Cannabis kann bei verschiedenen Menschen unterschiedliche Auswirkungen haben. Während manche Konsumenten die entspannenden und euphorisierenden Effekte genießen, erleben andere unerwünschte Nebenwirkungen wie Paranoia, Angstzustände oder eben auch Taubheitsgefühle. Dieser Artikel beleuchtet die möglichen Ursachen für Taubheitsgefühle nach Cannabiskonsum und stellt diese in einen breiteren Kontext.
Vielfältige Erfahrungen mit Cannabis
Nicht jeder Mensch kann die Wirkung von Cannabis genießen. Manche entwickeln paranoide Gedanken oder andere psychotische Symptome. Die Gene scheinen eine Rolle dabei zu spielen. Lisa beschreibt ihre Erfahrung mit Cannabis als „tausend Gedanken über jede noch so kleine Handlung“. Sie hat den Eindruck, unter dem Einfluss von Cannabis paranoid zu werden.
Lisas Erfahrungen sind nicht ungewöhnlich. Kiffen wirkt nicht immer gleich, und manche Menschen entwickeln im Cannabisrausch paranoide Gedanken. Sie werden misstrauisch oder haben das unbestimmte Gefühl, dass andere Menschen ihnen schaden wollen.
Paranoia als Folge von Cannabiskonsum
Dieses Phänomen konnte sogar experimentell nachgewiesen werden. In einer Untersuchung wurde Studierenden entweder der Cannabiswirkstoff THC oder ein Placebo gespritzt. Es zeigte sich, dass etwa eine von fünf Testpersonen Paranoia als direkte Folge der THC-Gabe entwickelte. Daniel Freeman und sein Team vermuten, dass die durch den Wirkstoff ausgelösten Bewusstseinsveränderungen zu Fehlinterpretationen der Wirklichkeit führen. Paranoia sei das Ergebnis, wenn wir versuchen, aufkommende negative Emotionen und Wahrnehmungsveränderungen einzuordnen.
Psychotische Symptome und genetische Risikofaktoren
Paranoia kann aber auch darauf hinweisen, dass die betreffende Person generell ein erhöhtes Risiko für psychotische Symptome nach Cannabiskonsum hat. Denn paranoide Gedanken können sich auch zu ernsthaften wahnhaften Vorstellungen steigern, die in eine Psychose münden. So gibt es Hinweise in der Forschung, dass das Risiko für eine Psychose mit der Intensität des Konsums steigt. Dies gelte vor allem für Menschen, die bestimmte Gene in sich tragen.
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Ein britisch-kanadisches Forschungsteam unter der Leitung von Shreejoy Tripathy hat den Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum, psychotischen Erfahrungen und dem genetischen Risiko für Psychose auf der Basis einer großen Stichprobe untersucht. Die Auswertung der Daten lieferte ein eindeutiges Bild: Je stärker eine Person in der Vergangenheit gekifft hatte, desto wahrscheinlicher war, dass sie auch psychotische Erfahrungen gemacht hatte. Bei genauerer Betrachtung zeigte sich der stärkste Zusammenhang mit Verfolgungswahn. Das Risiko für psychotische Symptome war besonders stark ausgeprägt bei Personen, deren Gene ein erhöhtes Risiko für Schizophrenie mit sich bringen.
Ursächlicher Zusammenhang oder genetische Prädisposition?
Shreejoy Tripathy und sein Team erklären einschränkend, dass ihre Studie nicht belegen kann, dass Cannabis auch ursächlich psychotische Symptome oder gar eine vollausgeprägte Psychose verursachen kann. Eine alternative Erklärung sei, dass die Gene nicht nur das Risiko für Schizophrenie erhöhen, sondern auch eine Neigung zum Cannabiskonsum mit sich bringen.
Das Forschungsteam um Robert Power schließt aber nicht aus, dass Cannabis einen bedeutsamen Anteil daran haben kann, wenn eine Psychose ausbricht. Unter Forschenden wird häufig die Theorie favorisiert, dass Cannabis ein „Stressor“ ist, der bei vorbelasteten Menschen sprichwörtlich das Fass zum Überlaufen bringen kann.
Aktuelle Forschungsergebnisse
Eine kürzlich veröffentlichte Publikation, in der zwei große Studien aus Deutschland und den Niederlanden verknüpft wurden, liefert einen weiteren Beleg für die Hypothese, dass Cannabis psychotische Symptome auslösen kann. Studienleiter Jim van Os und sein Team fanden heraus, dass Personen mit höherer Wahrscheinlichkeit psychotische Symptome entwickelten, wenn sie in der Vergangenheit Cannabis konsumiert hatten.
