Stereotaktische Operation bei Parkinson: Ein umfassender Überblick

Die stereotaktische Operation, insbesondere die Tiefe Hirnstimulation (THS), hat sich als eine bedeutende Therapieoption für Patienten mit Morbus Parkinson etabliert. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte dieses Verfahrens, von den grundlegenden Prinzipien der Stereotaxie bis hin zu den spezifischen Anwendungen bei Parkinson und anderen neurologischen Erkrankungen.

Was ist Stereotaxie?

Stereotaxie ist zunächst ein technisches Verfahren, um eine bestimmte Stelle im Schädelinneren bzw. Gehirn mit hoher Genauigkeit zu erreichen. Stereotaktische Operationen sind Eingriffe am Gehirn, bei denen über ein kleines Bohrloch im Schädel mit Hilfe eines Zielgerätes Sonden an die vorausberechneten Stellen im Gehirn platziert werden können. Diese Methode wird seit über 50 Jahren durchgeführt. Ursprünglich zielte sie darauf ab, bestimmte Zielgebiete im "normalen" Hirn zu erreichen, um dadurch Bewegungsstörungen (z.B. Morbus Parkinson), Schmerzzustände oder Epilepsie zu behandeln. Es handelt sich also um die Therapie von Funktionsstörungen des Gehirns - um funktionelle stereotaktische Eingriffe. Die Lage der Zielpunkte wird mit Hilfe eines Referenzsystems im dreidimensionalen anatomischen Raum abgeleitet.

Mit dem Aufkommen der Computertomografie in den 70er Jahren war erstmals die direkte Darstellung pathologischer Veränderungen im Schädelinneren möglich. Dies bedeutete auch für die Stereotaxie einen großen Schritt nach vorne. Dank Computerunterstützung lassen sich bildgebende Verfahren, wie Computertomografie (CT) und Kernspintomografie (MRT), in die stereotaktische Eingriffsplanung integrieren. Selbst sehr kleine, pathologisch veränderte Hirnareale lassen sich so punktgenau erreichen. Stereotaktisch gestützte Eingriffe ermöglichen auch das exakte Platzieren von Kathetern, Radioisotopen oder elektrischen Sonden zur Stimulation bestimmter Hirnzentren, die damit den Kreis zur funktionellen Stereotaxie wieder schließen. Die Eingriffsplanung erfolgt mittels spezieller Programme auf leistungsfähigen Rechnern.

Tiefe Hirnstimulation (THS): Eine interdisziplinäre Behandlung von Bewegungsstörungen

Die Tiefe Hirnstimulation (THS) - im anglo-amerikanischen Raum als Deep Brain Stimulation (DBS) oder umgangssprachlich als „Hirnschrittmacher“ bezeichnet - stellt eine mittlerweile fest etablierte Behandlung von Bewegungsstörungen dar. Seit ihrer Erstanwendung in den späten 1980er Jahren durch Prof. A. Benabid in Grenoble (Frankreich) wurde die THS weltweit bei ca. 85.000 Patienten durchgeführt - die meisten Patienten wurden aufgrund einer Parkinson-Erkrankung operativ behandelt.

Wirkungsweise der Tiefen Hirnstimulation

Trotz dieser mittlerweile breiten Anwendung der THS zur Behandlung neurologischer und auch psychiatrischer Erkrankungen ist die Wirkweise der THS bislang nicht geklärt. Die THS arbeitet über eine (meist) kontinuierliche hochfrequente elektrische Stimulation von Kerngebieten des Gehirns. Es wird angenommen, dass über diese hochfrequente Stimulation eine Hemmung des Kerngebietes stattfindet, die sich daraufhin auch auf das gesamte Netzwerk der Basalganglien auswirkt. Wie diese Hemmung genau zustande kommt, ist bislang nicht geklärt. Wichtig ist, dass die THS durch die Modulation von Netzwerken nur eine symptomatische Behandlung ist, d.h. nach heutiger Kenntnis nur die Symptome reduziert, aber keinen Einfluss auf das Vorhandensein oder Voranschreiten der zugrunde liegenden Erkrankung hat. Daher ist der Effekt der THS auch reversibel: nach Ausschalten des Stimulators stellt sich ein Zustand ein, wie er zu diesem Zeitpunkt ohne Stimulation wäre.

