Transfer Bett Rollstuhl Schlaganfall Techniken: Ein umfassender Leitfaden

Ein Schlaganfall kann das Leben eines Menschen grundlegend verändern und oft ist eine lebenslange therapeutische Begleitung notwendig. Die Rehabilitation und Unterstützung von Schlaganfallpatienten erfordert ein breites Spektrum an Techniken und Strategien, um die größtmögliche Autonomie und Lebensqualität wiederherzustellen. Dieser Artikel beleuchtet verschiedene Aspekte des Transfers vom Bett in den Rollstuhl, wichtige Techniken und Konzepte wie das Bobath-Konzept, sowie Hilfsmittel und Anpassungen, die den Alltag erleichtern können.

Schlaganfall: Eine Einführung

Bei jährlich 200.000 erstmaligen und 60.000 wiederholten Schlaganfällen ist es wichtig zu wissen, dass in Deutschland jeder fünfte Bundesbürger im Laufe seines Lebens einen Hirnschlag erleiden wird. In den meisten Fällen handelt es sich um ischämische Schlaganfälle. Mehr als ein Viertel der Betroffenen ist unter 65 Jahre alt. Die Vorbeugung zugrunde liegender Gefäßerkrankungen durch die Identifizierung von Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Rauchen, Bewegungsmangel und Übergewicht, sowie eine entsprechende Medikation und Lebensstiländerung sind entscheidend. Die akute Schlaganfallversorgung hat sich in Deutschland verbessert, wobei viele Patienten in spezialisierten Stroke Units behandelt werden.

Erstversorgung auf Schlaganfallstationen

Mittlerweile werden 45-50 % aller Schlaganfallpatienten in neurologischen Stroke Units behandelt. Im Idealfall können verschlossene Hirngefäße wiedereröffnet und Hirnfunktionen unmittelbar wiederhergestellt werden. Allerdings ist aufgrund der Latenz zwischen Ereignis und Vorstellung in der Neurologie eine Lysetherapie bisher nur bei einem geringen Prozentsatz der Schlaganfallpatienten möglich. Wenn Patienten mit einem ischämischen Schlaganfall auf eine Stroke Unit aufgenommen werden, kann über die Hälfte wieder direkt nach Hause entlassen werden. Weniger als 5 % der Patienten sterben, während bei einer vergleichbaren Zahl aufgrund von Begleiterkrankungen wie fortgeschrittener Herz- oder Niereninsuffizienz oder schwerer Demenz eine Erholung unwahrscheinlich ist. Mehr als 25 % der Patienten sind funktionell stark beeinträchtigt und profitieren von einer Frührehabilitation oder einer stationären Rehabilitation.

Einflussfaktoren für die Funktionserholung

Lokalisation, Ausmaß und Art des Hirninfarktes (ischämisch oder hämorrhagisch) bestimmen maßgeblich die Funktionserholung. Beeinträchtigt wird die Erholung vor allem durch die Beteiligung größerer Leitungsbahnen der weißen Substanz, aber auch durch Affektion oder Diskonnektion des Hippokampus. Ältere Menschen zeigen gemeinhin eine schlechtere Funktionserholung als jüngere. Eine wichtige Rolle spielt hier die Reservekapazität des Gehirns, also vor allem die Freiheit von Vorschädigungen durch subklinische vaskuläre Läsionen. Ein aktiver Lebensstil vor dem Schlaganfall und wenig Leukoaraiose (Vorschädigung der weißen Hirnsubstanz) begünstigen eine bessere Erholung.

Rehabilitationsmöglichkeiten

Die gestufte Versorgung von Schlaganfallpatienten in Deutschland bietet ein breites Spektrum von Rehabilitationsmöglichkeiten. Nach der Akuttherapie in der Phase A (Notfallbehandlung auf einer Stroke Unit) folgt die neurologische Frührehabilitation (Phase B) mit hohem Bedarf an intensivmedizinischer Behandlung. Phase C ist die Rehabilitationsphase, in der die Patienten bereits mitarbeiten können, aber noch kurativmedizinisch und mit pflegerischem Aufwand betreut werden müssen. Phase D entspricht der Rehabilitation im engeren Sinne nach Abschluss der Frühmobilisation. In den Phasen E und F können berufliche Wiedereingliederungsversuche und dauerhafte unterstützende Maßnahmen erfolgen.

