Sprachschwierigkeiten sind ein häufiges und oft frühes Symptom von Demenz, einer Erkrankung, die das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen erheblich beeinträchtigen kann. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen von Sprachstörungen bei Demenz, die verschiedenen Demenzformen, die sich unterschiedlich auf die Sprache auswirken, sowie Diagnose- und Behandlungsansätze, die darauf abzielen, die Kommunikationsfähigkeit so lange wie möglich zu erhalten.
Einleitung
Demenz ist ein Oberbegriff für eine Gruppe von Erkrankungen, die durch einen fortschreitenden Verlust kognitiver Funktionen wie Gedächtnis, Sprache, Denkvermögen und Alltagsverhalten gekennzeichnet sind. Die Alzheimer-Demenz ist die häufigste Form, gefolgt von vaskulären Demenzen und der frontotemporalen Demenz (FTD). Sprachliche Beeinträchtigungen sind ein zentrales Symptom vieler Demenzformen und können das Grundbedürfnis nach Kommunikation stark beeinträchtigen.
Ursachen von Sprachschwierigkeiten bei Demenz
Die Ursachen von Sprachschwierigkeiten bei Demenz sind vielfältig und hängen von der zugrunde liegenden Demenzform ab. Generell führen Veränderungen im Gehirn, insbesondere der Abbau von Nervenzellen und deren Verbindungen, zu Beeinträchtigungen der kognitiven und sprachlichen Fähigkeiten.
- Alzheimer-Demenz: Bei der Alzheimer-Demenz kommt es zu einem Absterben von Nervenzellen und der Zerstörung ihrer Verbindungen untereinander. Zudem werden Eiweißablagerungen im Gehirn (Plaques beziehungsweise Fibrillen) sowie die Verminderung eines für das Gedächtnis wichtigen Botenstoffs (Acetylcholin) beobachtet. Diese Veränderungen beeinträchtigen die Gedächtnisfunktionen und die Fähigkeit, Wörter und Sätze zu bilden.
- Vaskuläre Demenz: Bei gefäßbedingten Demenzen kommt es infolge von Durchblutungsstörungen des Gehirns zum Absterben von Nervengewebe. Eine besondere Form vaskulärer Demenz ist die „Multiinfarktdemenz“. Hierbei führen wiederholte kleine örtliche Durchblutungsstörungen zum Absterben von Hirnzellen.
- Frontotemporale Demenz (FTD): Die FTD ist eine sogenannte neurodegenerative Erkrankung des Gehirns, die im Stirn- und Schläfenbereich beginnt. Der Frontal-Lappen ist für die Kontrolle der Gefühle, des Sozialverhaltens und für die Handlungskoordination sowie die Einsicht zuständig. Der Temporal-Lappen liegt im Schläfenbereich und ist Sitz unserer Sprache. Bei der FTD können daher frühzeitig Sprachstörungen auftreten.
Verschiedene Demenzformen und ihre Auswirkungen auf die Sprache
Die verschiedenen Demenzformen manifestieren sich unterschiedlich in Bezug auf die sprachlichen Fähigkeiten:
- Alzheimer-Demenz: Betroffene haben anfangs leichte Gedächtnislücken und Stimmungsschwankungen. Hinzu kommen erste Sprachschwierigkeiten. Die Menschen mit Demenz benutzen einfachere Wörter und kürzere Sätze oder stocken mitten im Satz und können ihren Gedanken nicht mehr zu Ende bringen.
- Frontotemporale Demenz (FTD): Typische Anzeichen der FTD sind Teilnahmslosigkeit, enthemmtes Verhalten oder Sprachprobleme. Bei der zweiten Hauptform, der Primär Progredienten Aphasie (PPA), können die Sprache und das Sprechen früh gestört sein. Erkrankte haben Wortfindungs- und Verständnisstörungen. Das führt im Verlauf zu einem angestrengt wirkenden Sprachstil.
- Vaskuläre Demenz: Die Symptome ähneln denen der Alzheimer-Demenz, oftmals kommen jedoch körperliche Beschwerden wie Taubheitsgefühle und Lähmungserscheinungen oder sonstige neurologische Auffälligkeiten hinzu.