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Indikationen der Tiefen Hirnstimulation

Die THS ist zur Behandlung vieler neurologischer Erkrankungen bereits zugelassen. Die Therapiemöglichkeit anderer neurologischer aber auch psychiatrischer Erkrankungen werden derzeit in Studien und kleineren Fallserien untersucht. Etabliert hat sich die THS zur Behandlung des Morbus Parkinson; hier wird als Zielpunkt meist der sogenannte Nucleus subthalamicus (STN) verwendet, ein Kerngebiet in den Basalganglien, das durch die Erkrankung überaktiv ist. Alternativ kommt zur Behandlung von Überbeweglichkeiten (Dyskinesien) in der Spätphase der Parkinsonerkrankung als Zielpunkt der Globus pallidus internus (GPi) in Frage. Zur Behandlung eines Parkinson-Tremors wie auch des Essentiellen Tremors hat sich als Zielpunkt der sogenannte Nucleus ventralis intermedius (VIM) des Thalamus bewährt. Die generalisierte und segmentale Dystonie wird durch eine THS im GPi behandelt. Weitere Studien zu dem gleichen Zielpunkt laufen aktuell für tardive Dyskinesien, einer Spätkomplikation nach Behandlung mit sogenannten Neuroleptika, und zeigen auch nach unseren eigenen Erfahrungen einen guten Effekt. Ebenso werden Untersuchungen zur THS bei Chorea Huntington (Chorea major) durchgeführt.

Zugelassen ist die THS auch zur Behandlung der fokalen Epilepsie. Hierbei wird im sogenannten anterioren Thalamus stimuliert. Neben diesen neurologischen Erkrankungen werden seit einigen Jahren zunehmend psychiatrische Erkrankungen mit der THS behandelt. Diese ist zur Behandlung von Zwangserkrankungen bereits zugelassen, vielversprechende Ergebnisse zeigen sich auch in kleineren Studien bei Patienten mit chronischer Depression.

Wirkung der Tiefen Hirnstimulation auf klinische Symptome

Die zu erwartende Wirkung auf die klinische Symptomatik ist zum einen von dem Zielpunkt, zum anderen von der zugrunde liegenden Erkrankung abhängig. Sowohl die Muskelsteifigkeit (Rigor) als auch die Bewegungsarmut (Hypokinese / Bradykinese) sowie das Zittern (Tremor) beim Morbus Parkinson werden bei einer THS im Nucleus subthalamicus (STN) effektiv behandelt; weniger gut sprechen die axialen Symptome des M. Parkinson (Gangunsicherheit, Haltefunktionen, Schlucken, Sprechen …) an. Die THS im Nucleus ventralis intermedius (VIM) des Thalamus zur Behandlung vieler Tremorformen wirkt nur auf den Tremor allein und führt daher nicht zu einer Reduktion der Begleitsymptome (wie Ataxie, Rigor, Bradykinese, Dystonie …). Durch eine Stimulation des Globus pallidus internus (GPi) können dystone Bewegungsstörungen, der dystone Tremor, tardive Dyskinesien und Dyskinesien beim Morbus Parkinson effektiv reduziert werden. Eine Stimulation des anterioren Thalamus reduziert die Anfallshäufigkeit bei Patienten mit fokaler Epilepsie.

Ablauf einer stereotaktischen Operation zur Tiefen Hirnstimulation

Die THS-Operation wird durch die Ärzte der stereotaktischen Neurochirurgie durchgeführt, sie dauert insgesamt ca. 6 Stunden. Am Operationstag wird zunächst ein stereotaktischer Ring am Schädelknochen nach vorangegangener örtlicher Betäubung befestigt. Dieser Ring dient der Planung und Navigation des Neurochirurgen. Anschließend wird eine Computertomographie des Schädels veranlasst. Diese Bilddaten werden mit Daten aus einem vor dem Operationstag angefertigten Kernspintomogramm in Übereinstimmung gebracht. So erhält man die gute Auflösung des Kernspintomogramms mit Darstellung der Gefäße in Kombination mit dem stereotaktischen Ring. Hierdurch kann eine Planung des Zugangswegs zu dem jeweiligen Kerngebiet des Gehirnes unter Berücksichtigung der Gefäßverläufe erfolgen. Diese Prozedur ist wichtig, um die Komplikationsrate des Eingriffs minimal zu halten. Nach Planung wird ein zusätzlicher Bügel am stereotaktischen Ring befestigt, der die Navigation ermöglicht.

