Sport ist nicht nur ein Schlüssel zu einem gesunden Körper, sondern auch ein wirksames Mittel zur Förderung der Gehirnleistung und zur Vorbeugung von Krankheiten. Bewegungsmangel hingegen spielt eine ähnlich große Rolle wie Risikofaktoren wie Rauchen, Bluthochdruck oder Diabetes. Studien belegen, dass regelmäßige körperliche Aktivität die Gedächtnisleistung steigert, die Konzentration verbessert, Stress abbaut und sogar das Risiko neurodegenerativer Erkrankungen verringern kann.
Bewegung als „Medikament“: Die Fakten
Rund zwei Milliarden Menschen weltweit bewegen sich zu wenig. In Deutschland erreicht fast jeder Zweite nicht die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die Bequemlichkeiten des modernen Lebens tragen dazu bei, doch Bewegungsmangel hat seinen Preis.
Die gute Nachricht ist: Der Mensch ist genetisch auf Bewegung programmiert. Eine Studie im Journal of the American College of Cardiology zeigte, dass fünf Stunden Bewegung pro Woche acht Stunden Sitzen am Tag kompensieren können.
Sport verlängert das Leben und schützt vor Krankheiten
Körperliche Bewegung ist eine wirkungsvolle „Anti-Aging Medizin“. Schon 15 Minuten Bewegung am Tag senken das Mortalitätsrisiko um 14 %, jede weitere Viertelstunde um weitere 4 %. Superaktive können ihr Sterberisiko um fast die Hälfte reduzieren.
Regelmäßiger Ausdauersport erhöht die Aktivität des Enzyms Telomerase, das die Telomere verlängert und die Körperzellen dadurch „verjüngt“. Auch das Immunsystem profitiert: Sport aktiviert natürliche Killerzellen, die Krebszellen bekämpfen. Wer körperlich sehr aktiv ist, kann sein Risiko für bestimmte Krebsarten um bis zu 42 % verringern. Sogar nach einer Krebsdiagnose kann Sport das Sterberisiko senken.
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Krafttraining spielt eine entscheidende Rolle in der Diabetesprävention. Körperliche Aktivität aktiviert einen insulinunabhängigen Mechanismus, mit dem die Körperzellen Glukose aus dem Blut besser aufnehmen können.
Bewegung für ein gesundes Herz-Kreislauf-System
Schon fünf bis zehn Minuten langsames Joggen am Tag reduzieren das Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, um fast zwei Drittel. Optimal sind rund 3,5 Stunden moderater Sport pro Woche. Regelmäßige Bewegung senkt den Blutdruck und verbessert das Lipidprofil.
Aktives Muskelgewebe sezerniert Myokine, die chronische Entzündungen eindämmen und der Plaqueentstehung entgegenwirken. Regelmäßiger Sport kann die Festigkeit von Plaques erhöhen und eine Ruptur vermeiden.
Sport als wirksame Demenzprävention
Schon zehn Minuten Spazierengehen reichen aus, um unsere Neuronen besser zu vernetzen und die Gedächtnisleistung zu erhöhen. Körperliche Bewegung lässt neue Gehirnzellen im Hippocampus und frontalen Kortex sprießen und verbessert so die Lern- und Merkfähigkeit. Menschen mit einem hohen Fitnesslevel haben ein bis zu 88 % geringeres Demenzrisiko. Vermittelt werden die positiven Effekte wahrscheinlich über das Hormon „brain-derived neurotrophic factor“ (BDNF).
Sport wirkt wie ein Antidepressivum
Sport erhöht die Konzentrationen von Dopamin, Serotonin und Noradrenalin im Blut, die die Stimmung verbessern und Stressgefühle vermindern. Körperliche Aktivität ist ein effektives Mittel gegen Depressionen und wirkt ähnlich wie ein Antidepressivum.
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Sport erfolgreich in den Alltag integrieren
Wie lässt sich regelmäßiger Sport in einen Alltag integrieren, der voll mit Studium, Arbeit und privaten Verpflichtungen ist? Einerseits bieten sich hierfür bewusste Bewegungspausen beim Lernen an. Denn unser Gehirn ist sowieso nur in der Lage, sich für 30 Minuten auf eine Sache zu konzentrieren. Das bedeutet: Nach 30 Minuten lernen kannst du eine Runde um den Block gehen oder zuhause einige kurze Sportübungen machen.
