Taubheitsgefühl und Schmerzen in den Händen: Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten

Die Hände sind essenziell für unsere Interaktion mit der Welt. Sie ermöglichen es uns, zu tasten, zu gestalten und sowohl Kraft als auch Präzision einzusetzen. Verletzungen oder Erkrankungen der Hände können daher nicht nur Schmerzen verursachen, sondern auch die Funktionsfähigkeit erheblich einschränken. Fast jeder hat schon einmal ein Kribbeln, Prickeln oder Schmerzen in der Hand oder im Arm erlebt, oft nachts. In vielen Fällen sind solche Missempfindungen harmlos und durch eine ungünstige Schlafposition bedingt. Allerdings können die Ursachen auch ernsthafter sein, weshalb bei wiederholten oder anhaltenden Beschwerden medizinischer Rat eingeholt werden sollte.

Nervenreizungen und Nervenquetschungen

Eine falsche Schlafposition kann zu vorübergehenden nervalen Reizungen in den Bandscheiben der Halswirbelsäule führen, ohne dass gleich ein Bandscheibenvorfall vorliegt. Meistens ist die Durchblutung kurzzeitig unterbrochen oder ein Nerv gequetscht. Das Kribbeln in den Fingern entsteht durch die empfindlichen Nerven und Nervenenden in der Haut, die Reizwahrnehmungen an das Gehirn senden. Können diese Signale nicht eindeutig zugeordnet werden, entsteht ein unangenehmes Prickeln, eine Überempfindlichkeitsreaktion überaktiver Leitungsbahnen, auch Parästhesie genannt. Manche Menschen haben eine knöcherne Enge im Wirbelkanal, die ebenfalls zu Missempfindungen in Händen und Armen führen kann. Diese Beschwerden lassen sich in der Regel durch einen Positionswechsel beheben. Nur in schwerwiegenden Fällen ist eine operative Weitung der Engstelle erforderlich. Solange solche Missempfindungen nur gelegentlich auftreten und lagerungsbedingt sind, sind sie meist harmlos. Ein Warnsignal liegt jedoch vor, wenn sie regelmäßig auftreten oder von Dauer sind.

Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?

Wenn sich ein Arm taub und schwach anfühlt, gelähmt ist oder über mehrere Tage ein Gefühl wie von Ameisen unter der Haut besteht, sollte dringend ein Arzt aufgesucht werden. Ein Orthopäde kann anhand der konkreten Ausfallerscheinungen an der Hand Rückschlüsse auf den betroffenen Wirbel ziehen. In rund 95 Prozent der Fälle können solche Probleme konservativ behandelt werden, ohne dass eine Operation notwendig ist. Stattdessen kommen entlastende Verfahren wie von Orthopäden oder Physiotherapeuten angeboten zum Einsatz. Durch einen Längszug auf die Wirbelsäule kann der Gallertkern aus seiner ungünstigen Position zurück ins Zentrum verlagert werden. Ergänzend kann eine Injektion von entzündungshemmenden Wirkstoffen in die Nähe des veränderten Nervs erfolgen. Erst wenn diese Maßnahmen keine Linderung bringen, werden operative Verfahren in Betracht gezogen.

Degeneration der Bandscheibe

Die Bandscheibe besteht aus einer bestimmten Zusammensetzung, Elastizität, Stabilität und Größe. Durch Verschleiß (Degeneration) entstehen zunächst kleine Haarrisse in den hinteren (dorsalen) Bereichen der Bandscheibe. Die Bandscheibe trocknet langsam aus, verliert an Höhe und der äußere Ring (Anulus) verliert an Stabilität und wölbt sich in Richtung Wirbelkanal (Bandscheiben-Protrusion). Bei einem akuten Bandscheibenvorfall ist es nicht vorhersehbar, ob der Vorfall größer wird, stagniert oder sich durch Austrocknungsphänomene verkleinert oder sogar vollständig zurückbildet. Es ist wichtig zu verstehen, dass eine einmal geschädigte Bandscheibe nicht in ihren gesunden Ausgangszustand zurückkehren kann, auch wenn sie nicht dauerhaft schmerzhaft sein muss. Eine degenerierte Bandscheibe bleibt degeneriert.

Polyneuropathien

Die Polyneuropathie gehört zu den häufigen Störungsbildern des peripheren Nervensystems. Hauptsymptome sind Taubheitsgefühl, Kribbeln und ein Gefühl der Unsicherheit beim Gehen. Die Ursachen der Polyneuropathie können vielfältig sein, sowohl intern als auch extern, und bedürfen einer differenzialdiagnostischen Abklärung. Es ist wichtig festzustellen, ob eine behandelbare Ursache gefunden werden kann, um die Erkrankung positiv zu beeinflussen oder zumindest ihr Fortschreiten zu verlangsamen. Daher ist eine neurologische Abklärung mit laborchemischen und neurophysiologischen Untersuchungen unerlässlich. Da viele Betroffene zuerst einen Orthopäden aufsuchen, muss dieser die relevanten Symptome erkennen und gegebenenfalls die Neurologie hinzuziehen.

