Das Tier mit dem größten Gehirn: Eine Erkundung der Gehirngröße im Tierreich

Die Frage nach dem Tier mit dem größten Gehirn ist faszinierend und führt uns auf eine Reise durch das Tierreich, bei der wir die Vielfalt der Gehirngrößen und ihre möglichen Zusammenhänge mit Intelligenz und Anpassungsfähigkeit untersuchen.

Wale: Giganten der Meere und Besitzer riesiger Gehirne

Wale gehören zu den Säugetieren, die vor etwa 50 Millionen Jahren die Ozeane als Lebensraum eroberten. Sie sind vollständig an das Leben im Wasser angepasst und bringen lebende, voll entwickelte Junge zur Welt. Unter den Walen gibt es bemerkenswerte Unterschiede in Bezug auf Größe, Verhalten und Lebensraum. Einige der bekanntesten Walarten sind:

  • Pottwale: Der Pottwal (Physeter macrocephalus) ist rekordverdächtig: Er hat das größte Gehirn aller Lebewesen und kann tiefer und länger tauchen als jedes andere Säugetier. Das Gehirn eines Pottwals wiegt im Schnitt 7,7 Kilogramm, kann aber auch bis zu 10 kg erreichen. Pottwale können bis zu 2000 Meter tief tauchen. Beim Auftauchen kann man ihr Luftholen noch in einem Kilometer Entfernung hören.
  • Grauwale: Grauwale filtern mit ihren Barten Nahrung aus dem Wasser des Nordpazifik. Wie bei den übrigen Bartenwalen sind auch bei dieser Art die Weibchen mit bis zu 15 Metern mindestens einen Meter länger als die gleichaltrigen Männchen. Die Jagd auf diese Bartenwale ist seit 1981 verboten.
  • Grönlandwale: Die Gesänge der Grönlandwale sind legendär. Sie sind überraschend verschieden, zudem ändern die Tiere ihr Repertoire fortwährend. Forscher haben in einem mehrjährigen Projekt etliche der Lieder aufgenommen. Grönlandwale können bis zu 18 Meter lang werden und haben viele Superlative zu bieten: „Sie können 200 Jahre alt werden, sie haben den dicksten Blubber aller Wale, die längsten Barten und sie können durch Eis brechen“, so Stafford. Grönlandwale sind in arktischen Meeren anzutreffen.
  • Brydewale: Der Brydewal liebt das warme Wasser und ist weltweit in tropischen und warmgemäßigten Meeren anzutreffen. Wegen mangelnder Informationen schwanken die Schätzungen des Bestandes zwischen 40.000 und 80.000 Tieren weltweit. Seine charakteristischen Furchen - Kehlfalten - dienen der Vergrößerung des Mauls. Brydewale werden in zwei verschiedene Populationen aufgeteilt. Die größere Form erreicht eine Körperlänge von rund 16 Metern bei einem Gewicht von etwa 26 Tonnen.
  • Buckelwale: Buckelwale leben in allen Ozeanen. Die Sommerquartiere liegen dabei in polaren Meeren, die Winterquartiere in tropischen und subtropischen Gewässern. Der Buckelwal gilt als der Akrobat unter den Großwalarten. Er ist bekannt für spektakuläre Sprünge und er schlägt oft mit seinen Brust- und Schwanzflossen auf die Meeresoberfläche. Die Tiere können etwa 50 Jahre alt und dabei bis zu 18 Meter lang und 40 Tonnen schwer werden. Die Färbung ihres Körpers ist oben schwarz und an der Unterseite bis an die Flanken weiß bis schwarz, abhängig von der Population und auch individueller Färbung. Die riesigen Säuger ernähren sich von kleinen Schwarmfischen, auf der Südhalbkugel auch von Krill. Sie filtern die Nahrung mit ihren Barten aus dem Meerwasser. Seit 1966 steht der Buckelwal unter weltweitem Artenschutz und gilt als „nicht gefährdet“.
  • Schwertwale: Schwertwale haben viele Namen: Orca, Killerwal oder auch Mörderwal. Sie machen Jagd auf Robben und andere kleine Walarten. Große Bekanntheit erlangte er durch den Film „Free Willy“. Sie gehören zu den größten Vertretern der Delfin-Familie. Trotz der 40 bis 56 scharfen Zähne sind sie friedliche und soziale Tiere. In Herden von bis zu 30 Artgenossen durchstreifen die schwarz-weiß gezeichneten Meeressäuger die Weltmeere. Sie jagen und leben in Gruppen, den Schulen. Schwertwale können über neun Meter lang werden.
  • Blauwale: Blauwale sind die größten bekannten Lebewesen, die jemals auf der Erde gelebt haben. Sie können eine Größe von bis zu 33 Metern Länge erreichen. Das Gewicht kann bis zu 200 Tonnen betragen - im Vergleich also etwa so viel wie 45 Elefanten, 225 Kühe oder 2500 Menschen. Das Herz dieses Bartenwales hat die Größe eines Kleinwagens, und sein Magen fasst rund zwei Tonnen Krill. Der kraftvoller Blas (ausgeatmete Atemluft) der Blauwale reicht bis zu zehn Meter hoch. Ihre Ernährung besteht aus winzigen Organismen: Krill. Reiche Krill-Vorkommen sind häufig in einer Tiefe zwischen 50 und 300 Metern im Ozean zu finden, Blauwale müssen also nach ihnen tauchen. Sie kommen im Nordatlantik, Nordpazifik, im südlichen Indischen Ozean, Südpazifik und in den Meeren um die Antarktis vor.
  • Minkwale: Minkwale - auch Zwergwale genannt - sind mit zwei Arten in tropischen und polaren Gewässern auf beiden Erdhalbkugeln verbreitet. Sie können bis zu zwölf Meter lang, bis zu zehn Tonnen schwer und bis zu 50 Jahre alt werden. Durch den Walfang ist ihre Population deutlich zurückgegangen. Sie werden von der Weltnaturschutzunion IUCN unter der Kategorie „Gefährdung anzunehmen“ eingestuft.

