Im Dickicht des Erbrechts kann ein Zweifel an der Testierfähigkeit eines Erblassers schnell zu einem komplexen Problem werden. Nicht selten entstehen Streitigkeiten unter den Angehörigen, wenn die Frage aufkommt, ob der Erblasser zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung überhaupt in der Lage war, die Tragweite seiner Handlung zu überblicken. Die Klärung der Testierfähigkeit ist daher nicht nur eine juristische, sondern oft auch eine höchst emotionale Herausforderung. Die vorliegende Abhandlung beleuchtet die Voraussetzungen für die Errichtung eines Testaments trotz Demenz, wobei sowohl die rechtlichen Rahmenbedingungen als auch die medizinischen Aspekte berücksichtigt werden.
Einführung in die Testierfähigkeit: Rechtliche Grundlagen und Kernprobleme
Die Testierfähigkeit ist ein zentrales Element im Erbrecht. Sie sichert, dass letztwillige Verfügungen rechtsverbindlich und wirksam sind. Die Wirksamkeit eines Testaments beruht darauf, dass der letzte Wille mit klarem Verstand und ohne fremde Beeinflussung festgelegt wird. Wer den eigenen letzten Willen klar formulieren und rechtswirksam festhalten möchte, muss in der Lage sein, die Tragweite einer testamentarischen Verfügung zu erfassen. Die Probleme bei der Testierfähigkeit liegen sehr stark im tatsächlichen Bereich. Es geht um die Frage, ob und inwieweit jemand erkennen und verstehen kann, was er tut.
Was bedeutet Testierfähigkeit und warum ist sie wichtig?
Testierfähigkeit bezeichnet die Fähigkeit, ein Testament zu errichten, abzuwandeln oder aufzuheben - und dabei die weitreichenden Konsequenzen der eigenen Verfügung vollumfänglich zu verstehen. Nach §2229 BGB muss der Testierende die Tragweite seiner Verfügung vollständig erfassen können. Diese Einsichtsfähigkeit umfasst das Verständnis der wirtschaftlichen Konsequenzen und die Bedeutung der letztwilligen Verfügung. Kognitive Elemente ermöglichen es, die Folgen eines Testaments zu durchdringen. Das voluntative Element sichert zu, dass Entscheidungen aus eigenem Antrieb erfolgen.
Gesetzliche Regelungen zur Testierfähigkeit: Überblick über § 2229 BGB
Die gesetzliche Grundlage für die Testierfähigkeit bildet § 2229 BGB. Dieser Paragraph regelt unter anderem, dass Minderjährige ab 16 Jahren testierfähig sind, jedoch bis zur Volljährigkeit nur ein notarielles Testament errichten können. Gleichzeitig wird festgelegt, dass Personen mit krankhaften Störungen der Geistestätigkeit, Geistesschwäche oder Bewusstseinsstörungen, die nicht in der Lage sind, die Bedeutung ihrer Willenserklärung einzusehen, kein Testament errichten können.
Der Gesetzgeber hat nicht bestimmt, was unter Testierfähigkeit zu verstehen ist. Dem Gesetz ist in § 2229 BGB lediglich die Testierunfähigkeit zu entnehmen. Es liegt seitens des Gesetzgebers somit hinsichtlich der Testierfähigkeit lediglich eine sogenannte Negativdefinition vor.
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Typische Situationen: Wann Zweifel an der Testierfähigkeit entstehen
Zweifel an der Testierfähigkeit können in unterschiedlichen Lebensumständen aufkommen. Besonders dann, wenn das fortgeschrittene Alter, kognitive Defizite oder psychische Erkrankungen - wie zum Beispiel Demenz oder Schizophrenie - vorliegen, wird eine Einzelfallprüfung erforderlich. Im besonderen Maße stellt sich die Frage der Testierfähigkeit in den Fällen von alters- oder krankheitsbedingter Demenz.