Zudem bietet es sich sogar an, sich während einer Lernphase zu bewegen. Beispielsweise kannst du beim Auswendiglernen deiner Notizen aus dem Studium durch die Wohnung laufen oder deine Lernzettel einfach auf einen Spaziergang mitnehmen und dabei immer wieder durchgehen. Finde den Zeitpunkt und die Sportart, die zu dir passen!
Eine gute Zeit für Sport ist der Morgen. Besonders in einem Alltag, der ziemlich durchgeplant ist, macht es durchaus Sinn, für ein kleines Workout eine halbe Stunde früher aufzustehen. Das mag im ersten Moment eine große Überwindung sein, aber dein Körper und dein Kopf werden es dir langfristig danken!
Auch am Abend bietet es sich nach etwas Abstand zum Essen an, sportlich aktiv zu werden. Hierfür könntest du deine Freizeitroutinen leicht verschieben und zum Beispiel statt um 20 Uhr erst um 20:30 damit beginnen, einen Film zu schauen. So bleibt dir zumindest eine halbe Stunde Zeit für Extra-Bewegung!
Die richtige Dosis: Mehr ist mehr
Experten fordern viel mehr Bewegung, noch mehr als die WHO empfiehlt. Traditionelle Jäger- und-Sammler-Völker bewegen sich rund sechs bis acht Stunden pro Tag und lassen die typischen Volkskrankheiten vermissen. Stattdessen sollten wir den Alltag wieder zur Trainingsstätte machen.
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Zusätzlich zum Ausdauertraining empfiehlt Froböse speziell älteren Menschen ein funktionelles Aufbautraining der großen Muskelgruppen, um dem beschleunigten Muskelabbau und damit der Sturzgefahr entgegenzuwirken. Weiterhin können Senioren ihre Beweglichkeit und Koordination in Gymnastik- und Tanzkursen schulen.
Sport auf Rezept: Bewegung als Allzweckmittel
Bewegung ist ein - meist kostenloses - Allzweckmittel gegen zahlreiche Krankheiten. Das Patientengespräch bietet den idealen Raum, die Menschen über die zahlreichen Vorteile körperlicher Aktivität zu informieren und zur Bewegung zu motivieren. Am Ende des Gesprächs könnte die Ausstellung eines „Sportrezepts“ stehen, das über Art, Dauer, Häufigkeit und Intensität der empfohlenen Bewegung informiert.
Die Verbindung zwischen Muskeln und Nerven
Eine aktuelle Studie hat gezeigt, dass regelmäßiges Training den transplantierten Muskel dazu anregt, bestimmte biochemische Signale zu produzieren, von denen bekannt ist, dass sie das Wachstum von Nerven und Blutgefäßen fördern. "Jetzt, da wir wissen, dass es diese Verbindung zwischen Muskeln und Nerven gibt, kann es für die Behandlung von Nervenverletzungen nützlich sein, bei denen die Kommunikation zwischen Nerven und Muskeln unterbrochen ist", sagt Ritu Raman, Assistenzprofessorin am MIT und Hauptautorin der Studie.
Bewegung hält das Gehirn aktiv
Bewegung hält das Gehirn gesund. Es gibt keine „beste“ Sportart - wichtig ist, dass sie Spaß macht und regelmäßig ausgeübt wird.
Gut geeignet sind:
- Ausdauersportarten wie Gehen, Radfahren oder Schwimmen für Herz und Kreislauf.
- Ganzkörpertrainings wie Yoga oder Pilates zur Förderung von Beweglichkeit und Balance.
- Tanzen oder Tai-Chi zur Stärkung der Koordination und des Gedächtnisses.
- Krafttraining zur Vorbeugung von Muskelabbau und Stürzen.
Mehr Aktivität im Alltag
- Öfter zu Fuß gehen oder das Rad nehmen - kurze Strecken aktiv zurücklegen hält in Schwung.
