Einführung
Der Begriff "schwarze Löcher" im medizinischen Kontext, insbesondere im Zusammenhang mit dem Gehirn, mag zunächst beunruhigend wirken. Tatsächlich handelt es sich dabei um einen bildhaften Ausdruck für bestimmte Veränderungen im Gehirngewebe, die insbesondere bei der Multiplen Sklerose (MS) auftreten. Diese Veränderungen, auch als "Black Holes" bekannt, sind Entzündungsherde, die auf speziellen Magnetresonanztomographie (MRT)-Aufnahmen sichtbar werden.
Was sind "Black Holes" im medizinischen Kontext?
"Black Holes" sind Entzündungsherde, die auf speziellen Aufnahmen der Magnetresonanztomographie (MRT), den sogenannten T1-gewichteten MRT-Aufnahmen, in der Mitte schwarz erscheinen und einen hellen Rand aufweisen. Die Schwarzfärbung auf dem MRT-Bild rührt daher, dass sich in der Mitte der Läsion Liquor angesammelt hat. Der Grund hierfür: Der Entzündungsherd hat sich derart rasch ausgedehnt, dass an dieser Stelle das Gewebe ausgedünnt ist und Liquor den so entstandenen Raum ausfüllt.
Die Rolle von "Black Holes" bei Multipler Sklerose
Bei Multipler Sklerose spielen "Black Holes" eine besondere Rolle. MS ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, bei der fehlgeleitete Immunzellen die schützende Hülle der Nervenfasern (Myelin) und die Nervenzellen selbst angreifen. Dies führt zu Entzündungen und Schädigungen im Gehirn und Rückenmark, die als Läsionen sichtbar werden.
Die "Black Holes" sind eine spezielle Form dieser Läsionen. Untersuchungen zufolge ist in diesen Bereichen nicht nur das Myelin geschädigt, sondern auch die Oligodendrozyten, die für die Bildung des Myelins zuständig sind. Dies bedeutet, dass die Reparaturmechanismen des Körpers in diesen Bereichen nicht mehr greifen können und die Nervenzellen dauerhaft geschädigt sind.
Auswirkungen auf die neurologische Funktion
Die dauerhafte Schädigung der Nervenzellen in den "Black Holes" kann zu neurologischen Ausfällen führen. Je nach betroffenem Bereich können dies unterschiedliche Symptome sein, wie z.B. Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit, Sehstörungen oder kognitive Beeinträchtigungen. Im Gegensatz zu anderen Läsionen, die sich teilweise zurückbilden können, ist das Nervengewebe in den "Black Holes" unwiderruflich verloren. Allerdings können andere Bereiche des Gehirns möglicherweise die Funktion der geschädigten Nervenzellen teilweise kompensieren und den Ausfall von Nervenzellen zumindest teilweise ausgleichen können.
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"Black Holes" und der Alltag von MS-Patienten
Es ist wichtig zu betonen, dass die "Black Holes" nicht nur körperliche Auswirkungen haben, sondern auch den Alltag von MS-Patienten erheblich beeinträchtigen können. Die Erkrankung reißt "schwarze Löcher" in das soziale und berufliche Leben der Betroffenen. Symptome wie Fatigue (chronische Erschöpfung) oder Gedächtnisstörungen können für Außenstehende unbemerkt bleiben, sind aber sehr beeinträchtigend und stigmatisieren Erkrankte. Die Unfähigkeit, im Beruf die volle Leistung zu erbringen oder Zeiten zu haben, in denen man nicht die gleichen Leistungen bringen kann wie andere, kann zur Ausgrenzung führen.
Frank, ein MS-Patient aus Ludwigsburg, beschreibt seine persönlichen "Black Holes" als die Unfähigkeit, Auto, Ski und Motorrad zu fahren, Fußball zu spielen oder zu wandern. Die mangelnde Balance hindert ihn auch an vielen Kleinigkeiten im Alltag. Sein größtes "schwarzes Loch" ist jedoch die Tatsache, seit drei Jahren nicht mehr arbeiten zu können.
Vorbeugung und Behandlung
"Black Holes" treten nicht bei allen Menschen mit MS auf. Nach heutigem Wissensstand gehen Mediziner davon aus, dass eine frühe verlaufsmodifizierende Therapie der Entstehung von "Black Holes" vorbeugen kann. Daher ist es sinnvoll, möglichst bald nach der Diagnose MS eine langfristige Therapie zu beginnen und diese beizubehalten. Es stehen verschiedene Medikamente zur Behandlung der schubförmigen MS zur Verfügung, sodass der Arzt beim Auftreten von Nebenwirkungen möglicherweise ein anderes Medikament verordnen kann. Eine verlaufsmodifizierende Therapie verringert in der Regel die Anzahl und das Wachstum von "Black Holes".