Taubheitsgefühl und Kribbeln: Mögliche Ursachen
Einige Konsumenten berichten von Taubheitsgefühlen oder Kribbeln in verschiedenen Körperteilen nach dem Cannabiskonsum. Diese Symptome können verschiedene Ursachen haben:
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- Neuropathische Schmerzen: Neuropathische Schmerzen, oft resultierend aus Nervenschäden oder seltenen Krankheiten, können sich durch intensive Schmerzen, Taubheitsgefühle und Kribbeln äußern. Ursachen hierfür sind vielfältig: Verletzungen, Infektionskrankheiten, Diabetes, Missbrauch von Drogen und Alkohol oder Nebenwirkungen von Chemotherapien.
- Endocannabinoidsystem (ECS): Das ECS reguliert Körperfunktionen wie Schmerzwahrnehmung. Bei Nervenschädigungen kann das ECS beeinträchtigt sein. Cannabinoide aus Cannabis, wie THC und CBD, können ähnliche Wirkungen wie körpereigene Endocannabinoide haben und somit bei der Schmerzlinderung helfen.
- Verunreinigungen: Wenn das Cannabis nicht selbst angebaut wurde, können Düngemittel oder Insektenvernichter enthalten sein, die unerwünschte Reaktionen hervorrufen.
- Magnesiummangel: Ein Magnesiummangel kann ebenfalls zu Kribbeln und Taubheitsgefühlen führen.
- Psychische Faktoren: Angst- und Stressreaktionen können sich körperlich manifestieren und zu Taubheitsgefühlen führen.
Cannabis-Hyperemesis-Syndrom (CHS)
In seltenen Fällen kann es zum Cannabis-Hyperemesis-Syndrom (CHS) kommen, einer Art Marihuanavergiftung. Betroffene leiden unter heftigen Bauchschmerzen und Erbrechen. Eine Studie hat gezeigt, dass die Fallzahlen seit der Legalisierung von Cannabis in Colorado deutlich gestiegen sind.
Schlaganfallrisiko
Eine Studie mit über 43.000 Personen im Alter zwischen 18 und 44 Jahren hat gezeigt, dass Cannabiskonsumierende ein 3-fach erhöhtes Risiko für Schlaganfall haben. Wer mehr als 10-mal im Monat kifft, hat sogar ein 4-fach erhöhtes Risiko. Das Forschungsteam um Erstautor Tarang Parekh verweist auf andere Studien, die verschiedene negative Einflüsse des chronischen Cannabiskonsums auf das Herz-Kreislaufsystem zeigen konnten.
Mögliche Pilzinfektionen
Ein Fallbericht beschreibt eine Frau, die aufgrund einer Pilzinfektion im Gehirn behandelt werden musste. Die Ärzte vermuteten, dass sie sich durch das Rauchen von mit Pilzen belastetem Cannabis infiziert hat. Pilzsporen sind so widerstandsfähig, dass sie die kurzfristige Hitze beim Rauchen überstehen können.
Was tun bei Taubheitsgefühlen nach Cannabiskonsum?
Wenn nach dem Cannabiskonsum Taubheitsgefühle auftreten, sollten folgende Schritte unternommen werden:
- Konsum stoppen: Zunächst sollte der Cannabiskonsum eingestellt werden, um zu beobachten, ob die Symptome abklingen.
- Ärztliche Untersuchung: Bei anhaltenden oder starken Beschwerden sollte ein Arzt aufgesucht werden, um die Ursache abzuklären und gegebenenfalls eine Behandlung einzuleiten.
- Ernährung anpassen: Eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Magnesium und anderen wichtigen Nährstoffen kann helfen, Mangelerscheinungen auszugleichen.
- Stress reduzieren: Entspannungstechniken und Stressmanagement können helfen, psychische Faktoren zu reduzieren.
Medizinisches Cannabis bei Polyneuropathie
Medizinisches Cannabis kann eine unterstützende Rolle bei der Behandlung von Polyneuropathie spielen, indem es Schmerzen lindert, die Nerven beruhigt und Entzündungen reduziert. Die Kombination von CBD, moderatem THC und schmerzlindernden Terpenen wie Beta-Caryophyllen und Linalool kann die Schmerzempfindlichkeit senken und die Lebensqualität verbessern. Da die Wirkung individuell unterschiedlich sein kann, ist eine ärztliche Begleitung empfehlenswert, um die optimale Anwendung und Dosierung zu finden.
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