Sehstörungen bei Multipler Sklerose: Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronische Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS), die durch Entzündungen und Schädigungen der Nervenfasern in Gehirn und Rückenmark gekennzeichnet ist. Die Symptome der MS sind vielfältig und können von Patient zu Patient unterschiedlich sein, was die Erkrankung auch als "Krankheit mit den 1000 Gesichtern" bezeichnet. Häufig treten im Verlauf der MS Sehstörungen auf, die das Sehvermögen und die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen können.

Einleitung

Sehstörungen gehören zu den häufigsten Symptomen der Multiplen Sklerose (MS) und können bereits früh im Krankheitsverlauf auftreten. Bei mehr als einem Drittel der Betroffenen stellen Beeinträchtigungen des Sehens sogar das erste Anzeichen dar, mit denen sich die MS bemerkbar macht. Studien zeigen, dass visuelle Beeinträchtigungen bei etwa 62,9% der Kinder und 70,0% der Erwachsenen zu Beginn der Erkrankung auftreten können. Diese Störungen können sehr beunruhigend sein und die Fähigkeit zur Durchführung alltäglicher Aktivitäten wie Lesen, Autofahren und Arbeiten beeinflussen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind daher entscheidend, um die Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen zu minimieren.

Ursachen von Sehstörungen bei MS

Die Ursachen für Sehstörungen bei MS sind vielfältig. Im ZNS von MS-Patienten sind vielfache Vernarbungen (Sklerosen) zu finden. Im Laufe der Krankheit treten an verschiedenen Stellen des Gehirns und des Rückenmarks Entzündungen auf. Die Beschwerden hängen von den betroffenen Strukturen des Nervensystems ab.

Entzündung des Sehnervs (Optikusneuritis)

Eine der häufigsten Ursachen für Sehstörungen bei MS ist die Entzündung des Sehnervs (Optikusneuritis). Dabei können die Signale zwischen den Augen und dem Gehirn nicht vollständig übertragen werden, was zu verschwommenem Sehen und sogar vorübergehendem Sehverlust führen kann. Die Entzündung des Sehnervs (Optikusneuritis) bei MS betrifft in mehr als 99 Prozent der Fälle pro Schub nur ein Auge. Sie äußert sich zunächst durch Schmerzen bei der Augenbewegung, die meist hinter dem Augapfel beim Blick in eine bestimmte Richtung auftreten. Meist kommt es nach Stunden bis Tagen zusätzlich zu Sehstörungen, vor allem in der Mitte des Gesichtsfeldes. Die meisten Patient:innen mit Optikusneuritis berichten, dass sie alles dunkler und blasser, teilweise auch unscharf sehen. Manche Betroffene leiden zusätzlich unter Lichtblitzen oder anderen irritierenden Lichterscheinungen. Die Sehverschlechterung dauert meist nur wenige Tage und verbessert sich anschließend in der Regel auch ohne Behandlung. Trotzdem ist es wichtig, dass Sie bei plötzlicher Sehverschlechterung und Augenbewegungsschmerzen einen Arzt oder eine Ärztin aufzusuchen, da dies ein typischer Hinweis für die Diagnose MS sein kann. Die Symptome können mit den sogenannten visuell evozierten Potenzialen (VEPs) objektiviert werden. Dabei wird die Nervenleitungsgeschwindigkeit des Sehnervs gemessen, die bei einer Entzündung deutlich verlangsamt ist.

Störung der Augenmuskelkoordination

MS kann auch die Muskeln beeinträchtigen, die die Augenbewegungen steuern. Eine mögliche Folge ist das Sehen von Doppelbildern (Diplopie) - dies geschieht, wenn die Augen nicht richtig ausgerichtet sind. Dabei sind die Nerven, die die Augenmuskeln kontrollieren entzündet. Im akuten Schub kann die Gabe von Kortison auch hier helfen. Eine Rehabilitation ist nach Abklingen des Schubs ebenfalls möglich.

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Nystagmus (Augenzittern)

Dabei handelt es sich um eine unkontrollierte Bewegung der Augen, die das Sehen beeinträchtigen kann - die Augen sind dabei nicht mehr bewusst steuerbar. Nystagmus kann sowohl horizontal als auch vertikal auftreten und ebenfalls ein frühes MS-Symptom darstellen.

