Nach einer Knieoperation (Knie-OP) klagen manche Patientinnen und Patienten über Taubheitsgefühle. Diese können verschiedene Ursachen haben und unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Taubheitsgefühle nach einer Knie-OP sind keine Seltenheit. Wenn der Operateur die Sehne entnimmt, muss er durch das Gewebe, wo unzählige Nervenstränge liegen, die dabei zerstört werden können und diese Taubheit auslösen.
Ursachen für Taubheit nach Knie-OP
Nervenschäden nach einer Knie-OP können durch verschiedene Faktoren entstehen:
- Direkte Verletzung des Nervs während der Operation: Bei chirurgischen Eingriffen sind Verletzungen von Gewebe und Nerven im operierten Areal nicht zu vermeiden. Ein Beispiel hierfür ist ein fehlerhafter operativer Eingriff am Knie, bei dem der Zugang „in einem Zug mit einem scharfen Skalpell“ angelegt worden ist, was zur Durchtrennung des Nervus saphenus führte.
- Übermäßiger Druck auf den Nerv: Postoperative Schwellungen können übermäßigen Druck auf den Nerv ausüben.
- Kompression durch Narbengewebe oder Hämatome: Narbengewebe oder Hämatome können ebenfalls Nerven komprimieren.
- Ischämie (Minderdurchblutung) des Nervs: Eine Minderdurchblutung kann zu Nervenschäden führen.
- Auswirkungen von Anästhesie oder Blutsperre: Auch Anästhesie oder Blutsperre können Nerven beeinträchtigen.
- Entnahme der Sehne: Wenn der Operateur die Sehne entnimmt, muss er durch das Gewebe. Im Gewebe liegen unzählige Nervenstränge, die natürlich sofort zerstört werden und diese Taubheit auslösen.
Eine weitere mögliche Ursache für Taubheitsgefühle im Oberschenkel, die nicht direkt mit der Knie-OP zusammenhängt, kann von der Wirbelsäule ausgehen. Da hier viele Nervenbahnen verlaufen, wirken sich Erkrankungen der Wirbelsäule immer wieder auf die Extremitäten mit aus. Ein tauber Oberschenkel deutet meist auf den LWS-Bereich hin.
Betroffene Nerven
Besonders gefährdet sind der Nervus peroneus (Wadenbeinnerv) und der Nervus tibialis (Schienbeinnerv), die in unmittelbarer Nähe des Kniegelenks verlaufen. Bei einer Meralgia paraesthetica ist vor allem der Nervus cutaneus femoris lateralis betroffen. Dieser Hautnerv versorgt die Außenseite des Oberschenkels.
Symptome eines Nervenschadens nach Knie-OP
Die Anzeichen eines Nervenschadens können vielfältig sein und umfassen:
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- Taubheitsgefühl oder Kribbeln im Knie, Unterschenkel oder Fuß
- Brennende oder stechende Schmerzen
- Muskelschwäche, insbesondere beim Anheben des Fußes (Fußheberschwäche)
- Eingeschränkte Beweglichkeit des Knies oder Fußes
- Veränderungen der Hautempfindlichkeit
- In schweren Fällen: Lähmungserscheinungen
Es ist wichtig zu beachten, dass diese Symptome unmittelbar nach der Operation oder erst nach einiger Zeit auftreten können.
Auswirkungen auf die Lebensqualität
Nervenschäden nach einer Knie-OP können erhebliche Auswirkungen auf das tägliche Leben der Betroffenen haben:
- Einschränkungen der Mobilität und des Gangbildes
- Chronische Schmerzen und Sensibilitätsstörungen
- Erhöhtes Sturzrisiko durch Fußheberschwäche
- Psychische Belastungen durch anhaltende Beschwerden
- Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit und sozialen Teilhabe
Diagnose
Bisher war es nicht möglich, die weniger als einen Millimeter dünnen Hautnerven um das Knie und deren Verästelungen in bildgebenden Verfahren sichtbar zu machen. Somit konnte eine Nervenverletzung immer nur vermutet und auf Verdacht behandelt werden.
