Die COVID-19-Pandemie hat nicht nur die Weltgesundheit, sondern auch die Forschung vor neue Herausforderungen gestellt. Neben den akuten Auswirkungen der Erkrankung rücken zunehmend die langfristigen Folgen einer COVID-19-Infektion in den Fokus. Eine dieser Folgen ist das erhöhte Risiko für Schlaganfälle, das in verschiedenen Studien beobachtet wurde. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Risiken und Präventionsmaßnahmen im Zusammenhang mit Schlaganfällen nach einer COVID-19-Erkrankung.
Erhöhtes Schlaganfallrisiko nach COVID-19
Mehrere Studien haben gezeigt, dass eine COVID-19-Infektion das Risiko für Schlaganfälle, Herzinfarkte, Thrombosen und Lungenembolien erhöht. So ergab eine Studie, dass das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle bis zu drei Jahre nach einer COVID-19-Infektion erhöht sein kann. Besonders betroffen sind Menschen mit schwereren Krankheitsverläufen, die einen Krankenhausaufenthalt erforderten.
Dr. Stefan Redlin, Internist, bestätigt, dass das Schlaganfallrisiko in den ersten sechs Monaten nach einer COVID-19-Erkrankung erhöht ist. Dies liegt daran, dass das Virus das Gerinnungssystem aktiviert, was auch nach der akuten Erkrankung noch fortbestehen kann.
Ursachen und Mechanismen
Die genauen Mechanismen, die zu einem erhöhten Schlaganfallrisiko nach COVID-19 führen, sind noch nicht vollständig geklärt. Es gibt jedoch verschiedene Theorien und Beobachtungen, die zur Erklärung beitragen können:
Aktivierung des Gerinnungssystems: COVID-19 kann das Gerinnungssystem aktivieren, was zu einer erhöhten Bildung von Blutgerinnseln führen kann. Diese Gerinnsel können Blutgefäße im Gehirn verstopfen und so einen ischämischen Schlaganfall auslösen. Störungen der Blutgerinnung sind bei COVID-19-Pneumonie eher die Regel als die Ausnahme und bilden eine eigene Entität der COVID-19-Erkrankung.
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Entzündungsreaktionen: Infektionen im Körper lösen Entzündungsreaktionen aus, die auch das Gerinnungssystem beeinflussen können. Entzündungen können dazu führen, dass das Blut dicker wird und langsamer fließt, wodurch sich leichter Blutgerinnsel bilden können.
Direkte Schädigung der Gefäßwände: Es wird vermutet, dass das Virus die Gefäßwände direkt schädigen kann, was ebenfalls die Bildung von Blutgerinnseln begünstigt.
Immunologische Reaktionen: Eine immunologisch bedingte, erhöhte Gerinnungsneigung könnte ebenfalls zu Thrombosen führen.
Prof. Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, erläutert, dass eine mögliche Ursache für Schlaganfälle bei jüngeren Patienten mit COVID-19 eine immunologisch bedingte, erhöhte Gerinnungsneigung sein könnte, was zu Thrombosen führen könne. Auch eine direkte Gefäßwandschädigung durch das Virus sei nicht ausgeschlossen.
Risikogruppen
Obwohl jeder Mensch nach einer COVID-19-Infektion ein erhöhtes Schlaganfallrisiko haben kann, gibt es bestimmte Gruppen, die besonders gefährdet sind:
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- Menschen mit schweren Krankheitsverläufen: Personen, die aufgrund von COVID-19 im Krankenhaus behandelt werden mussten, haben ein höheres Risiko für Schlaganfälle.
- Ältere Menschen: Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko für Schlaganfälle generell. COVID-19 kann dieses Risiko zusätzlich erhöhen.
- Menschen mit Vorerkrankungen: Personen mit Vorerkrankungen wie Herzerkrankungen, Bluthochdruck oder Diabetes haben ein höheres Risiko für Schlaganfälle nach COVID-19.
- Menschen mit Nicht-0-Blutgruppen: Personen mit den Blutgruppen A, B oder AB wiesen ein um 65 % höheres Risiko auf, nach einer Covid-19-Infektion einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden.
- Patienten mit neurologischen Vorerkrankungen: Menschen, die schon einmal einen Schlaganfall hatten, gehören zur Hochrisikogruppe für einen schweren Covid-19-Verlauf.
