Der Tyrannosaurus Rex (T. rex), einer der größten landlebenden Fleischfresser der Erdgeschichte, fasziniert die Menschen seit seiner Entdeckung. Mit einer Länge von bis zu 13 Metern und einem Gewicht von bis zu neun Tonnen dominierte er die Nahrungskette über drei Millionen Jahre lang. Doch wie intelligent war dieser Gigant wirklich? Diese Frage wird seit Jahrzehnten diskutiert und eine neue Studie liefert nun neue Erkenntnisse.
Die Debatte um die Dino-Intelligenz
Lange Zeit galten Dinosaurier als die Verlierer der Evolution, zu dumm zum Überleben. Doch diese Vorstellung ist angesichts der Tatsache, dass Dinosaurier den Planeten über 100 Millionen Jahre lang dominierten, kaum haltbar. Zudem hätte selbst höchste Intelligenz sie nicht vor dem Asteroideneinschlag bewahren können, der vor 66 Millionen Jahren ihr Aussterben einleitete. Ihre Nachfahren, die Vögel, gelten im Vergleich zu Eidechsen sogar als vergleichsweise intelligent.
In den vergangenen Jahren erlebten die Dinosaurier eine kognitive Rehabilitation. Ein Höhepunkt dieser Bewegung war eine Studie von Neurowissenschaftlerin Suzana Herculano-Houzel, die zu dem Schluss kam, dass Theropoden wie T. rex kognitive Fähigkeiten wie Paviane besaßen. Dies hätte sie zu noch beeindruckenderen Prädatoren gemacht. Eine neue Studie im Fachjournal "The Anatomical Record" widerspricht nun dieser Aussage.
Das Problem der fehlenden Gehirne
Das Hauptproblem bei der Bestimmung der Intelligenz von Dinosauriern ist, dass keine Gehirne für anatomische Untersuchungen erhalten sind. Die Forschung konzentriert sich daher auf den leeren Raum in den versteinerten Schädeln. Herculano-Houzel maß dieses Volumen per Computertomografie und schätzte anhand von Datenbanken lebender Arten die Hirnmasse und Neuronenzahl der Dinosaurier, um Rückschlüsse auf ihre kognitiven Fähigkeiten zu ziehen.
Ein Forscherteam um Kai Caspar von der Universität Düsseldorf kam bei einer erneuten Analyse zu dem Schluss, dass Herculano-Houzel insbesondere die Größe des Vorderhirns und damit die Zahl der Neuronen überschätzt habe. Zudem lasse diese Zahl nur begrenzt Rückschlüsse auf die Intelligenz zu, da auch andere Faktoren berücksichtigt werden müssten.
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Die Bedeutung der Gehirnanatomie und fossiler Spuren
"Die Intelligenz von Dinosauriern und anderen ausgestorbenen Tieren schätzt man am besten ab, wenn man auch die grobe Anatomie und fossile Spuren berücksichtigt statt nur der Neuronenzahlen", so Co-Autor Hady George von der Bristol University. Die neue Studie kommt zu dem Ergebnis, dass der T. rex in Bezug auf seine Intelligenz eher mit heutigen Krokodilen mithalten konnte.
Die Forscher fanden heraus, dass die Größe des Gehirns und damit auch die Zahl der Neuronen bei T. rex überschätzt wurde, etwa um das Zwei- bis Zehnfache. Um die Biologie längst ausgestorbener Arten zuverlässig zu rekonstruieren, sollten mehrere Beweismittel herangezogen werden: darunter die Skelettanatomie, die Knochenhistologie, das Verhalten lebender Verwandter und Spurenfossilien - also nichtkörperliche Überreste wie etwa Fußspuren.
Caspar betont: „Es ist nicht sinnvoll, Intelligenz bei ausgestorbenen Arten vorherzusagen, wenn hierfür nur Schätzungen zur Neuronenzahl vorliegen, die von Endocasts abgeleitet sind." Ornella Bertrand ergänzt: „Neuronenzahlen sind keine guten Prädiktoren für kognitive Leistungen. Die Endocasts von Krokodilen gleichen denen von T. rex in vielen relevanten Punkten, zum Beispiel bei den Proportionen der verschiedenen Hirnregionen und dem Volumen im Vergleich zur Körpermasse. Diese Muster leiten sich von den gemeinsamen Vorfahren der Krokodile und Dinosaurier/Vögel ab, den ursprünglichen Archosauriern. In den Entwicklungslinien, die bis hin zu den modernen Krokodilen bzw. den Tyrannosauriern führen, erfuhren sie nur geringfügige Veränderungen."
CT-Scans liefern neue Einblicke
Moderne Technologien wie CT-Scans ermöglichen es Forschern, die Schädel von Dinosauriern zerstörungsfrei zu untersuchen. Am Fraunhofer-Institut in Fürth wurde der Schädel eines Tyrannosaurus rex mit einem riesigen Röntgengerät durchleuchtet. Die 1500 Einzelbilder wurden zu einem dreidimensionalen Bild zusammengesetzt, das die Forscher aus jedem Winkel begutachten konnten.
Die CT-Aufnahmen helfen den Forschern, die Anatomie des Schädels besser zu verstehen und kleinste Knochenteile an der Nase nachzuweisen. Zudem können sie erkennen, welche Hirnregionen besonders ausgeprägt waren und wie gut der T. rex beispielsweise sehen konnte. Auch bei der Restauration des Schädels helfen die Aufnahmen, da verborgene Bruchstellen erkannt und bei der Aufbereitung berücksichtigt werden können.
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Intelligenz ist mehr als nur Neuronenzahl
Die Diskussion um die Intelligenz des T. rex zeigt, dass die Neuronenzahl allein kein ausreichendes Maß für kognitive Fähigkeiten ist. So haben Orcas zwar deutlich mehr Hirnnervenzellen als Menschen, sind unserer Spezies aber kognitiv nicht überlegen. Auch die Form des Gehirns und die Proportionen der verschiedenen Hirnregionen spielen eine wichtige Rolle.
Caspar und sein Team gehen aufgrund der Form des T. rex-Endocasts davon aus, dass das Gehirn des Raubsauriers eher dem von modernen Reptilien wie Krokodilen geähnelt haben muss. Nimmt man ihre Gehirne als Berechnungsgrundlage, hätte das Gehirn des T. rex deutlich weniger Neuronen gehabt als bisher angenommen.
Der Timurlengia Euotica: Ein intelligenter Vorfahre?
Die Entdeckung eines bislang unbekannten Vorfahren des Tyrannosaurus Rex, des Timurlengia Euotica, liefert neue Erklärungen für den Aufstieg des mächtigen Dinosauriers an die Spitze der Nahrungskette. Der T-Rex-Verwandte war zwar nur so groß wie ein Pferd, verfügte aber offenbar bereits über eine große Intelligenz, die der Fleischfresser auf seinen Beutezügen einsetzte.
"Erst als die Vorfahren der Tyrannosaurier ihre klugen Hirne und scharfen Sinne entwickelt hatten, wuchsen sie auf die kolossale Größe des T-Rex", sagte Steve Brusatte von der University of Edinburgh. Die 90 Millionen Jahre alten Fossilien des Timurlengia Euotica dokumentieren einen bisher unbekannten Zwischenschritt in der Evolution hin zum sieben Tonnen schweren T-Rex.
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