Symptome von Sprachschwierigkeiten bei Demenz
Sprachschwierigkeiten bei Demenz können sich auf unterschiedliche Weise äußern. Zu den häufigsten Symptomen gehören:
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- Wortfindungsstörungen: Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden oder sich an Wörter zu erinnern.
- Ungrammatische Formulierungen: Verwendung von unvollständigen oder fehlerhaften Sätzen.
- Verlust des "roten Fadens" in Gesprächen: Schwierigkeiten, den Gesprächsfaden zu halten oder kohärent zu sprechen.
- Inhaltsleere oder floskelhafte Sätze: Verwendung von Sätzen, die wenig Bedeutung haben oder repetitive Phrasen enthalten.
- Schwierigkeiten im Sprachverständnis: Probleme, das Gesagte zu verstehen oder Anweisungen zu befolgen.
- Vermeidung von Lesen und Schreiben: Betroffene vermeiden möglicherweise das Lesen und Schreiben, oft begleitet von Ausreden.
Diagnose von Sprachschwierigkeiten bei Demenz
Die Diagnose von Sprachschwierigkeiten bei Demenz erfordert eine umfassende Untersuchung, die verschiedene Aspekte berücksichtigt. Erste Anlaufstelle ist die Hausarztpraxis. Bei Verdacht auf eine Demenz sollte eine haus- und fachärztliche Diagnostik, eine Bildgebung des Kopfes und ggf. auch eine Vorstellung in einer Gedächtnissprechstunde (auch Gedächtnisambulanz) erfolgen.
- Anamnese: Eine ausführliche Anamnese, in der die Krankengeschichte und die aktuellen Beschwerden erfasst werden, ist ein wichtiger Bestandteil der Diagnose. Angehörige können hierbei wertvolle Informationen liefern.
- Neurologische Untersuchung: Eine neurologische Untersuchung dient dazu, andere mögliche Ursachen für die Sprachstörungen auszuschließen.
- Sprachtests: Logopäden führen spezielle Sprachtests durch, um die Sprachproduktion und das Sprachverständnis zu bewerten. Hierzu gehören Tests zur Wortfindung, Satzstruktur und zum Sprachverständnis. Mithilfe spezieller Tests (wie dem Aachener Aphasie-Test, AAT) können wir Ihre Sprache analysieren und die Sprachstörung beurteilen.
- Bildgebende Verfahren: Für die Diagnose wird zudem ein Bild des Gehirns mit einer Magnetresonanz-Tomographie (MRT) erstellt. Eine Computertomografie und eine Magnetresonanztomografie mit oder ohne Darstellung der Arterien mithilfe von Kontrastmitteln (Angiografie) geben Aufschluss über die Art der Schädigung. Es kann sich um einen Infarkt, innere Blutungen (Hämorrhagie), eine sich entwickelnde Demenz oder um Tumore (Raumforderungen) handeln, deren Ausdehnung wir sichtbar machen können.
Behandlung von Sprachschwierigkeiten bei Demenz
Bislang ist keine Heilung der Demenz möglich. Es gibt zurzeit keine speziellen Medikamente, um die Kognition oder Sprache bei Demenz zu verbessern. Die Behandlung von Sprachschwierigkeiten bei Demenz zielt darauf ab, die Kommunikationsfähigkeit so lange wie möglich zu erhalten und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
- Logopädie: Insbesondere Betroffene mit einer primären Sprachstörung sollten Logopädie erhalten. Für kognitive und sprachliche Trainings gibt es auch erste digitale Anwendungen. Die Sprachtherapie ist ein wirksamer Ansatz bei einer Aphasie. Bevor die Behandlung beginnt, ist es wichtig, dass sich der Sprachtherapeut oder die Sprachtherapeutin einen Überblick verschafft. Welcher Schweregrad und welche Form liegen vor? Inwieweit kann der Betroffene oder die Betroffene lesen, schreiben, sprechen und Sprache verstehen? Grundsätzlich geht man davon aus, dass das Wissen rund um ein Wort, beispielsweise „Frühling“, nicht verloren gegangen ist. Betroffene wissen also, was den Frühling ausmacht. Allerdings ist der Zugriff auf das Wort momentan nicht möglich. In der Therapie arbeitet man viel mit Assoziationen und Ergänzungen. „Ich suche einen Begriff, der aus zwei Teilen besteht: Pferd und …“ Manchmal kommen Betroffene dann auf das Wort „Reiter“. In der Sprachtherapie werden zum Beispiel auch häufig Familienfotos eingesetzt. Beim Betrachten der Fotos kann es spontan zu einer Wortäußerung kommen, die Therapeuten und Therapeutinnen für die weitere Behandlung nutzen können. Konkretes Ziel der Sprachtherapie ist die Verbesserung des Sprachverständnisses und die Wiederaufnahme der Wort- und Satzproduktion. Dabei stehen die Wünsche des Patienten oder der Patientin klar im Vordergrund. Ein Wunsch könnte beispielsweise sein, mit den Enkelkindern wieder Bücher zu lesen.
