Theoretisch kann jeder Mensch einen Schlaganfall erleiden, unabhängig vom Alter. Es ist wichtig zu verstehen, dass der Schlaganfall keine Krankheit ist, die nur ältere Menschen betrifft. Tatsächlich ist etwa jeder vierte Neuerkrankte im erwerbsfähigen Alter. Während Alter und genetische Voraussetzungen Risikofaktoren sind, die nicht beeinflussbar sind, gibt es zahlreiche andere Risikofaktoren, die durch den Lebensstil und die medizinische Behandlung beeinflusst werden können. Rund 270.000 Menschen erleiden in Deutschland jährlich einen Schlaganfall. Dies ist laut der Deutschen Hirnstiftung leider eine häufige Ursache für Tod oder bleibende Behinderung.
Nicht beeinflussbare Risikofaktoren
Einige Risikofaktoren für einen Schlaganfall sind nicht direkt beeinflussbar. Dazu gehören:
- Alter: Das Schlaganfallrisiko steigt mit zunehmendem Alter. Mehr als 80 Prozent aller Schlaganfallpatienten sind älter als 60 Jahre. Daher gehört der Schlaganfall zu den häufigsten Krankheiten im Alter.
- Geschlecht: Männer haben im mittleren Lebensalter ein höheres Schlaganfallrisiko als Frauen. Bei Frauen ereignet sich der Schlaganfall meist in einem späteren Lebensabschnitt. Aufgrund des höheren Alters sind die Folgen dieser Schlaganfälle schwerwiegender und Frauen versterben häufiger daran. Zwischen 18 und 35 Jahren sind Frauen statistisch gesehen häufiger vom Schlaganfall betroffen als Männer. Bei ihnen spielen das Risiko der Pille - vor allem im Zusammenspiel mit Rauchen - und der Risikofaktor Migräne mit Aura eine besondere Rolle. Deutlich mehr Frauen als Männer leiden unter Migräne. Auch Schwangerschaften erhöhen das Risiko für einen Schlaganfall: Um die Entbindung, bzw. die Zeit kurz nach Entbindung, ist das Schlaganfallrisiko erhöht.
- Genetische Faktoren und Vererbung: Wenn in der Familie bereits ein Schlaganfall aufgetreten ist, erhöht sich das Risiko, selbst einen Schlaganfall zu erleiden. Dies gilt besonders, wenn in der Familie eine oder mehrere vererbbare Erkrankungen bekannt sind, wie z.B. ererbte Blutgerinnungsstörungen, bei denen zum Beispiel die Blutplättchen verklumpen oder es treten Risse (Dissektionen) in den hirnversorgenden Gefäßen auf. Auf der Internetseite der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe können Sie mit einem kostenlosen Selbsttest Ihr persönliches Risikoprofil erstellen.
In stressigen Situationen schüttet unser Körper zwei Hormone aus: Adrenalin und Kortisol. Diese Stresshormone sorgen dafür, dass wir kurzzeitig leistungsfähiger sind. Der Körper reagiert darauf mit klassischen Stress-Symptomen wie beispielsweise einem schnelleren Herzschlag, angespannten Muskeln oder einem erhöhten Blutdruck. Ab und an Stress zu haben ist also nicht weiter problematisch. Wird Stress allerdings zu einem Dauerzustand und der Körper findet keinen Weg zurück in die Entspannung, kann anhaltender Stress der Gesundheit unter Umständen schaden. Etwa dann, wenn die kurzzeitigen Stress-Symptome in dauerhafte Symptome übergehen und weitere körperliche Reaktionen auslösen wie zum Beispiel einen dauerhaft erhöhten Puls oder Bluthochdruck. Auch können in der Folge unter anderem der Cholesterin- und Blutzuckerspiegel steigen, Schlafstörungen sowie weitere Störungen auftreten.
Beeinflussbare Risikofaktoren
Glücklicherweise gibt es zahlreiche Risikofaktoren, die durch Änderungen des Lebensstils oder medizinische Behandlungen beeinflusst werden können. Die Minimierung dieser Faktoren kann das Schlaganfallrisiko erheblich reduzieren.
Bluthochdruck (Arterielle Hypertonie)
Der Bluthochdruck, auch als arterielle Hypertonie bezeichnet, ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für den Schlaganfall. Er ist definiert als eine dauerhafte Erhöhung des systolischen und diastolischen Blutdrucks (oberer und unterer Blutdruckwert). Erhöhte Werte, die einmalig oder gelegentlich gemessen wurden, bedeuten nicht zwangsläufig einen Bluthochdruck. Der optimale Blutdruck liegt bei Werten von 120/80 mm Hg (nach den Zielwerten der WHO). Schwere Hypertonie liegt vor, wenn Werte dauerhaft über 180/110 mm Hg liegen.
