Rückenschmerzen sind ein weit verbreitetes Leiden, das einen hohen Leidensdruck verursacht und Betroffene oft dazu veranlasst, verschiedene medizinische und therapeutische Praxen aufzusuchen, um ihre Symptome zu lindern. Laut einer Umfrage des Robert-Koch-Instituts gaben über 60 Prozent der Befragten an, im vergangenen Jahr Rückenschmerzen gehabt zu haben. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über Rückenschmerzen, ihre Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten.
Arten von Rückenschmerzen
Rückenschmerzen lassen sich grob in drei Kategorien einteilen:
- Lokale Rückenschmerzen: Diese Schmerzen sind auf den Rücken begrenzt, meist im unteren Rücken (Lendenwirbelsäule, LWS) oder im Nacken (Halswirbelsäule, HWS). Der Schmerz sitzt in der Mitte oder neben der Wirbelsäule und kann sehr stark sein, was aber nicht unbedingt bedeutet, dass er gefährlich ist.
- Ausstrahlende Rückenschmerzen: Der Schmerz sitzt an den gleichen Stellen wie bei lokalen Rückenschmerzen, strahlt aber zusätzlich in Arme oder Beine aus. Manchmal schießt er bei bestimmten Bewegungen oder Haltungen regelrecht ein.
- Rückenschmerzen mit neurologischen Ausfällen: Ähnlich wie bei ausstrahlenden Beschwerden, treten zusätzlich Lähmungen von Muskeln (meist in Armen und Beinen) oder Inkontinenz auf.
Ursachen von Rückenschmerzen
Die Ursachen von Rückenschmerzen sind vielfältig und können in spezifische und unspezifische Ursachen unterteilt werden.
Spezifische Ursachen
Bei spezifischen Rückenschmerzen lässt sich eine klare körperliche Ursache feststellen. Dazu gehören:
- Muskelverspannungen oder Reizungen des Bandapparats der Wirbelsäule: Dies ist eine häufige Ursache für lokale Rückenschmerzen. Auch eine Muskelverspannung an der Wirbelsäule kann mit langanhaltenden starken Schmerzen einhergehen.
- Bandscheibenvorfall: Strahlen Rückenschmerzen aus, drückt sehr häufig ein Bandscheibenvorfall auf Nerven oder Nervenwurzeln an der Wirbelsäule. Bei einem Bandscheibenvorfall wird Gewebe der Bandscheibe zwischen den Wirbelkörpern nach außen gedrückt, was auf Nerven oder Nervenwurzeln drücken kann.
- Nervenwurzelkompression: Einengungen oder entzündliche Reizungen von Nerven im Bereich der Austrittsstelle aus dem Wirbel (Nervenwurzelkompression) können Schmerzen verursachen.
- Enthesitis/Enthesiopathie: Entzündungsbedingt können Sehnenansätze der Rückenmuskeln an den Wirbeln schmerzen.
- Spondylodiszitis: Bakteriell infizierte Bandscheiben und Wirbel können ebenfalls Rückenschmerzen verursachen.
- Wirbelgleiten: Durch eine Schädigung des Bandapparats und schwache Muskeln können sich Wirbelknochen verschieben.
- Einengung des Rückenmarkskanals: Verschleiß der Wirbelknochen und -gelenke kann den Rückenmarkskanal einengen.
- Tumore: Wirbelsäulen- oder Rippentumore können ebenfalls Schmerzen im Rücken verursachen.
- Entzündungen: Verschiedene Entzündungen im Körper, wie z.B. eine Nierenbeckenentzündung, können zu Rückenschmerzen führen.
- Erkrankungen innerer Organe: Erkrankungen und Entzündungen der Lunge, des Herzens oder des Darms können ebenfalls zu Rückenschmerzen führen. Hierbei können sogenannte Headsche Zonen eine Rolle spielen, bei denen Schmerzen von inneren Organen in bestimmte Hautbereiche übertragen werden.
Unspezifische Ursachen
Bei unspezifischen Rückenschmerzen lässt sich keine eindeutige körperliche Ursache finden. Dies ist bei etwa 85 % der Menschen mit Rückenschmerzen der Fall. Mögliche Faktoren, die zu unspezifischen Rückenschmerzen beitragen können, sind:
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- Muskelverspannungen: Verspannungen der Rückenmuskulatur, oft aufgrund von Fehlhaltungen oder Überlastung.
