Kribbeln, Brennen und Taubheitsgefühle in Daumen und Zeigefinger können sehr unangenehm sein und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Oftmals sind harmlose Ursachen dafür verantwortlich, doch es können auch ernsthaftere Erkrankungen dahinterstecken. Dieser Artikel beleuchtet die möglichen Ursachen von Taubheit in Daumen und Zeigefinger, erklärt Diagnosemethoden und stellt verschiedene Behandlungsansätze vor.
Mögliche Ursachen von Taubheit in Daumen und Zeigefinger
Taubheitsgefühle in den Fingern, insbesondere Daumen und Zeigefinger, können vielfältige Ursachen haben. Es ist wichtig, die genauen Begleitumstände und Symptome zu berücksichtigen, um die Ursache einzugrenzen und eine gezielte Behandlung einzuleiten.
Karpaltunnelsyndrom (KTS)
Das Karpaltunnelsyndrom ist eine der häufigsten Ursachen für Taubheitsgefühle in Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger. Es entsteht durch eine Verengung des Karpaltunnels, einer knöchernen Rinne an der Innenseite des Handgelenks, durch die der Medianusnerv verläuft.
Symptome des Karpaltunnelsyndroms:
- Kribbeln, Brennen und Taubheitsgefühle im Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger
- Schmerzen, die sich wie schwache elektrische Schläge anfühlen und bis in den Arm ausstrahlen können
- Häufig nächtliches Auftreten der Beschwerden
- Im fortgeschrittenen Stadium: Abbau der Muskulatur des Daumenballens (Atrophie)
- Feinmotorische Einschränkungen
- Kraftverlust im Daumen
Ursachen des Karpaltunnelsyndroms:
- Verengung des Karpaltunnels durch Schwellungen oder Verdickungen des Gewebes
- Überlastung des Handgelenks durch repetitive Bewegungen
- Fehlhaltung des Handgelenks
- Hormonelle Veränderungen (z.B. Schwangerschaft, Wechseljahre)
- Stoffwechselerkrankungen (z.B. Diabetes mellitus)
- Rheumatische Erkrankungen
- Knöcherne Verformungen
- Verletzungen an der Hand oder ein Handgelenksbruch
- Amyloidose
Risikofaktoren für das Karpaltunnelsyndrom:
- Alter (40 bis 70 Jahre)
- Weibliches Geschlecht
- Übergewicht
- Mangelnde körperliche Aktivität
- Bestimmte berufliche Tätigkeiten (z.B. Computerarbeit, handwerkliche Tätigkeiten)
Zervikale Radikulopathie
Eine zervikale Radikulopathie entsteht durch eine Reizung oder Kompression von Nervenwurzeln im Bereich der Halswirbelsäule. Dies kann zu Taubheitsgefühlen, Schmerzen und Kribbeln in Arm und Hand, einschließlich Daumen und Zeigefinger, führen.
Ursachen der zervikalen Radikulopathie:
- Bandscheibenvorfall
- Arthrose der Halswirbelsäule
- Verengung des Wirbelkanals (Spinalkanalstenose)
- Fehlhaltungen
- Überlastungen
Symptome der zervikalen Radikulopathie:
- Taubheitsgefühle, Kribbeln und Schmerzen im Arm und der Hand
- Ausstrahlung der Schmerzen in den Nacken, die Schulter oder den oberen Rücken
- Muskelschwäche
- Reflexveränderungen
Kubitaltunnelsyndrom
Das Kubitaltunnelsyndrom ist eine Nervenkompression des Nervus ulnaris am Ellenbogen. Im Gegensatz zum Karpaltunnelsyndrom betrifft diese Erkrankung vor allem den kleinen Finger und den Ringfinger. Allerdings können die Symptome auch in den Unterarm ausstrahlen und zu Missempfindungen führen.
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Schulter-Arm-Syndrom
Das Schulter-Arm-Syndrom bezeichnet einen Symptomkomplex rund um das Schultergelenk. Beschwerden an der Schulter können auch ein Kribbeln in den Händen und Fingern auslösen, wenn zum Beispiel verhärtete oder ungleich trainierte Muskulatur Nerven komprimiert oder einklemmt.
Polyneuropathie
Die Polyneuropathie ist eine Erkrankung des peripheren Nervensystems, die durch Schädigung mehrerer Nerven gekennzeichnet ist. Dies kann zu Taubheitsgefühlen, Kribbeln, Schmerzen und Muskelschwäche in verschiedenen Körperteilen, einschließlich Händen und Füßen, führen.
