Schwindel ist ein vielschichtiges Symptom, das im Alter häufig auftritt und oft als Desorientierung, Gleichgewichtsverlust oder unsichere Wahrnehmung der Umgebung beschrieben wird. Es gibt verschiedene Arten von Schwindel, darunter Vertigo, präsynkopaler Schwindel, psychogener Schwindel und visueller Schwindel. Viele Menschen bagatellisieren Gleichgewichtsstörungen, aber Schwindel sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden, da er ein Warnsignal für ernsthafte gesundheitliche Probleme sein kann.
Arten von Schwindel
- Vertigo: Eine Art von Schwindel, bei dem man das Gefühl hat, dass sich die Umgebung oder die eigene Person dreht oder bewegt, obwohl man still steht. Dies kann von Übelkeit, Erbrechen und einem allgemeinen Gefühl der Desorientierung begleitet sein. Die häufigste Ursache für Vertigo ist eine Störung im Innenohr.
- Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel (BPLS): Diese Erkrankung führt zu kurzzeitigen Schwindelattacken, die durch bestimmte Kopfbewegungen ausgelöst werden.
- Präsynkopaler Schwindel: Dieser Schwindel tritt oft auf, wenn jemand fast in Ohnmacht fällt. Es geht oft mit einem Gefühl der Schwäche, Übelkeit und verschwommener Sicht einher.
- Psychogener Schwindel: Manchmal kann Schwindel auch psychische Ursachen haben, wie zum Beispiel bei Angststörungen oder Panikattacken.
- Visueller Schwindel: Dieser Schwindel tritt auf, wenn die visuellen Informationen, die das Gehirn erhält, nicht mit den Informationen übereinstimmen, die das Gleichgewichtssystem des Körpers sendet.
Ursachen von Schwindel
Schwindel kann viele verschiedene Ursachen haben, darunter:
- Innenohrprobleme: Störungen des Innenohrs, wie z.B. BPLS oder eine Entzündung des Gleichgewichtsnervs (Neuropathia vestibularis), können Schwindel verursachen.
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Schwindel kann ein Symptom für eine Herzerkrankung sein oder durch eine gestörte Blut- und Sauerstoffversorgung des Gehirns verursacht werden.
- Neurologische Erkrankungen: Schwindel kann durch neurologische Erkrankungen wie Migräne, Schlaganfall, Multiple Sklerose oder Parkinson verursacht werden.
- Medikamente: Einige Medikamente können als Nebenwirkung Schwindel verursachen.
- Psychische Faktoren: Angst und Stress können Schwindel auslösen oder verstärken.
- Vitaminmangel: Niedrige Vitamin-B12-Spiegel können Schwindel verursachen.
- Andere Faktoren: Auch Flugzeuge, Autos und Züge können ein Schwindelgefühl auslösen.
Schwindel als Risikofaktor für Demenz
Eine Studie der John Hopkins Universität in Baltimore hat ergeben, dass wiederholter Aufstehschwindel mit einem erhöhten Demenzrisiko verbunden sein kann. Die Studie, die im Fachjournal Neurology veröffentlicht wurde, beobachtete über einen Zeitraum von 25 Jahren 11.709 Teilnehmer im Alter von durchschnittlich 54 Jahren. Dabei wurde festgestellt, dass Personen, die beim Aufstehen einen Blutdruckabfall von mindestens 20 mmHg (systolisch) oder 10 mmHg (diastolisch) erlitten, ein um 54 % höheres Demenzrisiko hatten als Personen ohne diese Kreislaufstörung.
Die Autoren der Studie interpretieren den Zusammenhang zwischen Aufstehschwindel, Demenz und Schlaganfall zwar nicht als ursächlich, schlagen aber vor, dem sich wiederholenden Aufstehschwindel stärkere Beachtung zu schenken. Die Messung des Blutdruckabfalls nach einem Lagewechsel im mittleren Alter könnte eine Möglichkeit sein, Menschen mit einem erhöhten Risiko für Demenz und Schlaganfall frühzeitig zu identifizieren und entsprechend engmaschig zu beobachten.
Eine Analyse der Ludwig-Maximilians-Universität München hat ergeben, dass Menschen mit peripheren vestibulären Störungen - also Gleichgewichtsproblemen, die vom Innenohr ausgehen - ein deutlich höheres Risiko haben, an Alzheimer zu erkranken. Die Studie analysierte die Daten von über 291.000 Personen aus dem britischen Primärarztregister Biobank und fand heraus, dass das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, bei Menschen mit einer vestibulären Störung etwa 70 Prozent höher ist. Der Grund dafür könnte sein, dass bei Menschen mit einer chronischen Gleichgewichtsstörung der hintere Hippocampusbereich schrumpft - eine bei Alzheimer stark betroffene Region.
