Die schnelle Erkennung von Schlaganfall-Symptomen ist entscheidend, um das Ausmaß der Zellschäden im Gehirn zu minimieren. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Symptome, Risikofaktoren und Erste-Hilfe-Maßnahmen bei einem Schlaganfall.
Was ist ein Schlaganfall?
Ein Schlaganfall (Apoplex) ist eine akute Schädigung des Gehirns, die durch eine plötzliche Durchblutungsstörung oder eine Hirnblutung verursacht wird. Bei einer Mangeldurchblutung werden Hirnregionen nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt, was zum Absterben von Hirnzellen führt. Jedes Jahr erleiden in Deutschland rund 270.000 Menschen einen Schlaganfall.
Es gibt zwei Hauptformen von Schlaganfällen:
- Ischämischer Schlaganfall: Diese Form macht etwa 80 % der Fälle aus und wird durch eine Verstopfung einer Arterie im Gehirn verursacht. Die häufigste Ursache ist ein Blutgerinnsel, das ein Gefäß verstopft.
- Hämorrhagischer Schlaganfall: Diese Form, die etwa 20 % der Fälle ausmacht, wird durch eine Hirnblutung verursacht, bei der ein Blutgefäß im Gehirn platzt.
Schlaganfall-Vorboten und Symptome
Ein Schlaganfall kann sich langsam ankündigen oder plötzlich auftreten. Es ist wichtig, die Symptome zu erkennen und sofort zu handeln. Nur selten treten alle Symptome auf einmal auf.
Häufige Symptome eines Schlaganfalls
- Plötzliche Schwäche oder Taubheitsgefühle: Betrifft oft eine Körperseite, insbesondere Gesicht, Arm oder Bein. Eine Hand, Arm und/oder Bein lassen sich nicht mehr richtig bewegen, kribbeln oder fühlen sich taub an. Charakteristisch für einen Schlaganfall kann auch ein herunterhängender Mundwinkel sein.
- Sprach- und Sprachverständnisstörungen: Schwierigkeiten, die richtigen Wörter zu finden, abgehacktes oder verwaschenes Sprechen, Schwierigkeiten, Gesprochenes zu verstehen. Die Betroffenen sprechen mit ihrer Umwelt im Telegrammstil, haben eine verwaschene oder lallende Sprache. In seltenen Fällen können sie gar nicht mehr sprechen.
- Sehstörungen: Plötzliche Sehverschlechterung, Doppeltsehen, Gesichtsfeldausfälle (z. B. Übersehen von Gegenständen auf einer Körperseite). Die Person nimmt Dinge auf einer Körperseite schlechter oder nicht mehr wahr. Andere sehen doppelt oder verschwommen. Wenn sie nach etwas greifen wollen, greifen sie daneben.
- Schwindel mit Gangunsicherheit: Plötzlich auftretender Schwindel, der oft mit Gleichgewichtsstörungen einhergeht. Die Betroffenen haben das Gefühl, dass sich alles dreht oder schwankt wie auf einem Schiff. Sie haben Probleme, das Gleichgewicht zu halten.
- Sehr starke Kopfschmerzen: Plötzlich auftretende, ungewöhnlich heftige Kopfschmerzen, oft in Verbindung mit Übelkeit und Erbrechen. Ursache sind plötzlich auftretende Durchblutungsstörungen einer bestimmten Hirnregion oder Einblutungen in das Hirngewebe (meist hervorgerufen durch das Platzen oder Zerreißen einer in der Regel angeborenen Gefäßaussackung). Diese starken Kopfschmerzen können mit Übelkeit und Erbrechen verbunden sein. Das Symptom des Kopfschmerzes kann zunächst allein auftreten, aber mit etwas Zeitverzögerung auch zu Lähmungen, zu Bewusstseinsverlust oder Verwirrtheit führen.
- Schluckbeschwerden
Spezifische Schlaganfall-Symptome
Spezifische Symptome bei Frau sowie Mann betreffen unter anderem die Sprache, das Bewusstsein, die Motorik sowie das Sehvermögen der betroffenen Person.
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Stiller Schlaganfall
Manchmal äußert sich ein Schlaganfall nur durch kurzzeitige Symptome wie eine taube Lippe oder er verläuft unbemerkt. Ein stiller Schlaganfall kann im Nachgang mithilfe bildgebender Verfahren wie beispielsweise einem CT oder MRT festgestellt werden. Er kann eine Vorstufe von schweren Schlaganfällen sein, daher ist auch hier schnelles Handeln gefragt.
