Das Sanatorium Kettenbrücke in Innsbruck bietet ein breites Spektrum an neurologischen Behandlungen an. Dieser Artikel beleuchtet verschiedene Aspekte neurologischer Erkrankungen und Behandlungsansätze, wobei besonderes Augenmerk auf neuroendokrine Tumoren und das Tarsaltunnelsyndrom gelegt wird.
Neuroendokrine Tumoren (NET)
Neuroendokrine Tumoren (NET) sind seltene Neubildungen, die von neuroendokrinen Zellen ausgehen. Diese Zellen sind im gesamten Körper verteilt, weshalb NET in verschiedenen Organen auftreten können, insbesondere im Gastrointestinaltrakt und der Lunge. Die Inzidenz von NET liegt bei etwa 1-2/100.000 Einwohnern pro Jahr, wobei eine Zunahme bei bestimmten Tumorlokalisationen beobachtet wird.
Heterogenität und individuelle Behandlung
Die Seltenheit und Heterogenität von NET, verbunden mit ihrer unterschiedlichen Biologie und Prognose, erfordern eine hochgradig individualisierte Behandlung. Die chirurgische Entfernung von NET sollte in jeder Krankheitsphase in Betracht gezogen werden, da eine Reduktion des Tumorgewebes um 90 % die Wirksamkeit nachfolgender Therapien wie Somatostatinanaloga und Radiopeptidrezeptortherapie verbessern kann.
Hormonelle Diagnostik und Tumormarker
Ein endokriner Chirurg, der NET behandelt, muss sich intensiv mit der hormonellen Diagnostik auseinandersetzen und in der Lage sein, die biochemischen Befunde richtig zu interpretieren. Vor der Lokalisationsdiagnostik sollte eine klare biochemische Diagnose vorliegen. NET können entweder hormoninaktiv sein oder Hormone und andere Substanzen produzieren und sezernieren, die in manchen Fällen hormonelle Syndrome verursachen. Bei Patienten mit einem hormonellen Syndrom liegt somit eine Doppelbelastung durch den Tumor und das Syndrom vor, wobei das Syndrom unbehandelt die Lebenserwartung stärker beeinträchtigen kann als der Tumor selbst. Ein Beispiel hierfür ist das Cushing-Syndrom, das unbehandelt eine Mortalität von 50 % innerhalb von 5 Jahren aufweist.
Im Falle eines hormonellen Syndroms dient das Hormon selbst als Tumormarker. Andernfalls kann Chromogranin A als diagnostischer und therapeutischer Marker verwendet werden, der bei 80-100 % der NET erhöht ist und gut mit der Tumorlast korreliert.
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Komplikationen und Begleiterkrankungen
Bei NET mit ausgedehnter Lebermetastasierung kann es zu einer Fibrose der Pulmonal- und Trikuspidalklappe kommen, was eine präoperative kardiologische Beurteilung und gegebenenfalls eine Klappenoperation erforderlich macht. Seit der Einführung von Somatostatinanaloga als antisekretorische Therapie ist die Inzidenz der "Carcinoid Heart Disease" deutlich zurückgegangen.
Während der Operation eines NET, wie z.B. einer Leberresektion bei Lebermetastasen, kann es zu einer Freisetzung vasoaktiver Substanzen in den Kreislauf und einer Karzinoidkrise kommen. Symptome einer Karzinoidkrise sind Flushsymptomatik, Blutdruckabfall, Durchfall, Bronchokonstriktion und Hyperthermie. Eine solche Krise kann bei Narkoseeinleitung, Embolisierung, Beginn der Chemotherapie, bei Infektionen oder Operationen auftreten und ist lebensbedrohlich.
Spezielle NET-Formen: Insulinome und Gastrinome
Insulinome sind in der Regel intrapankreatisch lokalisiert, meist kleiner als 2 cm und in 90 % der Fälle gutartig. Daher ist die Enukleation (Ausschälung) die Therapie der Wahl. Befindet sich ein Insulinom in der Nähe des Ductus pancreaticus, insbesondere im Pankreascaudabereich, empfiehlt sich eher eine milzerhaltende Pankreaslinksresektion, um eine Pankreasfistel zu vermeiden.
Bei organischem Hyperinsulinismus ist es wichtig, die Kriterien nach Service zu berücksichtigen, um unnötige Explorationen und Resektionen von Pankreasgewebe zu vermeiden. Differenzialdiagnostisch sollten das Münchhausen-Syndrom (Selbstinjektion von Insulin, Einnahme von Sulfonylharnstoffen) sowie andere Läsionen wie Lipome, Hämangiome und Nebenmilzen in Betracht gezogen werden.
Insulinome haben im Gegensatz zu Gastrinomen in der Regel eine niedrige Somatostatinrezeptordichte, weshalb die Behandlung von Hypoglykämien beim Insulinom mit Somatostatinanaloga nicht empfohlen wird.
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Beim Zollinger-Ellison-Syndrom sind die Tumorläsionen aufgrund der hohen Somatostatinrezeptorexpression mit dem Gallium-PET gut darstellbar. Die antisekretorische Wirkung von PPI und Somatostatin ist in der Regel sehr gut, sodass die Patienten beschwerdefrei werden. Allerdings sind 90 % der Gastrinome maligne und metastasieren. 90 % der Gastrinome finden sich im sogenannten Gastrinomdreieck. Das klassische Gastrinom ist ein 5 mm großer Tumor, der häufig submukös im Duodenum lokalisiert ist. Bei der Operation eines Zollinger-Ellison-Syndroms empfiehlt sich eine intraoperative Duodenoskopie, um die submukös lokalisierten Gastrinome zu identifizieren und zu enukleieren.
