Sind Krämpfe in den Beinen gefährlich: Ursachen und Behandlung

Muskelkrämpfe, insbesondere in den Beinen, sind ein weit verbreitetes Phänomen, das viele Menschen betrifft. Sie können in verschiedenen Formen auftreten, von gelegentlichen nächtlichen Wadenkrämpfen bis hin zu häufigeren und intensiveren Krämpfen, die die Lebensqualität beeinträchtigen. Obwohl sie in den meisten Fällen harmlos sind, können sie sehr schmerzhaft und störend sein. Dieser Artikel befasst sich mit den Ursachen, der Behandlung und den Präventionsstrategien von Muskelkrämpfen in den Beinen, um Betroffenen ein umfassendes Verständnis dieser Beschwerde zu vermitteln.

Einführung in Muskelkrämpfe

Muskelkrämpfe sind plötzliche, unwillkürliche und schmerzhafte Kontraktionen eines Muskels oder einer Muskelgruppe. Sie treten am häufigsten in den Beinen auf, insbesondere in der Wade, können aber auch andere Muskeln betreffen.

Was sind Muskelkrämpfe?

Bei einem Muskelkrampf zieht sich ein Teil eines Muskels, ein ganzer Muskel oder eine Muskelgruppe plötzlich, unwillkürlich und schmerzhaft zusammen. Die betroffene Muskulatur ist tastbar verhärtet und bewegungsunfähig. Muskelkrämpfe halten nur kurz (Sekunden bis Minuten) an und klingen dann von allein wieder ab. Muskelkrämpfe treten meist in den Beinen und hier bevorzugt in der Wade auf. Wadenkrämpfe sind somit die häufigste und wohl auch bekannteste Form von Muskelkrampf. Von Muskelkrämpfen zu unterscheiden sind Muskelspasmen, also schmerzlose Verkrampfungen der Muskulatur. Ebenfalls abzugrenzen sind Faszikulationen - sichtbare, unregelmäßige und unwillkürliche Zuckungen von Muskelfaserbündeln ohne Bewegungseffekt (z.B. zuckendes Augenlid). Sie sind nicht schmerzhaft, aber oft unangenehm.

Häufigkeit von Muskelkrämpfen

Muskelkrämpfe sind ein ubiquitäres Phänomen und eine häufige Nebenwirkung von Arzneien. Viele Patienten greifen selbst zu Magnesium oder resignieren. Muskelkrämpfe, insbesondere nächtliche, sind häufig. Fast jeder Mensch hat hin und wieder einen Muskelkrampf. Fast jeder Mensch hat hin und wieder einen Muskelkrampf. So berichten über 90 Prozent der jungen Erwachsenen über vereinzelte Krämpfe.Vereinzelt treten sie bei jungen Erwachsenen, besonders Sportlern, mit einer Häufigkeit von über 90 % auf. Die Frequenz nimmt mit dem Alter zu, sodass 33-50 % der älteren Erwachsenen jenseits von 65 Jahren regelmäßig - mindestens 1-mal pro Woche - an Muskelkrämpfen leiden (1). Sie stellen somit eine wiederkehrende Beschwerde sowohl in der allgemeinmedizinischen als auch neurologischen Sprechstunde dar. Die Häufigkeit nimmt mit dem Alter zu. So leiden 33 bis 50 Prozent der über 65-Jährigen mindestens einmal pro Woche an Muskelkrämpfen.

Die erhöhte Anfälligkeit für Muskelkrämpfe im höheren Alter lässt sich durch allgemein verkürzte Muskeln erklären. Zudem neigen ältere Menschen dazu, zu wenig zu trinken - das kann den Wasser- und Mineralstoffhaushalt aus dem Gleichgewicht bringen und so Krämpfe (z.B. in den Beinen) begünstigen.

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Symptome von Muskelkrämpfen

Es handelt sich um tastbare und schmerzhafte Verhärtungen der Muskulatur. Sie sind selbstlimitierend und hören meist binnen weniger Minuten auf. Bei lang anhaltenden Muskelkrämpfen kann es zu Schmerzen in der betroffenen Muskulatur kommen, die über den eigentlichen Krampf hinaus anhalten. Dies ist bei der Anamnese zu beachten, da gelegentlich Betroffene über mehrere Stunden anhaltende Muskelkrämpfe berichten. Üblicherweise handelt es sich um einen starken Schmerz, der meist im Bereich der Wade oder des Fußgewölbes lokalisiert ist. Der Schmerz hält für wenige Sekunden bis maximal 10 Minuten an. Auch nach dem Krampf kann ein Schmerz noch persistieren. Häufig kommt es zu Schlafstörungen.

