Schlaganfall-Risikofaktoren im Alter: Ein umfassender Überblick

Der Schlaganfall ist eine der häufigsten schweren Erkrankungen, die zu erheblichen Behinderungen und neuropsychologischen Funktionsstörungen führen kann. Obwohl der Schlaganfall primär eine Krankheit des Alters ist, sind auch jüngere Menschen betroffen. Dieser Artikel beleuchtet die Risikofaktoren für Schlaganfälle in verschiedenen Altersgruppen, wobei ein besonderer Fokus auf den Unterschieden zwischen jüngeren und älteren Patienten liegt.

Einleitung

Jährlich erleiden in Deutschland etwa 270.000 Menschen einen Schlaganfall. Dieser Artikel untersucht die Risikofaktoren, die zu dieser Erkrankung beitragen, und beleuchtet die Unterschiede zwischen jüngeren und älteren Patienten. Es werden Präventionsmaßnahmen und die Bedeutung einer frühzeitigen Diagnose hervorgehoben, um das Risiko eines Schlaganfalls zu minimieren.

Schlaganfall bei jüngeren Menschen: Definition und Häufigkeit

Wenn im Zusammenhang mit Schlaganfall von "jüngeren Menschen" die Rede ist, sind damit verschiedene Altersgruppen gemeint. Obwohl Schlaganfall primär eine Krankheit des Alters ist, ereignen sich weltweit etwa ein Viertel aller Schlaganfälle bei Menschen unter 65 Jahren, und jeder siebte Schlaganfallpatient ist jünger als 50 Jahre. Bei Patienten im Alter zwischen 18 und 55 Jahren spricht man vom Schlaganfall beim jungen Menschen oder dem sogenannten juvenilen Schlaganfall.

Anstieg der Schlaganfallzahlen bei jüngeren Menschen

Studien deuten auf einen Anstieg der Schlaganfallzahlen bei jüngeren Menschen hin. Diese Daten stammen zumeist aus Registern, die auf den Diagnosekodierungen der Krankenhäuser beruhen. Studien aus Amerika, Europa, Schweden und Frankreich zeigen einen Anstieg in den Schlaganfallzahlen bei jüngeren Menschen, während die Anzahl an Schlaganfallpatienten insgesamt stagniert. Es scheint also einen Trend zu geben, jedoch lässt sich nicht mit letzter Gewissheit sagen, wie groß der Anstieg tatsächlich ist.

Ein vermehrtes Auftreten von Schlaganfällen kann aber auch z. B. durch veränderte Definitionen und Diagnosemethoden begründet sein. In der Schlaganfalldiagnostik spielt beispielsweise die MRT-Bildgebung eine immer größere Rolle. Sie ist qualitativ besser geworden und wird mittlerweile sehr häufig eingesetzt, so dass heutzutage auch Schlaganfälle erkannt werden, die vor 10 oder 15 Jahren unentdeckt geblieben wären.

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Unterschiede zwischen Männern und Frauen

Zwischen 18 und 35 Jahren sind Frauen statistisch gesehen häufiger vom Schlaganfall betroffen als Männer. Bei ihnen spielen das Risiko der Pille - vor allem im Zusammenspiel mit Rauchen - und der Risikofaktor Migräne mit Aura eine besondere Rolle. Deutlich mehr Frauen als Männer leiden unter Migräne. Auch Schwangerschaften erhöhen das Risiko für einen Schlaganfall: Um die Entbindung, bzw. die Zeit kurz nach Entbindung, ist das Schlaganfallrisiko erhöht. In der Altersspanne von 35 bis 50 Jahren sind dann Männer häufiger vom Schlaganfall betroffen. Im höheren Alter näheren sich Männer und Frauen wieder an.