Ursachen der Polyneuropathie:
- Diabetes mellitus
- Alkoholmissbrauch
- Vitaminmangel (insbesondere Vitamin B12)
- Nierenerkrankungen
- Schilddrüsenerkrankungen
- Infektionen
- Medikamente
- Vergiftungen
- Autoimmunerkrankungen
- erbliche Faktoren
Symptome der Polyneuropathie:
- Taubheitsgefühle, Kribbeln und Schmerzen in Händen und Füßen (häufig "handschuh- oder strumpfförmig")
- Muskelschwäche
- Gleichgewichtsstörungen
- Koordinationsprobleme
- Verlust der Reflexe
- Empfindungsstörungen (z.B.Temperaturempfinden)
Andere Ursachen
Neben den genannten Erkrankungen können auch andere Faktoren zu Taubheitsgefühlen in Daumen und Zeigefinger führen:
- Muskelverspannungen: Chronische Muskelverspannungen im Schulter-Nacken-Bereich können durch Verschaltungen im Rückenmark zu Missempfindungen in den Händen führen.
- Durchblutungsstörungen: Eine schlechtere Durchblutung kann sich durch kalte Hände äußern und Missempfindungen verursachen.
- Vitaminmangel: Ein Mangel an Vitamin B12 kann Nervenschädigungen verursachen und zu Taubheitsgefühlen führen.
- Medikamente: Bestimmte Medikamente können als Nebenwirkung Taubheitsgefühle verursachen.
- Vergiftungen: Vergiftungen können ebenfalls zu Taubheitsgefühlen führen.
- Tumoren: In seltenen Fällen können Tumoren auf Nerven drücken und Taubheitsgefühle verursachen.
- Falsche Schlafposition: Eine ungünstige Schlafposition kann zu einer vorübergehenden Unterbrechung der Durchblutung oder einer Quetschung von Nerven führen.
- Überlastung: Überanstrengungen im Bereich des Daumens oder der Hand können zu einer Kompression des sensiblen Nerven führen.
Diagnose von Taubheit in Daumen und Zeigefinger
Um die Ursache von Taubheit in Daumen und Zeigefinger zu ermitteln, sind verschiedene diagnostische Maßnahmen erforderlich. Zunächst erfolgt eine ausführliche Anamnese, in der der Arzt die Krankengeschichte des Patienten erfragt und die genauen Symptome und Begleitumstände erfasst. Anschließend folgt eine körperliche Untersuchung, bei der die Beweglichkeit, Sensibilität und Reflexe der Hand und des Arms überprüft werden.
Klinische Untersuchung
Bei der klinischen Untersuchung werden verschiedene Tests durchgeführt, um die Funktion der Nerven zu überprüfen:
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- Hoffmann-Tinel-Test: Durch Beklopfen der Innenseite des Handgelenks kann ein Kribbeln oder Schmerzen im Versorgungsgebiet des Medianusnervs ausgelöst werden, was auf ein Karpaltunnelsyndrom hindeutet.
- Phalen-Test: Durch Beugen der Handgelenke für eine Minute können die Symptome des Karpaltunnelsyndroms verstärkt werden.
Elektrophysiologische Untersuchungen
Elektrophysiologische Untersuchungen, wie die Elektroneurographie (ENG) und die Elektromyographie (EMG), können die Funktion der Nerven und Muskeln beurteilen.
- Elektroneurographie (ENG): Bei der ENG wird die Nervenleitgeschwindigkeit gemessen. Eine verlangsamte Nervenleitgeschwindigkeit kann auf eine Nervenkompression oder -schädigung hindeuten.
- Elektromyographie (EMG): Bei der EMG wird die elektrische Aktivität der Muskeln gemessen. Veränderungen in der Muskelaktivität können auf eine Nervenschädigung hinweisen.
Bildgebende Verfahren
In einigen Fällen können bildgebende Verfahren eingesetzt werden, um die Ursache der Taubheit zu identifizieren:
- Röntgenaufnahmen: Röntgenaufnahmen können knöcherne Veränderungen, wie Arthrose oder Frakturen, darstellen.
- Ultraschall: Ultraschalluntersuchungen können Weichteile, wie Sehnen und Muskeln, beurteilen und helfen, Verdickungen oder Schwellungen zu erkennen.
- Magnetresonanztomographie (MRT): MRT-Aufnahmen können detaillierte Bilder von Weichteilen, Nerven und Knochen liefern und helfen, Nervenkompressionen, Bandscheibenvorfälle oder Tumoren zu erkennen.
Weitere Untersuchungen
Je nach Verdacht können weitere Untersuchungen erforderlich sein, wie z.B.:
- Blutuntersuchungen: Zur Abklärung von Stoffwechselerkrankungen, Vitaminmangel oder Entzündungen.
- Liquoruntersuchung: Zur Abklärung von neurologischen Erkrankungen.
- Gewebeentnahme (Biopsie): Bei Verdacht auf Amyloidose.
