Ein Schlaganfall ist ein medizinischer Notfall, bei dem jede Minute zählt. Das Prinzip "time is brain" ("Zeit ist Hirn") unterstreicht die Dringlichkeit einer sofortigen Behandlung, da Gehirnzellen, die nicht ausreichend mit Blut versorgt werden oder durch erhöhten Hirndruck beeinträchtigt sind, rasch absterben. Dieser Artikel beleuchtet die Symptome, Akutbehandlung und Rehabilitation nach einem Schlaganfall, wobei ein besonderer Fokus auf die Behandlung innerhalb der ersten 12 Stunden gelegt wird.
Was ist ein Schlaganfall?
Ein Schlaganfall, auch Hirnschlag, Hirninfarkt oder Apoplex genannt, ist eine plötzliche Schädigung des Gehirns. Diese Schädigung entsteht entweder durch eine Durchblutungsstörung (ischämischer Schlaganfall) oder durch eine Hirnblutung (hämorrhagischer Schlaganfall). In beiden Fällen werden Nervenzellen im betroffenen Areal nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt, was zu Funktionsausfällen und dem Absterben von Hirnzellen führen kann.
Jährlich erleiden in Deutschland etwa 270.000 Menschen einen Schlaganfall. Das Risiko steigt mit zunehmendem Alter, wobei die Mehrheit der Betroffenen 70 Jahre oder älter ist. Schlaganfälle gehören zu den häufigsten Todesursachen und sind die häufigste Ursache für bleibende Behinderungen.
Ursachen und Risikofaktoren
Die häufigste Ursache eines Schlaganfalls ist ein Blutgerinnsel, das ein Gefäß verstopft (ischämischer Schlaganfall). Seltener platzt ein Blutgefäß im Gehirn, was zu einer Hirnblutung führt (hämorrhagischer Schlaganfall).
Zu den Risikofaktoren für einen Schlaganfall zählen:
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- Hoher Blutdruck: Der Hauptrisikofaktor, der für einen Großteil der Schlaganfall-bedingten Fälle verantwortlich ist.
- Erhöhter Body-Mass-Index (BMI) bzw. Übergewicht
- Diabetes
- Umwelt- bzw. Luftverschmutzung
- Rauchen
- Hoher Salzkonsum
- Bewegungsmangel
- Hyperlipidämie
- Vorhofflimmern
- Stress
- Alkoholkonsum
- Arteriosklerose
- Karotisstenose
- Ovulationshemmer
- Polyglobulie
- Endometriose (bei Frauen)
Nicht beeinflussbare Risikofaktoren sind Alter, Geschlecht und genetische Veranlagung.
Symptome erkennen und richtig handeln
Die Symptome eines Schlaganfalls treten plötzlich auf und können vielfältig sein. Typische Anzeichen sind:
- Plötzlich auftretende Schwäche, Taubheitsgefühle und Lähmungserscheinungen: Betreffen meist nur eine Körperseite.
- Sprachstörungen: Schwierigkeiten, die richtigen Wörter zu finden, abgehacktes oder verwaschenes Sprechen, Verständnisschwierigkeiten.
- Sehstörungen: Verschlechterte oder fehlende Wahrnehmung auf einer Körperseite, Doppeltsehen, verschwommenes Sehen.
- Schwindel und Gangunsicherheit: Gefühl, dass sich alles dreht oder schwankt, Probleme, das Gleichgewicht zu halten.
- Starke Kopfschmerzen: Plötzlich auftretende, ungewohnt heftige Kopfschmerzen.
Der FAST-Test (Face, Arms, Speech, Time) kann helfen, einen Schlaganfall schnell zu erkennen:
- Face (Gesicht): Bitten Sie die Person zu lächeln. Hängt ein Mundwinkel herab?
- Arms (Arme): Bitten Sie die Person, die Arme mit den Handflächen nach oben nach vorne zu strecken. Kann die Person beide Arme gleichmäßig heben?
- Speech (Sprache): Lassen Sie die Person einen einfachen Satz nachsprechen. Spricht die Person verwaschen oder unverständlich?
- Time (Zeit): Verlieren Sie keine Zeit und rufen Sie sofort den Notruf (112).
Erste Hilfe leisten
Bei Verdacht auf einen Schlaganfall ist schnelles Handeln entscheidend. Rufen Sie sofort den Rettungsdienst (112). Bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes können Sie folgende Maßnahmen ergreifen:
- Bleiben Sie bei der betroffenen Person und beruhigen Sie sie.
- Lockern Sie beengende Kleidung.
- Lagern Sie den Oberkörper etwas höher, wenn die Person bei Bewusstsein ist.
- Bringen Sie die Person in die stabile Seitenlage, wenn sie bewusstlos ist, um die Atemwege freizuhalten.
- Überwachen Sie Atmung und Puls. Beginnen Sie gegebenenfalls mit Wiederbelebungsmaßnahmen.
- Geben Sie der Person nichts zu essen, zu trinken oder Medikamente ein.