Ursachen für Schlaganfälle bei jüngeren Menschen

Die Ursachen für Schlaganfälle bei jüngeren Menschen unterscheiden sich von denen bei älteren Menschen. In der Altersgruppe von Schlaganfallpatienten zwischen 18 und 35 Jahren finden sich überwiegend andere, meist angeborene Ursachen als beim typischen älteren Schlaganfallpatienten:

  • Herzfehler
  • Gerinnungsstörungen
  • Vermehrt Gefäßeinrisse - sogenannte Dissektionen
  • Seltene Syndrome
  • Angeborene Fettstoffwechselstörungen
  • Erhöhtes Lipoprotein (a)

In der Altersgruppe der 35 bis 50-jährigen hingegen findet man vorwiegend die klassischen Ursachen, wie Gefäßverkalkung oder ein durch Herzrhythmusstörung aus dem Herzen eingeschwemmtes Blutgerinnsel, die zu einer Verengung oder gar Verschluss einer Arterie führen können. Bei diesen Patienten kommen zumeist die typischen Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck, Übergewicht, Rauchen und geringe körperliche Aktivität zum Tragen.

Spontane Gefäßdissektion

Eine spontane Gefäßdissektion einer Halsarterie ist eine seltene, aber relevante Ursache für Schlaganfälle bei jungen Menschen. Dabei kommt es durch eine kleine Verletzung zu einem Einriss in der Gefäßinnenwand. Es bildet sich ein Wandhämatom, das zu einer Engstelle oder sogar einem Gefäßverschluss führt. Diese Patient:innen sind oft Mitte 40 oder jünger, im höheren Lebensalter kommen solche Dissektionen selten vor.

Es wird angenommen, dass 15 bis 25 Prozent der juvenilen Schlaganfälle durch diese Dissektionen entstehen. Andere seltenere Ursachen sind Gefäßentzündungen (Vaskulitiden), Gerinnungsstörungen (Thrombophilien) oder auch Schlaganfälle durch Gerinnsel aus dem Herzen (kardioembolisch) u.a. durch Defekte der Herzscheidewand (paradoxe Embolien), die im höheren Alter selten eine Rolle spielen.

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Ungeklärte Ursachen

Leider gibt es viele Patient:innen, die sich mehrere Tage auf der Stroke Unit im Krankenhaus befinden, das komplette diagnostische Programm durchlaufen, doch am Ende findet man tatsächlich nichts. Diese Rate ist sehr, sehr hoch. Sie liegt mindestens bei 30, manchmal sogar bei 50 Prozent.

Auswirkungen auf das Leben junger Menschen

Obwohl das Outcome bei jüngeren Schlaganfallpatienten oft besser ist, kann ein Schlaganfall erhebliche Auswirkungen auf ihr Leben haben. Etwa ein Drittel der Patient:innen, die eine Behinderung erleiden, können ihr Leben nicht mehr so führen wie vorher und bleiben dauerhaft arbeitsunfähig. Nur etwa 40 Prozent kehren an ihren alten Arbeitsplatz zurück.

Wenn ein junger Mensch aufgrund des Schlaganfalls zum Beispiel neuropsychologische Defizite wie Konzentrationsstörungen hat, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass er nie wieder auf dem Niveau arbeiten kann, das er vorher hatte. Bei einem 70-Jährigen fallen die gleichen Defizite vielleicht gar nicht so auf.

Klassische Risikofaktoren für Schlaganfall

Bei einem Schlaganfall handelt es sich um eine plötzlich auftretende Schädigung von Hirnarealen, die infolge eines Gefäßverschlusses (ischämischer Schlaganfall) oder durch eine Hirnblutung (hämorrhagischer Schlaganfall) entsteht. Das Risiko von Gefäßverschlüssen ist insbesondere bei arteriosklerotisch geschädigten Hals- oder Hirnschlagadern erhöht. Hirnblutungen treten hingegen häufig bei Hirnarterien auf, welche durch einen langjährigen Bluthochdruck geschädigt wurden. In Folge eines Schlaganfalls wird die Funktion des Gehirns beeinträchtigt. Schlagartig treten vor allem Lähmungen (meist in einer Körperhälfte), Sprach-, Seh- und Gleichgewichtsstörungen auf.

Wie bei der koronaren Herzkrankheit sind Rauchen, Adipositas, Bewegungsarmut, Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck und Diabetes zentrale Risikofaktoren für einen Schlaganfall.