Nach örtlicher Betäubung erfolgt zunächst ein Hautschnitt, danach wird ein Loch mit ca. 8 mm Durchmesser in die Schädeldecke gebohrt. Anschließend werden 2 bis 5 Mikroelektroden in das Gehirn eingeführt (das Gehirn selbst kann keinen Schmerz empfinden), die elektrische Ableitungen aus dem Kerngebiet ermöglichen und so eine Orientierungshilfe für den Neurochirurgen bieten. Über diese Mikroelektroden erfolgt auch eine Teststimulation, um den Effekt der THS auf die jeweiligen Symptome zu untersuchen. Gemeinsam mit dem Patienten wird so der optimale Stimulationsort detektiert und die endgültige Stimulationselektrode dort platziert. Ebenso wird mit der anderen Gehirnseite verfahren, da in der Regel eine beidseitige Operation durchgeführt wird.

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Anschließend erfolgt in Vollnarkose die Implantation der Kabel und des Stimulators (Impulsgebers) unter der Haut. Der Impulsgeber ist durch die Haut programmierbar und wird einige Tage nach der Operation erstmals eingeschaltet. Die Anpassung der Stimulationsparameter erfolgt langsam und über viele Tage, hier ist gerade in den ersten Tagen und Wochen viel Geduld von Seiten des Patienten notwendig. Die Weiterbehandlung nach dem stationären Aufenthalt erfolgt in der Regel in einer Rehabilitationseinrichtung. Anschließend sind die Patienten regelmäßig in ambulanter Kontrolle am Neurozentrum in Freiburg.

Notwendige Abklärung vor dem operativen Eingriff

Aufgrund von möglichen Nebenwirkungen ist in Abhängigkeit von Zielpunkt und Erkrankung eine ambulante oder stationäre Abklärung zur Selektion der geeigneten Patienten notwendig. Stationär werden in der Regel Patienten mit Morbus Parkinson oder einer Dystonie abgeklärt. Neben der Dokumentation der klinischen Symptomatik im tageszeitlichen Verlauf über den stationären Beobachtungszeitraum wird eine Bildgebung des Gehirns (Kernspintomographie ), neuropsychologische Testungen (Gedächtnistests), eine Vorstellung bei einem Psychiater zum Ausschluss einer schwerwiegenden psychiatrischen Erkrankung, apparative Zusatzuntersuchungen sowie das Ansprechen der Symptome auf verschiedene Medikamente durchgeführt, um Argumente für und wider eine Operation zu sammeln. Die Patienten werden gegen Ende des stationären Aufenthalts in einer interdisziplinären Konferenz (MoDis-Konferenz) gemeinsam mit den Kollegen der Sektion für Stereotaktische Neurochirurgie ausführlich besprochen und das individuelle Operationsrisiko gegen den möglichen Gewinn durch diesen Eingriff abgewägt. Die Entscheidung, ob eine THS-Operation stattfinden kann oder nicht, ist daher immer ein interdisziplinärer Konsens.

Komplikationen und Nebenwirkungen

Man unterscheidet Komplikationen durch den chirurgischen Eingriff (prozedural) von technischen Komplikationen des elektronischen Systems. Trotz sorgfältiger Planung des Zugangsweges und akkurater Durchführung der chirurgischen Handgriffe lassen sich Komplikationen durch den stereotaktischen Eingriff nicht ganz verhindern. Bei etwa 2% der operierten Patienten kommt es durch Verletzung eines Gefäßes zu einer Gehirnblutung, die in der Regel sehr klein und umschrieben ausfällt. Aufgrund des Zugangswegs und der Lage dieser Blutungen verursachen etwa die Hälfte dieser Blutungen (d.h. bei etwa 1% aller Patienten) auch neurologische Symptome wie Halbseitenlähmungen, Gefühlsstörungen, Sprach- oder Sprechstörungen. In der Regel bilden sich diese Symptome vollständig oder zumindest teilweise wieder zurück. Sehr, sehr selten kommt es zu einer Dislokation (Fehlplatzierung) der Elektrode mit Wirkverlust oder Auftreten von Nebenwirkungen. Häufig tritt eine solche Dislokation im Verlauf auf. Zunächst wird die entsprechende Elektrode nicht mehr stimuliert.

