Ein Schlaganfall kann jeden treffen, unabhängig vom Alter. Obwohl er keine reine "Alterskrankheit" ist, steigt die Wahrscheinlichkeit, einen Schlaganfall zu erleiden, mit zunehmendem Alter deutlich an. In der Altersmedizin spielt die Erkrankung daher eine immer wichtigere Rolle. Dieser Artikel beleuchtet die vielfältigen Risikofaktoren, die insbesondere bei älteren Menschen über 80 Jahre zu einem Schlaganfall führen können, und gibt einen Überblick über Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten.
Schlaganfall: Ursachen und Häufigkeit
Bei einem Schlaganfall kommt es zu einer plötzlichen Beeinträchtigung der Blutversorgung im Gehirn, entweder durch einen Gefäßverschluss (ischämischer Schlaganfall) oder eine Hirnblutung (hämorrhagischer Schlaganfall). Jedes Jahr erleiden rund 200.000 Menschen in Deutschland erstmalig einen Schlaganfall. Da der Schlaganfall oft die Folge von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist, die vornehmlich im höheren Lebensalter auftreten, steigt die Zahl der Schlaganfallpatienten kontinuierlich aufgrund der immer älter werdenden Bevölkerung. Personen ab 80 Jahren sind überproportional betroffen. Im Jahr 2014 lag die Lebenszeitprävalenz für Schlaganfall bei Personen ab 80 Jahren bei 14,6 %.
Nicht beeinflussbare Risikofaktoren
Einige Risikofaktoren für einen Schlaganfall lassen sich nicht beeinflussen. Dazu gehören:
- Alter: Das Schlaganfall-Risiko steigt mit zunehmendem Lebensalter deutlich an. Etwa 50 % der Schlaganfälle ereignen sich in der Altersgruppe der über 75-Jährigen. Deutschland wird älter - und immer mehr Menschen erleiden im hohen Alter einen Schlaganfall.
- Geschlecht: Männer haben ein höheres Schlaganfall-Risiko als Frauen, besonders im mittleren Lebensalter. Bei Frauen ereignet sich der Schlaganfall meistens in einem späteren Lebensabschnitt als bei Männern. Aufgrund des höheren Alters sind die Folgen dieser Schlaganfälle schwerwiegender und Frauen versterben häufiger daran.
- Vererbung: Ist in der Familie bereits ein Schlaganfall aufgetreten, erhöht sich das Risiko, selbst einen Schlaganfall zu erleiden. Dies gilt besonders, wenn in der Familie eine oder mehrere vererbbare Erkrankungen bekannt sind.
Beeinflussbare Risikofaktoren
Neben den nicht beeinflussbaren Risikofaktoren gibt es eine Reihe von Faktoren, die durch einen entsprechenden Lebensstil gut beeinflusst werden können oder besondere Aufmerksamkeit erfordern. Wichtig zu wissen ist, dass sich die verschiedenen Risikofaktoren gegenseitig beeinflussen können.
Bluthochdruck (Hypertonie)
Der Bluthochdruck ist der Hauptrisikofaktor für einen Schlaganfall. Je höher der Blutdruck ist und je länger er unerkannt und unbehandelt bleibt, desto größer ist das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Bluthochdruck schädigt Blutgefäße und das Herz und erhöht damit das Schlaganfallrisiko. Nach den aktuellen Leitlinien der europäischen Gesellschaft für Kardiologie gelten bereits Werte von 120 bis 139 zu 70 bis 89 mmHg als erhöht. Ab Werten von 140/90 mmHg oder darüber liegt eine Hypertonie vor, die behandelt werden sollte. Ein zu hoher Blutdruck lässt sich durch einen gesunden Lebensstil vermeiden, kontrollieren oder senken. Außerdem kann er mit Medikamenten behandelt werden.
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Rauchen
Rauchen erhöht das Schlaganfall-Risiko um das Zwei- bis Vierfache. Ein Grund dafür liegt darin, dass viele der Schadstoffe besonders die Blutgefäße belasten. Vor allem der süchtig machende Stoff Nikotin führt dazu, dass sich die Arterien verengen und gleichzeitig die Herzaktivität steigt. Die Folge ist eine schlechtere Durchblutung aller Gefäße und ein steigender Blutdruck. Dieser Druck schädigt die Blutgefäße und fördert die Entstehung der Arteriosklerose. Rauchen schädigt die Blutgefäße und senkt die Sauerstoffaufnahme im Blut. Folge sind ein erhöhter Blutdruck, verengte Blutgefäße und eine schlechtere Gewebedurchblutung.
