Schlaganfallrisiko durch Schmerzmittel: Was Sie wissen sollten

Die Einnahme von Schmerzmitteln ist ein weit verbreitetes Phänomen. Doch wie sicher sind diese Medikamente wirklich, besonders im Hinblick auf das Schlaganfallrisiko? Eine aktuelle Studie und Expertenmeinungen geben Aufschluss.

Entwarnung für die meisten, Vorsicht für Risikogruppen

Die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) stellt klar, dass die Einnahme von Schmerzmitteln für die meisten Menschen nicht mit einer unmittelbaren Schlaganfallgefahr verbunden ist. Diese Aussage erfolgte im Zusammenhang mit einer viel beachteten Studie, die im „British Medical Journal“ veröffentlicht wurde. Allerdings ist Vorsicht geboten bei Patientinnen und Patienten, die bereits aufgrund von Gefäßerkrankungen ein erhöhtes Schlaganfallrisiko aufweisen und regelmäßig über längere Zeit Schmerzmittel einnehmen.

Die Studie: NSAR und das erhöhte Risiko

Forscher der Universität Bern führten eine Meta-Analyse durch, die ergab, dass die langfristige Einnahme von Schmerzmitteln aus der Gruppe der nicht-steroidalen Antiphlogistika (NSAR), auch bekannt als nicht-steroidale Antirheumatika, das Risiko für Herzkreislauferkrankungen erhöht.

Zu den untersuchten Wirkstoffen gehörten unter anderem:

  • Etoricoxib
  • Ibuprofen
  • Diclofenac

Die Analyse zeigte für diese Wirkstoffe auch ein erhöhtes Schlaganfallrisiko.

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Einzelne Wirkstoffe im Fokus

  • Etoricoxib: Laut Professor Dr. med. Joachim Röther, Erster Vorsitzender der DSG, ist das erhöhte Herzkreislaufrisiko von Etoricoxib bereits bekannt. Dieses Mittel ist rezeptpflichtig und wird von Ärzten daher zurückhaltend eingesetzt.
  • Ibuprofen und Diclofenac: Diese Schmerzmittel werden in Deutschland häufig verordnet und sind teilweise rezeptfrei in Apotheken erhältlich. Die Meta-Analyse ergab, dass Ibuprofen das Schlaganfallrisiko um mehr als das Dreifache erhöht, während für Diclofenac ein Faktor von 2,86 ermittelt wurde.

Relatives Risiko vs. Panikmache

Trotz dieser Ergebnisse betont Professor Röther, dass kein Grund zur Panik besteht. Die genannten Zahlen stellen eine relative Risikozunahme dar, die immer im Zusammenhang mit der individuellen Ausgangslage der Patientinnen und Patienten betrachtet werden muss. Für jüngere Menschen ohne Vorerkrankungen der Gefäße bestehe demnach kaum eine Gefahr, nach der Einnahme einen Schlaganfall zu erleiden. Für diese Gruppe stünden andere Risiken der Medikamente, wie beispielsweise die Magenunverträglichkeit, im Vordergrund.

Dosis und Dauer entscheidend

Das Schlaganfallrisiko steigt mit der Dosis und der Dauer der Anwendung von NSAR. Die gelegentliche Einnahme bei Schmerzen oder Entzündungen wird im Hinblick auf das Schlaganfallrisiko als unbedenklich eingestuft. Eine chronische Anwendung sollte jedoch vermieden werden, insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit vorgeschädigten Blutgefäßen. In solchen Fällen sollten alternative Schmerzmittel in Betracht gezogen werden. Die Entscheidung sollte aber immer individuell durch den behandelnden Arzt unter Berücksichtigung aller Risiken des Patienten getroffen werden.

Alternativen und individuelle Entscheidungen

Die optimale Therapie nach einem Schlaganfall unbekannter Ursache zur Vermeidung eines erneuten Schlaganfalls ist bisher unklar. Leitlinien empfehlen in der Nachbehandlung Acetylsalicylsäure (ASS), bekannt als Aspirin. Eine Studie des Universitätsklinikums Tübingen untersuchte, ob der Blutverdünner Apixaban bei Patientinnen und Patienten mit einem zusätzlichen Risiko für Blutgerinnselbildung im Herzen besser geeignet sein könnte, um einen erneuten Schlaganfall zu verhindern. Die Ergebnisse zeigten jedoch, dass Apixaban gegenüber ASS keine besseren Behandlungserfolge erzielte.