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Bluthochdruck

Bluthochdruck schädigt Blutgefäße und das Herz und erhöht damit das Schlaganfallrisiko. Er ist einer der häufigsten Risikofaktoren für einen Schlaganfall, denn er schädigt auf Dauer die Gefäßwände und begünstigt die Entstehung der Arteriosklerose (Arterienverkalkung) oder Stenosen (Verengungen in den Arterien). Es gilt, den Blutdruck als wichtigsten Risikofaktor unbedingt in einen Bereich von unter 140/90 mmHg zu bringen.

Diabetes

Bei etwa jedem vierten Patienten, der einen Schlaganfall erlebt hat, ist Diabetes mellitus nachweisbar. Generell ist bei Diabetes das Schlaganfallrisiko zwei bis viermal erhöht. Diabetes ist daher ein klassischer Risikofaktor für den Schlaganfall. Beim Diabetes kommt es durch dauerhaft erhöhte Blutzuckerwerte zu einer fortschreitenden Schädigung vor allem kleinerer Blutgefäße. Bei Patienten mit Diabetes müssen Blutdruckwerte in einem Bereich von 130-139/80-85 mmHg erreicht werden, um das Risiko für einen Schlaganfall zu senken.

Herzrhythmusstörungen

Herzrhythmusstörungen können zur Bildung von Blutgerinnseln im Herzen führen. Solche Gerinnsel können mit dem Blutstrom in die Hirnschlagadern gelangen und stellen ein sehr großes Risiko für Schlaganfälle dar. Menschen mit Vorhofflimmern haben ein bis zu 5-fach erhöhtes Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Die Wahrscheinlichkeit für ein Vorhofflimmern steigt mit zunehmendem Lebensalter.

Übergewicht und Bewegungsmangel

Übergewicht und Bewegungsmangel können einen Bluthochdruck oder einen Diabetes zur Folge haben. Alleine hierdurch ist das Schlaganfallrisiko bei übergewichtigen Menschen deutlich erhöht.

Rauchen

Rauchen schädigt die Blutgefäße und senkt die Sauerstoffaufnahme im Blut. Folge sind ein erhöhter Blutdruck, verengte Blutgefäße und eine schlechtere Gewebedurchblutung. Raucher haben ein zwei- bis vierfach erhöhtes Schlaganfallrisiko.

Fettstoffwechselstörungen

Fettstoffwechselstörungen können eine Atherosklerose begünstigen und tragen damit zu einem erhöhten Schlaganfallrisiko bei. Besonders das sogenannte LDL-Cholesterin erhöht das Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte.

Alkohol

Alkohol in geringen Mengen hat keinen negativen Effekt auf das Schlaganfallrisiko. Im Gegenteil: Rotwein kann - in geringen Mengen konsumiert - sogar vor atherosklerotischen Gefäßveränderungen schützen und den Cholesterinspiegel senken. Ein übermäßiger Alkoholkonsum erhöht das Schlaganfall-Risiko.

Familiäre Veranlagung

Ist bei Familienmitgliedern bereits ein Schlaganfall aufgetreten, so ist das Schlaganfallrisiko erhöht. Wenn in Ihrer Familie mehrere Verwandte bereits einen Schlaganfall erlitten haben, kann Ihr erbliches Risiko erhöht sein.

Prävalenz von Schlaganfällen in Deutschland

Im Jahr 2014 lag in Deutschland die Lebenszeitprävalenz für Schlaganfall bei 3,3 %. Die Prävalenz stieg mit zunehmendem Alter deutlich an. Bei 18- bis 44-Jährigen lag die Prävalenz bei 0,9 % und bei 45- bis 64-Jährigen bei 2,8 %. Personen im Alter zwischen 65 und 79 Jahren waren zu 7,5 % und Personen ab 80 Jahren zu 14,6 % betroffen. Personen der niedrigen Bildungsgruppe waren mit 6,2 % häufiger von einem Schlaganfall betroffen als Personen der mittleren (2,1 %) und der hohen Bildungsgruppe (2,2 %).

Die Prävalenz variierte zwischen den Regionen und lag in der Region Mitte-West mit 4,0 % über dem Bundesdurchschnitt. Die Prävalenz von Schlaganfall bei Erwachsenen lag in 2014 bei rund 3 %. Auf ähnlichem Niveau bewegen sich die Analysen auf der Grundlage von Abrechnungsdaten gesetzlich Versicherter für den aktuelleren Zeitraum von 2017 - 2022.