In Abhängigkeit der Schwere und der Häufigkeit des Muskelkrampfs kann die Lebensqualität deutlich beeinträchtigt sein. Mitunter sind die Schlafqualität und die Leistungsfähigkeit im Tagesverlauf reduziert.

Ursachen von Muskelkrämpfen

Muskelkrämpfe können durch eine Vielzahl von Faktoren verursacht werden.

Physiologische Ursachen

Pathophysiologisch entstehen Muskelkrämpfe durch hochfrequente Entladungsserien der motorischen Einheiten mit etwa 50 und 150 Hz (2). Dies konnte während Muskelkrämpfen elektromyografisch nachgewiesen werden. Sie sind Ausdruck einer neurogenen Übererregbarkeit. Darüber hinaus scheinen zusätzlich spinale Faktoren wie der Wegfall inhibitorischer Einflüsse an den Vorderhornzellen bedeutsam zu sein (3).

Dehydration und Elektrolytstörungen

Schmerzhafte Muskelkrämpfe im Rahmen körperlicher Belastung wurden vor mehr als 100 Jahren bei Arbeitern in Minen und auf Dampfschiffen beschrieben: Sie arbeiteten unter warmen und feuchten Bedingungen. Vermutlich war es die Dehydratation und der Elektrolytverlust, welche das Auftreten der Muskelkrämpfe begünstigte. Insofern ist es auch nicht verwunderlich, dass Muskelkrämpfe bei Sportlern häufig ein großes Problem darstellen. Auch bei ihnen wird das Auftreten der Muskelkrämpfe durch eine Dehydratation und Elektrolytstörungen begünstigt. Sportler wirken dem üblicherweise entgegen, indem sie Dehnungsübungen in das Training integrieren.

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Medikamente als Auslöser

Insbesondere bei den Älteren muss auch an medikamentös induzierte Crampi gedacht werden (Tabelle). Zahlreiche Medikamente können das Auftreten von Muskelkrämpfen begünstigen. Am häufigsten scheint diese Problematik unter Diuretika, Statinen und unter inhalativen Beta-2-Sympathomimetika aufzutreten (8). Zu den Arzneimitteln, die Muskelkrämpfe begünstigen, gehören auch einige häufig verschriebene Substanzen. So können bestimmte Blutdrucksenker (Angiotensin-II-Rezeptor-Blocker, manche Betablocker) das Risiko erhöhen, ebenso Entwässerungsmittel (Diuretika). Aber auch Asthmamedikamente und die Antibabypille fördern Muskelkrämpfe. Nicht nur die Einnahme, auch das Absetzen bestimmter Substanzen kann im Zusammenhang mit Muskelkrämpfen stehen.

Grunderkrankungen als Ursache

Muskelkrämpfe sind ein Symptom und beeinträchtigen eine Vielzahl von Menschen. Ein häufiges Problem sind sie nicht nur bei Sportlern, sondern auch im Rahmen von neurologischen oder internistischen Erkrankungen. Sie können aber auch spontan und ohne erkennbare Ursache auftreten. Symptomatische Muskelkrämpfe können beispielsweise im Rahmen körperlicher Anstrengung oder einer Schwangerschaft auftreten. Zahlreiche internistische Erkrankungen wie Schilddrüsenfunktionsstörung, Diabetes mellitus, Hämodialyse, Leberzirrhose begünstigen das Auftreten von Muskelkrämpfen. Bei bestimmten Erkrankungen, etwa der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit („Schaufensterkrankheit“), Schilddrüsen- und Hormonstörungen, der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), Parkinson oder dem Restless-Legs-Syndrom können wiederholt Wadenkrämpfe auftreten.