- Bewegungsmangel: Langes, unbewegliches Sitzen oder einseitige körperliche Arbeit.
- Fehlbelastung: Falsche Hebetechnik oder ungünstige Körperhaltungen.
- Schwache Rumpfmuskulatur: Eine unzureichend trainierte Muskulatur, die die Wirbelsäule stabilisiert.
- Psychische Belastungen: Stress, finanzielle oder familiäre Sorgen, Ängstlichkeit oder Depressionen.
- Veränderungen der Schmerzwahrnehmung: Im zentralen Nervensystem können Veränderungen auftreten, die chronische Schmerzen verursachen können.
- Familiäre Veranlagung: Eine genetische Prädisposition kann das Risiko für Rückenschmerzen erhöhen.
Risikofaktoren für Rückenschmerzen
Es gibt eine Reihe von Faktoren, die das Risiko für Rückenschmerzen erhöhen können:
- Alter: Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko für degenerative Veränderungen der Wirbelsäule.
- Übergewicht: Übergewicht belastet die Wirbelsäule zusätzlich.
- Beruf: Berufe mit schwerem Heben, Zwangshaltungen oder Vibrationen erhöhen das Risiko.
- Psychische Faktoren: Stress, Angst und Depressionen können Rückenschmerzen verstärken.
- Rauchen: Rauchen kann die Durchblutung der Bandscheiben beeinträchtigen und so das Risiko für Bandscheibenschäden erhöhen.
- Mangelnde körperliche Aktivität: Bewegungsmangel schwächt die Rumpfmuskulatur und erhöht das Risiko für Verspannungen.
Symptome von Rückenschmerzen
Die Symptome von Rückenschmerzen können je nach Ursache und Art der Schmerzen variieren. Häufige Symptome sind:
- Schmerzen im Rücken: Die Schmerzen können dumpf, stechend, brennend oder ziehend sein.
- Eingeschränkte Beweglichkeit: Die Beweglichkeit der Wirbelsäule kann eingeschränkt sein.
- Muskelverspannungen: Die Rückenmuskulatur kann verspannt und druckempfindlich sein.
- Ausstrahlung der Schmerzen: Die Schmerzen können in Arme, Beine, Gesäß oder andere Körperteile ausstrahlen.
- Taubheitsgefühle oder Kribbeln: In den Armen oder Beinen können Taubheitsgefühle oder Kribbeln auftreten.
- Lähmungen: In schweren Fällen können Lähmungen der Muskeln auftreten.
- Inkontinenz: In sehr seltenen Fällen kann es zu Inkontinenz kommen.
Diagnose von Rückenschmerzen
Die Diagnose von Rückenschmerzen umfasst in der Regel eine körperliche Untersuchung und ein ausführliches Gespräch mit dem Arzt. Dabei werden die Art, Lokalisation und Dauer der Schmerzen erfragt, sowie mögliche Auslöser und Begleitsymptome.
Körperliche Untersuchung
Bei der körperlichen Untersuchung werden die Wirbelsäule abgetastet, die Beweglichkeit geprüft und die Muskeln auf Verspannungen untersucht. Zudem werden neurologische Tests durchgeführt, um die Funktion der Nerven zu überprüfen.
Bildgebende Verfahren
In manchen Fällen sind bildgebende Verfahren wie Röntgen, Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) erforderlich, um die Ursache der Rückenschmerzen zu finden. Allerdings sind diese Untersuchungen nicht immer notwendig, da häufige Ursachen wie Muskelverspannungen oder Reizungen des Bandapparats der Wirbelsäule auf den Bildern gar nicht zu erkennen sind. Hilfreich sind Bilder bei Schmerzen mit Ausstrahlung in Arme oder Beine bzw.
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Wann ist ein Arztbesuch erforderlich?
In folgenden Fällen sollte ein Arzt aufgesucht werden:
- Starke Schmerzen: Wenn die Schmerzen sehr stark sind und nicht auf Schmerzmittel ansprechen.
- Ausstrahlung der Schmerzen: Wenn die Schmerzen in Arme oder Beine ausstrahlen.