Uhthoff-Phänomen

Nicht immer steckt eine Entzündung hinter den Sehstörungen. Auch das Uhthoff-Phänomen kann als Ursache infrage kommen: Hierbei führt eine Wärmeeinwirkung (z. B. durch ein heißes Bad oder Fieber) zu einer vorübergehenden Verschlechterung der Symptome.

Symptome von Sehstörungen bei MS

Die Symptome von Sehstörungen bei MS können vielfältig sein und variieren je nach betroffenem Bereich des Sehnervs oder der Augenmuskeln. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

  • Verschwommenes Sehen: Das Sehen erscheint unscharf oder neblig, als würde man durch eine Milchglasscheibe blicken.
  • Doppelbilder (Diplopie): Das Sehen von zwei Bildern eines Objekts, entweder nebeneinander oder übereinander.
  • Schmerzen bei Augenbewegungen: Schmerzen, die sich bei der Bewegung der Augen verschlimmern, insbesondere bei einer Entzündung des Sehnervs.
  • Eingeschränktes Farbensehen: Schwierigkeiten, Farben richtig zu erkennen oder zu unterscheiden, insbesondere rot und grün. Eine veränderte Farbwahrnehmung kann ein frühes Zeichen einer Sehnerventzündung sein.
  • Gesichtsfeldausfälle: Das Auftreten von blinden Flecken oder Bereichen im Gesichtsfeld. Bei einigen Patienten treten auch Gesichtsfeldausfälle durch unregelmäßig verteilte Flecken auf dem wahrgenommenen Bild auf.
  • Lichtblitze: Das Wahrnehmen von Blitzen oder Flimmern im Gesichtsfeld. Teilweise kommen noch Lichtphänomene hinzu, die als Blitze im Gesichtsfeld wahrgenommen werden.
  • Augenzittern (Nystagmus): Unkontrollierte, rhythmische Bewegungen der Augen.

Sehstörungen treten typischerweise einseitig, schubförmig und rasch auf. Werden sie durch eine Entzündung des Sehnervs hervorgerufen, bilden sie sich meist nach Abklingen des Schubs wieder zurück. Im akuten Schub kann die Entzündung mit Kortison behandelt werden. Manchmal bleiben Störungen wie verschwommenes, dunkleres oder weniger scharfes Sehen zurück. Mittels visueller Rehabilitation kann eine vollständige Wiederherstellung in einigen Fällen erreicht werden.

Diagnose von Sehstörungen bei MS

Um die Ursache der Sehstörungen zu klären, können verschiedene Untersuchungen durchgeführt werden. Stellen die Beeinträchtigungen beim Sehen das erste Symptom der MS dar, ist mitunter auch ein Augenarzt die erste Anlaufstelle. Er kann die Betroffenen bei einem MS-Verdacht an einen Neurologen weiterüberweisen.

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Die MS-Diagnostik ähnelt einem Puzzle, denn die Symptome der Erkrankung können individuell sehr verschieden sein. Unter dem Fachbegriff Anamnese ist die Krankengeschichte zu verstehen. Bei der Anamnese-Erhebung befragt der Arzt den Patienten gezielt nach Vorkommnissen in der Vergangenheit, die mit seiner Erkrankung in Verbindung stehen könnten. In der Krankengeschichte von MS-Patienten ist häufig wenig Auffälliges festzustellen. Erst durch gezieltes Nachfragen erfährt der Arzt vielleicht, dass der Betroffene schon einmal auf einem Auge unter einer Sehstörung wie Verschwommensehen gelitten hat, die aber nur kurzzeitig aufgetreten war. Oder der Patient hatte vorübergehend ein Taubheitsgefühl in einem Arm oder einem Bein, das aber nach kurzer Zeit wieder verschwunden war. Wegen dieser nur flüchtig auftretenden MS-Symptome, die der Patient nicht als solche deuten kann, erfolgt häufig kein Arztbesuch. Daher wird die MS z.T.