Weitere mögliche Ursachen

  • Verkürzung der Muskeln: Allgemein verkürzte Muskeln, insbesondere im höheren Alter, können die Anfälligkeit für Krämpfe erhöhen.
  • Bewegungsmangel: Ein Mangel an regelmäßiger Bewegung kann die Muskeln schwächen und anfälliger für Krämpfe machen.
  • Schwangerschaft: Veränderungen im Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt während der Schwangerschaft können Krämpfe begünstigen.
  • Alkoholkonsum: Starker Alkoholkonsum kann den Elektrolythaushalt stören und zu Krämpfen führen.
  • Nierenerkrankungen: Da die Nieren für die Regulation des Flüssigkeitshaushaltes sehr wichtig sind, kann eine Nierenschwäche oder ein Versagen der Nieren zu Krämpfen führen.

Diagnose von Muskelkrämpfen

Die Anamnese von Patienten mit Muskelkrämpfen ist für die Diagnose entscheidend. Wichtige Differenzialdiagnosen lassen sich bereits im Gespräch gut differenzieren (7).Bevor eine Therapie eingeleitet und bewertet wird, sollte zunächst der Status quo erhoben werden. Dies ist entscheidend, um später die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen zu bewerten. Der Patient sollte für etwa 4 bis 8 Wochen die Häufigkeit und die Schwere der Muskelkrämpfe erfassen. Er sollte potenzielle Auslösefaktoren wie beispielsweise Alkohol meiden.

Anamnese

Üblicherweise handelt es sich um einen starken Schmerz, der meist im Bereich der Wade oder des Fußgewölbes lokalisiert ist. Der Schmerz hält für wenige Sekunden bis maximal 10 Minuten an. Auch nach dem Krampf kann ein Schmerz noch persistieren. Häufig kommt es zu Schlafstörungen. Die Lokalisation der Krämpfe ist zu erfragen. Sofern sie häufig am Rumpf, den Armen oder den Oberschenkeln auftreten, sollte der Patient zur Mitbeurteilung neurologisch vorgestellt werden. Anamnestisch ist zu klären, ob es Hinweise für Muskelerkrankungen in der Familie gibt. Es ist wichtig, eine vollständige Medikamentenanamnese zu erheben. Häufig leiden ältere Patienten unter Muskelkrämpfen und hier stellt die Polypharmazie ein ernsthaftes Problem dar.

Differenzialdiagnose

Differenzialdiagnostisch sollte an ein - anamnestisch gut abgrenzbares - Restless-legs-Syndrom (RLS) gedacht werden. Die Patienten beschreiben einen Bewegungsdrang meist der Beine. Dieser ist häufig assoziiert mit unangenehmen Missempfindungen wie beispielsweise Kribbeln oder Brennen. Die Beschwerden treten häufig in Ruhephasen auf und bessern sich durch Herumlaufen und durch körperliche Aktivität. Der Schlaf kann ebenso beeinträchtigt sein. Schmerzen sind beim RLS nachrangig und die Beschwerden bessern sich im Gegensatz zu den Muskelkrämpfen durch Bewegung.

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Neurologische Untersuchung

Eine neurologische Abklärung sollte erfolgen, sofern sich Hinweise für eine Schädigung des ersten Motorneurons ergeben. Gesteigerte Reflexe, verbreiterte Reflexzonen, Pyramidenbahnzeichen, Muskeltonuserhöhung und spastische Paresen in der Untersuchung sind Hinweise für eine derartige Erkrankung. Auch bei Hinweisen für eine Schädigung des 2. Motoneurons sollte eine neurologische Mitbeurteilung erfolgen. Klinisch imponiert dies durch schlaffe Paresen, Muskelatrophie und Reflexausfälle. Erkrankungen des 2. Motorneurons wie Polyneuropathien oder Radikulopathien können zu Muskelkrämpfen führen. Zur weiteren Abklärung sollte eine orientierende neurologische Untersuchung auch hausärztlich erfolgen. Hierbei sollte auf Paresen, Muskelatrophie, Reflexdifferenz und Sensibilitätsstörungen geachtet werden.

