Implantate wie Hirnschrittmacher können zuverlässig aus der Ferne eingestellt werden - eine Erleichterung für viele Betroffene. Die moderne Medizin hat mit aktiven Implantaten erhebliche Fortschritte erzielt, die die Lebensqualität von Millionen von Menschen weltweit verbessern. Zu diesen Implantaten zählen Herzschrittmacher, die die Herzfunktion unterstützen, Vagusnerv-Stimulatoren bei Epilepsie, Cochlea-Implantate, die Gehörlosen das Hören ermöglichen, sowie Hirnschrittmacher, die bei Bewegungsstörungen die Gehirnfunktion modulieren und vielen Betroffenen wieder ein selbstständiges Leben ermöglichen.
Was ist ein Hirnschrittmacher?
Der Hirnschrittmacher, auch bekannt als "tiefe Hirnstimulation" (THS), ist ein technisches Gerät, das zur Behandlung verschiedener neurologischer Erkrankungen eingesetzt wird. Dabei setzt ein Chirurg den Hirnschrittmacher - ähnlich wie einen Herzschrittmacher - ins Gehirn ein, wo er hochfrequente elektrische Impulse an bestimmte Hirnareale abgibt. Obwohl der genaue Wirkmechanismus des Verfahrens noch nicht vollständig geklärt ist, geht man davon aus, dass die elektrischen Impulse bestimmte Hirnareale hemmen und so die Symptome von neurologischen Erkrankungen lindern.
Wann wird ein Hirnschrittmacher eingesetzt?
Mögliche Anwendungsgebiete sind verschiedene neurologische Erkrankungen. Am häufigsten wird ein Hirnschrittmacher bei Parkinson eingesetzt: Hier verbessert die "deep brain stimulation" das typische Zittern (Tremor) und die Überbeweglichkeit (Dyskinesie) der Betroffenen. Weitere Erkrankungen, bei denen die Patienten von einem Hirnschrittmacher profitieren können, sind:
- Essentieller Tremor (Bewegungsstörung, meist an den Händen)
- Generalisierte oder segmentale Dystonie (unwillkürliches Zusammenziehen der Skelettmuskulatur)
- Chorea Huntington
- Fokale Epilepsie
- Psychiatrische Zwangsstörungen
Die Wirksamkeit der tiefen Hirnstimulation bei einigen anderen Erkrankungen, zum Beispiel bei der chronischen Depression, wird derzeit in Studien überprüft.
Wie funktioniert die Therapie mit einem Hirnschrittmacher?
Bevor ein Arzt einen Hirnschrittmacher einsetzt, untersucht er den Patienten. Er dokumentiert sorgfältig die charakteristischen Krankheitszeichen des Patienten und stellt fest, wie diese sich über den Tag hinweg entwickeln. Eine Untersuchung des Gehirns mittels Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT) und ein Gedächtnistest schließen sich an.
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Auf der Grundlage dieser Voruntersuchungen kann der Arzt das individuelle Risiko für mögliche Nebenwirkungen im Vergleich zu den entstehenden Vorteilen durch den Hirnschrittmacher abwägen.
Implantation des Hirnschrittmachers
Zuerst fixiert der Neurochirurg den Kopf des Patienten in einem sogenannten stereotaktischen Ring. Dieser wird unter örtlicher Betäubung am Schädelknochen befestigt und verhindert eine Bewegung des Kopfes. Ein erneutes MRT-Bild des Kopfes liefert die nötigen Informationen zum gesuchten Hirnareal und ermöglicht die genaue Planung des Zugangsweges.
Über einen kleinen Hautschnitt erhält der Neurochirurg freie Sicht auf die knöcherne Schädeldecke. Er bohrt nun ein winziges Loch in den Knochen, durch das er mehrere Mikroelektroden in das Gehirn einführt. Das Einführen der Elektroden ist schmerzfrei, weil das Gehirn selbst keine Schmerzsensoren besitzt.
Schwache, stimulierende Testimpulse über die Mikroelektroden und die Rückmeldungen des ansprechbaren Patienten lassen den Arzt die zu behandelnde Hirnregion lokalisieren. Dort platziert er dann die endgültige Stimulationselektrode des Hirnschrittmachers.