Übergewicht und Bewegungsmangel
Übergewicht ist keine Erkrankung im eigenständigen Sinn. Es erhöht aber das Risiko für Folgeerkrankungen und unterstützt die Negativspirale der Faktoren, die Herzinfarkt und Schlaganfall hervorrufen können. Denn neben Diabetes, Gicht und anderen Stoffwechselerkrankungen steigert Übergewicht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck und Arteriosklerose. Übergewicht und Bewegungsmangel können einen Bluthochdruck oder einen Diabetes zur Folge haben. Alleine hierdurch ist das Schlaganfallrisiko bei übergewichtigen Menschen deutlich erhöht. Regelmäßige körperliche Aktivität und Sport halten fit: Bewegung trainiert unsere Muskeln und Gefäße und der Körper wird beim Sport mit mehr Sauerstoff versorgt. Dies macht die Gefäße elastisch. Besonders Ausdauersport reguliert den Zuckerstoffwechsel und senkt Blutdruck- und Cholesterinwerte.
Erhöhtes Cholesterin
Erhöhtes Cholesterin im Blut steigert das Risiko für Gefäßerkrankungen, verursacht jedoch zunächst keine Beschwerden. Die Fettstoffwechselstörung führt zu cholesterinhaltigen Ablagerungen an den Gefäßwänden und befördert somit Arteriosklerose und nachfolgenden Bluthochdruck. Besonders das sogenannte LDL-Cholesterin erhöht das Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte.
Diabetes mellitus
Der Begriff bezeichnet eine Stoffwechselerkrankung, durch die die Zuckerwerte im Blut erhöht sind. Der hohe Zuckergehalt im Blut greift die Gefäßwände an und beschleunigt das Entstehen von Arteriosklerose. Diabetiker haben ein zwei- bis dreifach erhöhtes Schlaganfall-Risiko. Wie beim Bluthochdruck wird die Krankheit oft erst spät entdeckt, denn viele Diabetiker haben zu Beginn ihrer Erkrankung keine Beschwerden. Bei etwa jedem vierten Patienten, der einen Schlaganfall erlebt hat, ist Diabetes mellitus nachweisbar. Generell ist bei Diabetes das Schlaganfallrisiko zwei bis vier Mal erhöht. Beim Diabetes kommt es durch dauerhaft erhöhte Blutzuckerwerte zu einer fortschreitenden Schädigung vor allem kleinerer Blutgefäße.
Vorhofflimmern
Das Vorhofflimmern ist eine spezielle Form der Herzrhythmusstörung. Es äußert sich durch einen unregelmäßigen Herzschlag und erhöht das Schlaganfall-Risiko massiv. Diese unregelmäßigen Herzschläge sind meist nicht direkt spürbar. Sie können jedoch zu gefährlichen Folgeschäden wie einem Schlaganfall führen, da sich Blutgerinnsel im Herzen bilden und mit dem Blutstrom ins Gehirn gelangen können. Menschen mit Vorhofflimmern haben ein bis zu 5-fach erhöhtes Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Die Wahrscheinlichkeit für ein Vorhofflimmern steigt mit zunehmendem Lebensalter.
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Alkoholkonsum
Weit verbreitet ist die Meinung, dass ein Gläschen in Ehren der Herz-Kreislauf-Gesundheit nicht schaden kann. In mehreren Studien wurde bereits nachgewiesen, dass leichter bis mäßiger Alkoholkonsum das Schlaganfall-Risiko senken kann. Dies gilt aber nur für den Hirninfarkt, also den Schlaganfall, der durch mangelnde Durchblutung der Hirngefäße entsteht. Alkohol in geringen Mengen hat keinen negativen Effekt auf das Schlaganfallrisiko. Im Gegenteil: Rotwein kann - in geringen Mengen konsumiert - sogar vor atherosklerotischen Gefäßveränderungen schützen und den Cholesterinspiegel senken.
Stress
Stress ist eine Empfindung, und jeder empfindet anders. Mögliche Folgen sind: Ausschüttung von Stresshormonen durch die Nebennieren, Verengung der Blutgefäße, Zunahme der Herzfrequenz, Anstieg von Blutdruck und Blutzuckerspiegel und Erhöhung der Blutgerinnungsneigung (Thromboseneigung).
Arteriosklerose und Carotisstenose
Die Arteriosklerose ist eine Veränderung der Blutgefäße, die durch Ablagerungen von Cholesterin, Blutzellen, Bindegewebe und Kalksalzen in den Arterien, begleitet durch entzündliche Prozesse, verursacht wird. Diese Ablagerungen verändern Struktur und Eigenschaften der Gefäße. In der Folge verringern sich ihr Durchmesser und ihre Elastizität. An den verengten Stellen können sich die Gefäße direkt verstopfen oder es kommt auf Grund von angeschwemmten Gerinnseln zu einem Gefäßverschluss. Als Carotisstenose wird die Einengung (Stenose) der hirnversorgenden Halsschlagadern (Carotis) bezeichnet. Hauptursache für diese Verengung ist die Arteriosklerose. Durch die Verengung der Halsschlagadern ist der Blutstrom verlangsamt, das Gefäß kann direkt verstopfen und zu einer Mangeldurchblutung des Gehirns führen.