Treten als Folge bereits bestehender "Black Holes" körperliche Symptome auf, sollte ebenfalls möglichst rasch eine symptomatische Therapie eingeleitet werden. Manchmal lassen sich durch eine gezielte Behandlung die Symptome lindern und die Lebensqualität der Betroffenen verbessern.
Multiple Sklerose: Frühzeitige Behandlung ist entscheidend
Für die Verlaufsbeeinflussung dieser chronischen Erkrankung stehen zunehmend mehr Medikamente zur Verfügung. Da die Krankheitsaktivität in der Anfangsphase der Erkrankung am stärksten ist, profitieren die meisten Betroffenen von einer frühen Behandlung. Schreitet die Erkrankung voran, kommt die so genannte Eskalationstherapie zum Tragen, die Behandlung gehört immer in die Hände eines in der Behandlung erfahrenen Neurologen.
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Das Sana Klinikum Borna als Anlaufpunkt für MS-Patienten
Die Klinik für Neurologie bietet eine umfassende Versorgung für MS-Patienten. Es steht das gesamte Spektrum zur Erstdiagnostik und Symptomdiagnose zur Verfügung. Für die Betroffenen ist es sehr wichtig, schnell auch am Wochenende oder Feiertagen oder zu Zeiten, an denen die neurologischen Arztpraxen geschlossen sind, einen Anlaufpunkt zu haben, damit eine schnelle und effektive Behandlung eines MS-Schubes möglich ist. Neben der Diagnostik und Akuttherapie hat sich die Klinik aber auch auf alle Facetten der Verlaufsbeeinflussung, der Behandlung der Schmerzen, der Spastik, der Bewegungsstörung, aber auch der häufig mit der MS verbundenen Blasenstörungen im Kontinenzzentrum spezialisiert, so dass für MS-Patienten jede heute anerkannte Therapie ausgeschöpft werden kann.
Pilzbefall im Gehirn: Eine seltene, aber gefährliche Ursache von "Black Holes"
Neben MS können "Black Holes" im Gehirn auch durch andere Ursachen entstehen, wie z.B. durch Pilzinfektionen. Dies ist zwar selten, kann aber insbesondere bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem zu schweren Schäden führen.
Der Berliner Mykologe Prof. Hans-Jürgen Tietz fand heraus, dass bei jährlich 4000 bis 5000 Toten in Deutschland Pilzinfektionen eine Rolle spielen. Seine Hochrechnung basiert auf einer Langzeitstudie am Berliner Uniklinikum Charite. Dort wurden 23 Jahre lang so gut wie alle Leichen der im Klinikum Verstorbenen obduziert. „Bei 13.375 Obduktionen fanden wir 93 Mal Pilze als Todesursache“, erklärt der Mikrobiologe.
Im schlechtesten Fall gelangen sie ins Gehirn, wie Tietz erläutert. Die Ärzte an der Charite haben bei ihren Obduktionen 3.770 Leichen zusätzlich ins Gehirn geschaut und dort in 28 Fällen Pilze gefunden. „Die fressen regelrecht schwarze Löcher ins Gehirn“, berichtet Tietz. Dennoch seien die Patienten scheinbar gesund gewesen, hätten keine für Hirnerkrankungen typischen Beschwerden gehabt.
Hawking-Strahlung: Ein astronomischer Exkurs
Obwohl der Begriff "schwarze Löcher" im medizinischen Kontext eine klare Bedeutung hat, ist es interessant, einen kurzen Blick auf die astronomische Bedeutung dieses Begriffs zu werfen. In der Astrophysik sind schwarze Löcher extrem dichte Objekte, deren Gravitation so stark ist, dass nicht einmal Licht entkommen kann.
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Eine interessante Theorie im Zusammenhang mit schwarzen Löchern ist die Hawking-Strahlung. Diese Theorie besagt, dass schwarze Löcher nicht völlig "schwarz" sind, sondern aufgrund von Quanteneffekten in der Nähe des Ereignishorizonts (der Grenze, ab der nichts mehr entkommen kann) eine geringe Menge an Strahlung aussenden. Diese Strahlung führt dazu, dass schwarze Löcher langsam "verdampfen".