Ein Schlaganfall ist eine schwerwiegende Erkrankung, die durch eine Unterbrechung der Blutzufuhr zum Gehirn verursacht wird. Dies führt zum Absterben von Gehirnzellen und kann eine Vielzahl von neurologischen Ausfällen zur Folge haben, darunter Empfindungsstörungen wie Taubheitsgefühle und die sogenannte Fußheberschwäche. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und vor allem die vielfältigen Behandlungsmöglichkeiten von Taubheitsgefühlen und Fußheberschwäche nach einem Schlaganfall, um Betroffenen und ihren Angehörigen ein umfassendes Verständnis und hilfreiche Informationen zu bieten.
Einführung in den Schlaganfall und seine Folgen
Ein Schlaganfall tritt auf, wenn ein Blutgefäß im Gehirn entweder verstopft (ischämischer Schlaganfall) oder platzt (hämorrhagischer Schlaganfall). In beiden Fällen werden bestimmte Hirnareale nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt, was zu Funktionsausfällen führt. Die Art und Schwere der Ausfälle hängen davon ab, welcher Bereich des Gehirns betroffen ist.
Zu den häufigsten Folgen eines Schlaganfalls gehören:
- Empfindungsstörungen (Sensibilitätsstörungen): Taubheit, Kribbeln, Stechen oder Brennen in bestimmten Körperregionen.
- Motorische Störungen: Lähmungen (Paresen), Spastik und Koordinationsprobleme.
- Sprachstörungen (Aphasie): Schwierigkeiten, Sprache zu verstehen oder sich auszudrücken.
- Kognitive Beeinträchtigungen: Gedächtnisprobleme, Aufmerksamkeitsdefizite und Schwierigkeiten bei der Problemlösung.
- Fußheberschwäche: Unfähigkeit, den Fuß beim Gehen richtig anzuheben, was zu einem unsicheren Gangbild führt.
Empfindungsstörungen nach Schlaganfall: Ursachen und Symptome
Viele Schlaganfallpatienten leiden unter Empfindungsstörungen, die medizinisch als Sensibilitätsstörungen bezeichnet werden. Diese können sich auf unterschiedliche Weise äußern:
- Hypästhesie: Herabgesetzte Empfindlichkeit gegenüber Berührung oder anderen Reizen.
- Taubheit: Das Gefühl, dass eine Körperregion wie tot oder nicht existent ist.
- Kribbeln, Stechen oder Brennen: Unangenehme Missempfindungen in bestimmten Körperregionen.
- Thalamisches Schmerzsyndrom: Ein brennendes und stechendes Schmerzgefühl, das durch eine Schädigung des Thalamus verursacht wird.
- Allodynie: Schmerzen, die durch normalerweise nicht schmerzhafte Reize ausgelöst werden (z.B. leichte Berührung).
Die Symptome treten oft "über Kreuz" auf, d.h. ein Schlaganfall in der linken Gehirnhälfte verursacht Missempfindungen auf der rechten Körperseite und umgekehrt. Zeitpunkt, Dauer, Ausprägung und Intensität der Empfindungsstörungen sind sehr individuell.
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Die genauen Ursachen für Missempfindungen nach einem Schlaganfall sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass die Schädigung spezifischer Hirnregionen die normale Verarbeitung von Sinnesreizen beeinträchtigt. Besonders häufig und intensiv treten Missempfindungen bei Patienten mit einem Thalamusinfarkt auf, da der Thalamus eine zentrale Schaltstation für alle Reize ist, die ins Gehirn gelangen.
Fußheberschwäche nach Schlaganfall: Ursachen und Auswirkungen
Die Fußheberschwäche ist eine häufige Folgeerscheinung nach einem Schlaganfall. Sie entsteht, wenn die Nervenbahnen, die für die Steuerung der Fußhebermuskulatur verantwortlich sind, geschädigt wurden. Normalerweise aktiviert das zentrale Nervensystem den Peroneusnerv in der Kniekehle, der dafür sorgt, dass sich beim Gehen die Fußspitze hebt. Wenn dieses Signal den Nerv nicht mehr erreicht, hängt die Fußspitze des betroffenen Beines nach unten, was umgangssprachlich als Fallfuß bezeichnet wird.
Dies führt zu folgenden Problemen:
- Unsicheres Gangbild: Patienten verlieren die Kontrolle über das Anheben, Aufsetzen und Abrollen des Fußes.
- Erhöhte Sturzgefahr: Jede kleine Bodenwelle kann gefährlich werden.
- Schmerzen in Hüfte und Becken: Durch die kompensatorische, kreisförmige Hüftbewegung beim Gehen kommt es zu einer Mehrbelastung der nicht betroffenen Seite.
- Soziale Isolation: Betroffene sind sich ihrer Situation bewusst und ziehen sich aufgrund von Unsicherheit und Scham zurück.
Diagnostik von Empfindungsstörungen und Fußheberschwäche
Die Diagnose von Empfindungsstörungen nach einem Schlaganfall ist oft herausfordernd, da es sich um subjektive Phänomene handelt. Der Arzt ist auf die Angaben des Patienten angewiesen, um Art und Verlauf der Missempfindungen zu erfassen.
Folgende Fragen sind dabei wichtig:
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- Wann sind die Empfindungsstörungen erstmals aufgetreten?
- Sind sie immer da oder treten sie nur zeitweise auf?
- In welchen Bereichen des Körpers treten die Beschwerden auf?
- Gab es neben dem Schlaganfall weitere Erkrankungen, Unfälle oder Untersuchungen im zeitlichen Zusammenhang?
- Welche Vorerkrankungen liegen vor (z.B. Bluthochdruck, Durchblutungsstörungen, Gicht)?