Behandlung von Taubheit in Daumen und Zeigefinger
Die Behandlung von Taubheit in Daumen und Zeigefinger richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Es gibt sowohl konservative als auch operative Behandlungsmöglichkeiten.
Konservative Behandlung
Konservative Behandlungen zielen darauf ab, die Symptome zu lindern und die Ursache der Taubheit zu behandeln, ohne einen operativen Eingriff vorzunehmen.
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- Schienen: Das Tragen einer Handgelenksschiene, insbesondere nachts, kann das Handgelenk ruhigstellen und den Druck auf den Medianusnerv reduzieren. Auch eine Ruhigstellung des Handgelenkes oder des Ellenbogens mit einer Orthese kann helfen die Reizungen im Bereich des Nerven und seines Verlaufes zu beheben.
- Medikamente: Entzündungshemmende Medikamente (z.B. Ibuprofen, Diclofenac) können Schmerzen lindern und Schwellungen reduzieren. Kortison kann lokal in den Karpaltunnel injiziert werden, um eine Abschwellung des Gewebes zu erreichen.
- Physiotherapie: Physiotherapeutische Übungen können helfen, die Beweglichkeit des Handgelenks zu verbessern, Muskelverspannungen zu lösen und die Nervenfunktion zu verbessern. Manuelle Therapie kann ebenfalls eingesetzt werden, um Blockaden zu lösen und die Durchblutung zu fördern.
- Ergonomische Anpassungen: Anpassungen am Arbeitsplatz, wie z.B. die Verwendung einer ergonomischen Tastatur und Maus, können helfen, das Handgelenk zu entlasten. Den Schreibtischstuhl so einstellen, dass beim Sitzen die Unterarme auf einer Linie mit der Tastatur liegen. Hände und Handgelenke sollten dabei eine Linie mit den Unterarmen bilden.
- Pausen: Bei Tätigkeiten, die das Handgelenk belasten, sollten regelmäßige Pausen eingelegt werden, um die Handgelenke zu dehnen und auszuschütteln.
- Wassergüsse: Kalte oder lauwarme Wassergüsse, die von den Händen bis zum Unterarm geführt werden, können für zusätzliche Entspannung sorgen.
- Trigger-Stoßwellentherapie: Hochfrequente, Luftdruck-Stoßwellen sorgen für eine gute Durchblutung und lösen Verspannungen in verhärteten und verkürzten Muskeln auf.
Operative Behandlung
Wenn konservative Behandlungen nicht ausreichend helfen, kann eine Operation in Erwägung gezogen werden.
- Karpaltunnelspaltung: Bei einem Karpaltunnelsyndrom wird das Karpalband durchtrennt, um den Druck auf den Medianusnerv zu reduzieren. Der Eingriff kann offen oder endoskopisch durchgeführt werden.
- Dekompression der Nervenwurzel: Bei einer zervikalen Radikulopathie kann eine Operation durchgeführt werden, um den Druck auf die Nervenwurzel zu reduzieren. Dies kann durch Entfernung von Bandscheibengewebe oder Knochen erfolgen.
Weitere Maßnahmen
- Behandlung von Grunderkrankungen: Wenn die Taubheit durch eine Grunderkrankung verursacht wird, ist es wichtig, diese entsprechend zu behandeln.
- Vitamin B12-Substitution: Bei einem Vitamin B12-Mangel kann die Einnahme von Vitamin B12-Präparaten helfen, die Nervenfunktion zu verbessern.
- Vermeidung von Risikofaktoren: Risikofaktoren, wie Übergewicht, Rauchen und Alkoholkonsum, sollten vermieden werden.
- Stressreduktion: Stress kann Muskelverspannungen verstärken und die Symptome verschlimmern. Entspannungstechniken, wie Yoga oder Meditation, können helfen, Stress abzubauen.
Vorbeugung von Taubheit in Daumen und Zeigefinger
Es gibt verschiedene Maßnahmen, die helfen können, Taubheit in Daumen und Zeigefinger vorzubeugen:
- Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung: Achten Sie auf eine ergonomische Gestaltung Ihres Arbeitsplatzes, um das Handgelenk zu entlasten.
- Regelmäßige Pausen: Legen Sie bei Tätigkeiten, die das Handgelenk belasten, regelmäßig Pausen ein, um die Handgelenke zu dehnen und auszuschütteln.
- Vermeidung von Überlastung: Vermeiden Sie Überlastungen des Handgelenks durch repetitive Bewegungen.
- Ausgewogene Ernährung: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung, um einen Vitaminmangel vorzubeugen.
- Stressreduktion: Reduzieren Sie Stress durch Entspannungstechniken.
- Regelmäßige Bewegung: Regelmäßige Bewegung kann helfen, Muskelverspannungen vorzubeugen.
- Neutral Handposition: Achten Sie auf eine neutrale Handstellung - wie beim Händeschütteln.
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