Einleitung
Die Prävention von Demenz ist angesichts der alternden Bevölkerung ein zunehmend wichtiges Thema. Studien deuten darauf hin, dass körperliche und geistige Aktivität eine entscheidende Rolle bei der Erhaltung der kognitiven Fähigkeiten spielen können. Insbesondere das Tanzen hat sich als vielversprechender Ansatz erwiesen, da es körperliche Bewegung mit geistiger Herausforderung, sozialer Interaktion und emotionalem Ausdruck verbindet. Dieser Artikel beleuchtet die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Tanzen als Demenzprävention, wobei auf aktuelle Studien und Forschungsergebnisse eingegangen wird.
Warum Bewegung das Gehirn schützt
Bewegung ist ein Schlüsselfaktor für die Erhaltung eines gesunden Gehirns. Es gibt keine "beste" Sportart, aber es ist wichtig, eine Aktivität zu finden, die Spaß macht und regelmäßig ausgeübt wird. Geeignete Aktivitäten sind:
- Ausdauersportarten: Gehen, Radfahren oder Schwimmen fördern die Gesundheit von Herz und Kreislauf.
- Ganzkörpertraining: Yoga oder Pilates verbessern die Beweglichkeit und das Gleichgewicht.
- Tanzen oder Tai-Chi: Diese Aktivitäten stärken die Koordination und das Gedächtnis.
- Krafttraining: Es hilft, Muskelabbau und Stürzen vorzubeugen.
Neben gezieltem Sport ist auch Bewegung im Alltag wichtig. Ein Spaziergang, Treppensteigen oder Gartenarbeit bringen den Kreislauf in Schwung, versorgen das Gehirn mit Sauerstoff und stärken die geistige Fitness. Kleine Schritte können helfen, mehr Aktivität in den Alltag zu integrieren:
- Kurze Strecken zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen.
- Treppen statt Aufzug benutzen.
- Freizeit aktiv gestalten, z.B. mit Spaziergängen mit Freunden oder Gartenarbeit.
Bewegung hält das Gehirn aktiv und kann den Krankheitsverlauf von Menschen mit Demenz verlangsamen. Auch depressive Symptome, die oft als Begleiterscheinung einer Demenz auftreten, können durch Bewegung positiv beeinflusst werden. Wer sich bewegt, fühlt sich sicherer, spürt seinen Körper und bleibt besser in Kontakt mit seiner Umgebung. Besonders in Gruppen kann Aktivität Lebensfreude schenken und das Gefühl stärken, dazuzugehören.
Die wissenschaftliche Grundlage: Studienlage zum Tanzen und Demenz
Seit einer Studie der New Yorker Albert Einstein Universität im Jahr 2001 ist wissenschaftlich erwiesen, dass Tanzen die beste Prävention gegen Demenz ist. Etwa 95% aller Menschen bekommen früher oder später Demenz. Wie? Durch beispielsweise Gedächtnistraining, Sport, Geselligkeit, soziale Interaktion und Kommunikation, Musik… alles einzeln oder… Sie Tanzen. Denn Tanzen verbindet all das. auch als unregelmäßiges Highlight z. B. Die Gründung von demenztanz war mir, Annika Osche, ein persönliches Anliegen und wurde wie so Vieles aus dem Zufall heraus geboren. Ich bin seit 2009 ausgebildete Tanzlehrerin und tanze selbst seit meinem 3. Lebensjahr. Durch Vorträge kann ich auf ein weit verbreitetes aber oft verschwiegenes Thema und eine relativ einfache Prävention aufmerksam machen. Am wichtigsten für mich ist, dass jeder versteht, wie wichtig und gesund Tanzen ist.
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Magdeburger Studie: Tanzen schlägt Fitness
Forschergruppen der Otto-von-Guericke Universität und des Deutschen Zentrums für Neurologische Erkrankungen (Magdeburg) konnten bereits positive Effekte eines sportiven Tanztrainings (im Vergleich zu einem klassischen Gesundheitssporttraining) auf die Neuroplastizität und die kognitiven Fähigkeiten bei gesunden Senioren*innen im Alter von 63 bis 80 Jahren wissenschaftlich belegen.