Der weitere Teil der Operation erfolgt in Vollnarkose. Der Chirurg setzt nun den Impulsgeber des Hirnschrittmachers unterhalb des Schlüsselbeins oder im Brustbereich unter der Haut des Patienten ein und verbindet diesen über ein ebenfalls unter der Haut verlaufendes Kabel mit den Elektroden im Gehirn. Der gesamte Eingriff dauert etwa fünf bis sechs Stunden.
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Die Elektroden sind über feine Kabel unter der Haut mit dem eigentlichen „Schrittmacher“ verbunden, der unter der Brust- oder Bauchhaut implantiert wird. Die Elektroden stimulieren dann gezielt bestimmte Hirnregionen.
Ablauf der Operation im Detail
- Vorbereitung: Unter örtlicher Betäubung (teilweise auch unter Intubationsnarkose oder Vollnarkose) wird ein stereotaktischer Ring am Schädelknochen befestigt. Dieser Metallrahmen ist fest mit dem Operationstisch verbunden, damit der Kopf die ganze Zeit exakt an derselben Position bleibt.
- Bildgebung: Nun wird eine CT (Computertomographie) vom befestigten Kopf gemacht (Stereotaxie-CT). Die Ergebnisse werden mit Bilddaten eines vor dem Operationstag durchgeführten MRTs (Kernspintomographie / Magnetresonanztomographie) am Planungsrechner in Übereinstimmung gebracht. Dies ermöglicht die Darstellung der Gefäße in Kombination mit dem stereotaktischen Ring in bestmöglicher Auflösung, um so die Planung des Zugangswegs zu der jeweiligen Hirnregion unter Berücksichtigung der Gefäßverläufe und der Koordinate des Zielpunktes im Verhältnis zum stereotaktischen Ring vorzunehmen.
- Zielplanung: Die Zielposition der Elektroden im Gehirn hängt stark von den individuellen Beschwerden des Patienten oder der Patientin ab. In der Regel liegt die Position in den Basalkernen, die großen Einfluss auf die Motorik haben. Dieses winzige Areal im Gehirn wird auch Nucleus subthalamicus (NST) genannt. Mithilfe der bildgebenden Verfahren und eines Computers werden nun der genaue Winkel und die Tiefe für die Platzierung der Elektroden berechnet.
- Navigation: Nun wird ein zusätzlicher Bügel (der sog. Zielbügel) am stereotaktischen Ring befestigt, um während der Operation präzise navigieren zu können.
- Bohrung: Dann wird je einzusetzender Elektrode ein kleines Loch (ca. 8 mm Durchmesser) in die Schädeldecke gebohrt (i.d.R. Erfolgte für die Befestigung des Schädels am stereotaktischen Ring, den Hautschnitt und das Bohren der Löcher eine optionale Intubationsnarkose, wird diese nun beendet, damit die Patientinnen und Patienten während der testweisen Platzierung der Elektroden im Gehirn befragt werden kann.
- Testelektroden: Nun werden eine oder mehrere (i.d.R. zwei bis fünf) sehr dünne Testelektroden (Mikroelektrode) eingeführt und zwar bis etwa 3 mm vor dem berechneten Zielpunkt. Die Mikroelektroden ermöglichen elektrische Ableitungen aus dem Kerngebiet, um für die Neurochirurg*innen als Orientierungshilfe zu fungieren. Keine Angst: Das Einführen der Elektroden ist schmerzfrei, denn das Gehirn selbst verfügt über keinerlei Schmerzrezeptoren.
- Testimpulse: Nun werden Testimpulse über die Elektroden gesendet, während in Kommunikation mit den Patientinnen und Patienten die Effekte der testweisen tiefen Hirnstimulation genau notiert werden. Hierbei werden Betroffene zu den Effekten auf die zu lindernden Parkinson-Symptome und mögliche Nebenwirkungen befragt. So werden in Zusammenarbeit mit den Patientinnen und Patienten die optimale Position und Stimulationsstärke ermittelt, bevor die richtigen THS-Elektroden platziert werden. Abschließend wird deren finale Lage mit Röntgen kontrolliert.