Das Pottwalgehirn: Ein Gigant unter den Gehirnen

Das Gehirn des Pottwals ist mit einem Gewicht von bis zu 10 Kilogramm und etwa 200 Millionen Neuronen das größte Gehirn aller Lebewesen. Zum Vergleich: Das menschliche Gehirn wiegt etwa 1,5 Kilogramm und enthält rund 85 Milliarden Neuronen.

Ein Großteil dieser Neuronen befindet sich in den Bereichen, die für die Steuerung des riesigen Körpers zuständig sind. Besonders die motorischen Neuronen spielen eine wichtige Rolle, indem sie Signale über große Distanzen an die Muskeln senden, um präzise Bewegungen wie Schwimmen und Tauchen zu ermöglichen. Die hohe Anzahl an Neuronen unterstützt also die komplexen motorischen Funktionen, die bei der Größe eines Pottwals notwendig sind. Dadurch wird die Interaktion zwischen Gehirn und Muskeln in einem so großen Körper möglich.

Die Größe des Pottwalgehirns ist jedoch nicht der einzige Faktor, der seine Fähigkeiten bestimmt. Pottwale leben meist in Gruppen und können sich gegenseitig etwas beibringen, zum Beispiel wie sie Harpunen ausweichen.

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Intelligenz und Gehirngröße: Ein komplexes Verhältnis

Wie diese Zahlen zeigen, stehen Intelligenz und die Größe des Gehirns nicht immer in unmittelbarem Zusammenhang. Pottwale sind zwar klüger als andere Lebewesen, aber wir sind klüger als die Meeressäuger und haben ein viel kleineres Gehirn.

Die Evolution des Menschen scheint diese Annahme zu stützen. So ist das Hirngewicht auf dem Weg vom Homo habilis zum Homo sapiens innerhalb weniger Millionen Jahre von 650 Gramm auf rund 1350 Gramm gewachsen. Das größte Gehirn im Tierreich hat der Mensch damit freilich nicht, zumindest nicht absolut gesehen. Ein Walgehirn beispielsweise wiegt bis zu 9000 Gramm. Und es enthält 200 Milliarden Neuronen, von denen ein menschliches Hirn »nur« rund 85 Milliarden besitzt. Es wäre allerdings verfehlt, Lebewesen von so unterschiedlichen Körpermaßen miteinander zu vergleichen. Denn kleine Tiere haben eher kleine, große Tiere eher große Gehirne. Aber auch die auf Körperlänge oder Körpergewicht bezogene relative Gehirngröße ist als Maßstab irreführend, denn das Gehirn wächst nicht proportional zur Körpergröße, sondern etwas langsamer. Man spricht in diesem Zusammenhang von einem negativen allometrischen Wachstum.

Erst wenn man diese Tatsache in die Berechnung einfließen lässt, erhält man einen Wert, der es gestattet, die Hirngröße verschiedener Säugetiere miteinander zu vergleichen. Ergebnis: Beim Menschen ist das Gehirn fast achtmal, beim Delphin fünfmal und beim Schimpansen zweieinhalb mal größer, als man bei einem durchschnittlichen Säuger der betreffenden Körpergröße erwarten würde. Ausgehend von einer solchen Skala hat der Mensch tatsächlich das größte Gehirn im Tierreich, was wiederum den Schluss nahe legt, dass dies auch der Grund für seine überragende Intelligenz ist.

