Tonische Anfälle bei Epilepsie: Ursachen, Symptome und Behandlung

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle entstehen durch plötzliche, unkontrollierte elektrische Entladungen im Gehirn. Es gibt verschiedene Arten von Anfällen, die sich in ihren Symptomen und Ursachen unterscheiden können. Dieser Artikel konzentriert sich auf tonische Anfälle, eine spezielle Form von epileptischen Anfällen.

Was sind tonische Anfälle?

Tonische Anfälle sind gekennzeichnet durch eine plötzliche Versteifung der Muskeln. Diese Versteifung kann den ganzen Körper betreffen oder nur bestimmte Muskelgruppen. Tonische Anfälle treten häufig im Schlaf auf und dauern in der Regel nur wenige Sekunden bis zu einer Minute. Sie können einzeln oder als Teil eines komplexeren Anfalls auftreten, wie beispielsweise eines tonisch-klonischen Anfalls.

Ursachen von tonischen Anfällen

Tonische Anfälle treten fast ausschließlich im Rahmen schwerer generalisierter Epilepsien oder im Rahmen eines tonisch-klonischen Anfalls auf. Jede Schädigung von Hirngewebe kann zu einer spontanen Entladung von Nervenzellen und damit zu einem Krampf führen. Die genauen Ursachen für die Entstehung von Epilepsie und damit auch von tonischen Anfällen sind vielfältig und oft nicht vollständig geklärt. Es gibt jedoch einige Faktoren, die das Risiko für die Entwicklung einer Epilepsie erhöhen können:

  • Genetische Faktoren: Einige Formen der Epilepsie sind erblich bedingt. Defekte verschiedener spannungsabhängiger und ligandenmediierter Ionenkanäle konnten bei einer Vielzahl von Epilepsiesyndromen nachgewiesen werden.
  • Hirnschäden: Verletzungen des Gehirns, beispielsweise durch einen Schlaganfall, eine Entzündung oder eine Kopfverletzung, können zu Epilepsie führen.
  • Entwicklungsstörungen des Gehirns: Angeborene Fehlbildungen des Gehirns können ebenfalls Epilepsie verursachen.
  • Stoffwechselstörungen: Stoffwechselerkrankungen wie die Pyridoxin-abhängige Epilepsie können mit Anfällen einhergehen.
  • Infektionen: Infektionen des Gehirns, wie beispielsweise eine Meningitis oder Enzephalitis, können Epilepsie auslösen.
  • Tumore: Hirntumore können ebenfalls zu epileptischen Anfällen führen.
  • Immunologische Ursachen: Autoimmun vermittelte Entzündungen des ZNS können eine immunologische Epilepsie verursachen.

Symptome von tonischen Anfällen

Das Hauptsymptom eines tonischen Anfalls ist die plötzliche Versteifung der Muskeln. Dies kann sich wie folgt äußern:

  • Versteifung des gesamten Körpers: Der Körper wird plötzlich steif, was zu einem Sturz führen kann.
  • Versteifung der Arme und Beine: Die Arme und Beine sind gestreckt und angespannt.
  • Zurückbiegen des Kopfes: Der Kopf kann nach hinten überstreckt werden.
  • Atemstillstand (Apnoe): Durch die Versteifung der Atemmuskulatur kann es zu einem kurzzeitigen Atemstillstand kommen.
  • Zyanose: Durch den Atemstillstand kann sich die Haut bläulich verfärben.
  • Bewusstseinsverlust: Während des Anfalls kann es zu einem Bewusstseinsverlust kommen.

Diagnose von tonischen Anfällen

Die Diagnose von Epilepsie und der zugrunde liegenden Anfallsform basiert auf einer sorgfältigen Anamnese, einer körperlichen Untersuchung und verschiedenen technischen Untersuchungen. Zu den wichtigsten diagnostischen Maßnahmen gehören:

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  • Anamnese: Der Arzt wird ausführlich nach der Art der Anfälle, der Häufigkeit, den Begleitumständen und möglichen Auslösern fragen. Auch Informationen über die familiäre Vorbelastung mit Epilepsie sind wichtig. Besonders hilfreich sind Videoaufnahmen von Anfällen.
  • Neurologische Untersuchung: Eine neurologische Untersuchung dient dazu, mögliche Ursachen für die Anfälle zu finden und andere neurologische Erkrankungen auszuschließen.
  • Elektroenzephalogramm (EEG): Das EEG misst die Hirnströme und kann zeigen, ob eine Neigung zu epileptischen Anfällen besteht. Idealerweise sollte ein EEG innerhalb von 24 Stunden nach einem Anfall durchgeführt werden. Auch ein Langzeit-EEG kann hilfreich sein, um die Hirnströme während eines Anfalls zu messen.
  • Bildgebung des Gehirns: Mittels Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) können strukturelle Veränderungen im Gehirn, wie beispielsweise Tumore, Entzündungen oder Narben, dargestellt werden.
  • Blutuntersuchungen: Blutuntersuchungen können helfen, Stoffwechselstörungen oder andere Erkrankungen als Ursache für die Anfälle zu identifizieren.
  • Genetische Tests: In einigen Fällen kann eine genetische Testung sinnvoll sein, um genetische Ursachen für die Epilepsie aufzuspüren.