In eigenen Forschungsprojekten konnten wir zeigen, dass bei gesunden Senioren ein motor-kognitives Training (Tanzen) einem reinen körperlichem Training (Kraftausdauertraining) hinsichtlich der Effekte auf das Gehirn und der geistigen Leistungsfähigkeit überlegen ist. In der vorliegenden Studie wollen wir untersuchen, ob diese positive Effekte eines motor-kognitiven Trainings (sportives Tanztraining) auch bei älteren Menschen, die schon unter leichten kognitiven Störungen leiden, beobachtet werden können. Dazu werden ältere Menschen, die eine ärztlich diagnostizierte leichte kognitive Störungen aufweisen, ein mehrmonatiges Tanztraining absolvieren. Basierend auf unseren vorherigen Forschungsarbeiten, erwarten wir, dass auch ältere Menschen mit leichten kognitiven Störungen von einem sportiven Tanztraining hinsichtlich der geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit profitieren werden.
Die Senioren übten Tanzschritte zu Rock'n'Roll, Country-Musik, Popsongs aus den Charts, Jazz- und Swing-Musik sowie zu lateinamerikanischen Melodien ein. "Vor allem der Rock'n'Roll regte die Teilnehmer an, eigene Bewegungen auszuprobieren", sagt Rehfeld. Es sei ein spielerisches Lernen, das emotional ansprechend ist. "Neben Akustik und Navigieren im Raum sind auch das Erinnern an die relativ komplexen Bewegungsabfolgen und der Gleichgewichtssinn gefordert", sagt Müller.
Nach sechs Monaten hatten die Tänzer eine deutlich verbesserte Aufmerksamkeit. Auch Wachsamkeit, geteilte Aufmerksamkeit, Gleichgewicht und Flexibilität hatten sich durch das Training verbessert. Bei den Fitnesssportlern galt das nur für ihre Wachsamkeit. Sowohl die Gehirne der Tänzer als auch jene der Fitnesssportler waren gewachsen, wenn auch in unterschiedlichen Regionen. Aber nur bei den Tänzern kam es im Serum zu einem Anstieg des Nervenwachstumsfaktors, dem Brain-Derived Neurotrophic Factor (BDNF). Er ist für die Bildung von Nervenzellen und für das Langzeitgedächtnis wichtig. "Offenbar haben sich bei den Tänzern neue Nervenzellen gebildet", sagt Müller. Und die Gedächtnisleistung? Sechs Monate Tanztraining waren zu kurz, um entsprechende Verbesserungen in der Gedächtnisleistung zu sehen. "Nachdem die Studie um zwölf Monate verlängert wurde, zeigten sich jedoch auch Unterschiede im verbalen Gedächtnis und zwar eindeutig zugunsten der Tänzer", berichtet der Magdeburger Neurologe.
Bei Teilnehmer*innen des Tanztrainings zeigten sich nach Kernspinaufnahmen des Kopfes Volumenzunahmen der grauen Hirnsubstanz in prämotorischen und parahippocampalen Regionen. Die Volumenzunahmen gingen mit einem signifikanten Anstieg des Nervenwachstumsfaktors BDNF (Brain-derived neurotrophic factor) im Blutplasma einher. Dafür wurde das Forscherteam 2017 mit dem Theo und Friedl Schöller Preis für Altersmedizin ausgezeichnet. Eine weitere signifikante Verbesserung, die nur in der Tanzgruppe registriert wurde, ist die Verbesserung der Gleichgewichtsfähigkeiten.
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Weitere Studienergebnisse
Die Zusammenhänge von Alterungsprozessen und körperlicher Aktivität werden schon seit längerer Zeit wissenschaftlich untersucht. Die positive Auswirkung von körperlicher Aktivität auf kognitive Funktionen lässt sich auch in der aktuellen WHO-Empfehlung „Risikominimierung von kognitivem Abbau und Demenzprävention“ wiederfinden. Kernaussage der Empfehlung ist, dass Erwachsene ab 65 Jahren wöchentlich mindestens 150 Min. (ideal 300 Min.) mäßig intensive aerobe körperliche Aktivität oder mindestens 75 Min.
Studienergebnisse zeigen außerdem, dass ein gezieltes Tanztraining effektiver als herkömmliche körperliche Aktivität sein kann, wenn es um die Verbesserung der Gangsicherheit, den Erhalt von kognitiven Fähigkeiten und die soziale Interaktion geht.