Schlaganfall-Schwindel
Plötzlich auftretender Schwindel bei einem Schlaganfall tritt in der Regel heftig und kombiniert mit einer Gangunsicherheit auf. Betroffene berichten hierbei meist von einem Drehschwindel (wie bei einer Karussellfahrt) oder einem Schwankschwindel.
Leichter Schlaganfall (TIA)
Ein leichter Schlaganfall (transitorische ischämische Attacke, TIA) äußert sich durch die gleichen Symptome wie ein schwerer Schlaganfall, jedoch klingen die Beschwerden innerhalb von 24 Stunden wieder ab. Auch bei einem leichten Schlaganfall ist schnelles Handeln erforderlich, da er ein Vorbote eines schweren Schlaganfalls sein kann.
Der FAST-Test
Der FAST-Test ist eine einfache Methode, um den Verdacht auf einen Schlaganfall schnell zu überprüfen:
- Face (Gesicht): Bitten Sie die Person zu lächeln. Hängt ein Mundwinkel herab, deutet das auf eine Halbseitenlähmung hin. Ist das Gesicht dabei einseitig verzogen, deutet das auf eine Halbseitenlähmung hin.
- Arms (Arme): Bitten Sie die Person, die Arme nach vorne zu strecken und dabei die Handflächen nach oben zu drehen. Bei einer Lähmung können nicht beide Arme gehoben werden, ein Arm sinkt oder dreht sich. Bitten Sie den Betroffenen die Augen zu schließen, beide Arme gleichzeitig in die Waagerechte zu heben, die Handflächen nach oben zu drehen und die Position zu halten.
- Speech (Sprache): Lassen Sie die Person einen einfachen Satz nachsprechen. Ist sie dazu nicht in der Lage oder klingt die Stimme verwaschen? Versteht die Person die Aufforderung nicht?
- Time (Zeit): Wenn eines oder mehrere dieser Symptome auftreten, zählt jede Minute. Rufen Sie sofort unter 112 den Notarzt.
Um alle möglichen Formen des Schlaganfalls zu berücksichtigen, wurde der klassische FAST-Test so bereits vor einigen Jahren um die Bereiche „balance“ und „eyes“ erweitert und ist heute auch als sogenannter BE-FAST-Test bekannt.
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Erste Hilfe bei einem Schlaganfall
Wenn Sie bei sich oder einer anderen Person Symptome eines Schlaganfalls bemerken, handeln Sie sofort:
- Notruf wählen: Wählen Sie umgehend den Notruf 112 und schildern Sie die Symptome. Weisen Sie dabei unbedingt darauf hin, dass ein Schlaganfall vorliegen könnte.
- Person beruhigen: Bleiben Sie bei der betroffenen Person und beruhigen Sie sie.
- Lagerung: Lagern Sie den Oberkörper der Person leicht erhöht, wenn sie bei Bewusstsein ist. Ist die Person bewusstlos, bringen Sie sie in die stabile Seitenlage, um die Atemwege freizuhalten.
- Nichts zu essen oder zu trinken geben: Aufgrund möglicher Schluckbeschwerden sollte die Person nichts essen oder trinken.
- Informationen für den Notarzt bereithalten: Halten Sie Informationen wie Medikamentenplan, Vorerkrankungen und Adresse des Arztes bereit.
Wenn der Notarzt eintrifft, sind für ihn drei Dinge besonders wichtig. 1. 2. 3. Diese Informationen sind relevant für die Auswahl der richtigen Therapie nach einem Schlaganfall. Wenn Sie wissen, dass Sie ein erhöhtes Schlaganfall-Risiko haben, sollten Sie immer einen aktuellen Medikamentenplan, die Adresse Ihres Arztes und eine kurze Auflistung Ihrer Vorerkrankungen bereitliegen haben. All das kann dann dem Notarzt mitgegeben werden. Eine solche Liste können Sie auch erarbeiten, wenn Sie einfach auf Nummer sicher gehen wollen.
Diagnose und Behandlung im Krankenhaus
Im Krankenhaus wird der Patient in der Regel auf einer speziellen Schlaganfall-Abteilung ("Stroke Unit") behandelt. Dort werden folgende Maßnahmen durchgeführt:
- Diagnostik: Mittels bildgebender Verfahren (CT oder MRT) wird festgestellt, ob es sich um einen Hirninfarkt oder eine Hirnblutung handelt. Unmittelbar nach Einlieferung wird per CT oder MRT des Kopfes festgestellt, ob es sich um einen Hirninfarkt (ischämischer Schlaganfall) oder eine Hirnblutung handelt.
