Sehstörungen sind ein häufiges, aber oft übersehenes Symptom bei Parkinson-Patienten. Etwa die Hälfte aller Parkinson-Patienten leidet im Laufe ihrer Erkrankung unter verschiedenen visuellen Beeinträchtigungen. Diese können von unspezifischen Sehstörungen wie Verschwommensehen und erhöhter Lichtempfindlichkeit bis hin zu Doppelbildern reichen. Ein gut funktionierendes Sehvermögen ist jedoch entscheidend für viele Alltagsaktivitäten, sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich. Es beeinflusst Körperhaltung, Gleichgewicht, Ausdauer, Lernen und Konzentration. Aktivitäten wie Fahrrad- oder Autofahren und sogar das Lesen sind mit einer klaren Sicht sicherer und einfacher.
Ursachen von Sehstörungen bei Parkinson
Die Ursachen für Sehstörungen bei Parkinson sind vielfältig. Sie sind jedoch zum größten Teil auf die Krankheit selbst zurückzuführen. Der Dopaminmangel, der charakteristisch für Parkinson ist, betrifft nicht nur motorische Bahnen, sondern auch die Netzhaut und die visuellen Verarbeitungszentren im Gehirn. Dopamin spielt eine wichtige Rolle bei der Signalübertragung zwischen Photorezeptoren und Ganglienzellen.
Darüber hinaus leiden Parkinson-Patienten häufig unter altersbedingten Augenerkrankungen wie Katarakt, Glaukom und Makuladegeneration. Auch Parkinson-Medikamente selbst können Sehstörungen verursachen.
Ein weiteres häufiges Problem ist die verminderte Lidschlagfrequenz. Während ein gesunder Mensch etwa 5-10 Mal pro Minute blinzelt, kann diese Rate bei Parkinson-Patienten auf 1-2 Mal sinken, was zu trockenen Augen führt.
Arten von Sehstörungen bei Parkinson
Parkinson-Patienten können eine Vielzahl von Sehstörungen erfahren, darunter:
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- Unspezifische Sehstörungen: Verschwommensehen, erhöhte Lichtempfindlichkeit, trockene Augen.
- Doppelbilder (Diplopie): Treten bei 10-30% der Patienten auf und resultieren aus Störungen der Augenmuskeln und ihrer Koordination. Eine Studie des Department of Neurology am Onze Lieve Vrouwe Gasthuis (OLVG) in Amsterdam, Niederlande, untersuchte den Zusammenhang von Diplopie und ihren Subtypen mit okulomotorischen Anomalien, Sehstörungen und visuellen Halluzinationen bei Patienten mit Parkinson-Erkrankung. Die Studie umfasste 41 Patienten mit Parkinson-Erkrankung, bei 25 dieser Patienten trat Diplopie auf. Bei Patienten mit Parkinson-Erkrankung und Diplopie beobachteten die Forscher eine hohe Prävalenz von okulomotorischen Anomalien (84%), Sehstörungen (44%) und visuellen Halluzinationen (44%) im Vergleich zu Patienten mit Parkinson-Erkrankung ohne Diplopie und zu der Kontrollgruppe.
- Kontrastsehstörungen: Äußern sich im zeitweisen Verblassen von Buchstaben beim Lesen.
- Halluzinationen und Trugbilder: Viele Menschen mit Parkinson-Erkrankung klagen über Sehstörungen oder Trugbilder. Die Symptome können ganz unterschiedlich sein. Die Betroffenen sehen häufig Dinge verschwommen, ihre Augen tränen ständig oder sie erleben Halluzinationen. Das sorgt für Angst und Unsicherheit.
- Eingeschränktes Farbsehen: Die Betroffenen haben das Gefühl, dass Farben immer blasser erscheinen.
- Probleme mit der räumlichen Wahrnehmung: Die Betroffenen können nicht mehr sagen, welches von zwei Objekten näher bei ihnen ist.
- Eingeschränkte Augenbeweglichkeit: Die Betroffenen können schnellen Bewegungen mit den Augen nicht mehr rasch genug folgen.
- Gesichtsfeldausfälle: Jeder elfte Patient berichtet, dass Teile seines Gesichtsfelds fehlen und er deshalb unabsichtlich an Gegenstände oder Personen stößt.
