Schwindel bei Polyneuropathie: Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten

Eine Polyneuropathie ist eine Erkrankung des peripheren Nervensystems, bei der mehrere Nerven gleichzeitig geschädigt werden. Dies kann zu einer Vielzahl von Symptomen führen, darunter auch Schwindel. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen von Schwindel bei Polyneuropathie, die verschiedenen Symptome und die verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten.

Was ist Polyneuropathie?

Die Polyneuropathie ist eine Erkrankung der peripheren Nerven, die außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks liegen. Diese Nerven sind für die Steuerung der Muskeln, die Übertragung von Sinnesempfindungen wie Schmerz, Berührung und Temperatur sowie die Beeinflussung der Funktion der inneren Organe verantwortlich. Bei einer Polyneuropathie ist die Reizweiterleitung der Nerven gestört, was bedeutet, dass Reize nicht, zu stark oder abgeschwächt an das Gehirn weitergeleitet werden. Ebenso werden Kommandos vom Gehirn nicht mehr zuverlässig an die Muskeln und inneren Organe weitergeleitet.

Man unterscheidet zwei Hauptformen der Polyneuropathie:

  • Demyelinisierende Polyneuropathie: Hierbei wird die Isolation um die Nervenfasern herum (Myelinschicht) abgebaut, was die Weiterleitung elektrischer Impulse stört.
  • Axonale Polyneuropathie: Bei dieser Form geht die Nervenfaser selbst zugrunde.

Beide Formen können auch kombiniert auftreten.

Ursachen von Polyneuropathie

Es gibt über 200 bekannte Ursachen für Polyneuropathie. In etwa 35 % der Fälle ist Diabetes mellitus (Zuckererkrankung) die Ursache, in etwa 20 % der Fälle Alkoholkonsum. Bei etwa einem Viertel aller Polyneuropathien bleibt die Ursache auch nach ausführlicher Abklärung ungeklärt.

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Die häufigsten Ursachen für Polyneuropathie sind:

  • Diabetes mellitus: Ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel kann die Nerven schädigen und zu einer diabetischen Polyneuropathie führen.
  • Alkoholmissbrauch: Chronischer Alkoholkonsum kann die Nerven schädigen und zu einer alkoholischen Polyneuropathie führen. Alkohol gilt als Nervengift und stört die Weiterleitung von Reizen und Signalen.
  • Vitaminmangel: Ein Mangel an bestimmten Vitaminen, insbesondere Vitamin B1, B12 und E, kann zu einer Polyneuropathie führen.
  • Nierenerkrankungen: Nierenerkrankungen können zu einer Ansammlung von Giftstoffen im Körper führen, die die Nerven schädigen können.
  • Lebererkrankungen: Lebererkrankungen können die Produktion von Proteinen beeinträchtigen, die für die Funktion der Nerven benötigt werden.
  • Krebserkrankungen: Bestimmte Krebserkrankungen können zu einer Polyneuropathie führen, entweder direkt durch den Tumor oder als Folge der Chemotherapie.
  • Autoimmunerkrankungen: Autoimmunerkrankungen wie das Guillain-Barré-Syndrom können die Nerven angreifen und zu einer Polyneuropathie führen.
  • Infektionen: Bestimmte Infektionen wie Borreliose, HIV und Diphtherie können zu einer Polyneuropathie führen.
  • Medikamente: Bestimmte Medikamente, insbesondere Chemotherapeutika, können als Nebenwirkung eine Polyneuropathie verursachen.
  • Gifte: Der Kontakt mit bestimmten giftigen Substanzen wie Schwermetallen kann zu einer Polyneuropathie führen.
  • Erbliche Veranlagung: In seltenen Fällen kann eine Polyneuropathie erblich bedingt sein.

Symptome von Polyneuropathie

Die Symptome einer Polyneuropathie können je nach Art der betroffenen Nerven variieren. Mediziner unterscheiden sensible, motorische und vegetative Polyneuropathien. Manche Menschen sind auch von mehreren Formen der Polyneuropathie gleichzeitig betroffen.

Sensible Symptome:

Sensible Nerven leiten Informationen von der Haut zum Gehirn. Beeinträchtigungen können zu Empfindungsstörungen wie Ameisenlaufen, Brennen, Jucken, Taubheitsgefühlen oder Kribbeln führen. Auch ein vermindertes Temperatur- oder Schmerzempfinden ist möglich. Diese Form der Polyneuropathie merken Betroffene vor allem an Füßen oder Händen.

  • Kribbeln, Ameisenlaufen
  • Stechen
  • Pelzigkeits- und Taubheitsgefühl
  • Gefühl des Eingeschnürtseins
  • Schwellungsgefühle
  • Gefühl des unangenehmen Drucks
  • Gefühl, wie auf Watte zu gehen
  • Gangunsicherheit (v.a. im Dunkeln)
  • fehlendes Temperaturempfinden
  • schmerzlose Wunden

Motorische Symptome:

Die motorischen Nerven leiten Signale vom Gehirn zu den Muskeln weiter. Eine Nervenschädigung kann Muskelschwäche, Muskelschmerzen, Muskelzucken oder Muskelkrämpfe verursachen.

  • Muskelzucken
  • Muskelkrämpfe
  • Muskelschwäche
  • Muskelschwund

Vegetative Symptome:

Das vegetative Nervensystem ist Bestandteil des peripheren Nervensystems - es koordiniert automatisierte Körperfunktionen wie das Verdauen, Atmen oder Schwitzen. Eine vegetative Polyneuropathie steht unter anderem mit Beschwerden wie Schwindel, Blasenschwäche, Durchfall oder verstärktem Schwitzen in Verbindung - sie betrifft die Organfunktionen.