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Bluthochdruck führt zu einer Verengung und Verkalkung der Blutgefäße (Arteriosklerose). Deshalb erleiden Patienten mit hohem Blutdruck häufiger einen Schlaganfall als Menschen ohne hohen Blutdruck. Bluthochdruck erhöht das relative Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, im Vergleich zu einem Menschen, der keinen Bluthochdruck hat, um das sechs- bis achtfache. Dabei spielt die Höhe des Bluthochdrucks eine besondere Rolle, denn mit der Höhe des Blutdrucks nimmt das Schlaganfallrisiko zu.
Ein wesentliches Problem besteht darin, dass der Bluthochdruck immer noch zu selten erkannt wird. Ein Mensch mit hohem Blutdruck bemerkt ihn meist nicht, denn Bluthochdruck tut nicht weh. Deshalb ist es wichtig, seinen Blutdruck regelmäßig kontrollieren zu lassen und gegebenenfalls eine Behandlung einzuleiten.
Rauchen
Zigarettenrauchen ist ein bedeutsamer Risikofaktor für den Schlaganfall. Das Schlaganfallrisiko steigt mit der Anzahl der pro Tag gerauchten Zigaretten und der Anzahl der Jahre, in denen geraucht wurde. Raucher haben im Vergleich zu Nichtrauchern ein 1,5 bis 2 mal erhöhtes relatives Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden.
Rauchen führt über das Nervensystem zu einer Freisetzung der Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin und zu einer Verengung der Blutgefäße. Dadurch entsteht wiederum Bluthochdruck. Die Verengung der Blutgefäße schränkt die Versorgung des Gehirns mit lebenswichtigen Stoffen ein, da in den verengten "Leitungen" beispielsweise nicht mehr ausreichend rote Blutkörperchen fließen können. Zusätzlich vermindert Rauchen die Menge des Sauerstoffs, den die roten Blutkörperchen im Körper transportieren können. Die Sauerstoffmenge, die dem Gehirn (und anderen Körperteilen) zur Verfügung steht, sinkt.
Das Gehirn signalisiert aufgrund der Sauerstoffnot dem Knochenmark, mehr rote Blutkörperchen zu produzieren. Durch die vermehrte Bildung von roten Blutkörperchen kommt es zu einer "Bluteindickung" und die Blutfließeigenschaften werden gestört. Das Blut ist dickflüssiger und zäher, dadurch fließt es schlechter durch die zusätzlich auch verengten Gefäße. Rauchen führt darüber hinaus zu einer Erhöhung der Bereitschaft des Blutes zu gerinnen, insbesondere durch eine verstärkte Klebrigkeit der Blutplättchen (Thrombozyten). Das erhöht die Gefahr einer Klümpchenbildung im Blut. Schließlich führt Rauchen zu Fettstoffwechselstörungen. Die Beendigung des Zigarettenrauchens führt zu einer deutlichen Verminderung des Schlaganfallrisikos.
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Cholesterin
Hervorzuheben ist das Cholesterin, da bei Cholesterinwerten über 240 mg/dl das Schlaganfallrisiko um das Zweieinhalbfache steigt. Der Cholesterinspiegel sollte unter 200 mg/dl liegen. Dieser Richtwert ist besonders wichtig, wenn der "schlechte" Cholesterinteil (das sog. LDL) erhöht und der "gute" Cholesterinteil (das sog. HDL) erniedrigt ist.
Jeder sollte seinen Cholesterinwert im Blut kennen und gegebenenfalls durch Änderungen in der Ernährung oder mit Medikamenten behandeln. Die Ernährung hat großen Einfluss auf den Cholesterinwert. Als Richtlinie gilt, dass der Verzehr von tierischen Fetten eingeschränkt oder durch pflanzliche Fette ersetzt werden sollte. Sport und regelmäßige Bewegung haben ebenfalls einen positiven Einfluss auf die Blutfettspiegel.
Übergewicht
Übergewicht ist definiert als ein im Vergleich zur Körpergröße zu hohes Körpergewicht. Dieses Verhältnis wird mit Hilfe des so genannten "Body Mass Index" (BMI) errechnet. Der BMI ergibt sich aus dem Körpergewicht in Kilogramm [kg] geteilt durch das Quadrat der Körpergröße in Metern [m²]. Übergewicht ist ein Risikofaktor für viele Erkrankungen. Es führt zu Bluthochdruck, belastet die Knochen und Gelenke und erhöht die Gefahr, an Diabetes zu erkranken. Deshalb: Schaffen Sie sich Bewegung. Das ist eine der wichtigsten Maßnahmen, um Übergewicht abzubauen. Grundsätzlich gilt: Ausdauersportarten sind sinnvoll.