Differentialdiagnose

Es ist wichtig, tonische Anfälle von anderen Anfallsformen und Erkrankungen abzugrenzen, die ähnliche Symptome verursachen können. Dazu gehören:

  • Andere epileptische Anfälle: Insbesondere atonische Anfälle können aufgrund des plötzlichen Verlusts des Muskeltonus ähnlich erscheinen.
  • Psychogene nichtepileptische Anfälle (PNEA): PNEA sind Anfälle, die psychische Ursachen haben und keine unkontrollierten Entladungen von Nervenzellen im Gehirn.
  • Synkopen: Synkopen sind kurzzeitige Bewusstseinsverluste, die durch eine verminderte Durchblutung des Gehirns verursacht werden.
  • Herzrhythmusstörungen: Herzrhythmusstörungen können ebenfalls zu Bewusstseinsverlust und Krampfanfällen führen.

Behandlung von tonischen Anfällen

Die Behandlung von tonischen Anfällen zielt darauf ab, die Anfallshäufigkeit zu reduzieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Die wichtigsten Behandlungsoptionen sind:

  • Medikamentöse Therapie: Antiepileptika sind die wichtigste Säule der Behandlung von Epilepsie. Sie wirken, indem sie die Erregbarkeit der Nervenzellen im Gehirn reduzieren und so die Entstehung von Anfällen verhindern. Die Wahl des geeigneten Medikaments hängt von der Art der Anfälle, dem Alter des Patienten, möglichen Begleiterkrankungen und anderen Faktoren ab.
  • Ketogene Diät: Bei Kindern und Jugendlichen mit bestimmten Formen der Epilepsie kann eine ketogene Diät hilfreich sein, um die Anfallshäufigkeit zu reduzieren. Die ketogene Diät ist eine sehr fettreiche und kohlenhydratarme Diät, die den Körper in einen Zustand der Ketose versetzt.
  • Chirurgische Behandlung: In einigen Fällen kann eine Operation in Erwägung gezogen werden, um den Bereich im Gehirn zu entfernen, der die Anfälle verursacht. Dies kommt vor allem bei fokalen Epilepsien in Frage, bei denen der Anfallsherd klar lokalisiert werden kann.
  • Vagusnervstimulation (VNS): Die VNS ist eine weitere Behandlungsoption für Patienten, bei denen Medikamente nicht ausreichend wirken. Dabei wird ein kleiner Generator unter die Haut implantiert, der den Vagusnerv stimuliert und so die Anfallshäufigkeit reduzieren kann.
  • Tiefe Hirnstimulation (THS): Die THS ist ein neueres Verfahren, bei dem Elektroden in bestimmte Bereiche des Gehirns implantiert werden, um die Hirnaktivität zu modulieren und die Anfallshäufigkeit zu reduzieren.

Akutbehandlung eines Anfalls

Während eines tonisch-klonischen Anfalls ist es wichtig, die betroffene Person vor Verletzungen zu schützen. Dazu gehören:

  • Freimachen der Umgebung: Harte oder gefährliche Gegenstände aus der Umgebung entfernen.
  • Weiche Unterlage unter den Kopf legen: Um den Kopf vor Stößen zu schützen.
  • Nicht festhalten: Die Person während des Anfalls nicht festhalten, da dies zu Verletzungen führen kann.
  • Stabile Seitenlage: Nach dem Anfall die Person in die stabile Seitenlage bringen, um das Risiko des Erstickens zu verringern.
  • Notruf: Bei einem erstmaligen Anfall, einem Anfall, der länger als fünf Minuten dauert, oder bei einer Anfallsserie (mehrere Anfälle kurz hintereinander) sollte der Notruf (112) gerufen werden.

Leben mit tonischen Anfällen

Epilepsie kann eine erhebliche Belastung für die Betroffenen und ihre Familien darstellen. Es gibt jedoch viele Möglichkeiten, mit der Erkrankung umzugehen und ein erfülltes Leben zu führen. Dazu gehören:

  • Regelmäßige ärztliche Kontrollen: Um die Behandlung zu optimieren und mögliche Komplikationen frühzeitig zu erkennen.
  • Einhaltung der medikamentösen Therapie: Die Medikamente regelmäßig und wie verordnet einnehmen.
  • Vermeidung von Auslösern: Mögliche Auslöser für Anfälle, wie beispielsweise Schlafmangel, Stress oder Alkoholkonsum, meiden.
  • Anfallskalender führen: Um mögliche Auslöser zu identifizieren und die Behandlung zu verbessern.
  • Unterstützung suchen: Sich einer Selbsthilfegruppe anschließen oder professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, um mit den psychischen Belastungen der Erkrankung umzugehen.
  • Informationen einholen: Sich umfassend über die Erkrankung informieren, um die bestmöglichen Entscheidungen für die eigene Gesundheit treffen zu können.
  • Epilepsie-Überwachungsgeräte: Bei erkannten Anfällen lösen die Geräte einen Alarm aus, so ist eine sichere Betreuung möglich.

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