Unter einer neurologischen Untersuchung oder einem neurologischen Status wird das Ergebnis einer körperlichen Untersuchung verstanden. Es gibt verschiedene typische Zeichen, die auf eine MS hinweisen und die bei dieser Untersuchung festgestellt werden können.

  • Pupillenstörungen: Hält der Arzt eine helle Taschenlampe kurz abwechselnd vor beide Augen des Patienten, kommt es auf einer Seite zu einer langsameren Verengung der Pupille als auf dem anderen Auge.
  • Babinski-Zeichen: Der Arzt streicht mit dem Finger oder einem kleinen Stab über die Fußsohle: von der Ferse ausgehend zum kleinen Zeh und dann halbkreisförmig zum großen Zeh. Bei MS bewegt sich der große Zeh Richtung Kopf und die anderen Zehen gehen wie bei einem Fächer auseinander.

Mit normalen Röntgenstrahlen können die bei einer Multiplen Sklerose geschädigten Strukturen im Gehirn (Läsionen) nicht sichtbar gemacht werden. Dies wurde erst durch die Entwicklung der Computertomografie (CT) möglich. Eine viel detailgetreuere Abbildung von Gehirnstrukturen gelingt, seit die Magnetresonanztomographie (MRT) in die MS-Diagnostik Einzug gehalten hat. Das Prinzip der MRT besteht darin, dass der Körper des Patienten in einem Gerät mit einem starken Magnetfeld liegt. Elektrisch geladene Teilchen (Protonen) in den Körpergeweben werden dabei kurzzeitig in eine bestimmte Richtung gelenkt. Wenn sie wieder in ihre ursprüngliche Position zurückkehren (Relaxation), kann ein elektromagnetisches Signal gemessen werden. Dieses gibt Auskunft über bestimmte Veränderungen in den Geweben. Im Kopf des Patienten können auf…

Visuell evozierte Potentiale (VEP)

Die Symptome können mit den sogenannten visuell evozierten Potenzialen (VEPs) objektiviert werden. Dabei wird die Nervenleitungsgeschwindigkeit des Sehnervs gemessen, die bei einer Entzündung deutlich verlangsamt ist.

Behandlung von Sehstörungen bei MS

Die gute Nachricht: Treten Sehstörungen in Form eines MS-Schubes auf, bilden Sie sich in der Regel auch selbst wieder zurück. Wie lange das dauert, ist dabei nicht nur individuell, sondern kann auch von Schub zu Schub verschieden sein. Die Dauer der Sehstörung kann deswegen zwischen einigen Tagen und mehreren Wochen variieren: Bei einer Sehnerventzündung fühlen sich beispielsweise 80 % der Betroffenen innerhalb von 3 Wochen besser. Es kann passieren, dass kleinere Veränderungen langfristig bestehen bleiben - 90 bis 95 % behalten jedoch keine bleibenden Schäden zurück.

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Wenn Du von Sehstörungen betroffen bist, solltest Du in jedem Fall Deinen Neurologen darüber informieren. Er kann entscheiden, ob die Sehstörungen ein Anlass sind, weitere Untersuchungen vorzunehmen oder auch Deine MS-Therapie anzupassen. Weitere Behandlungsmöglichkeiten können die Symptome direkt adressieren und damit auch Deine Lebensqualität verbessern.

Akutbehandlung

Eine akute Entzündung des Sehnervs kann beispielsweise durch Kortikosteroide therapiert werden. Die Entzündung des Sehnervs können Sie in der Regel mit Kortison behandeln lassen, das als Infusion verabreicht wird. Im akuten Schub kann die Gabe von Kortison auch hier helfen.

Physiotherapie

Physiotherapie kann dazu beitragen, die Augenmuskulatur zu stärken und die Koordination zu verbessern. Mit gezielter Physiotherapie, bei der die Muskulatur gedehnt und aktiv bewegt wird, können Bewegungsmuster beibehalten werden.

Hilfsmittel

Und nicht zuletzt können Hilfsmittel zum Einsatz kommen - etwa spezielle Brillen oder prismatische Linsen, um Doppelbilder zu korrigieren. Nutzen Sie bei Sehstörungen Hilfsmittel (z. B. spezielle Brillen oder prismatische Linsen). Dein Neurologe oder Augenarzt können hier weiterhelfen.