Im Rahmen von Studien gelang es einem interdisziplinären Forschungsteam, kleinste sensible Hautnerven am vorderen und inneren Oberschenkel und im Kniebereich mittels hochauflösender Ultraschall-Bildgebung darzustellen. In einer Studie gelang es, den Ramus infrapatellaris (ein sensibler Nervenast vor und unterhalb der Kniescheibe) über seinen gesamten Verlauf mit Hilfe des hochauflösenden Ultraschalls darzustellen. In einer weiteren Studie konnten die verzweigten vorderen Hautäste des Oberschenkelnervs Nervus femoralis dargestellt werden. Es konnte auch gezeigt werden, dass diese Nervenbahnen hoch variabel sind und bei jedem Menschen anders verlaufen.
Für die genaue Eingrenzung der Schmerz verursachenden Nervenäste ist es laut Forschern unbedingt erforderlich, eine sogenannte „diagnostische Blockade“ vorzunehmen: Da die Nervenversorgung so variabel ist, muss zuerst sichergestellt werden, welcher dieser winzigen Nerven die Schmerzen verursacht. Dies kann nur durch eine selektive vorübergehende Betäubung, also einer Blockade des verdächtigten Nervs, mit maximal einem Milliliter Betäubungsmittel erreicht werden.
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Rechtliche Bewertung von Nervenschäden
Die Entstehung eines Nervenschadens nach einer Knieoperation wirft häufig die Frage nach einem möglichen Behandlungsfehler auf. Nicht jeder Nervenschaden ist auf einen ärztlichen Fehler zurückzuführen, jedoch gibt es bestimmte Konstellationen, die einer genauen rechtlichen Prüfung bedürfen:
- Fehlende oder mangelhafte Aufklärung über das Risiko von Nervenschäden
- Nicht erkannte oder zu spät behandelte Nervenkompressionen
- Fehlerhafte Operationstechnik
- Unzureichende postoperative Überwachung
- Versäumte oder verzögerte Behandlung bei Anzeichen eines Nervenschadens
Behandlung von Nervenschäden nach Knie-OP
Die Therapie bei Nervenschäden zielt darauf ab, die Nervenfunktion zu verbessern und Symptome zu lindern:
- Konservative Therapie:
- Physiotherapie zur Stärkung der betroffenen Muskulatur
- Ergotherapie zur Verbesserung der Alltagsfunktionen
- Medikamentöse Behandlung zur Schmerzlinderung und Nervenregeneration
- Elektrische Nervenstimulation: Kann in einigen Fällen die Nervenregeneration unterstützen.
- Operative Maßnahmen: Bei schweren oder anhaltenden Nervenschäden kann eine chirurgische Intervention notwendig sein, um den Nerv zu dekomprimieren oder zu rekonstruieren.
- Hilfsmittelversorgung: Orthesen oder spezielle Schuhe können bei Fußheberschwäche unterstützen.
- Psychologische Betreuung: Zur Bewältigung der emotionalen und psychischen Belastungen durch chronische Beschwerden.
Die Rehabilitation nach einem Nervenschaden erfordert oft Geduld und kann sich über mehrere Monate erstrecken. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung erhöhen die Chancen auf eine vollständige Erholung.
Weitere mögliche Komplikationen nach Knie-OP
Neben Nervenschäden und Taubheitsgefühlen können nach einer Knie-OP weitere Komplikationen auftreten:
- Infektionen: Eine Infektion nach einer Knieoperation stellt eine der gefürchtetsten Komplikationen dar, insbesondere im Zusammenhang mit der Implantation einer Knie-Prothese (Knie-TEP).
- Arthrofibrose: Bei einer Arthrofibrose bildet sich Narbengewebe innerhalb eines Gelenks. Die Arthrofibrose ist eine schmerzhafte Beweglichkeitsstörung, die durch vermehrte Bildung von Bindegewebszellen (Fibroblasten) verursacht wird.
- Probleme mit der Kniescheibe: Nach einer Operation kann es passieren, dass die Kniescheibe nicht mehr richtig durch ihre Führungsrinne gleitet und seitlich verrutscht.
- Steifes Knie: Nach dem Einsetzen einer Knieprothese kann es passieren, dass sich das Knie nicht mehr vollständig strecken oder beugen lässt.
Was tun bei Problemen nach einer Knie-TEP?
Zunächst sollte man den Operateur auf die Problematik ansprechen. Falls dies zu keiner guten Lösung führt, sollte man einen Experten für Gelenkersatz aufsuchen. In der Regel ist dies ein operativ tätiger Orthopäde, der in einem offiziell zertifizierten Endoprothesenzentrum tätig ist.
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