- Implantation des Schrittmachers: Im Anschluss werden Schrittmacher und Kabel unter Vollnarkose implantiert. In der Regel wird er unterhalb des Schlüsselbeins platziert, der Impulsgeber kann aber auch im Bereich des Bauches positioniert werden. Meistens erfolgt die Implantation des Schrittmachers am selben Tag wie die Einführung der Elektroden.
Nachsorge und Anpassung
Nach der Operation verbleiben Betroffene zunächst ein bis zwei Tage auf der neurochirurgischen Station. Ein paar Tage nach der Operation wird der Hirnschrittmacher erstmals aktiviert. In der Neurologie werden Impulsstärke und weitere Parameter des Hirnschrittmachers solange angepasst, bis die Parkinson Symptome möglichst effektiv gelindert werden und das bei möglichst geringen Nebenwirkungen. Wie lange der Aufenthalt dauert, hängt also stark von der individuellen Situation der jeweiligen Patientinnen und Patienten ab.
Nach dem stationären Aufenthalt erfolgt eine Reha. Hier lernen Patientinnen und Patienten außerdem den Umgang mit einer Art Fernbedienung, mit welcher vor allem die Impulsstärke und weitere Stimulationsparameter des Schrittmachers von außen eingestellt werden können.
Nach etwa drei bis fünf Jahren muss die Batterie gewechselt werden. Dies erfolgt über einen kleinen Schnitt am Hals, unter örtlicher Betäubung. Ein erneutes Anpassen der Elektroden im Gehirn ist nicht erforderlich.
Fernanpassung des Hirnschrittmachers
Bislang war die Nachsorge dieser Systeme oft mit aufwändigen Klinikbesuchen verbunden - eine Herausforderung für Patientinnen und Patienten mit eingeschränkter Mobilität. Implantate wie Hirnschrittmacher können jedoch zuverlässig aus der Ferne eingestellt werden, was eine Erleichterung für viele Betroffene darstellt.
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Mithilfe einer Smartwatch kann beispielsweise in den ersten drei Monaten nach der OP die Beweglichkeit gemessen werden, diese ist bei Parkinson häufig eingeschränkt. Zusätzlich erhalten Patientinnen und Patienten täglich kurze Nachrichten auf das Smartphone, um ihr Befinden zu erfragen. Bei Bedarf können sie einen Termin mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten vereinbaren, der als Videobesprechung über das Smartphone durchgeführt wird. Stellte sich dabei heraus, dass der Schrittmacher angepasst werden musste, konnten die Patientinnen und Patienten ihr Gerät vorübergehend freischalten, sodass die Behandelnden die Einstellungen aus der Ferne anpassen konnten.
Die Studienteilnehmenden waren mit den technischen Möglichkeiten sehr zufrieden. Besonders die kurzen Behandlungszeiten von durchschnittlich einer Viertelstunde trugen maßgeblich zur hohen Akzeptanz bei. Für 84 Prozent der Patientinnen und Patienten war die Technik einfach zu nutzen, 96 Prozent gaben an, sie erneut verwenden zu wollen. Ein weiterer Vorteil: Das Ansprechen auf die Therapie erfolgte im Durchschnitt zwei Wochen früher als in der Vergleichsgruppe, deren Teilnehmer eine durchschnittliche Anreise von mehr als 100 Kilometern zu den Anpassungsterminen in der Klinik auf sich nehmen mussten. Eine relevante Verbesserung der Lebensqualität stellte sich sogar zwei Monate früher ein. Auch langfristig konnten die gleichen Ergebnisse erzielt werden wie mit den traditionellen Anpassungen in der Klinik.
Welche Risiken birgt die Therapie mit einem Hirnschrittmacher?
Bei der Tiefenhirnstimulation gibt es einige Risiken, über die der Arzt den Patienten im Vorfeld genau aufklärt. Dabei unterscheidet man die Komplikationen, die durch den chirurgischen Eingriff entstehen können, von den Nebenwirkungen durch die elektronische Stimulation der gewählten Hirnregion.
