Trigeminusneuralgie: Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten

Plötzliche, heftige Schmerzattacken im Gesicht, insbesondere im Kieferbereich, die mehrmals täglich auftreten und die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen können, können die Folge einer Trigeminusneuralgie sein. Doch was genau ist eine Trigeminusneuralgie, was hat sie mit dem Kopf zu tun und welche Ursachen hat sie?

Was ist Trigeminusneuralgie?

Bei einer Trigeminusneuralgie handelt es sich um intensive, plötzliche Schmerzen im Gesicht, die durch eine Funktionsstörung des Trigeminusnervs (Nervus trigeminus) hervorgerufen werden. Etwa 10 von 100.000 Personen sind von dieser Erkrankung betroffen, wobei Frauen deutlich häufiger an den Schmerzattacken im Gesicht leiden. Am häufigsten tritt die Erkrankung zwischen dem 70. und 80. Lebensjahr auf. Der Trigeminusnerv ist der fünfte Hirnnerv des Menschen.

Die Funktion des Trigeminusnervs

Die Funktion des Trigeminusnervs ist die Leitung sensibler Informationen aus dem Gesicht an das Gehirn. Der umgangssprachlich als Fühlnerv bezeichnete Nervus trigeminus dient dazu, dass der Mensch riechen, schmecken oder im Gesicht fühlen kann. Auch die Benetzung der Hornhaut des Auges wird durch den Trigeminusnerv ermöglicht. Bei einer Trigeminusneuralgie sind meist der Unterkiefer- und Oberkieferast betroffen. Der Trigeminusnerv entspringt nahe dem Ohr und verzweigt sich in drei Äste. Daher wird er auch als Drillingsnerv bezeichnet.

Formen der Trigeminusneuralgie

Bei der Trigeminusneuralgie kann zwischen zwei Formen unterschieden werden:

  • klassische oder idiopathische Trigeminusneuralgie
  • symptomatische Trigeminusneuralgie

Die idiopathische Trigeminusneuralgie tritt unabhängig von anderen Erkrankungen auf und hat ihre Ursache im sogenannten neurovaskulären Konflikt. Bei der symptomatischen Trigeminusneuralgie sind andere Erkrankungen die Ursache.

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Symptome der Trigeminusneuralgie

Bei einer Trigeminusneuralgie treten blitzartige Schmerzen in einer Gesichtshälfte auf. Manchmal passiert das ohne äußeren Anlass und kann so schmerzhaft und überraschend sein, dass die Betroffenen für Sekunden wie gelähmt sind. Oft gibt es aber auch auslösende Faktoren („Trigger“).

Weitere Symptome können einzeln oder in Kombination auftreten:

  • spontan auftretende starke Schmerzen nach einer Berührung des Gesichts, dem Kauen oder Sprechen
  • serienhaft auftretende starke Schmerzen mit einer Dauer von weniger Sekunden bis Minuten
  • wochen- oder monatelange Episoden mit schweren Schmerzattacken, die von schmerzfreien Perioden abgelöst werden
  • andauerndes, brennendes Gefühl im Gesicht als Vorbote der blitzartigen Schmerzen
  • Schmerzen im Bereich der Augen, Wangen, Lippen, Kiefer, Zähne und des Zahnfleischs

Zudem gibt es wenige symptomatische Unterschiede zwischen den beiden Formen der Trigeminusneuralgie. Bei der klassischen Form treten täglich bis zu 100 Schmerzattacken auf. Bei der symptomatischen Form leiden Patientinnen und Patienten meist dauerhaft an den Schmerzen. Es können außerdem Gefühlstörungen oder motorische Ausfälle im Gesicht auftreten. Nicht zuletzt ist der Augenast bei der symptomatischen Form häufiger betroffen, als bei der klassischen Form.

Ursachen der Trigeminusneuralgie

Bei der Trigeminusneuralgie unterscheidet man einerseits die Ursachen der Erkrankung und andererseits die Triggerreize (Auslöser) der jeweiligen Schmerzattacken.