Testierfähigkeit rechtlich prüfen: Anforderungen und Nachweise
Die Testierfähigkeit ist die Voraussetzung dafür, dass ein vom Erblasser errichtetes Testament wirksam ist. Unter der Testierfähigkeit des Erblassers ist dessen Fähigkeit zu verstehen, ein Testament zu errichten, ein Testament abzuändern oder aufzuheben. Damit setzt die Testierfähigkeit zwingend voraus, dass der Erblasser im Zeitpunkt der Errichtung seines Testamentes mit der Vorstellung handelt, ein Testament zu verfassen. Darüber hinaus muss der Erblasser mit dem Bewusstsein über den Inhalt seiner letztwilligen Verfügung handeln.
Voraussetzungen für die Testierfähigkeit: Einsicht und freie Willensbildung
Der Testierende muss in der Lage sein, sich ein klares Urteil zu bilden, welche Tragweite seine Anordnung haben, insbesondere welche Wirkungen sie auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen ausüben. Das gilt auch für Gründe, welche für und gegen die sittliche Berechtigung der Anordnung sprechen. Er muss selbständig, frei von Einflüssen etwa interessierter Dritter handeln und eigenverantwortlich Entscheidungen treffen können; die Vorstellung haben, dass er ein Testament errichtet; die Kenntnis haben, welchen Inhalt die darin enthaltenen letztwilligen Verfügungen aufweisen; sich ein klares Urteil bilden kann, welche Tragweite seine Anordnungen haben, insbesondere welche Wirkungen sie auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen haben; seine Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig machen kann; sich über die Gründe, welche für und gegen die sittliche Berechtigung der Anordnungen sprechen, ein Urteil bilden kann und bei der Testamentserrichtung in der Lage ist, sich an Sachverhalte und Ereignisse zu erinnern.
Testierunfähigkeit bei geistigen und krankhaften Störungen: Praktische Einordnung
Testierunfähig ist derjenige, dessen Erwägungen und Willensentschlüsse nicht mehr auf einer dem allgemeinen Verkehrsverständnis entsprechenden Würdigung der Außendinge und der Lebensverhältnisse beruhen, sondern durch krankhaftes Empfinden oder krankhafte Vorstellungen und Gedanken derart beeinflusst werden, dass sie tatsächlich nicht mehr frei sind, sondern vielmehr von diesen krankhaften Einwirkungen beherrscht werden. Diese Unfreiheit der Erwägungen und der Willensbildungen braucht nicht darin zutage zu treten, dass der Erblasser sich keine Vorstellung von der Tatsache der Errichtung eines Testaments und von dessen Inhalt oder von der Tragweite seiner letzten Anordnungen, insbesondere von ihrer Auswirkung auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen zu machen vermag, sie kann sich vielmehr darauf beschränken, die Motive für die Errichtung einer letztwilligen Verfügung entscheidend zu beeinflussen. Testierunfähig ist daher auch derjenige, der nicht in der Lage ist, sich über die für und gegen seine letztwillige Verfügung sprechenden Gründe ein klares, von krankhaften Einflüssen nicht gestörtes Urteil zu bilden und nach diesem Urteil frei von Einflüssen etwaiger interessierter Dritter zu handeln (st. Rspr.: vgl. BGH FamRZ 1958, 127/128; BayObLGZ 1962, 219/ 223f.; 2004, 237/240 f.).
Eine Reihe von Erkrankungen, die sich negativ auf den geistigen Zustand des Erblassers auswirken können, haben im konkreten Einzelfall nicht zwingend zur Folge, dass die Fähigkeit des Erblassers zur wirksamen Errichtung eines Testamentes eingeschränkt ist. Hinsichtlich jedes Krankheitsbildes, das zu einer Beeinträchtigung der Testierfähigkeit führen könnte, muss daher im konkreten Einzelfall entschieden werden, ob es tatsächlich zu einer Einschränkung der Willensbildung beim Erblasser geführt hat oder ob die festgestellte Krankheit sich auf diese Fähigkeit nicht entscheidend auswirkte.
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Wer überprüft die Testierfähigkeit und welche Instanzen sind zuständig?
Zu Beginn des Testamentserstellungsprozesses übernimmt der Notar die Feststellung der Testierfähigkeit. Er dokumentiert, ob Einsicht und freie Willensbildung vorliegen - eine Prüfung, die eine erste, jedoch nicht abschließende Indizwirkung besitzt. Bestehen Zweifel an der geistigen Klarheit, ist die Einbeziehung eines Facharztes für Psychiatrie gemäß §30 FGG unverzichtbar. Letztlich obliegt die gerichtliche Prüfung, insbesondere bei Anfechtungen, dem Nachlassgericht.
