Stille Epilepsie bei Erwachsenen: Symptome, Diagnose und Behandlung

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle entstehen durch plötzliche, unkontrollierte elektrische Entladungen im Gehirn. Während viele Menschen bei Epilepsie an Anfälle mit Krämpfen und Bewusstseinsverlust denken, gibt es auch weniger auffällige Anfallsformen, die oft übersehen werden. Eine davon ist die stille Epilepsie, auch bekannt als Absence-Epilepsie, die besonders bei Kindern vorkommt, aber auch Erwachsene betreffen kann.

Was ist stille Epilepsie?

Die Absence-Epilepsie ist eine Form der generalisierten Epilepsie, bei der es zu kurzen Bewusstseinsstörungen kommt, den sogenannten Absencen. Während einer Absence wirkt die betroffene Person geistig abwesend und starrt oft ins Leere. Diese Anfälle dauern meist nur wenige Sekunden und werden von den Betroffenen selbst oft nicht bewusst wahrgenommen. Nach dem Anfall setzen sie ihre Tätigkeit einfach fort, ohne sich an die Unterbrechung zu erinnern.

Symptome der stillen Epilepsie bei Erwachsenen

Die Symptome der stillen Epilepsie können bei Erwachsenen subtil sein und leicht mit anderen Zuständen verwechselt werden. Einige häufige Anzeichen sind:

  • Kurze Bewusstseinsaussetzer: Die Person unterbricht plötzlich ihre Tätigkeit, starrt ins Leere und ist für kurze Zeit nicht ansprechbar.
  • Geistige Abwesenheit: Betroffene wirken abwesend und reagieren nicht auf Ansprache.
  • Automatismen: Unwillkürliche, sich wiederholende Bewegungen wie Nesteln an der Kleidung oder Schmatzen.
  • Verwirrtheit: Nach dem Anfall kann kurzzeitige Verwirrtheit auftreten.
  • Gedächtnislücken: Betroffene erinnern sich nicht an das, was während des Anfalls passiert ist.

Es ist wichtig zu beachten, dass diese Symptome auch bei anderen Erkrankungen auftreten können. Daher ist eine sorgfältige Diagnose durch einen Arzt unerlässlich.

Ursachen und Auslöser

Die genauen Ursachen der stillen Epilepsie sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass genetische Faktoren eine Rolle spielen können. In einigen Fällen können auch Hirnschäden oder Stoffwechselstörungen die Ursache sein.

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Bestimmte Faktoren können Anfälle auslösen oder begünstigen, darunter:

  • Schlafentzug
  • Stress
  • Flimmerlicht
  • Alkohol
  • Hormonelle Veränderungen (z.B. Menstruation)

Diagnose

Die Diagnose der stillen Epilepsie kann eine Herausforderung sein, da die Symptome oft unauffällig sind. Um die Diagnose zu stellen, werden in der Regel folgende Untersuchungen durchgeführt:

  • Anamnese: Der Arzt erfragt die Krankengeschichte des Patienten und erkundigt sich nach den genauen Symptomen und deren Häufigkeit. Auch Informationen von Augenzeugen können hilfreich sein.
  • Neurologische Untersuchung: Der Arzt untersucht die neurologischen Funktionen des Patienten, wie z.B. Reflexe, Koordination undSensibilität.
  • Elektroenzephalogramm (EEG): Das EEG misst die elektrische Aktivität des Gehirns. Bei Menschen mit Epilepsie können im EEG typische Veränderungen festgestellt werden, sogenannte epilepsietypische Potenziale (ETP). Um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, ETPs zu sehen, sollte das EEG möglichst frühzeitig nach einem Anfall durchgeführt werden, idealerweise innerhalb der ersten 24 Stunden.
  • Magnetresonanztomografie (MRT): Die MRT kann strukturelle Veränderungen im Gehirn aufdecken, die möglicherweise für die Anfälle verantwortlich sind.

Es ist wichtig, andere mögliche Ursachen für die Symptome auszuschließen, wie z.B. Migräne, Panikattacken oder Synkopen.

Behandlung

Die Behandlung der stillen Epilepsie zielt darauf ab, die Anfälle zu kontrollieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. In den meisten Fällen erfolgt die Behandlung mit Medikamenten, sogenannten Antiepileptika.

Medikamentöse Therapie

Es gibt verschiedene Antiepileptika, die bei stiller Epilepsie eingesetzt werden können. Die Wahl des Medikaments hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. dem Alter des Patienten, Begleiterkrankungen und möglichen Nebenwirkungen.

