Demenz und Depressionen sind die häufigsten psychischen Leiden im Alter und können oft schwer voneinander zu unterscheiden sein. Beide Erkrankungen können ähnliche Symptome aufweisen, was eine frühzeitige und sichere Diagnose erschwert. In diesem Artikel werden die Unterschiede zwischen Demenz und Depression beleuchtet, um Betroffenen und Angehörigen bei der Einordnung der Veränderungen zu helfen.
Einführung
Mit zunehmendem Alter wächst die Furcht vor Vergesslichkeit und einer beginnenden Demenzerkrankung. Laut Deutscher Alzheimer Gesellschaft (DAlzG) waren 2016 hierzulande etwa 1,6 Millionen Menschen davon betroffen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass nicht jede „Schusseligkeit“ und Zerstreutheit ein Anzeichen für Demenz ist. Umgekehrt werden Menschen mit beginnender Demenz oft fälschlicherweise als depressiv eingestuft und somit falsch behandelt. Eine frühzeitige und korrekte Diagnose ist entscheidend, um die bestmögliche Behandlung zu gewährleisten.
Unterschiede zwischen Demenz und Depression
Obwohl Demenz und Depressionen ähnliche Symptome aufweisen können, gibt es deutliche Unterschiede, die bei der Diagnose helfen können.
Erkrankungsbeginn und Verlauf
Während sich eine Demenz meist schleichend entwickelt und sich kontinuierlich verschlechtert, werden Depressionen eher plötzlich ausgelöst - vielfach durch ein besonders belastendes bzw. einschneidendes Erlebnis. Angehörige von depressiven Betroffenen können den Beginn der Symptome zudem häufig relativ genau zeitlich eingrenzen, während sich die Symptome einer Demenz schleichend und über Jahre hinweg entwickeln. Der Zustand bei Demenzkranken verschlechtert sich häufig nur sehr langsam, während sich eine Depression innerhalb weniger Wochen verschlimmern kann.
Gedächtnis und Orientierung
Ein wesentlicher Unterschied besteht in den Gedächtnisstörungen. Demente Menschen leiden unter Gedächtnisstörungen, einer oft ausgeprägten Desorientierung und nachlassenden kognitiven Fähigkeiten. Depressive Menschen sind im Rahmen ihrer Erkrankung weitestgehend vollständig orientiert und wissen, wie sie sich Hilfe holen können. Im frühen Stadium zeigen Demente gute Erinnerungen an die fernere Vergangenheit, während zur depressiven Symptomatik ein Verblassen der gesamten Erinnerung gehört.
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Leistungskurve
Weitere Unterschiede sind bei der täglichen „Leistungskurve“ erkennbar: An Demenz erkrankte Menschen sind in der Regel morgens geistig besonders rege und bauen dann im Tagesverlauf zunehmend ab. Bei depressiven Menschen ist es genau umgekehrt: In der Frühe kognitiv alles andere als fit, steigert sich deren geistige Leistungsfähigkeit oft im Laufe des Tages zunehmend.
Selbstbild und Problembewältigung
Depressive klagen mehr über ihre Symptome und stellen ihre Einschränkungen oft mit sehr ausführlichen Beschreibungen in den Vordergrund. Sie reagieren häufig auf Leistungsanforderungen mit Aussagen wie „Ich schaffe das nicht" oder „Ich kann das nicht". Auf an sie gerichtete Fragen kommen oft „Ich weiß nicht" Antworten und die Betroffenen neigen zum sorgenvollen Grübeln. Demenzkranke tendieren dazu ihre Beschwerden zu kaschieren oder bagatellisieren bzw. machen ihr Umfeld für ihre Defizite verantwortlich.
Kognitive Fähigkeiten und Alltagsverhalten
Bei einer Depression handelt es sich oft nur um gering ausgeprägte Beeinträchtigungen der kognitiven Fähigkeiten, die dann auch eher gleichbleibend sind. Die Betroffenen zeigen oft gute Alltagskompetenzen, die im Widerspruch zum oft schlechten Abschneiden in Leistungstests stehen. Bei einer Demenzerkrankung hingegen treten zunehmende kognitive Störungen auf, die im Einklang mit dem immer schlechteren Abschneiden in Leistungstests stehen. Die Alltagskompetenzen nehmen kontinuierlich ab und entsprechen damit ebenfalls den Testergebnissen. Trotz Depression ist der Patient in der Lage Routinearbeiten zu tätigen. Der Demenzpatient verliert seine Alltagskompetenzen, wie Duschen, Toilettengänge, Essenszubereitung etc.