Blutverdünner bei Vorhofflimmern

Eine weitere Studie untersuchte, ob der Blutverdünner Apixaban einem erneuten Schlaganfall besser entgegenwirken könnte als ASS bei Patientinnen und Patienten, bei denen nicht klar ist, wo im Blutkreislauf das für den Schlaganfall ursächliche Blutgerinnsel aufgetreten ist. Im Falle eines Vorhofflimmerns wurde in der ASS-Gruppe innerhalb von 14 Tagen ein MRT durchgeführt und die Behandlung von ASS auf Apixaban umgestellt. Trotz des formal neutralen Ergebnisses brachte die Studie wichtige Erkenntnisse über den Zusammenhang von Risikofaktoren und dem Auftreten von Vorhofflimmern bei Patientinnen und Patienten mit ungeklärtem Schlaganfall. Insbesondere ältere Patientinnen und Patienten über 75 Jahre mit zusätzlichen Risikofaktoren könnten von einer frühzeitigen Einnahme des Blutverdünners Apixaban profitieren.

Paracetamol: Eine sicherere Alternative?

Paracetamol galt bisher als eine sicherere Alternative zu NSAR. Allerdings zeigte eine Studie, dass auch die Einnahme von Paracetamol den Blutdruck erhöhen und somit das Risiko für Herzerkrankungen und Schlaganfälle steigern kann. Die Forscher betonten jedoch, dass die gelegentliche Einnahme von Paracetamol gegen Kopfschmerzen oder Fieber unbedenklich ist. Sie schlugen vor, dass Ärzte die verschriebenen Dosen bei Patientinnen und Patienten, die über einen längeren Zeitraum Paracetamol einnehmen, überprüfen sollten, insbesondere bei Personen mit einem hohen Risiko für Herzerkrankungen.

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Die Rolle des Kardiologen

Kardiologen warnen davor, dass die regelmäßige Einnahme von Schmerzmitteln der Klasse nicht-steroidale Entzündungshemmer (NSAID) zu einem beträchtlich erhöhten Risiko führen kann, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Dr. Norbert Smetak, Bundesvorsitzender des Bundesverbandes der Niedergelassenen Kardiologen (BNK), rät, dass insbesondere ältere Menschen mit Herz-Kreislaufproblemen solche Medikamente nicht unbedacht einnehmen sollten, bzw. falls unvermeidlich, dann nur so niedrig dosiert und so kurz wie möglich.

Studie zu Nebenwirkungen von NSAID

Eine Schweizer Studie analysierte die Nebenwirkungen von sieben NSAID, die häufig von älteren Menschen gegen Rücken- oder Gelenkschmerzen eingenommen werden. Die Ergebnisse zeigten, dass alle untersuchten Medikamente mit einem erhöhten Risiko für Herz- und Hirninfarkte verbunden waren. Zwei Wirkstoffe, Diclofenac und Etoricoxib, gingen im Vergleich zu Scheinmedikamenten mit einer vierfach erhöhten Herz-Kreislauf-Sterblichkeit einher. Ibuprofen verdreifachte das Risiko für einen Schlaganfall und steigerte das Herzinfarktrisiko um den Faktor 1,3.

Individuelle Therapieentscheidungen

Trotz der potenziellen Risiken können Schmerzmittel wie Ibuprofen bei bestimmten Schmerzsyndromen sehr wirksam sein. Professor Klingenheben betont, dass manche Patientinnen und Patienten trotz Aufklärung über ein möglicherweise erhöhtes Infarktrisiko die Schmerzfreiheit als subjektiv höherwertiges Therapieziel ansehen und dennoch mit dieser Substanz behandelt werden möchten. In solchen individuellen Fällen kann ein Arzt dafür Verständnis haben.

Alternativen zu Ibuprofen und Paracetamol

Für Herzkranke gibt es etliche Alternativen zu Ibuprofen und Paracetamol. Die Auswahl sollte jedoch hochindividuell erfolgen, beginnend mit dem häufig verordneten Novaminsulfon bis hin zu Opioid-Analgetika.

Fazit: Bewusste Einnahme und ärztliche Beratung

Die Einnahme von Schmerzmitteln ist ein komplexes Thema, das individuelle Risiken und Nutzen abwägen muss. Während die gelegentliche Einnahme für die meisten Menschen unbedenklich sein mag, sollten Risikogruppen und Patientinnen und Patienten mit Vorerkrankungen besonders vorsichtig sein. Eine chronische Anwendung von NSAR sollte vermieden werden, und alternative Schmerzmittel sollten in Betracht gezogen werden. Die Entscheidung sollte immer in Absprache mit dem behandelnden Arzt getroffen werden, der die individuellen Risiken und Bedürfnisse des Patienten berücksichtigen kann.

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