Die Rolle des Notars bei der Testamentserrichtung
Notare können die Testierfähigkeit entgegen landläufiger Meinung nicht verbindlich feststellen, weil ihnen die Vorbildung als Psychiater oder Neurologe fehlt. Trotzdem haben die Notare in diesem Zusammenhang Pflichten. Nach § 28 BeurkG muss der Notar seine Wahrnehmungen über die Testierfähigkeit in der Urkunde vermerken, wenn er ein Testament beurkundet. Nach § 11 Absatz 2 BeurkG muss der Notar in der Urkunde vermerken, wenn ein Beteiligter schwer krank ist. Wenn ein Beteiliger im Heim untergebracht ist, muss der Notar sich den Grund der Heimunterbringung nennen lassen und nach der Krankheitsdiagnose fragen. Wenn sich dabei eine schwere Erkrankung ergibt, die die Geschäftsfähigkeit beeinträchtigen kann (z.B. Demenz, Alzheimer, Parkinson), muss der Notar diese in der Urkunde vermerken.
Medizinische Gutachten: Bedeutung und Ablauf im Erbprozess
Medizinische Begutachtungen gewinnen im Erbverfahren erheblich an Bedeutung, wenn Zweifel an der Testierfähigkeit eines Erblassers auftreten. Die sachverständige Einschätzung insbesondere durch Fachärzte für Psychiatrie und Neurologie schafft Klarheit über die Frage, ob der Erblasser in der Lage war, seinen letzten Willen rechtsgültig zu verfassen.
Die Rolle von psychiatrischen Gutachten bei Zweifeln an der Testierfähigkeit
Bei Erbstreitigkeiten, in denen Zweifel an der Testierfähigkeit bestehen, ist ein psychiatrisches Gutachten von zentraler Bedeutung. Die rechtliche Grundlage bildet hierbei § 2229 Abs. 4 BGB, wonach bei Vorliegen entsprechender Zweifel ein positiver Nachweis der Testierunfähigkeit erforderlich ist. In der Praxis wird bei Zweifeln an der Testierfähigkeit ein Gutachten eines Facharztes für Psychiatrie hinzugezogen, der die medizinischen und rechtlichen Aspekte beurteilt.
Anforderungen an ein Gutachten: Inhalte und formelle Kriterien
Ein rechtskonformes Gutachten muss inhaltlich und formal höchsten Anforderungen genügen. Entscheidend ist eine klare und nachvollziehbare Darstellung, die den komplexen medizinischen Sachverhalt sowie seine juristische Relevanz verständlich erläutert.
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- Anamnese und Befunde: Eine sorgfältige Erhebung der Krankengeschichte und objektiven Befunde bildet die Grundlage des Gutachtens.
- Struktur und Dokumentation: Das Gutachten muss logisch schlüssig gegliedert sein. Eine transparente Dokumentation erhöht die Prüfungssicherheit.
- Neutralität: Spekulationen sind strikt zu vermeiden.
Praxisbeispiel: Wie ein Gericht ein medizinisches Gutachten bewertet
Anhand eines Praxisbeispiels aus dem OLG München (Az. 31 Wx 466/19) wird deutlich, wie Gerichte die Qualität eines medizinischen Gutachtens bewerten. Im konkreten Fall führte die Verwendung eines Gutachtens eines Allgemeinmediziners zu erheblichen Zweifeln an der fachlichen Eignung des Sachverständigen. Das Gericht berücksichtigte, dass nur ein Gutachten eines Facharztes für Psychiatrie und/oder Neurologie die erforderliche Expertise erbringen konnte. Dieses Beispiel unterstreicht, wie entscheidend die fachliche und formale Qualität eines Gutachtens im Erbverfahren ist.
Die Beweislast bei Testierunfähigkeit: Rechtlich relevante Fakten
Die Beweisführung bei der Testierunfähigkeit spielt eine entscheidende Rolle im Erbrecht. Die Regelungen legen fest, wer für den Nachweis verantwortlich ist und welche Beweismittel herangezogen werden können.
Wer muss die Testierunfähigkeit beweisen?