Schlaganfälle bei jüngeren COVID-19-Patienten
Eine Studie zeigte, dass Schlaganfälle bei COVID-19-Patienten häufiger bei jüngeren Menschen auftreten. Fast die Hälfte der Patienten unter 50 Jahren war bis zum Zeitpunkt des Schlaganfalls asymptomatisch. Dies deutet darauf hin, dass COVID-19 auch bei jüngeren Menschen ohne Vorerkrankungen zu schweren neurologischen Komplikationen führen kann.
Eine Analyse von 432 Schlaganfällen zeigte, dass bei 44,5 % der ischämischen Schlaganfälle eine Verlegung der großen Hirnarterien (Large vessel occlusion, LVO) vorlag. Normalerweise beträgt der Anteil dieser LVO nur 24 % bis 38 % der ischämischen Schlaganfälle. LVO hinterlassen in der Regel große Schäden im Gehirn, wenn sie überhaupt überlebt werden.
Symptome und Diagnose
Die Symptome eines Schlaganfalls können vielfältig sein und hängen davon ab, welcher Bereich des Gehirns betroffen ist. Typische Symptome sind:
- Lähmungen
- Sehstörungen
- Sprachstörungen
- Wesensveränderungen
- Verwirrtheit
- Plötzliche starke Kopfschmerzen
Bei Verdacht auf einen Schlaganfall ist es wichtig, sofort den Rettungsdienst zu alarmieren. Je schneller die Behandlung beginnt, desto besser sind die Chancen auf eine vollständige Genesung.
Prävention und Behandlung
Es gibt verschiedene Maßnahmen, die dazu beitragen können, das Schlaganfallrisiko nach einer COVID-19-Infektion zu senken:
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- Impfung: Die Impfung gegen COVID-19 kann das Risiko für schwere Krankheitsverläufe und damit auch das Schlaganfallrisiko reduzieren.
- Gesunder Lebensstil: Eine gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und der Verzicht auf Rauchen können das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfälle generell senken.
- Körperliche Aktivität: Regelmäßige körperliche Aktivität kann helfen, Thrombosen vorzubeugen. Wenn man still liegt und sich schont, kann das Blut in den Gefäßen in Stillstand geraten, wodurch sich Thromben bilden können.
- Vorbeugende Behandlung der Gerinnungsstörung: Die vorbeugende Behandlung der Gerinnungsstörung durch Medikamente ist eine wichtige Therapiesäule.
- Kontrolle von Risikofaktoren: Menschen mit Vorerkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes sollten diese Erkrankungen gut einstellen lassen, um das Schlaganfallrisiko zu minimieren.
- Früherkennung und Behandlung von Infektionen: Infektionen sollten nicht verschleppt werden, da sie das Schlaganfallrisiko erhöhen können.
Auswirkungen der Pandemie auf die Schlaganfallversorgung
Die COVID-19-Pandemie hat auch Auswirkungen auf die Schlaganfallversorgung gehabt. In der ersten Phase der Pandemie kamen weniger Menschen mit Schlaganfallsymptomen in die Kliniken, was zu einer erhöhten Schlaganfallsterblichkeit führte. Dies lag vermutlich daran, dass viele Menschen aus Angst vor Ansteckung den Arztbesuch vermieden haben.
Es ist daher wichtig zu betonen, dass die Schlaganfallversorgung auch während der Pandemie gewährleistet ist und dass bei Verdacht auf einen Schlaganfall sofort ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden sollte. Deutschland verfügt über eines der leistungsfähigsten Gesundheitssysteme der Welt mit mehr als 330 zertifizierten Stroke Units (Schlaganfall-Spezialstationen) und hochqualifizierten Ärzten, Pflegenden und Therapeuten.
Neurologische Symptome und Neuro-Covid
COVID-19 kann auch neurologische Symptome verursachen, die unter dem Begriff "Neuro-Covid" zusammengefasst werden. Zu diesen Symptomen gehören:
- Anhaltende Erschöpfung
- Schmerzen
- Konzentrationsstörungen
- Gedächtnisprobleme
- Schlafstörungen
- Riechstörungen
- Kopfschmerzen
- Muskelschmerzen
- Bewusstseinsstörungen und Delir
In extremen Fällen kann es sogar zu demenzähnlichen Symptomen oder Psychosen kommen. Viele dieser Symptome klingen wieder ab, aber einige Betroffene leiden über längere Zeit unter anhaltenden Beschwerden.
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