Akutbehandlung im Krankenhaus
Im Krankenhaus wird zunächst das Ausmaß und die Ursache des Schlaganfalls mittels Computer- oder Magnetresonanztomografie festgestellt. Die Behandlung richtet sich nach der Art des Schlaganfalls:
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Ischämischer Schlaganfall
Bei einem ischämischen Schlaganfall, der durch ein Blutgerinnsel verursacht wird, zielt die Behandlung darauf ab, die Durchblutung des betroffenen Gehirnareals so schnell wie möglich wiederherzustellen. Dies kann durch folgende Maßnahmen erreicht werden:
- Lyse-Therapie (Thrombolyse): Medikamentöse Auflösung des Blutgerinnsels. Die systemische Lyse ist innerhalb von 4,5 Stunden nach Symptombeginn zugelassen. In bestimmten Fällen kann eine Lyse auch noch bis zu 6 Stunden nach Auftreten der Symptome versucht werden. Es gibt auch die lokale Lyse (intra-arterielle Thrombolyse). Diese erfolgt mittels Katheter, den der Arzt über eine Arterie bis an den Ort des Gefäß-Verschlusses im Gehirn vorschiebt, wo er direkt ein gerinnsel-auflösendes Medikament injiziert.
- Thrombektomie: Mechanische Entfernung des Blutgerinnsels mithilfe eines Katheters.
- Kombination aus Thrombolyse und Thrombektomie: Auflösen des Blutgerinnsels mit einem Medikament und mechanische Entfernung mittels Katheter.
Hämorrhagischer Schlaganfall
Bei einem hämorrhagischen Schlaganfall, der durch eine Hirnblutung verursacht wird, konzentriert sich die Behandlung darauf, die Blutung zu stoppen und den Druck im Gehirn zu reduzieren. Dies kann durch folgende Maßnahmen erreicht werden:
- Konservative Behandlung: Bettruhe und Vermeidung von Aktivitäten, die den Druck im Kopf erhöhen.
- Operation: Entfernung des Blutergusses (Hämato-Evakuation) und Verschluss der Blutungsquelle.
Behandlung von Komplikationen
Je nach Bedarf umfasst die Schlaganfall-Behandlung weitere Maßnahmen, besonders bei Auftreten von Komplikationen:
- Erhöhter Hirndruck: Behandlung mit hochgelagertem Oberkörper, entwässernden Infusionen oder Ableitung von Nervenwasser über einen Shunt. In manchen Fällen wird ein Teil des Schädelknochens vorübergehend entfernt (Entlastungs-Kraniotomie).
- Gefäß-Krämpfe (Vaso-Spasmen): Medikamentöse Behandlung.
- Epileptische Anfälle und Epilepsie: Behandlung mit Anti-Epileptika.
- Lungen-Entzündung: Vorbeugung und Behandlung mit Antibiotika. Künstliche Ernährung über eine Sonde bei Schluckstörungen.
- Harnwegs-Infekte: Behandlung mit Antibiotika.
Rehabilitation nach Schlaganfall
Die medizinische Rehabilitation nach einem Schlaganfall zielt darauf ab, dem Patienten zu helfen, in sein altes soziales und berufliches Umfeld zurückzukehren. Dies geschieht durch:
- Verringerung von Funktions-Einschränkungen: Lähmungen, Sprach- und Sprech-Störungen oder Seh-Störungen werden mit geeigneten Trainings-Methoden behandelt.
- Förderung der Selbstständigkeit: Der Patient soll seinen Alltag so weit wie möglich selbstständig bewältigen können.
- Erlernen von Lösungs-Strategien und Umgang mit Hilfsmitteln: Bei körperlichen Einschränkungen werden Strategien und der Umgang mit Hilfsmitteln erlernt.
Die Rehabilitation kann stationär (in einer Reha-Klinik), teilstationär oder ambulant erfolgen.
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Motorische Rehabilitation
Zu den häufigsten Beeinträchtigungen nach einem Schlaganfall gehören sensomotorische Störungen. Verschiedene Therapie-Formen helfen, solche sensomotorischen Störungen zu verbessern:
- Bobath-Konzept: Förderung und Stimulation der gelähmten Körperpartie.
- Vojta-Therapie: Auslösung von Reflexen, um Nervenbahnen und Bewegungsabläufe zu reaktivieren.
- Propriozeptive Neuromuskuläre Facilitation (PNF): Förderung des Zusammenspiels von Nerv und Muskel über äußere und innere Reize.
- Kognitiv therapeutische Übungen nach Perfetti: Neu erlernen von Bewegungsabläufen und Rückgewinnung der verlorenen Bewegungskontrolle.
- „Forced-use“ Therapie: Training eines teilgelähmten Arms und der dazugehörigen Hand.
Prognose und Langzeitfolgen
Das Ausmaß der Verbesserung und der Zeitpunkt, wann alle funktionellen Beeinträchtigungen verschwinden, ist individuell sehr unterschiedlich. Einige Menschen erlangen trotz anfänglich schwerer Einschränkungen alle ihre Fähigkeiten wieder, während andere dauerhafte Behinderungen zurückbehalten. Ausfälle, die nach 3 bis 6 Monaten noch andauern, bleiben in vielen Fällen dauerhaft bestehen. Es gibt jedoch immer wieder Fälle, in denen auch später als 6 Monate nach dem Schlaganfall noch eine Erholung möglich war.
Schlaganfall vermeiden: Vorbeugung ist möglich
Generell gehen 87% der Schlaganfälle zu Lasten definierter Risikofaktoren. Eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung, regelmäßiger Bewegung, Vermeidung von Übergewicht, Rauchverzicht und maßvollem Alkoholkonsum kann das Schlaganfallrisiko deutlich senken. Auch die regelmäßige Kontrolle und Behandlung von Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes und Vorhofflimmern ist wichtig.
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