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Es ist wichtig, die Medikamente regelmäßig und in der verordneten Dosis einzunehmen. Eine plötzliche Unterbrechung derMedikation kann zu einem Anfall führen.

Nicht-medikamentöse Therapie

In einigen Fällen können auch nicht-medikamentöse Therapien hilfreich sein, wie z.B.:

  • Vagusnervstimulation: Dabei wird ein Schrittmacher implantiert, der den Vagusnerv stimuliert und so die Anfallshäufigkeit reduzieren kann.
  • Ketogene Diät: Eine spezielle Diät mit hohem Fettanteil und niedrigem Kohlenhydratanteil kann bei manchen Menschen die Anfallshäufigkeit verringern.
  • Psychotherapie: Eine Psychotherapie kann helfen, mit den emotionalen Belastungen der Erkrankung umzugehen und die Lebensqualität zu verbessern.

First Seizure Units

Pia de Stefano, Neurologin am Universitätskrankenhaus in Genf, plädierte für die Einführung von "First Seizure Units", um eine Epilepsie richtig zu diagnostizieren und dementsprechend zu therapieren. In diesen spezialisierten Einheiten wird nach einem erstmaligen Anfall ein EEG innerhalb der ersten 30 Minuten abgeleitet. Im Falle einer unauffälligen Computertomografie (CT) wird noch am gleichen oder am nächsten Tag eine Magnetresonanztomografie (MRT) durchgeführt.

Wichtig bei einem Anfall

Bei einem epileptischen Anfall ist es am wichtigsten, dass Helfer Ruhe bewahren und den Betroffenen vor Verletzungen schützen. Dauert der Anfall länger als fünf Minuten an oder treten mehrere Anfälle kurz hintereinander auf, sollte der Rettungsdienst (Notruf 112) informiert werden.

Leben mit stiller Epilepsie

Die Diagnose Epilepsie kann für Betroffene und ihre Angehörigen eine Herausforderung sein. Es ist wichtig, sich umfassend über die Erkrankung zu informieren und sich Unterstützung zu suchen.

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Selbsthilfegruppen

Der Austausch mit anderen Betroffenen in Selbsthilfegruppen kann sehr hilfreich sein. Hier können Erfahrungen ausgetauscht und gegenseitige Unterstützung gefunden werden.

Alltag

Mit einer gutenAnfallskontrolle können die meisten Menschen mit stiller Epilepsie ein ganz normales Leben führen. Es ist jedoch wichtig, bestimmte Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, wie z.B.:

  • Autofahren: Menschen mit Epilepsie dürfen nur unter bestimmten Voraussetzungen Auto fahren. Die genauen Bestimmungen sind von Land zu Land unterschiedlich.
  • Sport: Viele Sportarten sind auch mit Epilepsie möglich. Es ist jedoch wichtig,Sportarten zu vermeiden, bei denen ein Anfall zu schweren Verletzungen führen könnte, wie z.B. Klettern oder Tauchen.
  • Arbeit: Die meisten Menschen mit Epilepsie können einer normalen Arbeit nachgehen. Es ist jedoch wichtig, den Arbeitgeber über die Erkrankung zu informieren, damit er im Notfall richtig reagieren kann.

Fehldiagnosen vermeiden

Eine schnelle und korrekte Diagnostik ist essenziell, um im Falle einer neu diagnostizierten Epilepsie frühzeitig mit einer Medikamentengabe zu beginnen. Allerdings werden epileptische Anfälle häufig nicht als solche erkannt, insbesondere fokale Anfälle, die mit einer Vielzahl an Symptomen einhergehen können. Auch ein falsch interpretiertes EEG kann zur Fehldiagnose Epilepsie führen.

Es kommt auch vor, dass Personen jahrelang mit antiepileptischer Medikation behandelt werden und tatsächlich funktionelle/dissoziative Anfälle haben.

Verschiedene klinische Zeichen machen einen PNEA (psychogene nichtepileptische Anfälle) wahrscheinlich und sprechen eher gegen einen epileptischen Anfall. Allerdings sind die Berichte von Patientinnen oder Patienten sowie Augenzeugen oft nicht zuverlässig. Bei der Diagnosefindung könnten jedoch etwa Smartphone-Videos helfen, wenn diese von einem in Video-EEG-Monitoring erfahrenen Arzt beurteilt würden.

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