- Akuttherapie: Bei einem Hirninfarkt wird versucht, die Durchblutung des betroffenen Gehirnbereichs so schnell wie möglich wiederherzustellen (Thrombolyse oder Thrombektomie). Bei einer Hirnblutung muss die Blutung gestoppt und Schädigungen durch austretendes Blut vermieden werden. Bei einem Hirninfarkt muss die Durchblutung des betroffenen Gehirnbereichs so schnell wie möglich wiederhergestellt werden. Eine Methode ist die Thrombolyse (kurz: Lyse). Dabei wird ein das Gerinnsel auflösendes Medikament über die Vene in den gesamten Körper oder mittels Katheter direkt in das verschlossene Gehirngefäß verabreicht. Die Therapie sollte idealerweise innerhalb von viereinhalb Stunden nach Auftreten der ersten Schlaganfall-Symptome beginnen - je eher, desto besser der Behandlungserfolg. Eine weitere Methode ist die Thrombektomie. Sie wird vor allem bei größeren Blutgerinnseln eingesetzt, die sich nicht allein medikamentös auflösen lassen. Dabei wird ein Katheter durch die Leiste ins Gehirn eingeführt und das Blutgerinnsel mit einem weichen Metallgitter-Geflecht eingefangen und abgesaugt. Ist die Thrombektomie nicht erfolgreich, kann das verstopfte Gefäß mit einem Ballonkatheter geweitet werden, damit das Blut wieder ungehindert fließen kann. Wenn der Ballon an der richtigen Stelle in der Arterie sitzt, wird er auf zwei Millimeter aufgeblasen. Danach wird ein Stent, also eine Gefäßstütze, eingesetzt. Bei einer Hirnblutung muss die Blutung zum Stillstand gebracht werden, falls noch nicht von selbst geschehen. Außerdem müssen Schädigungen durch austretendes Blut vermieden werden. Das bei einer Hirnblutung entstehende Blutgerinnsel verdrängt das umliegende Gewebe. Der daraus entstehende Druck kann gesunde Gehirnteile schädigen, was für die Betroffenen lebensbedrohlich werden kann. Zudem schädigen die im Blut enthaltenen Stoffe teilweise die Gehirnzellen. Daher kann es bei stärkeren Blutungen nötig sein, das Blut durch eine Operation zu entfernen. Um den Druck auf das Gehirn zu reduzieren, kann es in seltenen Fällen erforderlich werden, Teile des Schädelknochens zu entfernen. Wenn sich die Schwellung zurückgebildet hat, wird der entfernte Teil später wieder eingesetzt.
- Rehabilitation: Nach der Akutbehandlung beginnt die Rehabilitation, um Langzeitschäden zu minimieren. Nach einem Schlaganfall bleiben oft Lähmungen, Wahrnehmungs- und Sprechstörungen zurück. Um Langzeitschäden so gering wie möglich zu halten, sollte möglichst schon in den ersten Tagen in der Klinik mit Reha-Maßnahmen begonnen werden. Häufig treten zum Beispiel gefährliche Schluckstörungen auf, die in der Frühphase erkannt und behandelt werden müssen. Nach der Akuttherapie in der Klinik haben Betroffene in der Regel Anspruch auf eine Anschlussbehandlung. Depressionen gehören zu den häufigsten Komplikationen nach einem Schlaganfall. Eine aktuelle Studie zeigt, dass Veränderungen am Hirnstamm ein Biomarker dafür sein könnten. Mit einem hochauflösenden Hirnstamm-Ultraschall könnten Risikopatienten frühzeitig erkannt und behandelt werden. Die Dauer der Rehabilitation sollte sich nach der Schwere der Beeinträchtigungen richten. Viele Betroffene fühlen sich im Alltag überfordert - zum Beispiel mit organisatorischen Dingen. Auch Partner, Kinder und Freunde verhalten sich oft falsch, indem sie Betroffenen aus Hilfsbereitschaft oder Ungeduld zu schnell Dinge abnehmen. Oft vergehen nach einem Schlaganfall viele Monate, bis der Alltag wieder funktioniert.
Risikofaktoren für einen Schlaganfall
Es gibt verschiedene Risikofaktoren, die die Wahrscheinlichkeit eines Schlaganfalls erhöhen:
- Alter: Mit dem Alter steigt das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Etwa 75 Prozent der Schlaganfallpatienten sind über 65 Jahre alt.
- Bluthochdruck: Erhöhter Blutdruck ist einer der größten Risikofaktoren. Eine optimale Blutdruck- und Blutzuckereinstellung, regelmäßige Bewegung, Nichtrauchen sowie eine gesunde, ausgewogene Ernährung ist daher essenziell.
- Vorhofflimmern: Diese Herzrhythmusstörung erhöht das Schlaganfallrisiko, insbesondere bei Frauen. Betroffene Frauen bekommen doppelt so häufig einen Schlaganfall wie Männer mit Vorhofflimmern.