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Therapeutische Begleitung nach Schweregrad

Die therapeutischen Methoden variieren je nach Schweregrad der Symptome:

  • Schwer Betroffene: Fokus auf Kommunikationsmethoden, sichere Lagerungstechniken, Förderung der Atem- und Schluckfunktion sowie kontrakturprophylaktische Maßnahmen.
  • Mittelschwer Betroffene: Unterstützung beim Erlernen von leichten Transfers (Drehen im Bett, Hinsetzen an die Bettkante, Transfer vom Sitz in den Rollstuhl, Toilettentransfer), Alltagshandlungen zur selbständigen Intimpflege und sichere Bewältigung kurzer Gehstrecken in vertrauter Umgebung.
  • Leicht Betroffene: Erhaltung des Zustands bzw. Verhinderung einer Verschlechterung durch Hands-Off Methoden und Training in Kleingruppen zur Förderung der kardiopulmonalen Leistung und Elastizität von Körperstrukturen.

Transfertechniken: Vom Bett in den Rollstuhl

Der Transfer vom Bett in den Rollstuhl ist eine häufige und wichtige Bewegung im Alltag von Schlaganfallpatienten. Hierbei ist es wichtig, die individuellen Fähigkeiten und Einschränkungen des Patienten zu berücksichtigen und die Technik entsprechend anzupassen. Das Prinzip des Transfers lautet „so wenig Hilfe wie möglich, so viel Hilfe wie nötig“.

Vorbereitung des Transfers

  • Sicherheit: Achten Sie auf einen sicheren Stand und gehen Sie behutsam vor. Zerren Sie nicht am Körper des Pflegebedürftigen.
  • Kommunikation: Vermitteln Sie dem Pflegebedürftigen vor jedem Umlagern oder Umsetzen, was Sie vorhaben und wie Sie dabei vorgehen.
  • Hilfsmittel: Nutzen Sie Hilfsmittel wie Gleittücher oder Rutschlaken, um Scherkräfte zu minimieren und Ihren Rücken zu schonen.

Durchführung des Transfers

  1. Der pflegebedürftige Angehörige sollte sich in Sitzposition an der Bettkante befinden, während seine Füße Bodenkontakt haben.
  2. Der Rollstuhl befindet sich zu seiner Rechten, die linke Seite des Stuhls hat direkten Kontakt mit dem Bett.
  3. Sie drehen sich in Richtung Ihres Angehörigen und spreizen Ihre Beine. Dann legen Sie beide Beine des Angehörigen nacheinander auf ihren eigenen Oberschenkel, beginnend mit dem linken Bein.
  4. Sie ziehen den Rollstuhl an sich heran, sodass die Sitzfläche ihr rechtes Knie berührt.
  5. Ihr Angehöriger legt nun seine linke Hand auf Ihre linke Schulter, seine rechte Hand liegt auf seinem Schoß.
  6. Sie ergreifen mit Ihrer linken Hand den rechten Oberschenkel Ihres Angehörigen, etwas unter seinem Kniegelenk.
  7. Während Sie den Betroffenen festhalten, bewegen Sie Ihren Oberkörper zurück und ziehen Ihren Angehörigen auf Ihren rechten Oberschenkel.
  8. Mit Ihrem beweglichen linken Bein stoßen Sie sich nun etwas ab und bewegen sich nach vorn Richtung Sitzfläche des Rollstuhls, während Sie sich etwas nach links drehen.
  9. Ihr rechtes Bein dient Ihnen als Führungsschiene, während sie Ihren Angehörigen Richtung Stuhl und Sitzfläche gleiten lassen und absetzen.
  10. Korrigieren Sie die Sitzposition des Pflegebedürftigen, sobald Sie den Transfer abgeschlossen haben.