Auswirkungen von Sehstörungen auf den Alltag
Sehstörungen können den Alltag von Parkinson-Patienten erheblich beeinträchtigen. Sie verstärken die ohnehin vorhandene Gangunsicherheit und erhöhen das Sturzrisiko. Zudem können sie das Lesen, Autofahren, Fernsehen und andere alltägliche Aktivitäten erschweren.
Eine Studie ergab, dass 82 % der Parkinson-Patienten über ein oder mehrere Augenprobleme berichteten, wovon 68 % angaben, in ihrem täglichen Leben beeinträchtigt zu sein. Unter den Menschen ohne die Krankheit berichteten lediglich 48 % von Symptomen, hier fühlten sich 35 % in ihrem Alltag eingeschränkt.
Behandlung von Sehstörungen bei Parkinson
Die Behandlung von Sehstörungen bei Parkinson erfordert einen multidisziplinären Ansatz. Es ist wichtig, dass Parkinson-Patienten offen mit ihrem Arzt über ihre Sehprobleme sprechen, damit eine frühzeitige Diagnose und Behandlung erfolgen kann.
Zu den Behandlungsmöglichkeiten gehören:
- Künstliche Tränen: Bei trockenen Augen helfen konservierungsmittelfreie künstliche Tränen.
- Prismengläser: Für Patienten mit Doppelbildern können Prismengläser angepasst werden.
- Optimierung der Beleuchtung: Kaltlichtlampen sorgen für kontrastreiche Beleuchtung und erleichtern das Lesen.
- Botulinumtoxin-Injektionen: Bei Lidkrampf und Lidheber-Apraxie können Botulinumtoxin-Injektionen eingesetzt werden.
- Dopaminersatztherapie: Da Dopaminmangel eine Rolle bei einigen Sehstörungen spielt, kann eine Anpassung der Dopaminersatztherapie hilfreich sein.
- Augentraining: 2021 wurde eine Augentrainings-Software für tägliches Beüben der Augen im häuslichen Umfeld entwickelt. Das Training kann in drei verschiedenen Schwierigkeitsstufen (Geschwindigkeit) durchgeführt werden und ist mit Maus oder Touchscreen bedienbar.
Es ist wichtig zu beachten, dass einige Augenprobleme bei Parkinson einfacher zu behandeln sind als andere. Zwei Drittel der Patienten klagen über zu trockene oder zu feuchte Augen. Auch hier sollten die Ursachen genau untersucht werden. Der seltenere Lidschlag aufgrund reduzierter Mimik kommt als Erklärung ebenso infrage wie eine andere chronische Entzündung am Auge. Denkbar ist auch, dass ein Medikament die Freisetzung der Tränenflüssigkeit behindert und so Beschwerden hervorruft.
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Parkinson-spezifisches Augentraining
Bisher gab es kein Parkinson-spezifisches Training speziell zur Therapie der Sehstörungen. 2021 konnte mit Hilfe des Teams von Professor Alexander Mertens, Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft an der RWTH Aachen, eine Augentrainings-Software für tägliches Beüben der Augen im häuslichen Umfeld entwickelt werden. Die finanzielle Unterstützung verdanken wir der Deutschen Parkinson-Vereinigung e.V. (DPV). Das Training kann in drei verschiedenen Schwierigkeitsstufen (Geschwindigkeit) durchgeführt werden. Es ist mit Maus oder Touchscreen bedienbar.
Weitere Tipps für Parkinson-Patienten mit Sehstörungen
- Regelmäßige Augenuntersuchungen: Parkinson-Patienten sollten regelmäßig einen Augenarzt aufsuchen, um ihre Sehkraft überprüfen zu lassen und altersbedingte Augenerkrankungen frühzeitig zu erkennen.
- Anpassung der Umgebung: Eine gute Beleuchtung und die Vermeidung von Blendung können das Sehen erleichtern.
- Verwendung von Hilfsmitteln: Vergrößerungsgläser, spezielle Brillen und andere Hilfsmittel können das Lesen und andere Aktivitäten erleichtern.
- Unterstützung suchen: Parkinson-Patienten mit Sehstörungen sollten sich an Selbsthilfegruppen oder andere Organisationen wenden, um Unterstützung und Informationen zu erhalten.
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