Verlaufsmodifizierende Therapie (DMT)

Ein wesentlicher Faktor, um Schübe - und damit auch MS-bedingte Sehstörungen - zu verhindern und den Krankheitsverlauf zu verlangsamen, ist die verlaufsmodifizierende MS-Therapie (DMT). Einen Überblick über die verschiedenen Medikamente und Behandlungsformen findest du beispielsweise hier und hier.

Umgang mit Sehstörungen im Alltag

Auch, wenn es schwerfällt: Versuche, ruhig zu bleiben, wenn Du Sehstörungen hast. Hast Du vielleicht Tipps zum Umgang mit Sehstörungen? Was hilft Dir - und wie lange dauert es bei Dir, bis sich das Sehvermögen wieder normalisiert hat?

Im Laufe der Erkrankung können sich bei einer MS die Symptome an den Augen verändern. Sowohl in ihrer Ausprägung als auch in der Häufigkeit. Achten Sie auf Veränderungen und sprechen Sie mit Ihrem Arzt, wenn Sie dies bemerken. Zu einer langsam fortschreitenden Krankheitsverschlechterung kann es beispielsweise kommen, wenn eine schubförmige MS (RRMS) in eine sekundär progrediente MS (SPMS) übergeht.

Weitere MS-Symptome

MS-Symptome können sehr unterschiedlich und vielfältig sein und in verschiedenen Regionen des Körpers auftreten. Daher wird Multiple Sklerose auch „Krankheit der 1000 Gesichter“ genannt. Häufig hängen diese Beschwerden miteinander zusammen. Wenn ein MS-Patient regelmäßig unter Schmerzen und plötzlicher Spastik leidet und/oder Taubheitsgefühle in Armen und Beinen verspürt, wirkt sich das oft negativ auf das Sexualleben und die Partnerschaft aus. Störungen des Denkens und der Merkfähigkeit werden häufig auch durch Medikamente ausgelöst oder verstärkt. Das ist z.B. Einige Beschwerden wie Sehstörungen oder Fatigue lassen sich bereits sehr früh, das heißt lange vor der Diagnose durch den Arzt, beobachten. Dagegen treten Spastiken, Lähmungserscheinungen oder Inkontinenz infolge einer Störung der Blasenfunktion häufig erst im späteren Krankheitsverlauf auf. Einige MS-Symptome, wie starke Müdigkeit, Augenbeschwerden oder Darmstörungen, sind auch für andere Krankheiten typisch.

Fatigue

Die Fatigue, also eine erhöhte Erschöpfbarkeit, ist ein unterschätztes Symptom der MS. Dabei tritt sie recht häufig auf und kann sehr einschränkend sein. Die Fatigue unterscheidet sich deutlich von der Müdigkeit, die von gesunden Menschen angegeben wird. Die zunehmende Schwäche kann im Tagesverlauf stärker werden oder ein dauerhaft vorhandenes Müdigkeitsgefühl bewirken. Das kann sich sowohl auf die körperliche als auch geistige Leistungsfähigkeit auswirken. Medikamentöser Therapieversuch: unterschiedliche Optionen, die wenige Nebenwirkungen haben, aber nicht immer wirken. Die Therapie kann daher im Einzelfall erwogen werden, der Therapieerfolg sollte nach ca.

Bei Wärme können sich Beschwerden, wie die Fatigue, weiter verschlechtern („Uhthoff-Phänomen“). Die Kühlung des Körpers kann den Beschwerden entgegenwirken. Hilfreich sind kalte Getränke oder kalte Duschen. Außerdem hilft ein regelmäßiger Schlafrhythmus. Wenn es möglich ist, machen Sie Ausdauersport wie Radfahren oder Schwimmen.

Schmerzen

Verschiedene Symptome können Schmerzen verursachen. Bei einer Spastik können Steifigkeit und Muskelkrämpfe entstehen, die Schmerzen verursachen. Sogenannte neuropathische Schmerzen treten erst in späten Stadien der MS auf. Sie entstehen durch Veränderungen der Gefühlsversorgung durch direkte Schädigung von Nerven.