Schulungen und Unterstützung

  • Jede Pflegekasse bietet bundesweit kostenfreie individuelle Angehörigenschulungen an.
  • Eine Pflegefachkraft/ Pflegeberater kommt sogar nach Hause und schult Sie in der Häuslichkeit.
  • Die Pflegekassen bieten diese Schulungen auch als Gruppenschulungen an und arbeiten dafür mit unterschiedlichen Dienstleistern zusammen.
  • Eine dritte Möglichkeit sind Online-Schulungen.

Das Bobath-Konzept: Ein ganzheitlicher Ansatz

Das Bobath-Konzept ist ein umfassendes Bewegungskonzept zur Rehabilitation von Patienten mit Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Es basiert auf der Annahme, dass das Gehirn des Menschen lebenslang lernfähig ist und durch immer wiederkehrende Bewegungsmuster neue Verknüpfungen schaffen kann.

Prinzipien des Bobath-Konzepts

  • Individuelle Anpassung: Alle Übungen werden individuell auf jeden Patienten zugeschnitten, je nach dem Ausmaß seiner Bewegungseinschränkung und der betroffenen Körperteile.
  • Alltagsintegration: Die Übungen werden in den Tagesablauf integriert, um die versehrten Körperteile wieder in alltäglichen Situationen wie Körperpflege, Essen sowie das An- und Ausziehen mit einzubeziehen.
  • Aktive Mitarbeit: Das Bobath-Konzept fordert die aktive Mitarbeit des Patienten, um seine Mobilität und Selbstständigkeit zurückzugewinnen.

Lagerung nach Bobath

Bei der Lagerung nach Bobath werden verschiedene Positionen eingenommen, um die beeinträchtigten Körperpartien zu stimulieren oder den Muskeltonus zu entspannen.

  • Lagerung auf der betroffenen Seite: Der Auflagedruck stimuliert die beeinträchtigten Körperpartien. Die nicht betroffene Seite kann aktiv benutzt werden.
  • Lagerung auf der nicht betroffenen Seite: Der Muskeltonus kann sich entspannen. Die betroffenen Personen fühlen sich meist wohler, weil sie ihre Lage aktiv mitgestalten können.
  • Stabiles Sitzen im Bett/Stuhl: Hilft Menschen mit geringer Rumpfstabilität, wieder ein Gefühl für den eigenen Körper zu bekommen und den Kreislauf zu trainieren.

Transfer nach Bobath

Beim Transfer nach Bobath werden die Angehörigen aktiv in sämtliche Positionswechsel mit einbezogen. Es beginnt mit einfachen unterstützenden Bewegungsabläufen, zum Beispiel dem Aufsetzen im Bett.

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Waschen nach Bobath

Eine gute Möglichkeit, die Körperwahrnehmung von Patienten mit starken körperlichen Einschränkungen zu fördern, ist das Waschen nach Bobath. Hierbei wird stets von der gesunden zur kranken Seite hin gearbeitet.

Hilfsmittel für den Transfer und die Mobilisierung

Es gibt eine Vielzahl von Hilfsmitteln, die den Transfer und die Mobilisierung von Schlaganfallpatienten erleichtern können.

Umsetzhilfen

Umsetzhilfen erleichtern es der Pflegekraft, eine Person von einer Sitzgelegenheit auf eine andere umzusetzen, beispielsweise vom Bett in den Rollstuhl. Während des Umsetzvorgangs wird die pflegebedürftige Person in eine halbstehende bzw. stehende Position gebracht.

  • ROLEO: Umsetzhilfe mit Drehscheibe für einfaches Rangieren und Umsetzen.
  • ELEA: Aufstehhilfe mit motorisch unterstütztem Aufrichtsystem.
  • LiLLy: Elektrische Umsetzhilfe zur kompletten Entlastung des Oberkörpers.
  • Emmy: Aufstehhilfe zum Üben des selbstständigen Aufstehens.

Drehscheiben

Drehscheiben erleichtern den sitzenden bzw. halbsitzenden Transfer. Die pflegebedürftige Person setzt die Füße auf die Scheibe und hebt (mit Unterstützung der Hilfsperson) durch Gewichtsverlagerung seines Oberkörpers sein Gesäß etwas an, um in eine halb stehende Position zu kommen.