Weitere Untersuchungen

  • Körperliche Untersuchung: Eine körperliche Untersuchung gibt dem Arzt Hinweise auf Ihren allgemeinen Gesundheitszustand. Er kann dabei unter Muskeln und Gelenk abtasten und die Muskelreflexe testen. Zudem achtet er auf Auffälligkeiten, die möglicherweise auf die Ursache der Muskelkrämpfe hindeuten (z.B. trockene Haut und Schleimhäute sowie stehende Hautfalten bei Dehydration oder geschwollenes Gesicht, stumpfe Haare und Haarausfall bei Schilddrüsenunterfunktion).
  • Elektromyografie (EMG): Messung der elektrischen Muskelaktivität zur Überprüfung, ob eine Muskelerkrankung oder Nervenstörung vorliegt.
  • Elektroneurografie: Messung der Nervenleitfähigkeit zur Testung der Funktionstüchtigkeit peripherer Nerven und Erkennung eventueller Nervenschäden.
  • Blutuntersuchungen: Können zum Beispiel einen Mangel oder Überschuss an Elektrolyten wie Magnesium, Kalzium oder Natrium aufzeigen. Die Nierenwerte geben Hinweise auf eventuelle Erkrankungen des Organs. Eine gestörte Schilddrüsenfunktion, die Muskelkrämpfe verursacht, lässt sich anhand entsprechender Hormonveränderungen im Blut erkennen.
  • Bildgebende Verfahren: Manchmal sind auch bildgebende Verfahren notwendig, um Krämpfen und ihren möglichen Ursachen auf den Grund zu gehen. Mittels Ultraschall lässt sich beispielsweise der Zustand von Nieren und Schilddrüse beurteilen. Die Dopplersonografie (eine besondere Form von Ultraschall) dient dazu, Krampfadern genauer abzuklären. Bei Verdacht auf Nervenwurzelschäden (Radikulopathien), etwa aufgrund eines Bandscheibenvorfalls, kann eine Computertomografie (CT) oder Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT) Klarheit bringen.
  • Muskelbiopsie: In einigen Fällen ist auch eine Muskelbiopsie nötig, um eine (vermutete) Ursache von Muskelkrämpfen zu bestätigen oder auszuschließen. Das ist etwa bei Amyotropher Lateralsklerose erforderlich.

Behandlung von Muskelkrämpfen

Die Behandlung von Muskelkrämpfen zielt darauf ab, akute Krämpfe zu lindern und zukünftige Krämpfe zu verhindern. Dabei stehen mit den richtigen Übungen und der Chinintherapie geprüfte Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.

Nichtmedikamentöse Behandlung

Die Behandlung von Muskelkrämpfen lässt sich in nichtmedikamentöse und medikamentöse Maßnahmen unterteilen. Nichtmedikamentöse Therapien werden sowohl in der Prävention als auch in der Akuttherapie angewandt.

  • Dehnübungen: Der Patient sollte über die Sinnhaftigkeit regelmäßiger Dehnübungen der betroffenen Muskulatur informiert werden (9). Hierdurch kann er effektiv die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Muskelkrämpfen reduzieren. Regelmäßige Dehnübungen sollten mehrmals am Tag für circa 30 Sekunden durchgeführt werden. Die Übungen sollten 3-mal wiederholt und zwischen den Durchgängen Pausen von wenigen Sekunden eingehalten werden (10). Regelmäßiges Dehnen der betroffenen Muskeln oder leichte sportliche Betätigung, etwa auf dem Heimtrainer, für einige Minuten vor dem Schlafengehen werden empfohlen.
  • Akutbehandlung: In der Akutbehandlung kann der Muskelkrampf durch Anspannung der antagonistischen Muskulatur über die einsetzende reziproke antagonistische Hemmung beendet werden. Hierbei hemmen Renshaw-Interneurone über Ia-Interneurone den Antagonisten (Inhibitorische Wirkung auf das α-Motorneuron des Antagonisten). Eine kräftige Dehnung des betroffenen Muskels kann ebenfalls zur Unterbrechung des Krampfes führen (sogenannte autogene Hemmung durch Golgi-Sehnenrezeptoren) (11).Als Sofortmaßnahme bei einem Krampf reicht es meist, den Muskel zu massieren und langsam und vorsichtig zu dehnen. Am einfachsten gelingt dies, wenn Sie die Zehen - eventuell mithilfe der Hand - in Richtung Schienbein ziehen und die Position für einige Sekunden halten. Ebenfalls hilfreich können eine warme Dusche oder eine auf die betroffene Stelle gelegte Wärmflasche sein, da beides die Muskulatur entspannt. Das Ausschütteln der Beine und vorsichtiges Gehen können einen Krampf im Bein ebenfalls lindern.
  • Kalte Wadenwickel: Kalte Wadenwickel oder Wechselduschen sind bewährte Hausmittel bei venös bedingten Wadenkrämpfen. Die Kälte bewirkt eine Kontraktion der Venen, wodurch die Venenklappen besser schließen und der Blutrückfluss zum Herzen verbessert wird. Dies reduziert Stauungen und damit auch die nächtlichen Krämpfe.
  • Weitere Maßnahmen:
    • Massage: Massieren Sie die verkrampfte Muskulatur vorsichtig mit den Händen.
    • Aktive Bewegung: Stehen Sie auf und laufen Sie ein paar Schritte. Dies kann helfen, den Krampf zu lösen.
    • Wadenmassage: Massieren Sie die Wadenmuskulatur sanft, um die Durchblutung zu fördern und den Krampf zu lindern.
    • Zehen strecken: Strecken Sie Ihre Beine im Liegen gerade aus und bewegen Sie die Fußspitze so weit Sie können in Richtung Kopf, sodass Zug in der Wadenmuskulatur entsteht. Es kann auch helfen, den Fuß abwechselnd in Richtung Kopf und dann wieder nach vorne zu strecken.