- Diabetes mellitus: Erhöhte Blutzuckerwerte bei Diabetes mellitus stellen additive Risikofaktoren dar. Auch Frauen mit Diabetes sind stärker gefährdet als Männer.
- Erhöhte Blutfette
- Rauchen
- Arteriosklerose: Kalk- und Fettablagerungen in den Gefäßen können zu Verengungen und Verschlüssen führen. Arteriosklerose, also Kalk- und Fettablagerungen, kann direkt im Gehirn an den Gefäßwänden entstehen und die Ader verengen. Im Verlauf können sich an den Engstellen Blutgerinnsel bilden, die die Gefäße teilweise oder sogar komplett verschließen. Von den Halsgefäßen aus können solche Gerinnsel bis ins Gehirn geschwemmt werden.
- Migräne mit Aura: Erhöht das Risiko, insbesondere bei Frauen. Migräne mit Aura erhöht zwar für Männer und Frauen das Risiko, einen Schlaganfall zu bekommen. Aber Frauen sind häufiger von Migräne betroffen als Männer.
- Offenes Foramen ovale (PFO): Ein angeborener Defekt im Herzen, der bei jüngeren Menschen Schlaganfälle verursachen kann. In der Altersspanne von 16 bis 55 Jahren steckt oft ein kleiner angeborener Defekt im Herzen hinter einem Schlaganfall - ein offenes oder persistierendes Foramen ovale (PFO). Dabei handelt es sich um eine Verbindung zwischen dem rechten und dem linken Herzvorhof, die sich normalerweise in den ersten Wochen nach der Geburt verschließt. Bei jedem Vierten wächst das Loch (Foramen ovale) allerdings nicht vollständig zu, es bleibt dauerhaft offen.
Prävention
Um einem Schlaganfall vorzubeugen, sollten Risikofaktoren reduziert und ein gesunder Lebensstil gepflegt werden:
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- Blutdruck und Blutzucker regelmäßig kontrollieren und einstellen
- Gesunde Ernährung
- Regelmäßige Bewegung
- Nichtrauchen
Um einem erneuten Schlaganfall vorzubeugen, sollten bei Risikopatienten regelmäßig der Blutdruck, die Cholesterinwerte und der Blutzucker überprüft und eingestellt werden. Auch eine Umstellung des Lebensstils mit viel Bewegung, gesünderer Ernährung und ohne Rauchen kann das Risiko eines erneuten Schlaganfalls verringern.
Schlaganfall bei Frauen
Studien zeigen, dass Frauen im Vergleich zu Männern häufiger einen Schlaganfall erleiden. Dies hängt mit speziellen Risikofaktoren zusammen, denen in der Regel nur Frauen ausgesetzt sind. Einige Faktoren begünstigen aber besonders bei Frauen Schlaganfälle: Dazu gehört zum Beispiel das Vorhofflimmern. Betroffene Frauen bekommen doppelt so häufig einen Schlaganfall wie Männer mit Vorhofflimmern. Auch Frauen mit Diabetes sind stärker gefährdet als Männer. Migräne mit Aura erhöht zwar für Männer und Frauen das Risiko, einen Schlaganfall zu bekommen. Aber Frauen sind häufiger von Migräne betroffen als Männer.
Seltene Ursachen für einen Schlaganfall
Gerade bei Menschen, die nicht die klassischen Risikofaktoren aufweisen, findet man häufig akute auslösende Faktoren.
Dissektion
Wenn die innere Gefäßwand einer Halsschlagader plötzlich einreißt, kann diese sogenannte Dissektion ebenfalls zum Schlaganfall führen. Das kann beispielsweise auch die sogenannte Vertebralis-Arterie betreffen (Vertebralisdissektion): Sie verläuft zwischen den Wirbelkörpern und ist dort hohen mechanischen Belastungen ausgesetzt. Der Bluterguss in der Gefäßwand verengt die Ader, der Blutfluss wird behindert und hinter der Engstelle kann sich ein Blutgerinnsel bilden. Löst sich das Gerinnsel, kann es ins Gehirn geschwemmt werden und dort ein Gefäß verschließen, also einen Schlaganfall auslösen. Zu den typischen Warnzeichen einer Dissektion gehören einseitige Kopfschmerzen, Schwindel, Sehstörungen und Ohrgeräusche. Wird eine verengende Dissektion gefunden, muss der Betroffene schnell mit blutverdünnenden Medikamenten behandelt werden, damit sich kein Blutgerinnsel bildet. Die Therapie dauert so lange, bis der Einriss in der Gefäßwand abgeheilt und der Bluterguss verschwunden ist. Dissektionen treten insgesamt eher selten auf.
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