Ursachen der klassischen Trigeminusneuralgie

Bei 70 bis nahezu 100 Prozent der Patientinnen und Patienten mit einer klassischen Trigeminusneuralgie rührt der Gesichtsschmerz von einer Kompression des Nervus trigeminus durch Blutgefäße. Dabei wird der Nerv von einem benachbarten Blutgefäß im Bereich des Nerveneintritts am Hirnstamm eingeengt, was die Myelinschicht beschädigt. Das hat zur Folge, dass die betroffenen Nervenzellen überregt werden und die Signalübertragung gestört ist. Das Ergebnis sind blitzartige Gesichtsschmerzen mit hoher Intensität. Die Symptome der klassischen Trigeminusneuralgie entstehen wahrscheinlich durch elektrische Ladungsübersprünge zwischen dem Blutgefäß, welches eng am Nervus trigeminus (fünfte Hirnnerv) anliegt, und dem Nerv selbst.

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Ein möglicher Risikofaktor für diese Form der Trigeminusneuralgie ist die Arteriosklerose - durch diese verdicken sich die Arterienwände und begünstigen einen direkten Kontakt zwischen Trigeminusnerv und Blutgefäßen.

Ursachen der symptomatischen Trigeminusneuralgie

Eine eindeutige Ursache für Gesichtsschmerzen können Krankheiten sein: Die Multiple Sklerose sorgt mitunter für eine Entzündung des Trigeminusnervs. Eine solche Entzündung kann in einer Schädigung im Bereich der Nervenwurzel resultieren und die starken Gesichtsschmerzen auslösen. Diese treten meist beidseitig, also auf beiden Gesichtshälften, auf.

Auch Schlaganfälle, Missbildungen der Gefäße (z.B. Aneurysmen) oder eine mangelhafte Durchblutung führen mitunter zu einer Trigeminusneuralgie. Weiterhin können Hirntumore verantwortlich sein. Diese müssen nicht einmal bösartig sein; ein Beispiel für einen gutartigen Hirntumor, der Gesichtsschmerzen verursachen kann, ist das Akustikusneurinom. Der Tumor drückt auf den Trigeminusnerv und betrifft dementsprechend den Hörnerv oder den Gleichgewichtssinn. Durch den gegenseitigen Druck werden Schmerzen ausgelöst. Dasselbe Phänomen ist aber auch bei Metastasen anderer Tumore möglich.

Triggerreize

Während die symptomatische Trigeminusneuralgie meist durch eine Grunderkrankung ausgelöst wird, gibt es bei der klassischen Form sogenannte Triggerreize. Diese beziehen sich nicht auf die Ursache der Erkrankung selbst, sondern auf den Auslöser der jeweiligen Schmerzattacke. Die Trigger können bei der Trigeminusneuralgie sehr unterschiedlich sein. Oft rufen ganz alltägliche Dinge den Schmerz hervor. Dazu gehören:

  • Berühren des Gesichtes
  • Lächeln beziehungsweise Lachen
  • Kauen beziehungsweise Essen kalter oder heißer Speisen
  • Trinken
  • Zähneputzen
  • Waschen des Gesichtes
  • Sprechen
  • Auftragen von Make-up
  • Rasieren
  • Zugluft

Unabhängig von Triggerreizen können die stechenden Schmerzen auch spontan auftreten, das heißt ohne Anlass. Sie strahlen meist in eines, selten in mehrere der drei Territorien der Gesichtshälfte aus, die durch die Äste des Nervus trigeminus versorgt werden. Am häufigsten ist der Gesichtsbereich betroffen, der vom Unterkieferast versorgt wird, seltener der Bereich des Oberkieferastes und in sehr seltenen Fällen der Bereich des Augenastes.

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Diagnose der Trigeminusneuralgie

Häufig kann die Diagnose bereits aufgrund der typischen Beschwerden gestellt werden. Der erste Ansprechpartner für die Diagnose einer Trigeminusneuralgie ist in der Regel der Hausarzt. Dieser wirft zunächst einen Blick in die Krankengeschichte und stellt Fragen zur Art, Häufigkeit und Lokalisation der Schmerzen. Es erfolgt eine Differenzierung zwischen dem Druck auf den Trigeminusnerv und einer Migräne, ebenso wie die Überprüfung von möglichen Kieferproblemen oder Zahnschmerzen. Außerdem soll geklärt werden, ob neben der Schmerzattacke andere Symptome aufgetreten sind. Vermutet der Hausarzt eine andere Erkrankung, können die folgenden Ansprechpartner der Augenarzt, HNO oder Kieferorthopäde sein.