Risiken durch die Operation
Durch den Eingriff kann es - wie bei allen Operationen - zu Verletzungen von Gefäßen und dementsprechend Blutungen kommen. Drücken die Blutungen auf Gehirngewebe, können in seltenen Fällen neurologische Symptome auftreten, zum Beispiel Lähmungserscheinungen oder Sprachstörungen. Diese bilden sich aber in der Regel wieder zurück. Weitere mögliche Komplikationen sind:
- Fehlplatzierung oder Verrutschen der Elektroden (eventuell ist dann ein erneuter Eingriff notwendig)
- Infektionen mit Hirn- oder Hirnhautentzündung (Enzephalitis, Meningitis)
- Technische Störungen des Hirnschrittmachers
Bei der minimalinvasiven Operation (kleinerer Eingriff) kann es in seltenen Fällen (ca. 1%) zu Verletzungen von Gehirngefäßen und hiermit einhergehenden Blutungen kommen, welche sowohl ohne wahrnehmbare Beschwerden als auch mit Beschwerden, wie zum Beispiel dem Auftreten von Lähmungen, verlaufen können. Zudem kann es ebenfalls in seltenen Fällen zu einer Entzündung des Implantats kommen, welches dann eine antibiotische Behandlung bis hin zu einer Entfernung des Implantats erforderlich machen kann.
Risiken durch die elektrische Stimulation
Wirkung und Nebenwirkungen der Elektroden sind sehr unterschiedlich und abhängig von deren Lage. So kann es zum Beispiel zu Sprechstörungen, Empfindungsstörungen oder Sehstörungen kommen. Eine Einschränkung der Denk- und Merkfähigkeit durch den Hirnschrittmacher ist bisher nicht nachgewiesen.
Durch die elektrische Stimulation selbst kann es zur Verschlechterung des Sprechens oder auch zu Kribbelempfindungen oder Verkrampfungen in Armen und Beinen kommen. Diese Nebenwirkungen sind jedoch meist nicht von Dauer, sondern von der genauen Anpassung der Stimulationseinstellung abhängig, die in den ersten Monaten immer wieder angepasst werden muss.
Die Nebenwirkungen sind reversibel: Wenn die Stimulation reduziert oder ausgeschaltet wird, verschwinden diese Nebenwirkungen wieder. So können sie meist schnell behoben werden oder es lässt sich ein Kompromiss dafür finden. Die Kunst besteht darin, durch die Anpassung der Stimulationsparameter die gute Wirkung ohne Nebenwirkungen zu behalten.
Seelische Veränderungen und Persönlichkeitsveränderungen
Die Tiefe Hirnstimulation ist aufgrund von klinischen Studien gut erforscht. Sie wirkt sich nicht wesentlich auf geistige Funktionen aus. Es stimmt allerdings, dass bei einigen Patientinnen und Patienten, insbesondere in der Frühphase nach der Operation Stimmungsschwankungen, suizidale Gedanken oder Verwirrtheitszustände auftreten können. Diese Nebenwirkungen sind durch Medikamentenanpassung und enge ärztliche Betreuung behandelbar und meist nicht dauerhaft. Man weiß heute, dass das Risiko hierfür insbesondere bei den Patientinnen und Patienten besteht, die bereits vorher unter psychischen Veränderungen wie Depression, Halluzinationen oder Demenz litten. Es ist wichtig, dass solche Symptome vorher mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzte offen besprochen werden, um gemeinsam zu entscheiden, ob eine Tiefe Hirnstimulation überhaupt sinnvoll ist.
Bei der Parkinson-Erkrankung ist das Risiko von Persönlichkeitsveränderungen bei etwa 10 bis 15 Prozent der Fälle beobachtet werden. Im Fall des Essenziellen Tremors sind Sprach- und Gangstörungen möglich: Der Patient oder die Patientin hat zum Beispiel das Gefühl, wie mit einer dicken Zunge zu sprechen oder fühlt sich beim Gehen weniger stabil. Durch eine THS bei Zwangserkrankung kann es zu einer erhöhten Impulsivität kommen. Diese hängt meist mit dem tiefsten Kontakt der Elektrode zusammen und kann leicht behoben werden.