Medikamentöse Behandlung

Die medikamentöse Behandlung der Muskelkrämpfe beruht im Wesentlichen auf der Therapie mit Chinin.

  • Magnesium: Gemäß der neurologischen Leitlinie sollte zunächst ein Versuch mit der Gabe von Magnesium aufgrund des günstigen Nebenwirkungsprofils durchgeführt werden - auch wenn die Wirksamkeit nicht ausreichend belegt ist. Je nach Alter und Geschlecht liegt die empfohlene Tageszufuhr für Magnesium gemäß den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung bei 300-400 mg pro Tag. Es gibt zahlreiche Hersteller von Magnesiumpräparaten, häufig liegen deren Dosierungen ebenfalls bei 300 oder 400 mg pro Tablette/Kapsel. Es sind auch deutlich höher dosierte Präparate erhältlich. Im Zusammenhang mit der Einnahme von Magnesium kann es zu Durchfällen kommen. Insbesondere bei einer bestehenden Niereninsuffizienz muss die Gefahr einer Hypermagnesiämie beachtet werden. Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt eine Tageshöchstdosis von 250 mg, da Magnesium zusätzlich über die Nahrung aufgenommen wird und insofern eine Überdosierung möglich sein kann (12). Der Nutzen von Magnesium in der Vorbeugung von Muskelkrämpfen scheint insgesamt jedoch sehr begrenzt zu sein. Die meisten Betroffenen haben Magnesium bereits versucht, bevor sie einen Arzt aufgrund ihrer Beschwerden aufsuchen. Bei starken Beschwerden kann eine medikamentöse Therapie sinnvoll sein. Ein günstiges Nebenwirkungsprofil hat die Gabe von Magnesium. Obwohl die Wirksamkeit nicht ausreichend belegt ist, kann Magnesium deshalb versuchsweise genommen werden.
  • Chinin: Die Gabe von Chinin zur vorbeugenden Behandlung von schmerzhaften Muskelkrämpfen ist etabliert und durch Studien belegt. Insofern wird diese Therapie auch in der aktuellen neurologischen Leitlinie empfohlen (1). Den französischen Chemikern Pierre Pelletier und Joseph Caventou gelang es 1820, den eigentlichen Wirkstoff Chinin aus der Rinde der Cinchona-Bäume zu extrahieren und in reiner Form darzustellen. Chinin ist schlecht wasserlöslich. Die Lösbarkeit der Chininsalze ist deutlich besser und war Voraussetzung für die Entwicklung von Tabletten. Chinin wird meist in Form des Chininsulfates angeboten. Chininsulfat kann zur Prophylaxe von Muskelkrämpfen verordnet werden, da es zu Veränderungen im Bereich der neuromuskulären Übertragung führt. Es verlängert die Refraktärzeit durch direkte Wirkung auf die Muskelfaser. Es vermindert die Erregbarkeit an der motorischen Endplatte, eine Wirkung ähnlich der von Curare. Außerdem beeinflusst es die Verteilung von Kalzium in der Muskelfaser. Über diese Mechanismen wird die Schwelle für eine Reaktion des Muskels auf einen einzelnen maximalen Reiz erhöht. Die Bereitschaft zu einer tetanischen Kontraktion nimmt ab. Die Behandlung mit Chininsulfat beginnt mit 200 mg nach dem Abendessen. Der Behandlungserfolg kann etwa nach 4 Wochen beurteilt werden. Bei Bedarf kann die Dosis auf 400 mg gesteigert werden. Insbesondere zu Beginn der Therapie sollten die Betroffenen die Häufigkeit und die Intensität der Muskelkrämpfe dokumentieren, um die Wirksamkeit besser abschätzen zu können. Belegt ist außerdem die Wirksamkeit einer Behandlung mit 200 bis 400 Milligramm Chininsulfat oder Hydrochinin zur Nacht. In seltenen Fällen können jedoch Störungen der Blutgerinnung und andere schwere Nebenwirkungen auftreten. Daher wird Ihre Hausärztin oder Ihr Hausarzt Chinin nur bei sehr schweren Krämpfen verschreiben.
  • Weitere Medikamente:
  • Vitamin D oder Kalzium: Bei einer Unterfunktion der Nebenschilddrüse können Vitamin D oder Kalzium verschrieben werden.
  • Botulinum-Toxin oder Benzodiazepine: Bei Dystonie können Medikamente wie Botulinum-Toxin oder Benzodiazepine (beruhigend und angstlösend) verordnet werden.
  • Durchblutungsfördernde Arzneien: Bei einer Erkrankung des Nervensystems sorgen durchblutungsfördernde Arzneien häufig für eine Besserung.