Diabetes (Zuckerkrankheit)
Die so genannte Zuckerkrankheit (Diabetes) ist ein wichtiger Risikofaktor für den Schlaganfall. Diabetes ist ein Sammelbegriff für viele unterschiedliche Formen von Stoffwechselstörungen, denen gemein ist, dass der Zuckerspiegel im Blut nach dem Essen und nüchtern zu hoch ist. Bei Patienten mit Diabetes werden die Wände der Blutgefäße angegriffen. Sie verdicken sich und dadurch wird die Durchgängigkeit der Blutgefäße gestört. Die Verdickung der Gefäßwände erfolgt unter anderem auch über die Arterienverkalkung (Arteriosklerose). Die Verdickung der Gefäßwände wird durch alle Formen der Zuckerkrankheit wie z. B. Altersdiabetes verursacht.
Das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, ist für Menschen mit Diabetes gegenüber gesunden Menschen um das Zwei- bis Dreifache erhöht. Viele Menschen mit Diabetes merken zunächst nicht, dass sie die Erkrankung haben. Diabetes tut nicht weh, deshalb wird die Krankheit oft erst spät bemerkt. Auch hier gilt, dass nur eine Erkrankung behandelt werden kann, die bekannt ist. Regelmäßige Untersuchungen auf das Vorhandensein von Diabetes sind deshalb sinnvoll.
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Herzrhythmusstörungen (Vorhofflimmern)
Herzrhythmusstörungen sind Störungen im normalen Ablauf des Herzschlages, genauer gesagt der Herzmuskelerregung. Das Herz schlägt dann nicht mehr regelmäßig. Insbesondere eine bestimmte Art von Herzrhythmusstörung, das Vorhofflimmern, bedeutet ein deutlich erhöhtes Schlaganfallrisiko. Bei Menschen mit Vorhofflimmern ist das Schlaganfallrisiko mindestens um das Fünffache erhöht. Etwa 5 % aller Menschen mit Vorhofflimmern bekommen pro Jahr einen Schlaganfall. Kommen neben dem Vorhofflimmern weitere Herzerkrankungen wie Herzgefäßerkrankungen (KHK = koronare Herzerkrankung) oder Herzschwäche (Herzinsuffizienz) hinzu, erhöht sich das Risiko zusätzlich um den Faktor zwei bis drei. Besonders schwerwiegend ist das Vorliegen einer so genannten rheumatischen Herzschädigung, die durch eine Infektion mit Streptokokken verursacht wird. Bei Vorhofflimmern mit einer rheumatischen Herzschädigung erhöht sich das Schlaganfallrisiko um das Siebzehnfache. Die Datenlage aus wissenschaftlichen Studien legt außerdem nahe, dass insbesondere ältere Menschen mit Vorhofflimmern ein erhöhtes Schlaganfallrisiko tragen.
Bei Menschen mit Vorhofflimmern können sich durch den unregelmäßigen Herzschlag kleine Blutklümpchen im Herzen bilden (vor allem passiert dies im so genannten Herzvorhof). Beim Fühlen des Pulses am Handgelenk lässt sich einfach feststellen, ob der Herzschlag regelmäßig ist oder nicht. Mithilfe eines EKG können viele Arten von Herzrhythmusstörungen erkannt werden. Auch hier ist es so, dass viele Menschen nicht wissen, dass bei ihnen Herzrhythmusstörungen vorliegen.
Zur Vorbeugung eines Schlaganfalles bei Menschen mit Vorhofflimmern werden Medikamente eingesetzt, die das Blut verdünnen, um die Bildung von Blutklümpchen zu verhindern. Diese Medikamente heißen Antikoagulantien. Die bekanntesten Medikamente zur Blutverdünnung heißen Markumar®, Warfarin® und Falithrom®. Auch Aspirin® (ASS) verdünnt das Blut, wirkt aber auf eine andere Weise. Die sogenannten neuen oralen Antikoagulanzien (NOACs), zu denen Apixaban zählt, wirken genauso gut wie Marcumar und haben den Vorteil, dass sie in einer fixen täglichen Dosis genommen werden können und keine regelmäßigen Blutkontrollen erforderlich sind.