- Welche diagnostischen Untersuchungen wurden bereits durchgeführt?
Zur objektiven Beurteilung der Empfindlichkeit können verschiedene Tests eingesetzt werden, wie z.B. der Monofilamenttest nach Semmes-Weinstein. Dabei wird mit Teststäbchen mit Nylonfäden unterschiedlicher Dicke die Berührungsempfindlichkeit in verschiedenen Hautbereichen geprüft.
Die Diagnose der Fußheberschwäche erfolgt in der Regel durch eine neurologische Untersuchung und eine Ganganalyse. Dabei wird beobachtet, wie der Patient geht und welche Bewegungseinschränkungen vorliegen.
Behandlungsmöglichkeiten von Empfindungsstörungen nach Schlaganfall
Die Behandlung von Empfindungsstörungen nach einem Schlaganfall zielt darauf ab, die Symptome zu lindern, die Lebensqualität zu verbessern und die Selbstständigkeit des Patienten zu fördern. Es gibt verschiedene Therapieansätze, die je nach Art und Schwere der Beschwerden individuell angepasst werden:
- Medikamentöse Therapie:
- Schmerzmittel: Paracetamol und nichtsteroidale Entzündungshemmer (NSAID) wie Ibuprofen oder Diclofenac können bei leichten bis mäßigen Schmerzen helfen.
- Antikonvulsiva: Medikamente zur Behandlung von Epilepsien (z.B. Gabapentin und Pregabalin) werden auch bei neuropathischen Schmerzen eingesetzt.
- Starke Schmerzmittel: Morphinähnliche Schmerzmittel wie Tramadol oder Oxycodon können in schweren Fällen verordnet werden.
- Physiotherapie: Gezielte Übungen zur Verbesserung der Sensibilität und Koordination.
- Ergotherapie: Sensibilitätsschulung mit Materialien unterschiedlicher Beschaffenheit (z.B. warme, kühle, harte oder weiche Materialien).
- Reizstromtherapie: Zur Schmerzbehandlung, Muskelkräftigung und Durchblutungsförderung. Ein spezielles Verfahren ist die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS).
- Psychologische Verfahren:
- Entspannungstechniken: Zur Schmerzlinderung und Stressreduktion.
- Kognitive Verhaltenstherapie: Zur positiven Beeinflussung der Wahrnehmung und des Verhaltens gegenüber den Missempfindungen.
- Spiegeltherapie: Nutzt die Neuroplastizität des Gehirns, um die sensorische Wahrnehmung zu verbessern.
- Bewegung und Sport: Regelmäßige Bewegung fördert die Durchblutung und die Nervenregeneration.
Behandlungsmöglichkeiten der Fußheberschwäche nach Schlaganfall
Die Behandlung der Fußheberschwäche nach einem Schlaganfall ist in der Regel multimodal und umfasst:
- Physiotherapie: Gezielte Übungen zur Stärkung der Fußhebermuskulatur und zur Verbesserung der Koordination.
- Orthesen: Sachkundig angefertigte Orthesen geben Halt und verhindern das Fallen des Fußes. Es gibt verschiedene Ausführungen, die je nach Bedarf und Schweregrad der Fußheberschwäche eingesetzt werden:
- Textile Orthesen: Für leichte Fälle.
- Dynamische Orthesen aus Carbon: Für mittelstarke Funktionsverluste.
- Silikonorthesen: Bieten guten Halt, auch beim Training im Wasser.
- Funktionelle Elektrostimulation (FES): Eine Manschette am Unterschenkel sendet elektronische Impulse aus, die die an der Fußhebung beteiligten Muskeln aktivieren.
- Hilfsmittel: Gehstock, orthopädische Schuhe oder Einlagen können das Gangbild verbessern.
- Zusätzliche Übungen für zu Hause:
- Trommeln Sie mit den Füßen rhythmisch auf den Boden (im Sitzen oder Stehen).
- Heben Sie einen Stift mit den Zehen hoch.
- Machen Sie einen Ausfallschritt, wobei der bewegungseingeschränkte Fuß hinten steht und die Ferse am Boden bleibt.
Rehabilitation nach Schlaganfall
Eine neurologische Rehabilitation ist nach einem Schlaganfall von entscheidender Bedeutung, um Beschwerden zu lindern, die Leistungsfähigkeit zu verbessern und das Vertrauen in den eigenen Körper wiederzugewinnen. Die Rehabilitation umfasst in der Regel ein interdisziplinäres Team aus Ärzten, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden und Psychologen.
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Die Ziele der Rehabilitation sind:
- Wiederherstellung oder Verbesserung der motorischen Fähigkeiten
- Verbesserung der Sensibilität und Koordination
- Behandlung von Sprach- und Schluckstörungen
- Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten
- Anpassung an den Alltag mit den verbliebenen Einschränkungen
- Förderung der sozialen Teilhabe
Sekundärprävention nach Schlaganfall
Nach einem Schlaganfall ist es wichtig, das Risiko für weitere Schlaganfälle zu minimieren. Dies wird als Sekundärprävention bezeichnet und umfasst:
- Medikamentöse Therapie:
- Blutverdünnende Medikamente (z.B. Aspirin/ASS oder Antikoagulantien)
- Medikamente zur Behandlung von Risikofaktoren (z.B. Blutdrucksenker, Cholesterinsenker, Medikamente zur Blutzuckerkontrolle)
- Lebensstiländerungen:
- Gesunde Ernährung (fettarm, ausgewogen)
- Regelmäßige Bewegung
- Rauchstopp
- Gewichtsreduktion (bei Übergewicht)
- Stressreduktion
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