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  • Pupillenstörungen
  • Wassereinlagerungen (Ödeme)
  • vermindertes Schwitzen
  • Herzrasen in Ruhe
  • Magenlähmung (Gastroparese)
  • Durchfall, Verstopfung
  • gestörte Blasenentleerung
  • Impotenz (Erektile Dysfunktion)
  • Schwindel/Ohnmacht beim Aufstehen

Schwindel bei Polyneuropathie

Schwindel ist ein häufiges Symptom bei Polyneuropathie. Er kann verschiedene Ursachen haben:

  • Störung des Gleichgewichtsorgans: Polyneuropathie kann das Gleichgewichtsorgan im Innenohr beeinträchtigen, was zu Schwindel führen kann.
  • Störung der Gefühlswahrnehmung an den Füßen: Polyneuropathie kann die Gefühlswahrnehmung an den Füßen beeinträchtigen, was zu Gangunsicherheit und Schwindel führen kann.
  • Autonome Neuropathie: Schädigungen der autonomen Nerven können zu Kreislaufstörungen und Schwindel führen, insbesondere beim Aufstehen (orthostatische Hypotonie).

Diagnose von Polyneuropathie

Die Diagnose einer Polyneuropathie erfordert eine sorgfältige Anamnese, eine körperliche Untersuchung und verschiedene diagnostische Tests.

  • Anamnese: Der Arzt wird sich nach der Krankengeschichte, den vorliegenden Beschwerden und möglichen Risikofaktoren erkundigen.
  • Körperliche Untersuchung: Der Arzt wird die Sensibilität der Nerven, die Muskelkraft und die Reflexe prüfen.
  • Elektroneurographie (NLG): Bei dieser Untersuchung wird die Nervenleitgeschwindigkeit gemessen, um festzustellen, ob die Nerven geschädigt sind.
  • Elektromyographie (EMG): Diese Untersuchung misst die Muskelaktivität, um festzustellen, ob die Muskeln auf die Nervensignale ansprechen.
  • Laboruntersuchungen: Blut- und Urinuntersuchungen können helfen, mögliche Ursachen der Polyneuropathie zu identifizieren, wie z.B. Diabetes, Vitaminmangel oder Nierenerkrankungen.
  • Nervenbiopsie: In seltenen Fällen kann eine Nervenbiopsie erforderlich sein, um die Ursache der Polyneuropathie zu bestimmen.
  • Quantitative Sensorische Testung (QST): Durch verschiedene Gefühlstests an der Haut werden 13 Werte ermittelt. Sie helfen zu erkennen, welche Nervenfasern genau geschädigt sind und wie stark die Schädigung fortgeschritten ist.

Behandlung von Polyneuropathie

Die Behandlung der Polyneuropathie richtet sich nach der Ursache der Erkrankung. Das primäre Ziel der Behandlung ist die Ausschaltung der Ursache der Polyneuropathie.

  • Behandlung der Grunderkrankung: Wenn die Polyneuropathie durch eine andere Erkrankung verursacht wird, wie z.B. Diabetes, Alkoholmissbrauch oder Vitaminmangel, muss diese Grunderkrankung behandelt werden. Bei einer diabetesinduzierten Polyneuropathie muss das Insulin besser eingestellt werden. Patienten mit einem Alkoholproblem müssen dieses zu allererst behandeln, um dann die Folgeschäden therapieren zu können.
  • Schmerzlinderung: Verschiedene Medikamente können zur Linderung von Schmerzen und Missempfindungen eingesetzt werden, wie z.B. Antidepressiva, Antikonvulsiva und Opioide.
  • Physiotherapie: Physiotherapie kann helfen, die Muskelkraft und Koordination zu verbessern und Gangunsicherheit zu reduzieren.
  • Ergotherapie: Ergotherapie kann helfen, dieAlltagsfähigkeiten zu verbessern und Hilfsmittel anzupassen.
  • Neural-Akupunktur: Missempfindungen und Schmerzen können überdies mit einer Neural-Akupunktur behandelt werden.
  • Weitere Therapien: Je nach Symptomen können weitere Therapien wie Elektrotherapie, Wärmeanwendungen und orthopädische Hilfsmittel eingesetzt werden.

Tipps für die Vorsorge und mehr Lebensqualität bei Polyneuropathie

Eine Polyneuropathie kann die Lebensqualität beeinträchtigen. Die folgenden Tipps können helfen, das Wohlbefinden zu steigern und Risiken zu minimieren:

  • Blutzucker kontrollieren: Menschen mit Diabetes sollten regelmäßig ihren Blutzucker kontrollieren und ärztlich verordnete Medikamente einnehmen.
  • Füße kontrollieren: Eine Polyneuropathie an Beinen oder Füßen erhöht das Risiko für Fußgeschwüre - eine regelmäßige Kontrolle auf Wunden ist also wichtig.
  • Bewegen: Menschen mit Polyneuropathie können bei Schmerzen und Missempfindungen von verschiedenen Angeboten wie Aquagymnastik oder Gehtraining profitieren.
  • Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Vitaminen und Nährstoffen ist wichtig für die Gesundheit der Nerven.
  • Alkohol vermeiden: Bei einer alkoholbedingten Polyneuropathie ist ein vollständiger Alkoholverzicht unerlässlich.
  • Regelmäßige Bewegung oder Physiotherapie: Die effektivsten Maßnahmen gegen Polyneuropathie sind regelmäßige Bewegung oder Physiotherapie.

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