Alternativen zur medikamentösen Behandlung

  • Homöopathie: In der Homöopathie kennt man verschiedene Mittel, die bei Muskelkrämpfen entspannend und auch schmerzlindern wirken. Gegen Wadenkrämpfe werden bevorzugt folgende homöopathische Mittel empfohlen: Cuprum metallicum, Magnesium phosphoricum, Valeriana officinalis, Thuja
  • Akupunktur: Nach der Vorstellung der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) sind für eine ausgewogene Muskelfunktion vor allem die beiden Organe Leber und Milz zuständig. Aufgabe der Leber ist es demnach, für einen harmonischen Energiefluss zu sorgen und damit Anspannungs- und Entspannungsphasen der Muskeln zu regulieren. Die Milz ist für die Ernährung der Muskulatur und die Bildung verschiedener Körpersekrete verantwortlich.

Medikamentöse Behandlung

Zahlreiche Nebenwirkungen, die im Zusammenhang mit Chininsulfat beschrieben wurden wie beispielsweise eine Schädigung des Nervus vestibulocochleares oder des Nervus opticus, sind auf hohe Plasmakonzentrationen zurückzuführen. Derartig hohe Plasmakonzentrationen werden in der Prophylaxe von Muskelkrämpfen nicht erreicht, da hierfür maximal 400 mg täglich gegeben werden. Dabei sind Plasmakonzentrationen deutlich unter 7 μg/ml zu erwarten. In Malariatherapie ist dies ganz anders. Die Erhaltungstherapie für einen 70 kg schweren Patienten liegt dann bei bei 2 100 mg/d (16). Chininsulfat darf nicht in der Schwangerschaft und der Stillzeit angewendet werden. Es ist bei Bradykardien und Herzrhythmusstörungen kontraindiziert, da es zu einer Verlängerung der QT-Zeit kommen kann. Auch sollten regelmäßige Kontrollen der Elektrolyte bei gleichzeitiger Anwendung von Diuretika oder Laxantien erfolgen. Zahlreiche Medikamente können die QT-Zeit verändern. Dies ist in der Kombination mit Chininsulfat zu berücksichtigen, da es seinerseits zu einer Verlängerung des QT-Intervalls führen kann. Patienten mit vorbestehendem QTc-Intervall > 500 ms sollten nicht mit Chininsulfat behandelt werden. In sehr seltenen Fällen kann sich unter der Behandlung mit Chininsulfat eine thrombozytopenische Purpura entwickeln. Derartige immunvermittelte Reaktionen unter Chinin haben zu einer erheblichen Verunsicherung der behandelnden Ärzte geführt. Dies mag auch ein Grund dafür sein, dass Patienten mit Muskelkrämpfen häufig eine wirkungsvolle Behandlung vorenthalten wird. Typischerweise treten nach bis zu einer Woche der Einnahme oder bei intermittierender längerer Einnahme petechiale oder ekchymatöse Blutungen als Hinweise auf eine Thrombozytopenie auf. Auch neu aufgetretenes Nasen- oder Zahnfleischbluten oder gastrointestinale Blutungen sollten daran denken lassen. Thrombozytopenien treten unter zahlreichen Arzneien wie Cotrimoxazol, Rifampicin, Carbamazepin, Diclofenac, Ibuprofen, Vancomycin, Heparin und Chinin auf (17). Unter der Behandlung mit Chininsulfat ist eine medikamentös-induzierte Thrombozytopenie sehr selten.