Weitere Symptome
Kognitive Fehlleistungen wie Ausfall des Kurzzeitgedächtnisses, fehlendes Urteils- und Planungsvermögen, Angst, Koordinations- und Sprachstörungen sind bei Demenzpatienten weitere markante Symptome. Die depressive Erkrankung zeichnet sich insbesondere durch eine traurige, niedergeschlagene Stimmung aus. Weitere Symptome sind Interessenverlust und verminderter Appetit. Depressive Menschen leiden häufig aufgrund einer sorgenvollen Grübelneigung an Ein- und Durchschlafstörungen, während es bei einer Demenzerkrankung eher zu zunehmender nächtlicher Unruhe und Umtriebigkeit kommt. Depressive Menschen neigen dazu, sich sozial zurückzuziehen, während Demenzkranke oftmals gerade zu Beginn der Erkrankung noch versuchen, sozial aktiv zu bleiben. Bei einer Depression kommt es häufig zu einem Stimmungstief am Morgen, während es bei einer Demenzerkrankung eher zu einem Stimmungstief am Abend kommt.
Diagnoseverfahren
Um Demenz und Depressionen frühzeitig zu unterscheiden, kommen verschiedene Diagnoseverfahren zum Einsatz.
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Psychometrische Tests
Psychometrische Tests werden von Fachexperten eingesetzt, um Verhaltensweisen in einer standardisierten und künstlich erzeugten Situation zu erheben und zu analysieren. Diese Tests können Hinweise auf eine Demenz geben, sind aber keine zuverlässigen Testverfahren für Alzheimer und können ärztliche Untersuchungen nicht ersetzen. Zu den häufig verwendeten psychometrischen Tests gehören:
- Uhrentest: Der Patient zeichnet in einem vorgegebenen Kreis die zwölf Ziffern der Uhr sowie die Stellung der Zeiger bei einer vorgegebenen Uhrzeit ein.
- Mini-Mental-Status-Test (MMST): Dieser Test dient dazu, eine mögliche kognitive Störung sowie deren Schweregrad richtig einzuschätzen. Er besteht aus Fragen in Verbindung mit Handlungsaufgaben und praxisbezogenen Fragen.
- DemTect (Demenz Detection): Dieser Test besteht aus fünf Teilen und dauert ca. 10 Minuten. Er prüft den Lernzuwachs des episodischen Gedächtnisses, die Umwandlung von Zahlen in Zahlwörter, die semantische Wortflüssigkeit und das Arbeitsgedächtnis.
- Test zur Früherkennung von Demenzen mit Depressionsabgrenzung (TFDD): Mit diesem Screening-Verfahren wird eine Abgrenzung hinsichtlich einer Depressionserkrankung möglich.
Ärztliche Untersuchung
Eine umfassende medizinische Untersuchung durch einen Arzt ist unerlässlich, um andere Erkrankungen als Ursache für die Symptome auszuschließen. Eine Untersuchung des Gehirns (z.B. durch MRT) oder eine sorgfältige Labordiagnostik können ebenfalls wichtige Informationen liefern.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Behandlung von Demenz und Depressionen unterscheidet sich grundlegend.
Depression
Depressionen sind in der Regel gut therapierbar. Dies kann mithilfe von Medikamenten (Antidepressiva) und Psychotherapie geschehen. Bei älteren Menschen werden häufig körperliche Symptome wie Schmerzen, Schwindel, Schlafprobleme oder Verdauungsstörungen als Anzeichen einer Depression übersehen. Es ist wichtig, diese Symptome ernst zu nehmen und ärztlich abklären zu lassen.
Demenz
Ein Heilmittel für Demenz gibt es noch nicht. Die Behandlung zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und den Krankheitsverlauf zu verlangsamen. Eine frühzeitige Diagnose ist entscheidend, da eine gezielte Behandlung die Beeinträchtigungen für den Betroffenen reduzieren und den Krankheitsverlauf mildern kann.
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Depression als Risikofaktor für Demenz
Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Menschen, die im Laufe ihres Lebens an einer Depression erkranken, ein erhöhtes Risiko haben, im Alter eine Demenz zu entwickeln. Besonders auffällig ist dieser Zusammenhang bei Depressionen, die im mittleren Lebensalter auftreten.
Was tun als Angehörige?
Wenn Menschen mit Demenz zusätzlich an einer Depression erkranken, ist das für Angehörige oft besonders belastend. Es ist wichtig, aufmerksam zu beobachten, verständnisvoll zu begleiten und dabei zu helfen, dass professionelle Unterstützung in Anspruch genommen wird. Ermutigen Sie zu ärztlicher Hilfe und erklären Sie, dass eine Depression keine Schwäche ist, sondern eine behandelbare Erkrankung. Fördern Sie soziale Kontakte, achten Sie auf Bewegung, vermeiden Sie große Veränderungen, schaffen Sie Sicherheit und bieten Sie einfache, sinnvolle Beschäftigung an.
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