Nach §2229 IV BGB trägt derjenige, der die Testierunfähigkeit behauptet, auch die Beweislast. Das bedeutet, dass jede Person, die die Unwirksamkeit eines Testaments aufgrund mangelnder Testierfähigkeit geltend macht, dies mit hinreichenden Belegen untermauern muss.
Die Rolle von Zeugenaussagen und medizinischen Unterlagen
Verschiedene Beweismittel können herangezogen werden, um die Testierfähigkeit oder deren Fehlen festzustellen. Zeugenaussagen von Ärzten, Pflegepersonal oder neutralen Dritten können hierbei eine entscheidende Rolle spielen. Auch medizinische Unterlagen, wie Arztbriefe und Gutachten, sind wichtige Beweismittel.
Strategische Aspekte der Beweisführung
Verschiedene strategische Ansätze können genutzt werden, um die Testierfähigkeit zu bekräftigen oder anzufechten. Die medizinisch-psychiatrische Begutachtung kann zur Rekonstruktion des damaligen geistigen Zustands des Erblassers beitragen. Eine effektive Strategie beruht oft auf der Kombination von Zeugenvernehmungen und fundierten Dokumentenbeweisen - wobei die notarielle Beurteilung der Testierfähigkeit lediglich Indizwirkung hat.
Testamentsanfechtung und gerichtliche Verfahren
Die Testamentsanfechtung ist ein rechtlicher Schritt, der ausschließlich post mortem und bei begründetem Verdacht auf Testierunfähigkeit des Erblassers erfolgt. Nur Personen mit einem berechtigten Interesse - beispielsweise gesetzliche Erben oder Pflichtteilsberechtigte - können diesen Weg beschreiten. Zuständig für das Verfahren ist das Nachlassgericht.
Die Amtsermittlungspflicht des Nachlassgerichts
Im Rahmen der Anfechtung liegt die Beweislast beim Anfechtenden. Dieser muss belegen, dass bereits zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung erhebliche Zweifel an der Testierfähigkeit bestanden. Die Amtsermittlungspflicht verpflichtet das Nachlassgericht, alle entscheidungserheblichen Tatsachen von Amts wegen zu ermitteln, ohne dass ein expliziter Antrag der Beteiligten erforderlich ist. Diese Pflicht ist in den §§ 26 und 29 FamFG verankert.
Gerichtliche Entscheidungen und ihre Grundlagen
Gerichtliche Entscheidungen zur Frage der Testierfähigkeit beruhen auf einer Vielzahl von Beweismitteln. Medizinische Gutachten, Zeugenaussagen und weitere Unterlagen spielen dabei eine wesentliche Rolle. Gesetzliche Regelungen, wie die in §§ 2229 und 30 FamFG, fließen unmittelbar in die Beurteilung ein. Das OLG München betonte dabei besonders die Notwendigkeit qualifizierter psychiatrischer Gutachter, während das OLG Karlsruhe die umfassende Ermittlungspflicht des Nachlassgerichts hervorhob.
Konsequenzen bei fehlender Testierfähigkeit
Zweifel an der Testierfähigkeit eines Erblassers können weitreichende Konsequenzen für die Erbschaft haben. Entscheidend für die Gültigkeit eines Testaments ist die Testierfähigkeit des Erblassers. Liegt zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung eine krankhafte Störung der Geistestätigkeit, eine Geistesschwäche oder eine Bewusstseinsstörung vor, die die Einsicht in die Rechtsfolgen ausschließt, wird das Testament gemäß § 2229 Abs.
Anfechtung und ihre Folgen
Die Testierunfähigkeit wird dann angenommen, wenn die geistigen Einschränkungen so gravierend sind, dass eine reflektierte Entscheidung über den Nachlass nicht möglich war. Im gerichtlichen Verfahren trägt derjenige, der die Unwirksamkeit geltend macht, die Beweislast. Dies wird häufig durch medizinische Gutachten belegt, die den Grad der geistigen Einschränkung zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung nachweisen müssen. Wird das Testament oder einzelne Verfügungen erfolgreich angefochten, hat dies weitreichende Folgen. Nach § 2085 BGB führt die Anfechtung zur Nichtigkeit der strittigen Regelungen.