Prävention von Muskelkrämpfen

Neben der Behandlung akuter Krämpfe ist die Prävention ein wichtiger Aspekt, um die Häufigkeit und Intensität von Muskelkrämpfen zu reduzieren.

Allgemeine Maßnahmen

  • Ausreichende Flüssigkeitszufuhr: Trinken Sie ausreichend Wasser, mindestens anderthalb bis zwei Liter pro Tag - insbesondere nach dem Sport, nach körperlicher Arbeit und an warmen Tagen.
  • Elektrolythaushalt ausgleichen: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Mineralstoffen wie Magnesium, Kalzium und Kalium.
  • Regelmäßige Bewegung: Regelmäßige Bewegung und Dehnung der Waden verschaffen dementsprechend oft schon Linderung und sind zugleich eine gute Präventionsmaßnahme.
  • Vermeidung von Risikofaktoren: Meiden Sie Alkohol und Koffein.
  • Medikamentenüberprüfung: Lösen Medikamente bei Ihnen Wadenkrämpfe aus, können Sie - in Absprache mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt - einen Wechsel des Präparats in Betracht ziehen. Es kann auch helfen, die Einnahme von Abführ- und Entwässerungsmitteln zu reduzieren, sollte dies möglich sein.
  • Fußgymnastik und Sport: Bei einer verkürzten beziehungsweise verspannten Muskulatur helfen regelmäßige Fußgymnastik und leichter Sport wie Walking, Radfahren und Schwimmen, die Ihre Muskeln trainieren. Auch Yoga und andere Übungsformen können helfen. Verkrampfen sich Ihre Muskeln leicht, kann es zudem hilfreich sein, diese täglich sanft zu massieren.
  • Venenfunktion unterstützen: Kalte Wadenwickel oder Wechselduschen sind bewährte Hausmittel bei venös bedingten Wadenkrämpfen. Die Kälte bewirkt eine Kontraktion der Venen, wodurch die Venenklappen besser schließen und der Blutrückfluss zum Herzen verbessert wird. Dies reduziert Stauungen und damit auch die nächtlichen Krämpfe.

Spezifische Maßnahmen bei Venenschwäche

  • Kalte Wadenwickel: Kalte Wadenwickel oder Wechselduschen sind bewährte Hausmittel bei venös bedingten Wadenkrämpfen. Die Kälte bewirkt eine Kontraktion der Venen, wodurch die Venenklappen besser schließen und der Blutrückfluss zum Herzen verbessert wird. Dies reduziert Stauungen und damit auch die nächtlichen Krämpfe.
  • Hochlagern der Beine: Hochlagern der Beine, regelmäßige Venengymnastik und das Tragen von Kompressionsstrümpfen tagsüber können helfen.

Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?

Wadenkrämpfe und andere Muskelkrämpfe, die nur gelegentlich auftreten, sind meist harmlos. Gehen Sie aber unbedingt zum Arzt, wenn die schmerzhaften Krämpfe

  • häufiger auftreten,
  • Nachtruhe oder Tagesablauf stören,
  • nicht von allein oder durch Dehnen und sanfte Massage vergehen und/oder
  • von weiteren Symptomen wie Übelkeit, Taubheitsgefühlen, Kribbeln oder Bewegungseinschränkungen begleitet werden.

Auch sollten Sie nicht zögern, in die Arztpraxis zu gehen, wenn Muskelkrämpfe Sie in Ihrem Alltag beeinträchtigen.

Ihr erster Ansprechpartner in solchen Fällen ist der Hausarzt. Er kann Sie gegebenenfalls an einen Facharzt überweisen.

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