Ein weiteres Risiko, das über den chirurgischen Eingriff hinaus auch noch im langfristigen Verlauf zu Problemen führen kann, stellt das Infektionsrisiko dar. Bakterien haften sich sehr gerne an Implantaten an und sind einer Antibiotikatherapie nur schwer zugänglich. Dies bedeutet, dass eine Infektion nur selten durch Antibiose effektiv zu behandeln ist, häufig wird daher eine Explantation der Implantate notwendig. Meist ist es ausreichend, nur den Impulsgeber und einen Teil des Kabels zu entfernen; selten jedoch kann die Explantation des gesamten Systems notwendig werden, um die Entwicklung einer Hirn- und Hirnhautentzündung zu vermeiden.

Selbstverständlich sind die verwendeten technischen Bauteile sorgfältig geprüft und für den Gebrauch am Menschen zugelassen. Dennoch kann es im Verlauf - wie bei anderen elektrischen Apparaturen auch - zu einem Ausfall des Impulsgebers kommen, die zu einem Funktionsverlust der THS führen können. In diesem Fall kann ein Austausch des entsprechenden Kabels oder Stimulators durchgeführt werden. Notwendig wird der Austausch des Impulsgebers bei Erschöpfung der Batterie, die in Abhängigkeit von den Stimulationsparametern etwa 2 bis 7 Jahre lang hält. Dieser Eingriff wird durch die Ärzte der stereotaktischen Neurochirurgie in örtlicher Betäubung durchgeführt und dauert ca.

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Je nach Stimulationsort und Elektrodenlage bzw. der verwendeten Spannung können durch die hochfrequente Stimulation neben den erwünschten Wirkungen auch Nebenwirkungen auftreten. Diese können vorübergehender Natur sein oder dauerhaft vorliegen. Zu nennen sind Sprechstörungen, Gefühlsstörungen, Verkrampfungen oder Doppelbilder. Im Falle des Nucleus subthalamicus bei M. Parkinson können auch mal psychiatrische Nebenwirkungen wie Apathie, depressive Verstimmung oder submanische Zustände provoziert werden, auf die natürlich besondere Aufmerksamkeit bei der Einstellung der Stimulationsparameter gerichtet wird.

Anwendungsgebiete der THS

Die THS wird in der Regel dann eingesetzt, wenn medikamentöse Bemühungen die Symptome nicht mehr durchgreifend bessern können. Als anerkannte Indikationen gelten folgende Erkrankungen:

  • Bewegungsstörungen:
    • Morbus Parkinson
    • Essentieller Tremor
    • Dystonie (generalisierte genetische Formen, cervikale Dystonie oder Torticollis, andere Formen der Dystonie)
    • Tremor bei multipler Sklerose
  • Psychiatrische Erkrankungen:
    • Zwangserkrankung (OCD)
    • Tourette-Syndrom
    • Depression

Darüber hinaus können wir die THS im Rahmen von individuellen Heilversuchen oder durch Teilnahme an aktuellen Studien auch bei anderen Erkrankungen ggf. anbieten.

Der Weg zur THS: Indikationsstellung und Voruntersuchungen

Wenn Sie sich unverbindlich informieren wollen, ob in Ihrem Fall eine THS in Frage kommt, können Sie sich jederzeit in der Ambulanz für Tiefe Hirnstimulation vorstellen. In einem Gespräch mit dem zuständigen THS-Arzt werden wir dort Ihre Krankengeschichte (Anamnese) erheben und Ihre Befunde (MRT, CT u.a.) auswerten. Bitte bringen Sie dazu alle Ihnen vorliegen Voruntersuchungen mit. In einem nächsten Schritt erfolgt eine interdisziplinäre Besprechung in unserem THS-Board, um die Indikation in Ihrem individuellen fall zu überprüfen und mögliche Risiken sorgfältig abzuwägen. Sollten Sie für eine THS-OP in Frage kommen, erhalten Sie einen zeitnahen Aufnahmetermin auf unsere Spezialstation für THS.