Blasenstörungen

Auch Blasenentleerungsstörungen können bei MS auftreten. Eine Blasenschwäche mit Inkontinenz macht in der Regel keine Schmerzen. Der Aufstau von Urin kann zu Blasenschmerzen führen. Störungen der Blasenfunktion (Harninkontinenz) treten bei etwa 90 Prozent der MS-Patienten auf. Sie gehören gemeinsam mit Störungen der Darmkontrolle (Stuhlinkontinenz) und der Fatigue zu den MS-Symptomen, die die Lebensqualität am stärksten beeinträchtigen. Für das Öffnen und Schließen der Blase sind Schließmuskeln und Nerven verantwortlich, welche für eine normale Blasenfunktion gut zusammenarbeiten müssen. Bei der MS sind jedoch Areale im Gehirn und Rückenmark teilweise oder ganz zerstört, sodass die entsprechenden Impulse nicht mehr oder nur noch unvollständig verarbeitet werden und somit die Zusammenarbeit der Muskeln und Nerven nicht mehr richtig funktioniert. Das kann die für MS typischen Beschwerden wie Harninkontinenz, starker Harndrang und Schmerzen verursachen. Die Symptome variieren je nach Position der Entzündungsherde. Bei der hyperaktiven Blase, auch Dranginkontinenz oder Drangblase genannt, hat der MS-Patient Probleme, den Urin einzuhalten. Ursache ist unter anderem, dass der Blasenmuskel sich nicht ausreichend entspannen kann, um größere Urinmengen in der Blase zu sammeln. Deshalb entsteht sehr häufig der Drang, die Toilette aufzusuchen, obwohl dann nur kleine Urinmengen ausgeschieden werden. Der Harndrang kann auch während des Schlafs entstehen. Die als Überlaufinkontinenz bezeichnete Störung entsteht, wenn der Blasenmuskel zu schwach ist und sich nicht richtig zusammenziehen kann. Dadurch sammeln sich sehr große Urinmengen in der Blase an. Sie werden nicht wie bei Gesunden regelmäßig komplett entleert. Das Führen eines Miktionsprotokolls über einige Tage hinweg kann erste Aufschlüsse darüber geben, ob eine Harninkontinenz bzw. Miktionsprotokoll (Download als PDF-Datei)Heute gibt es eine große Bandbreite moderner Inkontinenzprodukte, die den Betroffenen helfen, sicher und diskret mit der Situation umzugehen. Hierzu gehören aufsaugende Produkte wie Windeln für Erwachsene und Inkontinenzeinlagen, und ableitende Systeme wie Urinalkondome und Blasenkatheter. Letztere werden bei Blasenentleerungsstörungen mit der Gefahr der Bildung von Restharn eingesetzt. Da in der Therapie gegen die MS-Symptome meist Immunsuppressiva eingesetzt werden, die das Immunsystem unterdrücken, besteht eine erhöhte Infektionsgefahr, insbesondere auch für Harnwegsinfekte. Gerade diese bergen einige Gefahren, denn durch sie kann sich der Gesundheitszustand des Patienten deutlich verschlechtern und u.U. sogar ein neuer Schub ausgelöst werden. Ferner werden Harnwegsinfekte leicht als Schub fehlinterpretiert, da die eigentlichen Symptome des Infekts aufgrund der verringerten Empfindlichkeit der Nervenbahnen weniger bis gar nicht wahrgenommen werden. Daher ist es für MS-Patienten besonders wichtig, sich so selten wie möglich mit Harnwegsinfekten zu infizieren.