Pflichtteilsansprüche und ihre Bedeutung
Wichtig ist, dass auch bei einer erfolgreichen Anfechtung Pflichtteilsansprüche unberührt bleiben. Das bedeutet, dass nahe Angehörige, die einen Pflichtteil beanspruchen, ihren Anspruch behalten, selbst wenn das testamentarische Verfügungssystem neu gestaltet wird.
Herausforderungen und praktische Aspekte
Die Feststellung der Testierfähigkeit birgt in der Praxis oft unerwartete Herausforderungen. Angehörige und potenzielle Erbende stehen nicht selten vor komplexen Sachverhalten, die weit über rein juristische Fragestellungen hinausgehen.
Kosten und Aufwand der Gutachtenerstellung
Die Erstellung von medizinischen Gutachten zur Feststellung der Testierfähigkeit erfordert einen erheblichen personellen und finanziellen Einsatz. Der Aufbau und Betrieb eines nationalen Mortalitätsregisters beispielsweise ist mit erheblichen Kosten verbunden - einmalige Einrichtungskosten von rund 2-3 Mio. € sowie jährliche Betriebskosten von etwa 400.000-600.000 € wurden in entsprechenden Aufwands-Nutzen-Abschätzungen veranschlagt. Für medizinische Gutachten gelten gesetzlich festgelegte Bearbeitungsfristen von 25 Arbeitstagen.
Qualitätssicherung und Digitalisierung
Die Qualitätssicherung medizinischer Gutachten unterliegt strengen Standards und Kontrollen. Gutachten werden ausschließlich von qualifizierten Fachärzten mit entsprechender Expertise erstellt. Zur Sicherung der Qualität existieren etablierte Qualitätsindikatoren und Prüfmechanismen. Unzulänglichkeiten bei der Datenerfassung werden durch klare Strukturvorgaben und Qualitätskontrollen minimiert. Durch die zunehmende Digitalisierung werden Prozesse optimiert, wodurch die Effizienz gesteigert und Verzögerungen minimiert werden können.
Umgang mit widersprüchlichen Beweisen
Widersprüchliche Beweise können das gerichtliche Verfahren in erheblichem Maße beeinflussen. Bei „Aussage gegen Aussage“-Situationen muss das Gericht eine besonders sorgfältige Beweiswürdigung der Zeugenaussagen vornehmen. Entscheidend ist, dass Richter die Glaubwürdigkeit und Relevanz einzelner Beweismittel sorgfältig prüfen. Dabei spielen Faktoren wie die Konsistenz der Aussagen, die Übereinstimmung mit anderen Belegen und der Gesamtkontext eine wichtige Rolle.
Aktuelle Rechtsprechung und Fallbeispiele
Die aktuelle Rechtsprechung zeigt, dass die Gerichte bei der Beurteilung der Testierfähigkeit sehr genau vorgehen und alle relevanten Umstände des Einzelfalls berücksichtigen.
Landgericht Frankenthal: Testierfähigkeit bei beginnender Demenz
Das Landgericht Frankenthal hat die Testierunfähigkeit einer 91-jährigen Erblasserin zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung verneint. Im Zentrum des Rechtsstreits stand ein notarielles Testament vom 3. Februar 2023, in dem die Erblasserin ihr Haus in L. Die im Januar 2023 verstorbene Erblasserin hatte bereits 2018 ein Testament verfasst, in dem sie einen Cousin und dessen Ehefrau als Erben einsetzte. Nach einem Ellenbogenbruch und anschließendem Klinikaufenthalt errichtete sie am 3. Februar 2023 ein weiteres notarielles Testament. Darin vermachte sie ihr Haus an den Verfügungsbeklagten, der seit rund 30 Jahren als Mieter in dem Anwesen lebte. Im Januar 2023 wurde bei der Erblasserin in der BG-Unfallklinik eine „beginnende demenzielle Entwicklung“ diagnostiziert. Der Hausarzt der Erblasserin, ein Internist, attestierte ihr rückwirkend eine Testierunfähigkeit zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung. Der beurkundende Notar hatte sich von der Geschäfts- und Testierfähigkeit der Erblasserin überzeugt. Die als Zeugin vernommene Steuerberaterin F. bestätigte, dass die Erblasserin beim Notartermin orientiert war und gezielt nachfragte, ob das Testament ausschließlich das Haus in L. betreffe. Das Landgericht Frankenthal wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Nach Auffassung des Gerichts wurde die Testierunfähigkeit nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Ein vom Verfügungsbeklagten beauftragter Facharzt für Neurogeriatrie kam in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass die Erblasserin zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung vermutlich nur im Vor- oder Frühstadium einer Alzheimer-Erkrankung war. Trotz des Hausvermächtnisses bleibt den eingesetzten Erben der Großteil des Nachlasses erhalten, darunter wertvolle Immobilienanteile an der „T.-Passage“ in A. Das Gericht stellte klar, dass auch nicht nachvollziehbare Verfügungen eines Erblassers wirksam sein können, solange keine Testierunfähigkeit vorliegt.