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Nährstoffmangel

Bei Empfindungsstörungen in den Händen und anderen Gliedmaßen, insbesondere bei Veganern, kann ein Blutbild sinnvoll sein, um einen möglichen Vitaminmangel, wie z.B. Vitamin B12, festzustellen. Dieser Nährstoff wird hauptsächlich aus tierischen Produkten aufgenommen. Ein Mangel kann sich als Polyneuropathie äußern.

Stoffwechselstörungen

Treten Missempfindungen eher handschuh- oder strumpfförmig auf, liegt oft der Verdacht auf Stoffwechselstörungen nahe, wie z.B. Diabetes mellitus. Hierbei werden kleine Nervenenden geschädigt, was zu Beschwerden führt.

Karpaltunnelsyndrom

Das Karpaltunnelsyndrom entsteht durch eine Einengung des Mittelarmnerven (Nervus medianus) im Karpaltunnel, einer anatomischen Engstelle auf der Innenseite des Handgelenks. Dies führt vor allem bei Frauen zu Handschmerzen und Taubheitsgefühlen im Bereich von Daumen, Zeige- und Mittelfinger. In schweren Fällen kann es zu Lähmungserscheinungen der Hand und einem deutlichen Nachlassen der Greifkraft kommen. Die Hand schläft tagsüber ein und nachts wird der Schlaf durch ein unangenehmes, pelziges Gefühl gestört. Das Karpaltunnelsyndrom ist weit verbreitet und tritt am häufigsten im Alter von 40 bis 70 Jahren auf.

Ursachen und Symptome

Verdicken sich im Laufe des Lebens die Sehnenscheiden der Beugesehnen im Karpaltunnel oder das Karpalband, drücken diese Strukturen auf den Mittelarmnerv (Nervus medianus). Betroffene leiden unter Handschmerzen, Gefühlsstörungen und sogar Lähmungen im Bereich des Daumens, Zeige- und Mittelfingers. Zu Beginn treten die Symptome nur zeitweise unter Belastung auf und verschwinden dann wieder. Betroffene verspüren oft ein Kribbeln in den Fingern, ähnlich wie bei “eingeschlafenen” Körperteilen. Je länger das Karpaltunnelsyndrom unbehandelt bleibt, desto mehr wächst die Gefahr einer dauerhaften Nervenschädigung. In späteren Stadien nehmen die Schmerzen zu und treten auch in Ruhe auf (Ruheschmerzen). Es kommt zu Missempfindungen und Kraftverlust, wodurch alltägliche Tätigkeiten erschwert werden. Feinmotorische Aufgaben werden schwieriger und die Hand wird ungeschickter. In Einzelfällen kann es sogar zu Lähmungen im Bereich der Hand und der Finger kommen. In den meisten Fällen lässt sich keine direkte Ursache für das Karpaltunnelsyndrom ermitteln. Einige Grunderkrankungen wie rheumatoide Arthritis oder Diabetes mellitus treten jedoch häufig zusammen mit dem Karpaltunnelsyndrom auf.

Diagnose

Die Diagnose des Karpaltunnelsyndroms umfasst verschiedene Schritte:

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  1. Anamnese: Der Arzt erfragt die genauen Beschwerden des Patienten.
  2. Klinische Untersuchung: Der Arzt untersucht die Hand auf Beweglichkeit, Empfindlichkeit und das Vorhandensein von Gefühlsstörungen. Der Phalen-Test, bei dem die Handinnenflächen oder Handrückseiten zusammengelegt werden, kann Gefühlsstörungen in den Fingern auslösen und auf ein Karpaltunnelsyndrom hinweisen. Bei fortgeschrittenem Karpaltunnelsyndrom kann eine zurückgebildete Daumenballenmuskulatur festgestellt werden.
  3. Elektroneurografie (ENG): Eine neurologische Untersuchung mit Messung der Nervenleitgeschwindigkeit ermöglicht eine objektive Diagnose. Dabei werden Elektroden an Hautstellen angebracht, die vom Medianusnerv versorgt werden. Der Nerv wird mit einem schwachen elektrischen Impuls stimuliert. Bei einer Druckschädigung des Nerven zeigt sich eine verminderte Nervenleitungsgeschwindigkeit im Vergleich zur normalen Nervenfunktion.