Unerwünschte Nebenwirkungen der Stimulation treten in der Regel innerhalb der ersten Monate auf. Es kommt normalerweise nicht vor, dass dies erst nach längerer Zeit geschieht.
Was muss ich nach dem Einsetzen des Hirnschrittmachers beachten?
Der Impulsgeber des Hirnschrittmachers kann durch die Haut programmiert werden und wird erst einige Tage nach der Operation eingeschaltet. Zunächst sollten Sie sich von dem Eingriff erholen. Bedenken Sie bitte, dass es einige Wochen dauern kann, bis die Impulse individuell eingestellt sind. Haben Sie also etwas Geduld, wenn Sie nicht gleich zu Beginn den gewünschten Behandlungserfolg verspüren.
Beachten Sie auch, dass der Hirnschrittmacher nicht die Ursache der Erkrankung behandelt, sondern nur deren Symptome lindert. Das bedeutet, dass Ihre Symptome zurückkehren, wenn der Hirnschrittmacher ausgeschaltet oder entfernt wird.
Die Batterien eines Hirnschrittmachers sind nach etwa zwei bis sieben Jahren entleert und müssen ausgetauscht werden. Für diesen Folgeeingriff ist allerdings keine Vollnarkose notwendig, eine örtliche Betäubung reicht aus.
Nach der Implantation eines THS-Systems können Patienten und Patientinnen für gewöhnlich alles tun wie zuvor, mit Ausnahme von ein paar Dingen, die berücksichtigt werden müssen. In Deutschland gibt es zum Beispiel ein Gesetz, wonach Menschen nach einer Hirnoperation (also auch nach einer THS-Implantation) über einen Zeitraum von drei Monaten kein Auto fahren dürfen. Im Flughafen darf der Patient oder die Patientin nicht durch die Sicherheitsschleuse gehen und generell darf der Körper keinem Strom ausgesetzt sein wie zum Beispiel im Rahmen manch einer physiotherapeutischen Behandlung. Ein MRT des Kopfes oder andere Körperteile ist weiterhin möglich, allerdings müssen dann bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Und im Falle einer späteren Operation muss der Operateur oder die Operateurin auf einige elektrisch unterstütze Techniken verzichten. Dies sind alles Dinge, die auch für Menschen mit einem Herzschrittmacher gelten.
Langzeiterfahrungen
Die Langzeiterfahrungen der Tiefen Hirnstimulation sind gut. Vereinzelt werden jedoch im Verlauf der Jahre auch kognitive Veränderungen oder Unzufriedenheit berichtet. Wissenschaftliche Ergebnisse zeigen, dass die Tiefe Hirnstimulation beim fortgeschrittenen Morbus Parkinson im Vergleich zur rein medikamentösen Therapie die Lebensqualität verbessern kann und eine aktivere Alltagsgestaltung ermöglicht.
Zittern, Bewegungsarmut und unwillkürliche Körperbewegungen, ausgelöst durch Schwankungen der Medikamentenwirkung, können durch die Tiefe Hirnstimulation verbessert werden, wenn Medikamente allein nicht mehr helfen. Große klinische Studien zeigen eine durchschnittliche Verringerung der Medikation nach Tiefer Hirnstimulation um 50 % sowie eine Verbesserung von motorischen Symptomen, wie z. B. Unterbeweglichkeit oder Tremor.
Die Tiefe Hirnstimulation ermöglicht keine Heilung der Erkrankung. Sie erhöht die Lebensqualität durch Verbesserung der Beweglichkeit. Zum Morbus Parkinson können auch Symptome wie Störungen beim Wasserlassen, Gedächtnisstörungen oder Depressivität gehören, die von der Stimulation wenig oder gar nicht verbessert werden. Daher ist eine genaue Beratung vor der Operation durch Neurologinnen und Neurologen wichtig.
Technische Neuerungen
In den letzten zehn Jahren gab es signifikante technische Fortschritte.