Darmstörungen

Darmstörungen treten bei Patienten mit Multipler Sklerose häufig gemeinsam mit Blasenstörungen auf. Oft sind diese Beschwerden schon zu Beginn der Erkrankung vorhanden. Sie können auch nebeneinander bestehen. Ursache dafür sind Störungen in den Nerven, die Darm und Blase versorgen und für deren Funktion verantwortlich sind. Das führt dazu, dass MS-Patienten einen Stuhldrang, wie er bei Gesunden auftritt, nicht richtig wahrnehmen können. Dann geht der Stuhl unkontrolliert ab und man spricht von einer Stuhlinkontinenz. Das erzeugt ein großes Schamgefühl. Neben der Stuhlinkontinenz ist die Verstopfung eine häufige Darmstörung bei MS. Die Ursachen für Verstopfungen können sehr vielfältig sein. Dazu zählen eine allgemeine Muskelschwäche, Bewegungsmangel oder Nebenwirkungen von Medikamenten. Auch für Verstopfungen gibt es Behandlungsmöglichkeiten wie Medikamente (MS-Therapie) und Prozeduren wie die anale Irrigation. Bei der analen Irrigation wird eine spezielle Flüssigkeit über den After in den Darm eingebracht. Als Folge davon dehnt sich der Darm, die Entleerung wird angeregt. Um eine Stuhlinkontinenz bzw. dessen Ausprägungsmaß festzustellen, gibt es auch hier ein Tagebuchformat zum Ausfüllen, das sog.

Muskelstörungen

Ein muskuläres Ungleichgewicht kann zu Einschränkungen der Beweglichkeit führen. Dadurch können Gelenk- und Muskelschmerzen auftreten, die die Belastbarkeit vermindern. Störungen der Muskelfunktion zeigen sich bei MS-Patienten als Kraftlosigkeit, Lähmungen oder eine unnatürlich erhöhte Muskelspannung (Spastik). Letztere führt dazu, dass sich Gliedmaßen (z.B. die Beine) versteifen oder Fehlhaltungen entstehen (beispielsweise der Hände). Eine Spastik ist häufig mit Kraftlosigkeit, Schmerzen, Störungen der Feinmotorik, einem rhythmischen Zittern (z.B. in den Füßen), einem Schwere- und Spannungsgefühl und/oder Bewegungseinschränkungen verbunden. Betroffene können nur noch eingeschränkt stehen oder gehen. Kommen noch Muskellähmungen dazu, kann dies bis zur Bewegungsunfähigkeit (Immobilität) der Patienten führen. Daraus können weitere Probleme entstehen wie das Durchliegen (Dekubitus). Störungen der Muskelfunktion führen häufig auch zu Problemen mit dem Gleichgewicht und der Koordination bei verschiedenen Tätigkeiten. Sprechstörungen kommen bei MS-Patienten dadurch zustande, dass die Sprechmuskulatur, und dabei besonders die der Zunge, gelähmt ist oder die einzelnen Muskelgruppen nicht richtig zusammenarbeiten. Die Folge ist häufig eine „verwaschene“ Sprache, ein „Nuscheln“. Manchmal sprechen Betroffene auch „abgehackt“ oder in einer nicht angepassten Lautstärke, also entweder zu leise oder zu laut. Sprechstörungen sind ein MS-Symptom, das einen hohen Leidensdruck verursacht. Ähnlich verhält es sich bei den Schluckstörungen. Essen und Trinken dienen nicht nur der Nahrungsaufnahme, sondern sind ein Teil der Kultur, sind mit Genuss und Geselligkeit verbunden. Zusätzlich besteht bei Schluckstörungen die Gefahr, dass Teile der Nahrung wie Tröpfchen oder Krümel eingeatmet werden und kleine Schäden in der Lunge erzeugen. Diese können sich ausweiten und bis zur Lungenentzündung führen. Wenn der Patient wegen seiner Schluckstörung insgesamt zu wenig Flüssigkeit und Nahrung zu sich nimmt, kann eine Mangelernährung die Folge sein.

Eine Spastik beschreibt eine dauerhaft ungewollte erhöhte Grundspannung der Muskulatur. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um die verkrampfte Muskulatur zu behandeln. Mit gezielter Physiotherapie, bei der die Muskulatur gedehnt und aktiv bewegt wird, können Bewegungsmuster beibehalten werden. Dabei können einige Medikamente in Form von Tabletten oder Nasenspray unterstützend wirken. In besonders schweren Fällen sind auch Behandlungen mit Botox möglich.

Ursachen der Multiplen Sklerose

Trotz großer Anstrengungen vieler Forscher auf der ganzen Welt sind die MS-Ursachen noch nicht vollständig geklärt. Wahrscheinlich gibt es keine einzelne MS-Ursache.