Behandlung

Die Behandlung des Karpaltunnelsyndroms erfolgt in der Regel in zwei Schritten:

  1. Konservative Therapie: Im Anfangsstadium werden konservative Maßnahmen eingesetzt. Dazu gehören:
    • Handgelenksschienen: Eine Lagerungsschiene des Handgelenks sorgt für eine nächtliche Ruhigstellung und verhindert die Beugung des Handgelenks, wodurch der Druck im Karpalkanal reduziert wird.
    • Kortison: Durch Tabletten oder eine Injektion von Kortison in den Karpalkanal kann ein Abschwellen der Gewebe im Karpaltunnel erreicht werden.
    • Physikalische Behandlungen: Kälteanwendungen können Entzündungen des Nerven dämpfen und schmerzlindernd wirken.
    • Physiotherapie: Tapen, Koordinations- und Dehnungsübungen oder das Training mit einer Faszienrolle können die Beschwerden lindern.
  2. Operative Therapie (Neurolyse): Wenn die konservativen Maßnahmen keine ausreichende Besserung bringen, ist eine Operation erforderlich. Dabei wird der Karpaltunnel durchtrennt, um den Druck auf den Nerv zu verringern. Der Eingriff kann entweder offen oder endoskopisch (minimalinvasiv) durchgeführt werden. Vergleichende Studien zeigen die Überlegenheit der operativen Therapie gegenüber konservativen Behandlungen.

Vorbeugung

Um das Risiko für ein Karpaltunnelsyndrom zu minimieren oder das Fortschreiten zu verlangsamen, können folgende Maßnahmen ergriffen werden:

  • Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung: Achten Sie auf eine neutrale Handposition beim Arbeiten am Computer. Der Schreibtischstuhl sollte so eingestellt sein, dass die Unterarme auf einer Linie mit der Tastatur liegen. Eine Handballenauflage kann die Gelenke bei der Mausbedienung schonen.
  • Pausen: Bei Tätigkeiten, die das Handgelenk stark belasten, sollten ausreichend Pausen eingelegt werden, um die Handgelenke zu dehnen und auszuschütteln.
  • Vermeidung von Überlastung: Achten Sie auf eine ausgewogene Belastung der Hände und vermeiden Sie einseitige Bewegungen.
  • Vorsicht vor Vibrationen: Elektrische Geräte wie Bohrer sollten mit schwingungsdämpfenden Griffen ausgestattet sein.

Muskelverspannungen

Chronische Muskelverspannungen im Schulter-Nacken-Bereich können ebenfalls zu Beschwerden in Händen und Fingern führen. Durch Verschaltungen im Rückenmark können sie Ameisenlaufen und sogar Schmerzempfindungen in den Händen verursachen. Ein unbewegter Tag in starrer Haltung vor dem Monitor kann Auswirkungen bis in die Nacht haben und zu einem steifen Nacken führen. Wichtig sind Entspannung und lokale Wärmeanwendungen. Hilfreich können zudem den Muskelstoffwechsel anregende Reizstromverfahren, Injektionen oder eine medikamentöse Behandlung mit muskelentspannenden und schmerzlindernden Wirkstoffen sein. Alternative manuelle Verfahren, die auf ein Lockern und Dehnen von bindegewebigen Verhärtungen abzielen (Myofascial Release), können ebenfalls Linderung bringen. Eine fortschrittliche Methode der Schmerztherapie ist die Trigger-Stoßwellentherapie (Radiale Stoßwellentherapie), bei der hochfrequente, Luftdruck-Stoßwellen für eine gute Durchblutung sorgen und Verspannungen in verhärteten und verkürzten Muskeln auflösen.

Weitere Ursachen für Schmerzen in den Händen

Neben dem Karpaltunnelsyndrom gibt es weitere Erkrankungen und Verletzungen, die Schmerzen in den Händen verursachen können:

  • Kahnbeinbruch: Ein Bruch des Kahnbeins, dem größten Handwurzelknochen, entsteht meist durch einen Sturz auf die ausgestreckte Hand.
  • Bänderriss (Skidaumen): Ein Riss des Seitenbandes im Daumen entsteht häufig bei Stürzen beim Skifahren.
  • Morbus Dupuytren: Bei dieser Bindegewebserkrankung bilden sich strangartige Wucherungen, die die Funktion der Hand einschränken können.
  • Körperferner Speichenbruch: Der körperferne Speichenbruch ist der häufigste Knochenbruch des Menschen und tritt vor allem bei älteren Menschen mit Osteoporose auf.
  • Cubitaltunnelsyndrom (Sulcus ulnaris-Syndrom): Eine Einengung des Ellennervs am Ellenbogen kann zu Taubheitsgefühlen und Schmerzen am Ringfinger und kleinen Finger führen.
  • Schnellender Finger: Eine Verdickung der Beugesehne kann zu einer ruckartigen Bewegung des Fingers führen, die meist schmerzhaft ist.
  • Arthrose: Der Verschleiß der Gelenke kann zu Schmerzen und Bewegungseinschränkungen in den Finger- oder Handgelenken führen.
  • Verletzungen: Eine abgeschnittene Fingerkuppe oder andere Verletzungen der Hand erfordern eine spezialisierte handchirurgische Behandlung.

Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?

Anhaltendes oder wiederkehrendes Kribbeln in Armen, Händen oder Fingern sowie zusätzliche Beschwerden wie Lähmungserscheinungen sollten ärztlich abgeklärt werden. Die hausärztliche Praxis ist die erste Anlaufstelle, um die Ursachen zu ermitteln und eine geeignete Behandlung einzuleiten.

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