Präventionsmaßnahmen

Das Präventionspotenzial für das Schlaganfallrisiko ist hoch angesichts der in Deutschland noch bestehenden Defizite, etwa bei der Eindämmung des Tabakkonsums oder der Förderung eines gesunden Lebensstils. Die Unterschiede in den Bildungsgruppen verdeutlichen, dass verhaltens- und verhältnisbezogene Präventionsangebote insbesondere sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen in den Blick nehmen sollten.

Generell unterscheiden Ärzte jene Risikofaktoren, die man beeinflussen kann, von denen, auf die man keinen Einfluss hat. Wie bei so vielen Krankheiten gehören der Verzicht auf das Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum sowie eine gesunde, ausgewogene Ernährung und ausreichende, regelmäßige Bewegung zu den vorbeugenden Maßnahmen. Aber auch bei einem gesunden Lebensstil sollten bekannte Risikofaktoren für einen Schlaganfall durch den Hausarzt intensiv kontrolliert und behandelt werden.

Lebensstiländerungen

  • Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten kann das Risiko für Schlaganfälle senken.
  • Regelmäßige Bewegung: Regelmäßige körperliche Aktivität hilft, das Gewicht zu kontrollieren, den Blutdruck zu senken und die allgemeine Gesundheit zu verbessern.
  • Nikotinverzicht: Rauchen schädigt die Blutgefäße und erhöht das Schlaganfallrisiko erheblich.
  • Moderater Alkoholkonsum: Ein übermäßiger Alkoholkonsum sollte vermieden werden.

Ärztliche Kontrollen und Behandlungen

  • Blutdruckkontrolle: Ein hoher Blutdruck sollte unbedingt in einen Bereich von unter 140/90 mmHg gebracht werden.
  • Diabetesmanagement: Bei Patienten mit Diabetes muss konsequent der Blutzucker richtig eingestellt werden. Blutdruckwerte sollten in einem Bereich von 130-139/80-85 mmHg erreicht werden.
  • Behandlung von Fettstoffwechselstörungen: Risikosenkende Therapien sollten eingeleitet werden, um das Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte zu senken.
  • Behandlung von Herzerkrankungen: Bestimmte Herzerkrankungen, wie z. B. Herzrhythmusstörungen, oder ein genetisch bedingtes erhöhtes Thromboserisiko sollten ärztlich behandelt werden.

Bedeutung einer frühzeitigen Diagnose und Behandlung

Bei Schlaganfallverdacht sind eine rasche Diagnostik und Versorgung im Krankenhaus äußerst wichtig. Je mehr Zeit vergeht - also je länger Gehirngewebe ohne Sauerstoff bleibt, desto wahrscheinlicher sind schwere und bleibende Schäden nach einem Schlaganfall. Deswegen gilt in der Schlaganfallbehandlung der Leitsatz „Time is brain“, deutsch übersetzt: „Zeit ist Gehirn“.

Die Ursachenklärung bei einem Schlaganfall ist der wichtigste Schritt für das weitere medizinische Vorgehen nach einer Schlaganfall-Diagnose. Durch verschiedene Mechanismen kommt es zur Verstopfung einer Arterie im Gehirn mit unterbrochener Blutzirkulation. Als Folge können Hirnareale nicht mehr mit Sauerstoff versorgt werden. Eine Blutung in das Hirn tritt durch einen Einriss in der Gefäßwand auf.

Fazit

Der Schlaganfall ist eine ernstzunehmende Erkrankung, deren Risikofaktoren sich je nach Alter unterscheiden können. Während bei jüngeren Menschen oft angeborene Ursachen oder Gefäßdissektionen eine Rolle spielen, sind bei älteren Menschen klassische Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes und Fettstoffwechselstörungen von Bedeutung. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sowie präventive Maßnahmen wie ein gesunder Lebensstil können das Risiko eines Schlaganfalls erheblich reduzieren. Es ist wichtig, Risikofaktoren zu erkennen und durch regelmäßige ärztliche Kontrollen und geeignete Therapien zu minimieren.

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