Die THS steht in der Regel nicht am Anfang der therapeutischen Möglichkeiten, sondern kommt zum Einsatz, wenn die nicht-operativen Behandlungsverfahren keine befriedigende Beschwerdelinderung mehr erreichen. So ist beim M. Parkinson das L-Dopa-Langzeitsyndrom mit Wirkschwankungen (sogenannte ON-OFF-Phasen) die klassische Indikation für die THS. Durch die Early-Stim-Studie konnte jedoch gezeigt werden, dass auch Patienten mit kürzerer Krankheitsdauer von der THS deutlich profitieren können.

Der Erfolg der Operation hängt entscheidend von einer sorgfältigen Auswahl der geeigneten Patienten ab. Wir erarbeiten in enger interdisziplinärer Zusammenarbeit mit der Neurologie und der Psychiatrie die Kriterien für diese Indikationsstellung. Diese Voruntersuchungen, inklusiver neuropsychologischer Testungen werden in der Regel im Rahmen eines kurzen stationären Aufenthaltes durchgeführt. Zum Abschluss erfolgt dann eine interdisziplinäre Diskussion in der sogenannten DBS-Konferenz, zu der Patienten und Angehörige eingeladen werden. In dieser Konferenz wird dann auch besprochen, welches Zielkerngebiet für den jeweiligen Patienten geeignet ist. So gibt es z. B. für den Morbus Parkinson verschiedene Kerngebiete für die Stimulation, die je nach Beschwerdesymptomatik oder anhand neuropsychologischer Gesichtspunkte gewählt werden. Entscheidet man sich gemeinsam für eine Operation, folgen noch weitere Informations- und Aufklärungsgespräche mit dem Operateur.

Die Operation: Schritt für Schritt

Die eigentliche Operation erfolgt bei uns in zwei Schritten. Im ersten Schritt werden dem Patienten durch 2 kleine Bohrlöcher im Schädelknochen Elektroden in das Gehirn eingeführt und - je nach Erkrankung - an den jeweils für die optimale Wirkung besten Zielpunkt platziert. Um mit Hilfe von verschiedenen Tests die Wirksamkeit der Stimulation noch während der OP überprüfen zu können, bleiben die Patienten in der Regel wach und benötigen keine Narkose. Selbstverständlich sind sie jedoch so durch Anästhesisten betreut, dass sie während des Eingriffes schmerzfrei sind. Der Impulsgenerator (Hirnschrittmacher) wird in der Regel im Rahmen einer zweiten, kurzen Operation an einem Folgetag implantiert. Im Anschluss werden die Patienten auf unserer Spezialstation überwacht und weiterbehandelt.

Bei der stereotaktischen Implantation werden die Elektroden über ein kleines Bohrloch im Schädel mit Hilfe eines Zielgerätes an genau vorausberechnete Stellen im Gehirn platziert. Dazu wird ein sogenannter stereotaktischer Rahmen fest am Schädel verankert, an welchem dann das Zielsystem für die Elektrodenimplantation montiert wird. Als Alternative zum klassischen Zielsystem kann ein moderner Roboter die Zielgenauigkeit noch verbessern. Dieser Teil der Operation erfolgt in der Regel in Sedierung, kann aber auch in Vollnarkose durchgeführt werden. Während der Operation werden in Zusammenarbeit mit den Neurologen bereits elektrophysiologische und klinische Testungen durchgeführt, bei denen die Mitarbeit des Patienten gebraucht wird. Der Eingriff beginnt morgens mit dem Anlegen des stereotaktischen Rahmens und endet in der Regel am frühen Nachmittag.

Der Impulsgeber wird wie ein Herzschrittmacher in eine Brusttasche unter dem Schlüsselbein oder in die Bauchdecke eingepflanzt. Verbindungskabel zwischen Impulsgeber und Hirnelektroden verlaufen unter der Haut.