Oberlandesgericht Brandenburg: Demenzdiagnose allein genügt nicht
Das Oberlandesgericht Brandenburg hat in einem Beschluss vom 1. Mit der steigenden Lebenserwartung in Deutschland erhöht sich auch das Risiko, im Laufe des Lebens die Fähigkeit zu verlieren, Testamente zu errichten. In diesem Beitrag erfahren Sie, wann man wegen einer Demenzerkrankung (z.B. Alzheimer), wegen Wahnvorstellungen oder sonstigen geistigen Defiziten die Testierfähigkeit verliert und welche rechtlichen Konsequenzen das hat. Was ist Testierfähigkeit bzw. Testierfähigkeit die Fähigkeit, ein Testament zu errichten, zu ändern oder aufzuheben.Grundsätzlich geht das Erbrecht davon aus, dass jeder, der das 16. Lebensjahr vollendet hat, testierfähig ist. § 2229 Abs. Da diese allgemeine Definition für den Gebrauch in der Praxis unzureichend ist, haben Gerichte und Rechtslehre über Jahrzehnte versucht, die Grenze zwischen Testierfähigkeit und Testierunfähigkeit konkreter zu beschreiben. Der aktuelle Stand stellt sich in Etwa wie folgt dar:Testierfähig ist, wer selbständig, frei von Einflüssen etwa interessierter Dritter handeln und eigenverantwortlich Entscheidungen treffen kann; die Vorstellung hat, dass er ein Testament errichtet; die Kenntnis hat, welchen Inhalt die darin enthaltenen letztwilligen Verfügungen aufweisen; sich ein klares Urteil bilden kann, welche Tragweite seine Anordnungen haben, insbesondere welche Wirkungen sie auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen haben; seine Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig machen kann; sich über die Gründe, welche für und gegen die sittliche Berechtigung der Anordnungen sprechen, ein Urteil bilden kann und bei der Testamentserrichtung in der Lage ist, sich an Sachverhalte und Ereignisse zu erinnern.
Praktische Tipps und Empfehlungen
Um Streitigkeiten über die Testierfähigkeit zu vermeiden, sollten folgende Tipps beachtet werden:
- Frühzeitige Planung: Die Testamentserrichtung sollte möglichst frühzeitig erfolgen, solange die geistigen Fähigkeiten noch uneingeschränkt vorhanden sind.
- Notarielle Beurkundung: Ein notariell beurkundetes Testament bietet den höchsten Schutz vor späteren Anfechtungen. Der Notar prüft die Testierfähigkeit und dokumentiert den geistigen Zustand zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung.
- Ärztliches Gutachten: Bei gesundheitlichen Einschränkungen empfiehlt sich ein fachärztliches Gutachten zur Testierfähigkeit zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung.
- Eindeutige Formulierungen: Das Testament sollte klar und eindeutig formuliert sein, um Missverständnisse zu vermeiden.
- Begründung der Entscheidungen: Eine ausführliche Begründung der Testamentsentscheidungen im Testament selbst kann späteren Anfechtungen vorbeugen. Erläutern Sie sachlich die Motive für die gewählte Verteilung des Nachlasses.
- Zeugen: Die Anwesenheit unabhängiger Zeugen bei der Testamentserrichtung kann hilfreich sein. Diese können später bestätigen, dass der Erblasser aus freiem Willen und bei klarem Verstand gehandelt hat.
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