Prävention im Alter
Viele Schlaganfälle wären durch das eigene Verhalten vermeidbar. Die Prävention eines Schlaganfalls im höheren Alter umfasst sowohl allgemeine Maßnahmen zur Förderung eines gesunden Lebensstils als auch die gezielte Behandlung von Risikofaktoren.
- Gesunder Lebensstil: Wie bei so vielen Krankheiten gehören der Verzicht auf das Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum sowie eine gesunde, ausgewogene Ernährung und ausreichende, regelmäßige Bewegung zu den vorbeugenden Maßnahmen.
- Kontrolle und Behandlung von Risikofaktoren: Aber auch bei einem gesunden Lebensstil sollten bekannte Risikofaktoren für einen Schlaganfall durch den Hausarzt intensiv kontrolliert und behandelt werden. Sowohl Bluthochdruck als auch Diabetes begünstigen die Kalkeinlagerung in die Blutgefäße und erhöhen so das Risiko für einen Schlaganfall. So gilt es etwa, den Blutdruck als wichtigsten Risikofaktor unbedingt in einen Bereich von unter 140/90 mmHg zu bringen. Bei Patienten mit Diabetes muss konsequent der Blutzucker richtig eingestellt werden. Bei diesen Patienten müssen Blutdruckwerte in einem Bereich von 130-139/80-85 mmHg erreicht werden, um das Risiko für einen Schlaganfall zu senken. Weitere Risikofaktoren, bei denen von ärztlicher Seite risikosenkende Therapien eingeleitet werden sollten, sind Fettstoffwechselstörungen und bestimmte Herzerkrankungen, wie z. B. Herzrhythmusstörungen, oder ein genetisch bedingtes erhöhtes Thromboserisiko.
- Sekundärprävention: Die Sekundärprävention, also die Verhinderung eines wiederholten Schlaganfalls, spielt auch beim alten Menschen eine große Rolle. Wichtig ist dabei unter anderem die Senkung hoher Cholesterinwerte. Statine sind auch bei Patientinnen und Patienten über 75 hochwirksam.
Schlaganfall-Therapie: "Time is Brain"
Beim Schlaganfall zählt im wahrsten Sinne des Wortes jede Minute. Denn jede Minute sterben in dem von der Blutversorgung abgeschnittenen Hirnareal Millionen von Nervenzellen ab. Nur durch eine rasche Wiedereröffnung der Gefäßverschlüsse können dauerhafte neurologische Ausfälle vermindert oder zumindest reduziert werden.
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- Lysetherapie: Mit Hilfe der Lysetherapie können Blutgerinnsel innerhalb der ersten wenigen Stunden nach dem Auftreten eines Schlaganfalls aufgelöst werden.
- Thrombektomie: Bei PatientInnen, bei denen ein Hauptgefäß der Hirnversorgung durch ein Gerinnsel verschlossen wurde, kann über einen Katheterdraht der Thrombus geborgen und somit das Gefäß wiedereröffnet werden.
Unabhängig vom Alter gilt: Schlaganfall-Patientinnen und Patienten sollten immer auf einer Stroke Unit behandelt werden. Aktuelle Studien zeigten, dass die Behandlung auf diesen spezialisierten Stationen das Risiko einer bleibenden Behinderung um rund 25 Prozent senke. Gerade bei alten Menschen sollte den Schluckstörungen besondere Aufmerksamkeit gelten.
Rehabilitation im Alter
Auch in der Rehabilitation des Schlaganfalls gibt es altersspezifische Ansätze. Allerdings zeigen Studien, dass auch alte und hochbetagte Patientinnen und Patienten von einer spezialisierten, neurologischen Rehabilitation profitieren. Das Gehirn ist auch im hohen Alter noch in der Lage, verloren gegangene Fähigkeiten bis zu einem gewissen Grad zu kompensieren. Neurophysiologischen Methoden wie fMRT, TMS und EEG erlauben nicht nur, die Umorganisation des Gehirns zu untersuchen. Sie helfen auch dabei, neue Therapieverfahren zu entwickeln, um die Funktionserholung von PatientInnen nach einem Schlaganfall zu fördern. Insbesondere die nicht-invasive Hirnstimulation hat das große Potenzial, die Umorganisation des Gehirns zu unterstützen, damit sich unsere Patienten besser erholen können.
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