Erfolgsaussichten der THS bei verschiedenen Erkrankungen

Die Schrittmacherimplantation im subthalamischen Kern (STN) kann bei bis zu 80 Prozent der Patienten mit Morbus Parkinson zu einer deutlichen Minderung der Muskelsteifigkeit und Bewegungsverarmung in der Körperhälfte führen, die der operierten Hirnhälfte gegenüberliegt. Bei bis zu 85 bis 90 Prozent der Patienten bessert sich darüber hinaus das Zittern bis hin zum völligen Verschwinden. Auch die Überbewegungen nach Medikamenteneinnahme werden beeinflusst. Bei Eingriffen in beiden Hirnhälften kann auch das Gehen und das Gleichgewicht verbessert werden. Da bislang weltweit eine größere Zahl von Patienten mit dieser Operation behandelt wurde, konnte bereits vielen Patienten geholfen werden.

Bei Patienten mit essentiellem Tremor oder tremordominantem M. Parkinson kann eine Stimulation im Thalamus (VIM) und dem unmittelbar darunter liegendem subthalamischen Areal (PSA) eine sehr deutliche Tremorreduzierung erreicht werden.

Bei den Formen der Dystonie stimuliert man in der Regel im Globus pallidus internus (GPI). Hier ist als Besonderheit zu sagen, dass die positive Wirkung erst verzögert nach Wochen oder Monaten auftreten kann.

Langzeiteffekte und Risiken

Bei Morbus Parkinson sprechen die bisherigen Erfahrungen für ein langjähriges Anhalten der Effekte auf die Steifigkeit, die Bewegungsarmut, das Zittern und für einen anhaltenden Einspareffekt der Medikamente. Die Erkrankung wird jedoch durch die Operation nicht aufgehalten und schreitet langsam fort. Mit dem Fortschreiten der Parkinson-Krankheit kann es daher zu einem Neuauftreten von Beschwerden oder einer Verschlechterung der bestehenden Symptome kommen. Ziel der Behandlung ist es, durch die Kombination von Operation und Medikamenten den bestmöglichen Zustand für den Patienten zu erreichen.

Verglichen mit anderen Hirnoperationen sind die Risiken einer stereotaktischen Hirnoperation sehr gering. Der Eingriff wird in Sedierung und örtlicher Betäubung durchgeführt und der Patient befindet sich in ständiger Überwachung durch einen Narkosearzt. Das Risiko einer Infektion der Wunden kann nicht ganz ausgeschlossen werden. Eine Hirnblutung mit ernsthaften Folgen stellt die am meisten gefürchtetste Komplikation dar und ist als ganz seltene Ausnahme anzusehen (Risiko ca. 1%). Neben den rein operativen Risiken gibt es noch stimulationsbedingte Nebenwirkungen. Diese sind natürlich davon abhängig, in welchem Zielgebiet die Elektroden implantiert sind. Zu nennen sind hier u.a. eine undeutlichere Sprache, Gangunsicherheiten und Gleichgewichtsstörungen und insbesondere beim subthalamischen Kern (STN) auch psychische oder kognitive Nebenwirkungen. Durch eine sorgfältige Programmierung des Schrittmachers wird dann versucht, die Nebenwirkungen zu minimieren.

Stereotaktische Biopsie

Das Ziel einer stereotaktische Biopsie ist es eine Diagnose aus pathologischen Prozessen zu erstellen, bei denen eine offene Operation ein zu hohes Risiko darstellen würde. Meistens handelt es sich um tiefliegende oder multilokuläre Prozesse. Weitere Indikation stellen Lymphome dar, die bei richtiger Diagnosestellung auch ohne Operation sehr gut durch Strahlen/Chemotherapie behandelbar sind. Zahlenmäßig seltener werden entzündliche Prozesse biopsiert. Bei allen diesen Prozessen stellt die genaue Diagnose die Voraussetzung für eine weitere Behandlung durch Bestrahlung, Chemotherapie oder eine gezielte antibiotische Therapie dar. Die Aussagekraft der stereotaktischen Biopsie liegt bei Tumoren über 90 % bei einer Komplikationsrate von weniger als 5 %. Die wichtigste Komplikation besteht in einer klinisch relevante Blutung. Durch die genaue präoperative Planung des Zuganges und der Entnahmestelle ist das Risiko einer Blutung gering. Die stereotaktische Biopsie stellt ein sehr schonendes und sicheres Verfahren dar, welches seit über 30 Jahren zum neurochirurgischen Standard gehört.