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Vaskuläre Demenz und Schwindel
Die vaskuläre Demenz ist die zweithäufigste Form der Demenz und wird durch Durchblutungsstörungen im Gehirn verursacht. Diese Durchblutungsstörungen können zu Schädigungen oder Zerstörung von Hirnzellen führen. Schwindelgefühl kann ein Symptom der vaskulären Demenz sein, insbesondere nach einem Schlaganfall. Andere mögliche Symptome sind Sprachstörungen, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen, eingeschränkte Handlungsfähigkeit, Verlangsamung, Antriebsstörung, Veränderungen der Stimmung und des Wesens, Vergesslichkeit sowie rasche geistige und körperliche Erschöpfbarkeit. Körperliche Begleitsymptome können Gehstörungen, verstärkter Harndrang oder Inkontinenz, Kau- und Schluckbeschwerden sowie neurologische Störungen wie eine Halbseitenlähmung sein.
Diagnostik von Schwindel
Die strukturierte Anamnese und die klinische Untersuchung sind die wichtigsten Bausteine bei der Ursachenklärung von Schwindel. Der Arzt wird Fragen zur Art des Schwindels, den Auslösern, Begleiterscheinungen und der Vorgeschichte stellen. Es ist wichtig, Stürze und Verletzungen zu vermeiden. Geht der Schwindel mit anderen Symptomen wie Taubheitsgefühlen, Lähmungserscheinungen, plötzlichen stechenden Kopfschmerzen, Sehstörungen oder plötzlicher Schwerhörigkeit einher, kann das ein Hinweis auf eine ernste und akute Ursache, z.B. einen Schlaganfall, sein.
Zur Diagnose von Schwindel können verschiedene Tests und Untersuchungen durchgeführt werden, darunter:
- Körperliche Untersuchung: Der Arzt wird den Blutdruck messen, das Herz und die Lunge abhören und neurologische Tests durchführen.
- Gleichgewichtstests: Es gibt verschiedene Tests, um das Gleichgewicht zu überprüfen, wie z.B. der Romberg-Test oder der Unterberger-Tretversuch.
- Hörtest: Ein Hörtest kann helfen, Innenohrprobleme als Ursache für den Schwindel zu identifizieren.
- Bildgebende Verfahren: In einigen Fällen können bildgebende Verfahren wie CT oder MRT des Gehirns erforderlich sein, um andere Ursachen für den Schwindel auszuschließen.
- Videookulographie: Die Augenbewegungen werden mit hochmodernen Videookulographiesystemen aufgezeichnet.
- Provokationstest: Mittels thermischer Reizung (Ohrenspülung mit Wasser) sowie einem Drehstuhl können Provokationstests durchgeführt werden.
Behandlung von Schwindel
Die Behandlung des Schwindels richtet sich nach der Ursache. Bei den meisten Schwindelarten kommen Medikamente zum Einsatz. Je nach Schwindelform ist auch Physiotherapie sinnvoll. Dabei werden gezielt Gang- und Standunsicherheiten trainiert, um die Gleichgewichtsreaktion zu verbessern.
- Medikamentöse Behandlung: Es gibt verschiedene Medikamente, die bei Schwindel helfen können, z.B. Antihistaminika, Antiemetika oder Antivertiginosa.
- Physiotherapie: Gezieltes Gleichgewichtstraining mit aktiver Gang- und Standschulung kann helfen, die vestibulo-okulären und vestibulo-spinalen Reflexe zur Haltungsregulation zu verbessern.
- Lagerungsmanöver: Bei gutartigem Lagerungsschwindel können bestimmte Lagerungsmanöver helfen, die Kristalle aus den Bogengängen zu befördern.
- Behandlung der Grunderkrankung: Wenn der Schwindel durch eine andere Erkrankung verursacht wird, muss diese behandelt werden.
- Psychotherapie: Bei psychogenem Schwindel kann eine Psychotherapie helfen, die Angst und den Stress zu reduzieren.
Vorbeugung von Schwindel und Demenz
Es gibt verschiedene Maßnahmen, die dazu beitragen können, Schwindel und Demenz vorzubeugen:
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- Behandlung von Risikofaktoren: Die frühzeitige Behandlung von Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Adipositas und Fettstoffwechselstörungen ist ein entscheidender Beitrag zur Demenzvorsorge.
- Gesunder Lebensstil: Eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige körperliche Bewegung, nicht rauchen und ein geistig und sozial aktives Leben können zur Vorbeugung von Schwindel und Demenz beitragen.
- Gleichgewichtstraining: Gezieltes Balance- und Orientierungstraining kann eine vorbeugende Wirkung gegen Alzheimer haben.
- Stürze vermeiden: Stürze können zu Kopfverletzungen führen, die das Risiko für Demenz erhöhen können. Daher ist es wichtig, Stürze zu vermeiden, z.B. durch das Tragen von geeignetem Schuhwerk, die Beseitigung von Stolperfallen in der Wohnung und die Verwendung von Hilfsmitteln wie einem Gehstock.
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