Genetische Faktoren

Viele Forschungen der letzten Jahre lassen vermuten, dass Erbfaktoren zu den MS-Ursachen zählen. Etwa 20 Prozent der MS-Betroffenen haben Familienmitglieder, die ebenfalls erkrankt waren oder sind. Es besteht jedoch keine direkte Vererbungslinie, das heißt die Kinder eines erkrankten Elternteils werden nicht automatisch an Multipler Sklerose erkranken. Außerdem ist das Risiko zwischen den Geschlechtern unterschiedlich verteilt. So liegt das Erkrankungsrisiko für die Nachkommen von an MS erkrankten Eltern bei den Söhnen unter einem Prozent, bei den Töchtern jedoch bei rund fünf Prozent. Erkrankt bei eineiigen weiblichen Zwillingen eines an MS, liegt das Risiko für die Zwillingsschwester zwischen 30 und 35 Prozent. Bei der Betrachtung von Erbfaktoren als MS-Ursachen ist auch der Einfluss von Umweltfaktoren zu bedenken, denn wenn Familienmitglieder, die zusammenleben, an MS erkranken, können auch die Umweltbedingungen dafür verantwortlich sein.

Umweltfaktoren

Wissenschaftler halten es für wahrscheinlich, dass bestimmte Viren und Bakterien an der Entstehung der MS beteiligt sein könnten. Dazu zählen Herpesviren, das Eppstein-Barr-Virus sowie Bakterien wie Campylobacter oder Chlamydia pneumoniae. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Betroffene - ähnlich wie bei einem Schnupfen oder einem Magen-Darm-Infekt - sofort nach dem Kontakt mit einem solchen Erreger an MS erkrankt. Vielmehr vermuten die Forscher, dass die Infektion schon viele Jahre zurückliegt. Zu jenem Zeitpunkt haben Entzündungsreaktionen zur Erregerabwehr stattgefunden. MS-Betroffene und ihre Angehörigen sowie Pflegekräfte und Ärzte müssen sich also keine Sorgen machen, dass MS „ansteckend“ ist. Ziemlich sicher sind sich die Forscher jedoch darin, dass Bakterien und Viren schubauslösend sein können. Denn bei einer Infektion mit diesen Krankheitserregern werden im Körper Immunzellen aktiviert. Das bedeutet, dass sie aus ihrem Ruhezustand in einen aktivierten Zustand übergehen und in den Blutkreislauf gelangen. Dabei kann es passieren, dass sie die Blut-Hirn-Schranke überwinden und in Gehirn und Rückenmark übertreten. Dort können sie entzündliche Prozesse verstärken und einen MS-Schub auslösen.

Klimatische Faktoren

Es gibt große geografische Unterschiede bezüglich des Auftretens der MS. In tropischen und subtropischen Regionen kommt sie kaum vor, während die Erkrankungshäufigkeit in gemäßigten Klimazonen hoch ist. Diese Befunde sprechen dafür, dass klimatische Faktoren zu den MS-Ursachen zählen. Er gibt aber auch regionale Unterschiede innerhalb eines Landes.

Immunologische Faktoren

Die Forscher sind sich weitgehend sicher, dass Reaktionen des Immunsystems eine ursächliche Rolle bei der Entstehung der MS spielen. Man vermutet, dass lange Zeit vor den ersten klinischen Zeichen der Erkrankung Immunzellen aus dem Blut in das ZNS einwandern. Im weiteren Verlauf kommt es wahrscheinlich durch die Mitwirkung weiterer Immunzellen zu Entzündungen und zu einem Abbau der Myelinschicht. Das Besondere an diesen Reaktionen ist, dass Immunzellen, die eigentlich für den Schutz des Körpers verantwortlich sind, sich gegen ihn richten.

Weitere Faktoren

Es ist bekannt, dass bestimmte Ereignisse, Lebensbedingungen oder sonstige Faktoren den MS-Verlauf ungünstig beeinflussen können. Dazu zählen psychischer Stress, Rauchen, eine Erhöhung der Körpertemperatur bzw. Fieber.

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