In der Neurochirurgie Homburg wird bei der stereotaktischen Biopsie zuerst in Narkose der stereotaktische Grundring am Patientenschädel befestigt und CT Bilder unter stereotaktischen Bedingungen angefertigt. Diese werden auf den Planungsrechner überspielt. In den Schnittbildern wird die Entnahmestelle festgelegt und ihre genau Lage in Bezug zum aufgesetzten Grundring aus den CT/MR Bildern exakt ermittelt. Der Rechner gibt automatisch auch die Winkel an, die am Zielbügel eingestellt werden müssen, um die geplante Entnahmestelle zu erreichen.

Im Operationssaal wird der aufgesetzte stereotaktische Ring mit dem Patienten am Operationstisch befestigt. Am Phantom wird die Lage und das Erreichen der geplanten Entnahmestelle kontrolliert. Danach wird der Zielbügel auf den Patientenring übertragen. Nach Eröffnung des Schädels über ein kleines Bohrloch wird die Biopsiekanüle eingeführt. Die Kanüle ist gewölbt und nicht spitz, sodass sie beim Vorschieben das Gehirngewebe und Gefäße verdrängt aber nicht verletzt. Anschließend werden mehrere Proben aus unterschiedlicher Tiefe entlang des Kanülenweges durch den Tumor entnommen, um sich ein repräsentatives Bild über den feingeweblichen Aufbau des pathologischen Prozesses zu machen. Abbildung 5 zeigt einen Biopsiezylinder von etwa 8 mm Länge. Die Proben werden während der Operation von dem Neuropathologen untersucht und dieser erstellt eine vorläufige Diagnose. Sobald ausreichend repräsentatives Material entnommen wurde, wird die Nadel zurückgezogen und die Operation beendet. Am häufigsten handelt es sich bei der Biopsie um hirneigene Tumore sogenannte Gliome von unterschiedlicher Gutartigkeit. Typischerweise nimmt die Bösartigkeit mit wachsenden Zellzahl und Zelldichte zu. Abbildung 6 zeigt links oben die zellarme gutartige und rechts unten die bösartige zellreiche Form eines Glioms. Die endgültige Diagnose mit speziellen Färbemethoden erfordert etwa 1 Woche. Üblicherweise können die Patienten ein Tag nach der Biopsie mobilisiert werden und nach wenigen Tagen bis zum Eintreffen der endgültigen Diagnose nach Hause entlassen werden.

Mit gleicher Methode wie für die stereotaktische Biopsie beschrieben, können auch tiefliegende Zysten oder Abszesse punktiert und entleert werden.

Nachsorge und Alltag mit THS

Nach der Operation kommt der Patient für 1-2 Tage auf eine neurochirurgische Station. Vor der Verlegung in die Neurologie wird eine CT- Kontrolle durchgeführt um Komplikationen auszuschließen und die Lage der Elektroden zu kontrollieren. Die Übereinstimmung der geplanten mit der aktuellen Elektrodenlage kann an der Planungsstation vorgenommen werden (Abb.10).

In der Neurologie erfolgt dann noch die Feineinstellung der Stimulationsparameter und der Patient lernt von außen mit einem eigenen Gerät den Schrittmacher ein und auszuschalten bzw. einige Stimulationsparameter nach Bedarf zu ändern.

Nach dem stationären Aufenthalt erfolgt eine Reha. Hier lernen Patientinnen und Patienten außerdem den Umgang mit einer Art Fernbedienung, mit welcher vor allem die Impulsstärke und weitere Stimulationsparameter des Schrittmachers von außen eingestellt werden können. Nach etwa drei bis fünf Jahren muss die Batterie gewechselt werden. Dies erfolgt über einen kleinen Schnitt am Hals, unter örtlicher Betäubung. Ein erneutes Anpassen der Elektroden im Gehirn ist nicht erforderlich.

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