- Kommunikationstraining: Angehörige und Betreuer können in Kommunikationstrainings lernen, wie sie die Kommunikation mit Menschen mit Demenz verbessern können. Wichtig ist die HaltungMenschen, die mit demenziell Erkrankten umgehen, können sich kommunikative Fähigkeiten für diese Situation aneignen. Grundlage ist eine Haltung von Respekt, Anerkennung, Verständnis und Nähe. Emotionen sind offensichtlich sehr bedeutsam für Demenzpatienten. Sie nehmen nonverbale und emotionale Zeichen sensibel wahr und kommunizieren darüber. Eine gute Beziehungspflege kann in allen Stadien der Demenz die Symptome mildern. Ebenso können negative Momente in der Beziehung zu ihrer Verstärkung führen. Zu diesen Symptomen zählen Unruhe, Angst, ständiges Umherlaufen, Depressionen, Apathie, Aggressionen, das Gefühl bestohlen worden zu sein, Schlafstörungen, Wahn oder Halluzinationen.
- Hilfsmittel: Es gibt verschiedene Hilfsmittel, die die Kommunikation erleichtern können, wie z.B. Bildkarten, Kommunikationsbücher oder elektronische Kommunikationshilfen.
- Anpassung der Umgebung: Eine ruhige und reizarme Umgebung kann die Kommunikation erleichtern.
Tipps für den Umgang mit Sprachschwierigkeiten bei Demenz
- Sprechen Sie langsam und deutlich.
- Verwenden Sie einfache Sätze und vermeiden Sie Fachausdrücke.
- Stellen Sie geschlossene Fragen, die mit Ja oder Nein beantwortet werden können.
- Wiederholen Sie wichtige Informationen.
- Nutzen Sie nonverbale Kommunikation wie Gestik und Mimik.
- Seien Sie geduldig und verständnisvoll.
- Schaffen Sie eine ruhige und entspannte Atmosphäre.
- Beziehen Sie die Person in Gespräche ein, auch wenn sie sich nicht aktiv beteiligen kann.
- Respektieren Sie die Person und ihre Bedürfnisse.
Die Rolle von Angehörigen und Betreuern
Angehörige und Betreuer spielen eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung von Menschen mit Demenz und Sprachschwierigkeiten. Sie können durch eine wertschätzende und verständnisvolle Kommunikation die Lebensqualität der Betroffenen verbessern und ihnen helfen, so lange wie möglich selbstständig zu bleiben. Es ist wichtig, dass sich pflegende Angehörige frühzeitig Hilfe suchen, wenn sie seelisch mit der Situation nicht zurechtkommen oder leichte Niedergestimmtheit (Depression) bei sich feststellen. Um den Umgang im Alltag zu erleichtern und mehr über die seltene Erkrankung frontotemporale Demenz zu erfahren, gibt es Informations- und Beratungsangebote sowie Selbsthilfegruppen.
Fazit
Sprachschwierigkeiten sind ein häufiges und belastendes Symptom von Demenz. Durch eine frühzeitige Diagnose, eine individuelle Therapieplanung und eine unterstützende Kommunikation können die Kommunikationsfähigkeit und die Lebensqualität der Betroffenen jedoch verbessert werden. Angehörige und Betreuer spielen dabei eine entscheidende Rolle. Es ist wichtig, sich frühzeitig Hilfe und Unterstützung zu suchen, um den Herausforderungen, die mit der Betreuung von Menschen mit Demenz einhergehen, gewachsen zu sein.
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