Direktionale Elektroden
2015 sind die sogenannten direktionalen Elektroden auf den Markt gekommen. Davor gab es nur Elektroden mit vier (oder acht) ringförmig angeordneten Kontakten. Das heißt, wenn ein Kontakt eingeschaltet ist, erfolgt die Stimulation immer im 360-Grad-Radius um diesen Kontakt herum. Die direktionalen Elektroden geben uns hingegen die Möglichkeit, nur in eine bestimmte Richtung zu stimulieren, also zum Beispiel weg von einer Struktur, die zu bestimmten Nebenwirkungen wie Sprachstörungen führen würde. Mit diesen direktionalen Elektroden werden die oben genannten Nebenwirkungen der THS weniger häufig beobachtet.
Brain-Sensing-Technologie
Zuletzt ist mit der Brain-Sensing-Technologie wieder ein weiterer wichtiger Schritt in der Entwicklung der THS-Systeme hinzugekommen. Mit den neuesten Implantaten kann nicht nur Strom abgegeben, sondern auch die elektrische Aktivität tief im Gehirn abgeleitet werden. Anhand der gemessenen Hirnsignale kann dann die Stimulationseinstellung weiter optimiert werden. Eine sehr wichtige Eigenschaft ist, dass der „Hirnschrittmacher“ mit diesem System so programmiert werden kann, dass die Stromstärke automatisch an die Symptome angepasst wird. Dies wird als sogenannte adaptive oder Closed-Loop-Stimulation bezeichnet.
Wiederaufladbare Schrittmacher
Ein wesentlicher Vorteil des wiederaufladbaren „Schrittmachers“ ist, dass er nicht nach ein paar Jahren ausgetauscht werden muss. Die Zeit, nach der ein nicht wiederaufladbares Gerät ersetzt werden muss, hängt vom individuellen Stromverbrauch ab und liegt bei Patienten und Patientinnen mit Bewegungsstörungen zwischen drei und sieben Jahren. Dieser Austausch geht immer mit einer kleinen Operation einher. Die wiederaufladbaren Systeme bleiben zwischen 15 bis 25 Jahre aktiv, so lange ist also keine Operation nötig. Ein weiterer Vorteil ist ihre geringere Größe. Das Wiederaufladen ist einfach und erfolgt in der Regel ein Mal pro Woche. Mit einem kabellosen Gerät, das in einer Art Weste über den „Schrittmacher“ gelegt wird, kann das System aufgeladen werden.
Charité-Studie entdeckt Hirnnetzwerk, dessen Stimulation symptomlindernd wirkt
Eine mögliche zukünftige Therapieform könnte die sogenannte Tiefe Hirnstimulation sein, die auch als Hirnschrittmacher bekannt ist. Ein Forschungsteam der Charité - Universitätsmedizin Berlin hat in einer Studie ein spezifisches Netzwerk im Gehirn von Alzheimer-Patient:innen ausgemacht, dessen Stimulation mit einer Linderung der Symptome einherging. Im Gehirn der Betroffenen werden dafür feinste Elektroden implantiert, die fortwährend schwache, kurze elektrische Impulse an die jeweiligen Hirnregionen abgeben. Die Elektroden verbleiben dauerhaft im Gehirn und sind über Kabel, die unter der Haut verlaufen, an einen Schrittmacher im Brustraum angeschlossen.
Die Forschungsgruppe um Prof. Horn hat sich darauf spezialisiert, hochaufgelöste Bilder des Gehirns, die mithilfe der Kernspintomographie aufgenommen werden, zu analysieren und in Kombination mit Computermodellen die optimalen Stimulationspunkte für eine THS im Gehirn hochpräzise aufzuspüren. Die Ergebnisse des Forschungsteams um Prof. Horn stellen eine wichtige Grundlage dar, um die Elektroden im Rahmen neurochirurgischer Studien zur Erprobung der THS bei Alzheimer zielgenauer zu platzieren.
In künftigen Forschungsarbeiten wird das Team um Prof. Horn weitere Netzwerke von Nervenzellen im Gehirn untersuchen und präzisieren, die für mögliche Therapien von Demenzerkrankungen relevant sein könnten. Dabei werden sich die Forschenden unter anderem Bereiche mit Hirnschädigungen genauer anschauen und neben Zielorten für die THS auch solche für andere Verfahren der Neurostimulation in ihre Untersuchungen einbeziehen.
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