Weitere beeinflussbare Risikofaktoren
Neben den oben genannten Hauptrisikofaktoren gibt es noch weitere Faktoren, die das Schlaganfallrisiko beeinflussen können:
- Bewegungsmangel: Regelmäßige körperliche Aktivität und Sport halten fit: Bewegung trainiert unsere Muskeln und Gefäße und der Körper wird beim Sport mit mehr Sauerstoff versorgt. Dies macht die Gefäße elastisch. Besonders Ausdauersport reguliert den Zuckerstoffwechsel und senkt Blutdruck- und Cholesterinwerte.
- Stress: Niemand kann Stress vollkommen vermeiden. Aber Vorsicht: Chronischer Stress kann zur Gefahr für die Gesundheit werden.
- Alkohol: Ein übermäßiger Alkoholkonsum erhöht das Schlaganfall-Risiko. Weit verbreitet ist die Meinung, dass ein Gläschen in Ehren der Herz-Kreislauf-Gesundheit nicht schaden kann. In mehreren Studien wurde bereits nachgewiesen, dass leichter bis mäßiger Alkoholkonsum das Schlaganfall-Risiko senken kann. Dies gilt aber nur für den Hirninfarkt, also den Schlaganfall, der durch mangelnde Durchblutung der Hirngefäße entsteht. Die Frage, ob geringe Mengen Alkohols jedweder Herstellungsweise das Schlaganfallrisiko senken, ist häufig hinterfragt, aber nie bewiesen worden. Gesichert ist auf der anderen Seite, dass im Zusammenhang mit akuten Rauschzuständen eine erhöhte Schlaganfallhäufigkeit beobachtet worden ist. Dabei spielen auch andere Drogen eine Rolle.
Schlaganfall bei jüngeren Menschen
Schlaganfall ist zwar primär eine Krankheit des Alters, aber weltweit ereignen sich etwa ein Viertel aller Schlaganfälle bei Menschen unter 65 Jahren und jeder siebte Schlaganfallpatient ist jünger als 50. Bei Patienten im Alter zwischen 18 und 50 Jahren spricht man vom Schlaganfall beim jungen Menschen oder dem sogenannten juvenilen Schlaganfall. Manchmal wird auch das Alter zwischen 18 und 55 Jahren als Altersgrenze genommen.
In der Altersgruppe von Schlaganfallpatienten zwischen 18 und 35 Jahren finden sich überwiegend andere, meist angeborene Ursachen als beim typischen älteren Schlaganfallpatienten: Herzfehler, Gerinnungsstörungen, vermehrt Gefäßeinrisse - sogenannte Dissektionen - und seltene Syndrome. Auch angeborene Fettstoffwechselstörungen können das Risiko für Schlaganfall erhöhen. In der Altersgruppe der 35 bis 50-jährigen hingegen findet man vorwiegend die klassischen Ursachen, wie Gefäßverkalkung oder ein durch Herzrhythmusstörung aus dem Herzen eingeschwemmtes Blutgerinnsel, die zu einer Verengung oder gar Verschluss einer Arterie führen können. Bei diesen Patienten kommen zumeist die typischen Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck, Übergewicht, Rauchen und geringe körperliche Aktivität zum Tragen.
Prävention und Behandlung
Die Prävention eines Schlaganfalls basiert auf der Reduzierung beeinflussbarer Risikofaktoren. Dies umfasst:
- Gesunde Lebensweise: Regelmäßige körperliche Aktivität, eine ausgewogene Ernährung, der Verzicht auf Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum.
- Kontrolle und Behandlung von Risikofaktoren: Regelmäßige ärztliche Untersuchungen zur Früherkennung und Behandlung von Bluthochdruck, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen und Herzerkrankungen.
- Medikamentöse Therapie: Bei Bedarf Einsatz von blutverdünnenden, cholesterinsenkenden oder gerinnungshemmenden Medikamenten.
Ein Schlaganfall muss so schnell wie möglich behandelt werden - jede Minute zählt. Es gilt das Motto „time is brain“, damit es nicht zu bleibenden Schäden durch Absterben von Gehirnzellen kommt. Je schneller die Behandlung erfolgt, desto höher sind die Chancen auf eine weitgehende oder vollständige Genesung. Bei einem ischämischen Schlaganfall muss das durch ein Blutgerinnsel akut verstopfte Gefäß so schnell wie möglich wiedereröffnet werden. Dies kann durch eine medikamentöse Therapie erfolgen, die als Thrombolyse (kurz auch: „Lyse“) bezeichnet wird. Reicht eine Lysetherapie zur Auflösung des die Arterie verstopfenden Blutgerinnsels nicht aus, gibt es die Möglichkeit der sogenannten Thrombektomie, einem Eingriff, bei dem das Blutgerinnsel mechanisch entfernt wird.
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