MEN-I-Syndrom
Beim MEN-I-Syndrom treten in 40-70 % der Fälle ab dem vierten Lebensjahrzehnt multiple hormonaktive oder -inaktive neuroendokrine Tumoren auf. Aufgrund des langsamen Fortschreitens der Tumoren wird die Thompson-Operation empfohlen, die aus einer Pankreaslinksresektion und Enukleation der Tumoren im Pankreaskopf besteht. Eine komplette Pankreatektomie würde das Problem des MEN-I-Pankreas zwar lösen, der resultierende Brittle-Diabetes könnte jedoch die Lebenserwartung stärker einschränken als die MEN-I-Tumorerkrankung.
Seltene hormonbildende Tumoren des Pankreas
Zu den selteneren hormonbildenden Tumoren des Pankreas gehören das Glukagonom, das sich typischerweise durch ein stark juckendes Exanthem der Beine und einen ausgeprägten Aminosäuremangel manifestiert, und das VIPom, das meist ein relativ großer Tumor in der Pankreascauda ist und sich durch ausgeprägte wässrige Diarrhöen äußert.
Neuroendokrine Tumoren des Dünndarms
Neuroendokrine Tumoren des Dünndarms können zu einer Induktion von Bindegewebe im Bereich des Dünndarmmesenteriums führen. Diese desmoide Reaktion findet sich um meist sehr große Lymphknotenmetastasen entlang des Dünndarmmesenteriums und kann zu einer Durchblutungsstörung des Dünndarms führen. In solchen Fällen kann eine Notfalloperation erforderlich sein.
Chirurgische Prinzipien bei metastasierten NET
Auch bei metastasierten NET sollte der Primärtumor entfernt werden, da dies das Langzeitüberleben verbessert. Bei jeder Operation wegen eines metastasierenden neuroendokrinen Tumors sollte die Gallenblase entfernt werden, da eine Therapie mit Somatostatinanaloga sehr wahrscheinlich früher oder später notwendig wird und diese die Gallensteinbildung fördern. Bei metastasierten NET muss nicht notwendigerweise eine R0-Resektion erfolgen. Wenn 90 % des Tumorvolumens mit vertretbarem Risiko entfernt werden können, ist dies günstig.
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Tarsaltunnelsyndrom
Das Tarsaltunnelsyndrom ist ein Kompressionssyndrom des Nervus tibialis oder eines seiner Äste im Tarsaltunnel. Es handelt sich um ein selten auftretendes Nervenengpasssyndrom, das zu typischen Beschwerden im Bereich des Sprunggelenks und der Fußsohle führt.
Anatomie und Pathophysiologie
Der Tarsaltunnel ist ein osteofibröser Tunnel, der sich von der Innenknöchelregion bis zur Fußmitte hin erstreckt. Im Tarsaltunnel verlaufen die Sehnen der Musculi tibialis posterior, flexor digitorum und flexor hallucis longus, die Arteria und Vena tibialis sowie der Nervus tibialis. Der Nervus tibialis teilt sich im Tarsaltunnel in seine drei Äste auf: den plantaren medialen, den plantaren lateralen und den kalkanearen Ast.
Das Tarsaltunnelsyndrom kann durch intrinsische Faktoren (raumfordernde Prozesse innerhalb des Kanals) oder extrinsische Faktoren (Kompression durch ein Trauma, eine Fußfehlstellung oder als Überlastungsfolge) ausgelöst werden.
Symptome und Diagnose
Patienten mit Tarsaltunnelsyndrom klagen typischerweise über Parästhesien, Hyperästhesien oder Dysästhesien im Bereich des Innenknöchels mit Ausstrahlung zur Ferse, zur Fußsohle oder zu den Zehen. Die Beschwerden sind typischerweise einseitig und nehmen bei Belastung des Fußes zu.
In der klinischen Untersuchung lässt sich bei den betroffenen Patienten das Hoffmann-Tinel-Zeichen bei Perkussion des Nerven auslösen. Der Dorsiflexions-Eversionstest kann die Symptome verstärken.
Die Röntgenaufnahme des Sprunggelenks im Stehen dient zur Beurteilung von Fehlstellungen und knöchernen Raumforderungen. Die Sonografie und Magnetresonanztomografie sind weitere bildgebende Verfahren zur Beurteilung des Nervs und umliegender Strukturen. Elektrophysiologische Untersuchungen werden zur Messung der Nervenleitgeschwindigkeit durchgeführt.
Therapie
Die primäre Behandlung des Tarsaltunnelsyndroms sollte konservativ erfolgen. Bei Versagen der konservativen Therapie, Nachweis einer relevanten Raumforderung in der Bildgebung und positiver elektrophysiologischer Diagnostik ist die chirurgische Therapie indiziert. Das Standardverfahren ist die offene Dekompression des Tarsaltunnels mit Darstellung des Nerven inklusive seiner drei Äste, Resektion der Raumforderung, Release des Retinaculum flexorum und Spaltung der tiefen Faszie des M. abductor hallucis.
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