- Taubheitsgefühle oder Lähmungen: Wenn Taubheitsgefühle oder Lähmungen auftreten.
- Inkontinenz: Wenn es zu Inkontinenz kommt.
- Fieber oder Gewichtsverlust: Wenn Fieber oder ein unerklärlicher Gewichtsverlust auftreten.
- Anhaltende Schmerzen: Wenn die Schmerzen länger als ein paar Wochen anhalten.
- Schmerzen nach einem Unfall: Wenn die Schmerzen nach einem Unfall auftreten.
Behandlung von Rückenschmerzen
Die Behandlung von Rückenschmerzen richtet sich nach der Ursache und Art der Schmerzen. In den meisten Fällen können Rückenschmerzen konservativ behandelt werden.
Konservative Behandlung
- Bewegung: Regelmäßige Bewegung ist entscheidend für die Gesundung. Von der früher üblichen Bettruhe und Schonung wird heute dringend abgeraten. Zu Anfang kann eine physiotherapeutische Begleitung dabei helfen.
- Schmerzmittel: Übliche Wirkstoffe wie Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure reichen für die Schmerztherapie aus. Lokale Schmerzgels sind nicht wirksam. Paracetamol ist wegen der fehlenden Entzündungshemmung nicht primär geeignet, weil sich bei jeder Nervenreizung auch eine Entzündung entwickeln kann.
- Wärme: Wärmeanwendungen wie Wärmflaschen oder -kissen können wohltuend sein.
- Physiotherapie: Physiotherapie kann helfen, die Muskeln zu stärken, die Beweglichkeit zu verbessern und die Schmerzen zu lindern.
- Entspannungsübungen: Entspannungsübungen wie progressive Muskelentspannung oder autogenes Training können helfen, Stress abzubauen und Muskelverspannungen zu lösen.
- Psychotherapie: Bei chronischen Rückenschmerzen kann eine kognitive Verhaltenstherapie hilfreich sein, um den Umgang mit den Schmerzen zu erlernen.
Operative Behandlung
Eine Operation ist nur in seltenen Fällen erforderlich, z.B. bei einem Bandscheibenvorfall mit Lähmungen oder bei einer Einengung des Rückenmarkskanals.
Prävention von Rückenschmerzen
Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, die helfen können, Rückenschmerzen vorzubeugen:
- Regelmäßige Bewegung: Regelmäßige Bewegung stärkt die Rumpfmuskulatur und hält die Wirbelsäule beweglich.
- Ergonomischer Arbeitsplatz: Ein ergonomischer Arbeitsplatz mit einem gut eingestellten Stuhl und Monitor kann Fehlhaltungen vermeiden.
- Richtiges Heben und Tragen: Beim Heben schwerer Gegenstände sollte man in die Knie gehen und den Rücken gerade halten.
- Gewichtsmanagement: Übergewicht belastet die Wirbelsäule zusätzlich.
- Stressmanagement: Stress kann zu Muskelverspannungen führen. Entspannungsübungen können helfen, Stress abzubauen.
- Gesunde Ernährung: Eine gesunde Ernährung versorgt den Körper mit allen wichtigen Nährstoffen.
Spezielle Aspekte
Rückenschmerzen im unteren Rücken (LWS)
Schmerzen im unteren Rücken sind besonders häufig, da die Lendenwirbelsäule das meiste Körpergewicht trägt und bei vielen Bewegungen beansprucht wird. Ursachen können Muskelverspannungen, Bandscheibenvorfälle oder auch Erkrankungen der inneren Organe sein.
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Rückenschmerzen im mittleren und oberen Rücken (BWS/HWS)
Schmerzen im mittleren und oberen Rücken können durch Fehlhaltungen, Muskelverspannungen oder auch durch Erkrankungen der Lunge oder des Herzens verursacht werden. Brust- und Rückenschmerzen gleichzeitig können auch auf einen Herzinfarkt hindeuten.
Chronische Rückenschmerzen
Chronische Rückenschmerzen dauern länger als zwölf Wochen an und können die Lebensqualität der Betroffenen stark beeinträchtigen. Oft spielen psychosoziale Faktoren eine wichtige Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer Schmerzen. Eine multimodale Schmerztherapie, die verschiedene Behandlungsansätze kombiniert, kann bei chronischen Rückenschmerzen hilfreich sein.
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