Um andere Ursachen für die Gesichtsschmerzen auszuschließen, wird der Neurologe zur eindeutigen Bestimmung des Krankheitsbilds beispielsweise eine Computertomografie oder eine Kernspintomografie vornehmen. Die Computertomografie kann Aufschluss über den Zustand der Schädelknochen geben, während die Kernspin- oder auch Magnetresonanztherapie ursächliche Erkrankungen für die Trigeminusneuralgie wie einen Schlaganfall oder die Multiple Sklerose sucht und aufdeckt. Eventuell wird anschließend aus dem Wirbelkanal Nervenwasser mit Hilfe einer feinen Nadel entnommen. Diese Untersuchung kann den Verdacht einer Multiplen Sklerose bestätigen oder ausschließen. Ebenfalls kommt eine Angiografie als Untersuchungsmethode in Betracht - dabei werden die Blutgefäße durch Röntgen untersucht und ein möglicher Druck auf den Trigeminusnerv beleuchtet.

Behandlung der Trigeminusneuralgie

Grundsätzlich lässt sich zwischen einer medikamentösen Therapie und einem operativen Eingriff zur Behandlung einer Trigeminusneuralgie unterscheiden. Häufig wird die neurologische Erkrankung sowohl bei der idiopathischen als auch symptomatischen Form zunächst medikamentös behandelt, was eine gute Erfolgsrate hat und den Gesichtsschmerz reduzieren kann. Generell zielt die Therapie darauf ab, die Schmerzen zu lindern oder zumindest in einen kontrollierbaren Status zu bringen. Den Betroffenen von seinen Schmerzen komplett zu heilen ist derzeit allerdings noch nicht möglich.

Medikamentöse Therapie

Die konservative Therapie mit Medikamenten ist meist die erste Maßnahme bei einer Trigeminusneuralgie. Dabei werden Medikamente wie Carbamazepin, Pregabalin, Gabapentin oder Baclofen verwendet. Zunächst starten Patientinnen und Patienten mit einer geringen Dosierung und steigern diese im Verlauf der Therapie. Spricht der jeweilige Wirkstoff nicht an, kann in manchen Fällen eine Kombination mehrerer Medikamente notwendig werden.

Haben Betroffene heftige, schmerzvolle Attacken im Gesicht, können Medikamente bei Trigeminusneuralgie eine Hilfe zur Schmerzlinderung bieten. Dabei kommen meist Antiepileptika wie Carbamazepin, Oxcarbazepin, Lamotrigin oder Phenytoin zum Einsatz.

Operative Verfahren

Verschaffen Medikamente bei einer Trigeminusneuralgie keine Besserung, gibt es weitere Verfahren, die Patientinnen und Patienten in Anspruch nehmen können.

Mikrovaskuläre Dekompression

Bei einer klassischen Trigeminusneuralgie kann eine mikrovaskuläre Dekompression durchgeführt werden. Bei diesem operativen Eingriff wird zunächst der Schädel hinter dem Ohr geöffnet und das Kleinhirn etwas zurückgezogen, um den Hirnstamm und den Nervus trigeminus sichtbar zu machen. Im nächsten Schritt wird ein Kunststoffstück wie beispielsweise Teflon zwischen Blutgefäß und Nerv eingebracht, um den mikrovaskulären Konflikt zu beseitigen.

Perkutane Operationsverfahren

Zu den perkutanen Operationsverfahren zählen die Ballonkompression, die Glycerininjektion und die Thermokoagulation. Diese Verfahren bilden keinen chirurgischen Eingriff und sind invasiv. Daher bieten sie sich für Patientinnen und Patienten an, denen eine medikamentöse Behandlung keine Abhilfe verschaffen konnte oder deren Operations- oder Narkoserisiko zu hoch ist.