Weitere Hilfsmittel

  • Bettleiter: Unterstützung beim Aufsetzen im Bett.
  • Rutschbrett: Erleichtert den Transfer zwischen zwei Sitzgelegenheiten.
  • Haltegurt/Hebegurt: Zusätzliche Sicherheit und Unterstützung beim Transfer.
  • Wechseldruckmatratzen: Vorbeugung von Dekubitus durch wechselnde Druckentlastung.

Anpassung des Wohnraums

Eine angepasste Wohnumgebung kann die Selbstständigkeit und Sicherheit von Schlaganfallpatienten erheblich verbessern.

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  • Zimmergestaltung: Die gelähmte Seite sollte so oft und so viel wie möglich stimuliert werden.
  • Bodenbeläge: Rutschige Bodenbeläge wie Teppiche, Bettvorleger oder Badezimmermatten sind zu vermeiden.
  • Badezimmer: Stabile Haltegriffe an Dusche, Badewanne und Toilette sind wichtig. Drehknöpfe an Wasserhähnen sollten vermieden werden.
  • Toilette: Die Toilette sollte nicht allzu tief angebracht sein.
  • Schlafzimmer: Am Bett sollte ausreichend Platz für einen Rollstuhl oder andere Gehhilfen sein.
  • Küche: Beim Arbeiten in der Küche sollte die behinderte Körperseite abgewendet werden.

Weitere Aspekte der Rehabilitation

Neben den genannten Techniken und Hilfsmitteln spielen auch andere Aspekte eine wichtige Rolle bei der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten.

Motorische Funktionserholung

  • Formalisierte krankengymnastische Schulen wie Bobath, Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation oder Vojta unterscheiden sich nach Erfahrung kaum voneinander.
  • Ergänzend zu konventionellen Therapiekonzepten setzt sich in der Stand- und Gangrehabilitation zunehmend ein aufgabenspezifisch repetitiver Ansatz durch.
  • Eine massive Arthrose der Beingelenke, eine Herzinsuffizienz oder eine schwere spastische Fehlstellung der Gelenke erfordern eine entsprechende Behandlung oder die Reduktion der Therapieintensität.
  • Im Falle eines spastischen Spitzfußes mit Umknicken und Krallenzehen ist die rechtzeitige Versorgung mit einer Schiene zu empfehlen oder die intramuskuläre Injektion von Botulinumtoxin.

Rehabilitation der Arm- und Handfunktion

  • Die Funktionstherapeuten achten darauf, die beginnende Arm- und Handfunktion unter besonderer Berücksichtigung der Kraft, der Koordination und der Geschwindigkeit repetitiv zu trainieren und in den Alltag des Patienten zu integrieren.
  • Einen erlernten Nichtgebrauch der oberen Extremität gilt es zu beachten. Stellt er sich ein, so bietet sich im chronischen Stadium die wiederholt positiv evaluierte „Constrained Induced Movement Therapy“ an.
  • Viel größere Schwierigkeiten bereiten schwer betroffene obere Extremitäten, wenn nach vier bis sechs Wochen die Hand und insbesondere die Strecker unverändert plegisch sind und der Patient allenfalls synergistische Bewegungen im Schulter- und Ellenbogengelenk ausführen kann.

Kognitive Funktionserholung

  • Eine logopädische Therapie von mindestens fünf Stunden pro Woche verbessert im Vergleich zur spontanen Erholung signifikant die Funktionen.
  • Funktionsverbesserungen bleiben meist auf den trainierten Bereich begrenzt und können bei mangelhaftem Erhaltungstraining wieder verloren gehen.

Soziale und psychische Unterstützung

  • Nach einem Schlaganfall sollte man sich nicht zurückziehen, sondern persönliche Kontakte pflegen.
  • In Deutschland gibt es rund 430 aktive Schlaganfall-Selbsthilfegruppen.
  • Sport macht Spaß, ist gesund, und man lernt nette Menschen kennen. Gleichzeitig gewinnen Sie Beweglichkeit, Kondition, Selbstbewusstsein und Lebensfreude.

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