Die Rolle der Musik
Kein Tanz ohne Musik - welche Rolle spielt diese für die Denkfähigkeit und Gedächtnisleistung? Musik beeinflusst Körper und Psyche, das ist unbestritten. Und das menschliche Gehirn? "Gut gemachte Studien haben gezeigt, dass Musikhören kurzfristig positive Wirkungen auf die Denkfähigkeit hat, wenn es Musik ist, die anregt und gefällt. Es kommt also wirklich darauf an, wie das, was ich gerade höre, meine Stimmung verbessert und zugleich auch zum Denken anregt", sagt der Musikkognitionswissenschaftler Gunter Kreuz von der Universität Oldenburg. Einen langfristigen Effekt verspüren all jene, die selbst musizieren. Musizieren verändert nämlich die Hirnstrukturen, insbesondere die, die auch mit Hörverarbeitung zu tun haben. Es gibt Hinweise, dass musizierende Menschen erst verzögert an einer Demenz erkranken. "Musizieren kann also zu langfristiger Lebensqualität im hohen Alter verhelfen", sagt Kreutz. Es sei entscheidend, dass man regelmäßig übt und sich beim Üben auch Ziele setzt. Und die Musik, die man erlernt, sollte auch gefallen. Wie gut ist es für Senioren, regelmäßig in der Dusche, im Chor oder bei sonstigen Gelegenheiten ein Lied zu trällern?
Tanzinitiativen und praktische Umsetzung
Die Kombination von selbstbestimmtem Handeln und Bewegung ist genau das, was Stefan Kleinstück mit seiner Initiative „Wir tanzen wieder!“ seit 2005 umsetzt (www.wir-tanzen-wieder.de). Der Leiter des Demenz-Servicezentrums Region Köln und das südliche Rheinland setzt dabei nicht auf Tanzveranstaltungen im Seniorenheim, sondern in Tanzschulen.
In Kooperation mit Schulen aus ganz Deutschland veranstaltet die Initiative monatlich 90-minütige Tanznachmittage für Menschen mit Demenz, Senioren und Angehörige. Menschen mit Gehhilfen, Rollatoren oder Rollstühlen sind ebenfalls ausdrücklich willkommen. Denn Ziel ist auch, ein Miteinander zu schaffen, das nicht zwischen gesund und krank unterscheidet, das die Tänzer für das Thema Alter und Demenz sensibilisiert. Und selbstbestimmt sind die Tänzer auf jeden Fall, wie die „Süddeutsche Zeitung“ treffend formulierte: „Warum die alte Dame lieber mit mit ihrem Rollator schunkelt?
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Tanzen bei leichter kognitiver Beeinträchtigung (MCI)
Das Risiko, ab einem Alter von 65 Jahren am Syndrom der „leichten kognitiven Störung“ zu erkranken, beträgt aktuellen Studien zufolge 10- 20% und steigt mit zunehmendem Alter. Jede zehnte betroffene Person entwickelt aus diesem Syndrom eine manifestierte Demenz. Bislang gibt es keine wirksamen medikamentösen/ therapeutischen Maßnahmen. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt, nach Diagnosestellung, bei ca. 5 bis 8 Jahren. Die im Kontext des demographischen Wandels prognostizierte Zunahme der Menschen mit Demenz und gleichzeitig fehlende kausale Therapiemöglichkeiten erfordern Lösungsstrategien.
Ziel des aktuellen Forschungsprojektes ist es, die Wirkung eines wissenschaftlich erprobten Tanzkonzeptes bei Senior*innen mit einer leichten kognitiven Störung zu analysieren, um einem möglichen Übergang zur Demenz präventiv entgegenzuwirken.
Tanzen im Alltag integrieren
Menschen mit Demenz müssen keine neuen Sportarten erlernen - wer schon immer gerne spazieren gegangen ist, sollte dies auch weiterhin tun. Knüpfen Sie an alte Gewohnheiten und Leidenschaften an: Jemand hat früher gern getanzt oder Gymnastik gemacht? Dann kann er oder sie auch mit Demenz davon profitieren.
Es muss nicht perfekt sein - Hauptsache, es fühlt sich gut an. Ein kurzer Spaziergang, ein paar Tanzschritte in der Küche oder gemeinsames Gärtnern: Oft sind es die vertrauten Bewegungen, die Sicherheit geben und Freude machen.
Fazit
Tanzen hält fit - körperlich, seelisch und geistig. Wer sich früh mit dem Thema Bewegung und Demenz auseinandersetzt, kann viel für seine eigene Gesundheit tun. Die vorliegenden Forschungsergebnisse deuten stark darauf hin, dass Tanzen eine wirksame und kostengünstige Methode zur Demenzprävention darstellen kann. Es fördert nicht nur die körperliche Fitness und die kognitiven Fähigkeiten, sondern auch die soziale Interaktion und das emotionale Wohlbefinden. Angesichts der demografischen Entwicklung und des Mangels an kausalen Therapien für Demenz ist es von entscheidender Bedeutung, präventive Maßnahmen wie das Tanzen zu fördern und in die Gesundheitsversorgung zu integrieren.
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