Stereotaktische Bestrahlung

Zu den strahlentherapeutischen Verfahren zählt die sogenannte stereotaktische Bestrahlung, bei der der Trigeminusnerv zielgerichtet und millimetergenau vor dem Eintritt in das Gehirn bestrahlt wird. Durch diese Bestrahlung wird der Nerv innerhalb von wenigen Wochen zu einem Umbau angeregt, was zur Schmerzlinderung führen soll.

Alternative und ergänzende Behandlungsmethoden

Neben den schulmedizinischen Behandlungen gibt es auch alternative und ergänzende Methoden, die zur Linderung der Beschwerden beitragen können.

Hausmittel

In Einzelfällen können bei der Trigeminus-Behandlung Hausmittel helfen. Bei starken Gesichtsschmerzen beispielsweise eine leichte Massage mit Pfefferminzöl auszutesten. Pfefferminzöl wirkt sowohl kühlend, beruhigend als auch erfrischend auf die Haut. Das Öl erweist sich auch in krampflösender Hinsicht als wirksamer Unterstützer - vielleicht tut Ihnen die Massage gut und hilft dabei, die bestehende Anspannung aus Angst vor einer Schmerzattacke zu lösen.

Allgemein fördern Sie Ihr Wohlbefinden durch Wechselbäder oder -duschen, die sich bei Nervenschmerzen unterschiedlichster Art bewähren können. Um sich langsam an den Wechsel zwischen heiß und kalt zu gewöhnen, können Sie auch zunächst "Wechselwickel" aus Eisbeutel und Wärmekissen anwenden.

Akupunktur

Die Trigeminusneuralgie kennzeichnen einseitige, heftige Schmerzattacken im Versorgungsgebiet der 3 Äste des Nervus trigeminus. Aus deren Verläufen lassen sich die betroffenen Leitbahnen und damit die entsprechenden Akupunkturpunkte ableiten.

Anthroposophische Medizin

Aus Sicht der Anthroposophischen Medizin liegt der Trigeminusneuralgie ein gestörtes Verhältnis zwischen Empfindungs- und Lebensorganisation zugrunde.

Mentale Strategien

Ein bewusster Umgang mit dem Schmerz, insbesondere durch Akzeptanz, Achtsamkeit und psychologische Techniken, spielt eine wichtige Rolle im Umgang mit den wiederkehrenden Schmerzattacken der Trigeminusneuralgie. Schon kurze, tägliche Meditationen können das Nervensystem beruhigen und die individuelle Schmerzwahrnehmung positiv beeinflussen. Psychotherapeutische Methoden können helfen, mit belastenden Gedanken umzugehen.

Schmerztagebuch

Das Führen eines Schmerztagebuchs kann eine wertvolle Unterstützung sein, den Schmerzverlauf besser zu verstehen und auslösende Faktoren (Trigger) zu erkennen.

Was können Betroffene im Alltag tun?

Da Patient:innen versuchen, mögliche Ursachen zu vermeiden, hat die Neuralgie nicht nur durch den starken Gesichtsschmerz selbst einen Einfluss auf die Lebensqualität. Ein strukturierter Alltag mit achtsamer Selbstfürsorge kann helfen, den Umgang mit Trigeminusneuralgie zu erleichtern. Ein regelmäßiger Schlafrhythmus und ausreichend Schlaf tragen zur allgemeinen Stabilisierung bei. Eine reizarme Tagesgestaltung mit möglichst wenig Lärm, Hektik oder grellem Licht kann sowie der Verzicht auf Bildschirmlicht vor dem Schlafen können entlastend wirken. Ruhepausen sollten bewusst in den Tag integriert werden, nicht nur bei akuter Überforderung, sondern auch vorbeugend. Auch über die Schmerzen zu sprechen, kann entlastend wirken. Dabei kann es hilfreich sein, sich im privaten Umfeld, in Selbsthilfegruppen oder im Rahmen professioneller Begleitung über die eigenen Erfahrungen auszutauschen.

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