam der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg hat herausgefunden, dass Blutgefäße wichtige Organfunktionen steuern können. Insbesondere die Sinusendothelzellen im Knochenmark spielen eine entscheidende Rolle bei der Blutbildung.

Die Wissenschaftler demonstrierten in einem Mausmodell, dass eine Störung der Differenzierung der Sinusendothelzellen, die durch die Aktivierung des Wnt/β-Catenin-Signalwegs verursacht wird, zu einem strukturellen und funktionellen Umbau des Sinusendothels führt. Dies hat eine massive Störung der Ausreifung der roten Blutkörperchen zur Folge.

Die Studie trägt zu einem besseren Verständnis der Kommunikation zwischen dem sinusoidalen Gefäßsystem des Knochenmarks und der hämatopoetischen Stamm- und Vorläuferzellnische im Rahmen von Krankheitsprozessen, wie beispielsweise Anämie, bei.

Die roten Blutkörperchen (Erythrozyten)

Die roten Blutkörperchen, auch Erythrozyten genannt, sind die am häufigsten vorkommenden Blutzellen. Sie machen etwa 99 Prozent aller Blutzellen aus. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, Sauerstoff von der Lunge zu den Organen und Geweben des Körpers zu transportieren.

Lesen Sie auch: Rückenmarksanatomie im Detail erklärt

Diese lebenswichtige Aufgabe erfüllen die roten Blutkörperchen durch den in ihnen enthaltenen roten Blutfarbstoff, das Hämoglobin. Hämoglobin bindet Sauerstoff in der Lunge und gibt ihn in den Geweben wieder ab.

Anämie (Blutarmut)

Wenn nicht genügend rote Blutkörperchen vorhanden sind oder diese aufgrund von Mangel an rotem Blutfarbstoff (z. B. Eisenmangel) nicht funktionstüchtig sind, spricht man von einer Anämie, einer Blutarmut. Menschen mit Blutarmut haben oft eine blasse Haut. Da der Körper nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird, leiden sie unter Symptomen wie Müdigkeit, Schwäche, Luftnot, Leistungsminderung oder Kopfschmerzen.

Es gibt verschiedene Ursachen für eine Anämie:

  • Blutverluste: Akute Blutverluste können durch Verletzungen oder Operationen entstehen, während chronische Blutverluste oft auf innere Blutungen im Magen-Darm-Trakt oder der Gebärmutter zurückzuführen sind.
  • Bildungsstörungen der roten Blutkörperchen: Diese können durch Knochenmarkerkrankungen oder Mangelzustände an Eisen, Vitamin B12 oder Erythropoetin verursacht werden.
  • Hämolyse: Dies ist der Abbau der roten Blutkörperchen. Eine gesteigerte Hämolyse kann durch Defekte an den Erythrozyten selbst, Virusinfektionen oder Autoimmunkrankheiten verursacht werden.

Polyglobulie

Das Gegenteil einer Anämie ist die Polyglobulie, bei der zu viele rote Blutkörperchen im Blut vorhanden sind. Dies kann die Folge einer Erkrankung oder eine eigenständige Krankheit sein. Durch die hohe Anzahl an roten Blutkörperchen wird das Blut verdickt, was das Risiko von Blutgerinnseln erhöht.

Die wichtigsten Ursachen einer Polyglobulie sind:

Lesen Sie auch: Diagnose und Behandlung

  • Starkes Rauchen
  • Herzschwäche
  • Lungenerkrankungen
  • Längerer Aufenthalt in großer Höhe
  • Bestimmte Nierentumoren
  • Myeloproliferative Erkrankungen

Autoimmunhämolytische Anämie (AIHA)

Die autoimmunhämolytische Anämie (AIHA) ist eine erworbene Erkrankung, bei der das Immunsystem Abwehrstoffe (Antikörper) gegen die eigenen roten Blutkörperchen bildet. Diese Antikörper binden sich an die roten Blutkörperchen und führen dazu, dass diese vom Abwehrsystem als schädlich erkannt und vernichtet werden.

Die Hämolyse kann sowohl in der Blutbahn als auch in der Milz oder Leber stattfinden. Das Knochenmark reagiert darauf mit einer vermehrten Neubildung von roten Blutkörperchen.

Bei etwa der Hälfte der Kinder und Jugendlichen mit AIHA kann kein Auslöser für die Bildung von Autoantikörpern ermittelt werden (idiopathische oder primäre AIHA). Bei der anderen Hälfte tritt die AIHA als Begleiterkrankung anderer Grundkrankheiten auf (sekundäre AIHA).

Mögliche Auslöser für eine AIHA sind:

  • Infektionen (z. B. mit Mykoplasmen, Epstein-Barr-Virus, Masernvirus, Windpocken-Virus, Coronaviren)
  • Erkrankungen des körpereigenen Abwehrsystems (z. B. Lupus erythematodes)
  • Medikamente
  • Bluttransfusionen

Weitere Bestandteile des Blutes

Neben den roten Blutkörperchen enthält das Blut weitere wichtige Bestandteile:

  • Blutplasma: Eine gelbliche Flüssigkeit, die sich vor allem aus Wasser und verschiedenen Eiweißen zusammensetzt.
  • Weiße Blutkörperchen (Leukozyten): Wesentliche Bestandteile des Immunsystems, die Eindringlinge wie Bakterien, Viren oder Pilze erkennen und unschädlich machen.
  • Blutplättchen (Thrombozyten): Spielen eine wichtige Rolle bei der Blutgerinnung und somit bei der Blutstillung.

Erkrankungen des Knochenmarks und der Blutbildung

Es gibt verschiedene Erkrankungen, die das Knochenmark und die Blutbildung beeinträchtigen können:

  • Leukämie: Eine bösartige Erkrankung der weißen Blutzellen, die im Knochenmark beginnt und sich auf andere Körperorgane ausbreiten kann.
  • Polycythaemia vera (PV): Eine seltene Art von chronischem Blutkrebs, bei der im Knochenmark zu viele rote Blutkörperchen gebildet werden.
  • Multiples Myelom: Eine Erkrankung, bei der sich Plasmazellen übermäßig vermehren und Antikörper produzieren, die die Nierenfunktion beeinträchtigen und zu Knochenschäden führen können.
  • Aplastische Anämie: Eine Erkrankung, bei der das Knochenmark nicht genügend Blutzellen produziert, was zu Müdigkeit, Infektanfälligkeit und Blutungen führt.

Diagnose und Behandlung von Bluterkrankungen

Besteht ein Verdacht auf eine Bluterkrankung, führt der Arzt verschiedene Maßnahmen zur Diagnose durch, darunter Blut- und Knochenmarksuntersuchungen.

Die Behandlung von Bluterkrankungen richtet sich nach der Art und Schwere der Erkrankung. Zu den möglichen Behandlungen gehören:

  • Bluttransfusionen: Um den Mangel an roten Blutkörperchen, weißen Blutkörperchen oder Blutplättchen auszugleichen.
  • Medikamente: Zur Unterdrückung des Immunsystems bei Autoimmunerkrankungen, zur Anregung der Blutbildung oder zur Bekämpfung von Krebszellen.
  • Stammzelltransplantation: Um das Knochenmark durch gesunde Stammzellen zu ersetzen.
  • Aderlass: Um die Anzahl der roten Blutkörperchen bei Polyglobulie zu reduzieren.

tags: #Rückenmark #Funktion #rote #Blutkörperchen