- Die Treppe nehmen statt den Aufzug - das kräftigt Muskeln und verbessert das Gleichgewicht.
- Freizeit aktiv gestalten - mit Freunden spazieren, im Garten werkeln oder draußen Zeit verbringen.
Bewegung bei Demenz
Bewegung hält das Gehirn aktiv und kann helfen, den Krankheitsverlauf von Menschen mit Demenz zu verlangsamen. Auch depressive Symptome, die oft als Begleiterscheinung einer Demenz auftreten, können durch Bewegung positiv beeinflusst werden.
- Kraft- und Ausdauertraining verbessert die Durchblutung des Gehirns und kann helfen, kognitive Fähigkeiten länger zu erhalten.
- Sanfte Bewegungsformen wie Yoga oder Tai-Chi fördern Balance und Konzentration und geben innere Ruhe.
- Musik und Bewegung - etwa Tanzen oder im Takt klatschen - können Erinnerungen wecken und helfen, sich leichter zu bewegen.
Sport und Lernerfolg
Studien zeigen, dass Sport die Gedächtnisleistung erhöht. Durch einen Gedächtnistest konnten Forscher:innen vom Radboud University Medical Center in den Niederlanden beweisen, dass Sport die Gehirnleistung verbessert. In ihrem Experiment mussten sich die Teilnehmer:innen die Orte von Objekten auf einem Computerbildschirm einprägen.
Die erste Gruppe führte eine halbe Stunde nach der Aufgabe ein Intervall-Training durch. Die zweite Gruppe trainierte vier Stunden nach dem Gedächtnistest. Die dritte Gruppe betätigte sich gar nicht sportlich.
Das Ergebnis: Die Mitglieder der Gruppe, die vier Stunden nach dem Gedächtnistest sportlich aktiv waren, konnte deutlich mehr Informationen speichern als die der anderen zwei Gruppen und hatten nachweislich eine stärkere Aktivität im Hippocampus. Dieser Teil des Gehirns ist mit dem Lernen und dem Gedächtnis verbunden.
Körperliche Aktivität und Hirnvolumen
Schon leichte körperliche Aktivität wirkt sich positiv auf das Gehirn aus. Das konnten Forschende des DZNE um Dr. Dr. Ahmad Aziz aus Untersuchungen von 2.550 Teilnehmenden der Bonner „Rheinland Studie“ zeigen. Bestimmte Bereiche des Gehirns sind demnach bei körperlich aktiven Personen größer als bei Personen, die weniger aktiv sind. Insbesondere Hirnregionen, die relativ viel Sauerstoff benötigen, profitieren von diesem Effekt.
„Wir konnten zeigen, dass sich körperliche Aktivität in nahezu allen untersuchten Hirnregionen deutlich bemerkbar machte. Prinzipiell kann man sagen: Je höher und intensiver die körperliche Aktivität, umso größer waren die Hirnregionen, entweder in Bezug auf das Volumen oder auf die Dicke des Kortex“, fasst Fabienne Fox die Forschungsergebnisse zusammen. „Das haben wir unter anderem beim Hippocampus beobachtet, der als Schaltzentrale des Gedächtnisses gilt. Größere Hirnvolumina bieten einen besseren Schutz vor Neurodegeneration als kleinere.“
Denksport: Bewegung für Körper und Geist
Mehrmals pro Woche gibt es auf dem Gelände der deutschen Sporthochschule Köln ein besonderes Angebot: Denksport. Auf dem Plan stehen Kraft- und Koordinationstraining, aber auch Ausdauertraining, Rückengymnastik oder Aquafitness werden angeboten. Dabei geht es nicht nur um die körperlichen Effekte, sondern vor allem um die geistigen. Denn Bewegung ist auch gut fürs Gehirn.
„Langfristig ist davon auszugehen, dass sportliche Betätigung im Allgemeinen für verbesserte Gedächtnisleistung hilft“, sagt Jonas Korn, der die Denksport-Stunde anleitet. Sogar bei einer bestehenden Demenz soll regelmäßiges Training helfen.