Lars Chittka von der Queens Mary University of London und Jeremy Niven von der University of Cambridge mahnen hier jedoch zur Vorsicht. Zwar könne man von der Körper- auf die Gehirngröße schließen, aber ein Schluss von der Gehirngröße auf die Intelligenz sei nicht so einfach möglich, schreiben die Forscher in der Zeitschrift »Current Biology« (Bd. 19, S. R995). Zur Begründung verweisen sie auf die Honigbiene, deren Hirn nur ein Milligramm wiegt und kaum eine Million Neuronen besitzt. Gleichwohl ist dieses Insekt fähig zu zählen. Es kann Regeln erlernen, Objekte in verschiedene Kategorien einteilen sowie symmetrische und asymmetrische Formen unterschieden. Und es hat ein Gedächtnis für räumliche Zusammenhänge.

Bleibt die Frage, warum sich dann überhaupt große Gehirne entwickelt haben. Diese seien notwendig geworden, antworten die Forscher, um bei größeren Tieren etwa die zahlreichen Muskeln zu steuern, die Wahrnehmung und Gedächtnisleistung zu verbessern oder die parallele Verarbeitung von Informationen zu verstärken. Das bedeute aber nicht, dass größere Gehirne zwangsläufig zu einem höheren Grad an Komplexität führten. »Vielleicht könnte man sagen, dass Tiere mit größerem Gehirn größere Festplatten, aber nicht unbedingt bessere Prozessoren haben«, erläutert Chittka.

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Sollte sich diese These als tragfähig erweisen, hätte sie vermutlich enorme Auswirkungen auf die Realisierung dessen, was man »Künstliche Intelligenz« (KI) nennt. Denn es wäre dann nicht mehr notwendig, die Arbeit von zig Milliarden Neuronen zu simulieren, um zu komplexen kognitiven Fähigkeiten zu gelangen. Tatsächlich haben Forscher den Nachweis erbracht, dass man hierfür gegebenenfalls nicht mehr neuronale Schaltkreise benötigt, als sich im Gehirn von Insekten befinden.

Die Seekuh: Ein Beispiel für ein kleines Gehirn mit angepassten Fähigkeiten

Im Vergleich dazu wiegt das Gehirn der Honigbiene nur ein Milligramm und hat nur knapp eine Million Neuronen. Obwohl das im Vergleich zum menschlichen oder Pottwal-Gehirn winzig ist, reicht diese geringe Anzahl an Neuronen aus, um komplexe Verhaltensweisen wie Navigation, Kommunikation und das Sammeln von Nahrung zu steuern. Bienen können zählen, Regeln lernen und Formen unterscheiden.

Das kleinste Gehirn hat allerdings die Seekuh, zumindest im Verhältnis zu ihrer Körpermasse. Obwohl das Gehirn der Seekuh zwar einfach strukturiert ist, heißt das nicht, dass sie nicht intelligent ist. Ihre Lebensweise erfordert allerdings keine ausgeprägte Jagd- oder Fluchtintelligenz, da sie friedlich in seichten Gewässern lebt, sich von Pflanzen ernährt und kaum natürliche Feinde hat. Dadurch sind Hirnareale, die etwa bei Raubtieren für Beutefang oder Überlebensstrategien zuständig sind, bei Seekühen weniger entwickelt.

Fazit: Die Vielfalt der Gehirne im Tierreich

Obwohl der Pottwal das meiste Gehirnvolumen, die Honigbiene ein winziges Gehirn und die Seekuh das kleinste Gehirn im Verhältnis zur Körpermasse besitzt, zeigt uns die Natur, dass Intelligenz nicht nur von der Größe des Gehirns abhängt. Jedes dieser Tiere hat ein Gehirn, das perfekt an seine Umgebung und seine Herausforderungen angepasst ist. Egal ob gigantisch, winzig oder einfach strukturiert - die Natur entwickelt immer raffinierte Lösungen für die jeweiligen Lebensanforderungen.

Während der Pottwal Millionen von Neuronen benötigt, um seine immense Größe zu kontrollieren, arbeitet das winzige Gehirn der Honigbiene effizient an komplexen Aufgaben. Die Seekuh wiederum lebt entspannt ohne große Bedrohungen und benötigt dafür keine ausgeklügelten Überlebensstrategien.

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Für das menschliche Gehirn bedeutet dies, dass unsere kognitiven Fähigkeiten und Intelligenz durch die Evolution speziell auf die Herausforderungen unseres sozialen und kulturellen Lebens zugeschnitten wurden. Anders als bei Tieren, deren Gehirne hauptsächlich körperliche Steuerungs- oder Überlebensfunktionen übernehmen, steht bei uns die Verarbeitung von Sprache, Problemlösung, Zusammenarbeit und abstraktem Denken im Vordergrund. Unsere Gehirne sind darauf ausgerichtet, in komplexen Gemeinschaften zu agieren, emotionale Bindungen zu knüpfen und kreative Lösungen für Probleme zu finden.

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